Moderate Konjunkturabschwächung im Sog der internationalen Konjunktur

Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom August 2019

Österreichs Wirtschaft kann sich der globalen Konjunktureintrübung nicht entziehen, die Wachstumsabschwächung fällt aber dank robuster Inlandsnachfrage moderat aus. Die Oesterreichische Nationalbank erwartet im Rahmen ihrer vierteljährlichen Kurzfristprognose für das dritte und vierte Quartal 2019 ein Wachstum des realen BIP von 0,2 % bzw. 0,3 % (gegenüber dem Vorquartal). Gegenüber der letzten Prognose vom Mai mussten die Wachstumserwartungen für das dritte Quartal um 0,2 Prozentpunkte zurückgenommen werden. Für das Gesamtjahr 2019 wird dennoch unverändert von einem Wachstum von 1,5 % ausgegangen, da das Wachstum für den Jahresbeginn leicht nach oben revidiert wurde.

Die österreichische Wirtschaft hat seit einigen Monaten mit einem kräftigen Gegenwind vom internationalen Konjunkturumfeld zu kämpfen. Die Wahrscheinlichkeit eines „no deal“ Brexits hat sich nach der Regierungsumbildung in London erhöht. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China schwelt weiter. Die zukünftige (wirtschafts-)politische Ausrichtung wichtiger EU-Staaten wie Italien bleibt unsicher. Zuletzt haben auch die Sorgen um die weitere Entwicklung bei unserem wichtigsten Handelspartner Deutschland zugenommen. Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal geschrumpft und die Vorlaufindikatoren lassen eine technische Rezession (zwei Quartale mit negativen Wachstumsraten) als möglich erscheinen.

Vor diesem Hintergrund hat sich Österreichs Wirtschaft im bisherigen Jahresverlauf erfreulich robust gezeigt. Das Wachstumstempo ist in den ersten beiden Quartalen zwar zurückgegangen, lag mit 0,4 % bzw. 0,3 % aber über jenem des Euroraums und Deutschlands. Getragen wurde das Wirtschaftswachstum vom privaten Konsum und einer regen Bautätigkeit. In der Industrie und der Exportwirtschaft hat der globale Gegenwind hingegen schon deutliche Spuren hinterlassen.

Österreichs Industrie befindet sich bereits in einer leichten Rezession und der OeNB-Exportindikator signalisiert eine Stagnation der Güterexporte im bisherigen Jahresverlauf. Die vergleichsweise robuste Entwicklung der Dienstleistungsexporte und die breite regionale (Stichwort CESEE-Länder) und sektorale Diversifizierung wirken einer stärkeren Abkühlung der Exportkonjunktur bisher erfolgreich entgegen. Für die nächsten Monate deuten jedoch sowohl die von der Europäischen Kommission erhobenen Exporterwartungen als auch die Einschätzung der Exportauftragseingänge lt. Einkaufsmanagerindex der Bank Austria auf eine anhaltend schwache Exportdynamik hin. Auch der aktuelle OeNB Nowcast für die CESEE Region signalisiert eine deutliche Wachstumsverlangsamung auf diesem für Österreichs Exporteure wichtigen Absatzmarkt. Angesichts dieses schwierigen globalen Umfeldes blickt auch die exportorientierte österreichische Industrie einem schwierigen zweiten Halbjahr entgegen.

Die Aussichten für den von globalen Entwicklungen weitgehend abgekoppelten Bausektor bleiben hingegen äußerst günstig. Wie bereits in den letzten beiden Jahren werden die Wohnbauinvestitionen auch im Jahr 2019 kräftig ausgeweitet - getrieben von günstigen Finanzierungsmöglichkeiten, steigenden Immobilienpreisen und einer regen Nachfrage. Erst für 2020 signalisiert die Entwicklung der Baubewilligungen eine nachlassende Dynamik.

Wichtigste Konjunkturstütze bleibt der private Konsum. Die privaten Haushalte haben ihre Konsumausgaben zuletzt deutlich ausgeweitet und waren gleichzeitig in der Lage, ihre Sparquote zu erhöhen. Das lässt Spielraum für zusätzliche Konsumausgaben in der Zukunft. Kräftige Reallohnzuwächse, ein überdurchschnittliches wenn auch schwächer werdendes Beschäftigungswachstum und verzögerte Effekte der Einführung des Familienbonus tragen dazu bei, dass die Konsumenten auch in der zweiten Jahreshälfte ihre Ausgaben weiter erhöhen werden. Die Wachstumsbeiträge des privaten Konsums werden aber etwas schwächer ausfallen, da in Folge der Konjunkturabschwächung weniger neue Jobs entstehen und die Arbeitslosigkeit nicht mehr weiter zurückgehen wird.

Prognose für das reale Bruttoinlandsprodukt in Österreich für das dritte und vierte Quartal 2019
(saison- und arbeitstägig bereinigte Trendreihe)
  Q1 17   Q2 17   Q3 17   Q4 17   Q1 18   Q2 18   Q3 18   Q4 18   Q1 19   Q2 19   Q3 19   Q4 19
 
Veränderung zum Vorquartal in %
 +0,7  +0,7  +0,7  +0,8  +0,8  +0,6  +0,4  +0,5 +0,4 +0,3 +0,2* +0,3*
Veränderung zum Vorjahresquartal in %
 +2,5  +2,7  +2,9  +2,9  +3,0  +3,0  +2,6  +2,3 +1,9 +1,6 +1,4* +1,3*
 2017  2018  2019
Veränderung zum Vorjahr in %
 +2,7  +2,7  +1,5*
 

Aufgrund der vergleichsweise stabilen Inlandsnachfrage erwartet die OeNB, dass die österreichische Wirtschaft trotz des schwierigen internationalen Umfelds im dritten und vierten Quartal mit 0,2 % bzw. 0,3 % nur geringfügig langsamer wächst als in der ersten Jahreshälfte. Gegenüber der letzten Prognose vom Mai mussten die Wachstumserwartungen für das dritte Quartal um 0,2 Prozentpunkte zurückgenommen werden. Für das Gesamtjahr 2019 wird dennoch unverändert von einem Wachstum von 1,5 % ausgegangen, da die historischen Wachstumszahlen für das vierte Quartal 2018 und das erste Quartal 2019 leicht nach oben revidiert wurden.

Die Risiken der vorliegenden Prognose sind jedoch eindeutig nach unten gerichtet. Kurzfristig können insbesondere außenwirtschaftliche Faktoren (Brexit, Handelskonflikte, italienische Regierungskrise, Gefahr einer Rezession in Deutschland) zu einer stärkeren Konjunktureintrübung in Österreich führen. Mittelfristig besteht die Gefahr, dass die Industrie- und Exportschwäche stärker auf die Binnenwirtschaft und den Dienstleistungssektor durchschlägt.