OeNB-Konjunkturindikator
06.06.2025Konjunkturelle Seitwärtsbewegung mit gering positiven Wachstumsraten zur Jahresmitte 2025
Die österreichische Wirtschaft hat nach einer 2 ½ Jahre andauernden Rezession die Talsohle erreicht und zu Jahresbeginn 2025 ein leichtes Wachstum verzeichnet. Die Industrieproduktion entwickelte sich zu Jahresbeginn überraschend positiv, die wichtigsten Vertrauensindikatoren haben sind in den vergangenen Monaten verbessert. Gedämpft wird der kurzfristige Ausblick vor allem vom internationalen Umfeld, welches weiterhin vor allem durch die US-Zollpolitik belastet wird. Vor dem Hintergrund wurde die Modellprognose, welche eine weitere Beschleunigung der Dynamik über den Sommer erwartet per Judgement nach unten revidiert. Erst zu Jahresende erwartet die OeNB eine Beschleunigung des Wachstums, im Gesamtjahr 2025 ergibt sich mit +0,2 % ein sanftes Plus. Wie in der OeNB-Juniprognose dargelegt, gewinnt die Wirtschaft aber nur sehr langsam an Dynamik und wird auch in den Folgejahren nur sehr moderat wachsen.
Der aktuellen VGR-Rechnung folgend hat sich der BIP-Rückgang in den letzten vier Quartalen Schritt für Schritt reduziert. Im ersten Quartal 2025 konnte die österreichische Volkswirtschaft mit einem Plus von 0,1 % gegenüber dem Vorquartal wieder ein positives Wachstum verzeichnen. Das dem OeNB-Konjunkturindikator zugrunde liegende Modell (Stand: 6. Juni 2025) erwartet eine Fortsetzung dieses Trends in den Folgequartalen. Diese Verbesserung der reinen Modellprognose für die erste Jahreshälfte 2025 wird durch die Verbesserung der Stimmungsindikatoren für Industrie, Dienstleistungen, sowie Einzelhandel und der Lkw-Fahrleistung getrieben. Der OeNB-Konjunkturindikator deutet somit eine weitere Beschleunigung der Wirtschaftsleistung hin. Die im Frühjahr erlassenen US-Importzölle werden jedoch ihre negative Wirkung in den kommenden Monaten Schritt für Schritt entfalten und haben zudem zu Jahresbeginn aufgrund von Vorzieheffekten sogar einen zusätzlichen Impuls geliefert. Das Auslaufen bzw. die Umkehrung dieser Vorzieheffekte können im Modell nicht adäquat erfasst werden. Dementsprechend wurde ein Abwärts-Judgement in der Höhe von 0,1 Prozentpunkte (im zweiten Quartal) und 0,2 Prozentpunkte im 3. Quartal implementiert.
Den Prognosen liegt ein dynamisches Faktormodell mit gemischten Frequenzen zu Grunde (s. Modellmethodik im Downloadbereich). Dabei wird aus dem realen BIP-Wachstum und einer Reihe an vor- bzw. gleichlaufenden monatlichen Konjunkturindikatoren ein gemeinsamer latenter Faktor modelliert, der die zugrundeliegende Konjunkturdynamik beschreibt. Basierend auf den aktuellen Informationen der monatlichen Konjunkturindikatoren und der Modelldynamik wird dieser Faktor für den Prognosehorizont fortgeschrieben und bildet die Basis der Kurzfristprognose für das Wirtschaftswachstum.
Bei der Wahl der monatlichen Konjunkturindikatoren wurde berücksichtigt, dass alle wichtigen Sektoren abgedeckt sind und dass neben gängigen Stimmungsindikatoren auch rasch verfügbare und kaum Datenrevisionen unterliegende reale Aktivitätsindikatoren verwendet werden. Im Modell enthalten sind die Stimmungsindikatoren der Europäischen Union (ESI) der Sektoren Industrie, Dienstleistungen und Einzelhandel und als Aktivitätsindikatoren sind die LKW-Fahrleistung der ASFINAG und die sofort verfügbaren offenen Stellen laut AMS inkludiert. Die jeweiligen zeitlichen Vorläufe wurden mittels Korrelationsanalysen ermittelt.
Das Modell wurde für die Zeitperiode 1999 bis 2019 optimiert, um Parameterverzerrungen durch die COVID-Pandemie zu vermeiden. Die Prognosen werden am Anfang des dritten Monats des Quartals erstellt. Damit ist bereits eine hinreichende Informationsdichte für das laufende Quartal verfügbar. Gleichzeitig besteht aber zu dem Zeitpunkt noch ein ausreichender Informationsvorsprung bis zur Veröffentlichung der VGR-Schnellschätzung.
Die Prognose des BIP-Wachstums wird in die Beiträge aller enthaltenen Variablen[1] zerlegt. Da die Modellprognose auf mittelwertbereinigten Daten beruht, wird diese noch um den Mittelwert des BIP-Wachstums des Modellzeitraums ergänzt. Abschließend kann die Modellprognose noch um ein „Expert Judgment“ erweitert werden, um gegebenenfalls im Modell nicht berücksichtigte Informationen abzubilden.
[1] Die Komponente „Rest“ enthält den Beitrag des vergangenen BIP-Wachstum zum gemeinsamen Faktor und den Einfluss der autokorrelierten Fehlerkomponente im Prognosezeitraum.