OeNB-Konjunkturindikator
12.09.2025Schwächeres Wachstum im zweiten Halbjahr 2025 durch schwieriges internationales Umfeld und trübe Stimmung
In der ersten Jahreshälfte 2025 fiel das Wirtschaftswachstum in Österreich höher als in der OeNB-Juniprognose erwartet aus. Aktuelle Vorlauf- und Stimmungsindikatoren und ein schwierigeres internationales Umfeld (Euroaufwertung und US-Zölle) deuten aber auf ein schwächeres zweites Halbjahr 2025 hin. Auf Basis des aktuellen OeNB-Konjunkturindikators gehen wir von einem Wachstum von 0,1 % im dritten und 0,2 % im vierten Quartal 2025. Damit liegt die Wachstumsprognose für das Gesamtjahr 2025 laut der OeNB-Interimsprognose vom September bei 0,3 %.
Bei der reinen Modellprognose des OeNB-Konjunkturindikators drücken vor allem die schwache Stimmung in der Industrie und bei den Dienstleistungen sowie der Rückgang in den sofort verfügbaren gemeldeten offenen Stellen das kurzfristige Wachstum. Dadurch ergibt sich ein leicht rückläufiges Wachstum für das dritte Quartal (-0,1 %) und eine Stagnation für das vierte Quartal (0,0 %). Die Modellprognose wird um ein positives Expert-Judgment von jeweils +0,15 Prozentpunkten ergänzt. Dieses Judgment erklärt sich durch den Aufwärtstrend im BIP-Wachstum der letzten 5 Quartale. In Summe ergibt sich ein Wachstum von +0,1% für das dritte und +0,2% für das vierte Quartal. Damit erwarten wir eine leichte Abschwächung der zu Beginn des Jahres beobachteten Wachstumsdynamik. Für den September 2025 OeNB-Konjunkturindikator verwenden wir erstmals das im August 2025 aktualisierte Modell (siehe unten bzw. Modellmethodik im Downloadbereich).
Den Prognosen liegt ein dynamisches Faktormodell mit gemischten Frequenzen zu Grunde (s. Modellmethodik im Downloadbereich). Dabei wird aus dem realen BIP-Wachstum und einer Reihe an vor- bzw. gleichlaufenden monatlichen Konjunkturindikatoren ein gemeinsamer latenter Faktor modelliert, der die zugrundeliegende Konjunkturdynamik beschreibt. Basierend auf den aktuellen Informationen der monatlichen Konjunkturindikatoren und der Modelldynamik wird dieser Faktor für den Prognosehorizont fortgeschrieben und bildet die Basis der Kurzfristprognose für das Wirtschaftswachstum.
Bei der Wahl der monatlichen Konjunkturindikatoren wurde berücksichtigt, dass alle wichtigen Sektoren abgedeckt sind und dass neben gängigen Stimmungsindikatoren auch rasch verfügbare und kaum Datenrevisionen unterliegende reale Aktivitätsindikatoren verwendet werden. Im Modell enthalten sind die Stimmungsindikatoren der Europäischen Union (ESI) der Sektoren Industrie, Dienstleistungen und Einzelhandel und als Aktivitätsindikatoren sind die LKW-Fahrleistung der ASFINAG und die sofort verfügbaren offenen Stellen laut AMS inkludiert. Die jeweiligen zeitlichen Vorläufe wurden mittels Korrelationsanalysen ermittelt.
Im August 2025 wurde das Modell, dem der OeNB-Konjunkturindikator zu Grunde liegt, aktualisiert. Dafür wurden die Parameter des Modells für den Zeitraum 2005Q1 bis 2025Q2 optimiert. Der Anfangspunkt wurde gegenüber der Vorgängerversion (November 2023) von 1999Q1 auf 2005Q1 verschoben, um das schwächere durchschnittliche Produktivitäts- und BIP-Wachstum seit der zweiten Hälfte der 2000er Jahre zu berücksichtigen. Der Endpunkt wurde von 2019Q4 (Version vom November 2023) auf 2025Q2 (August 2025 Update) ausgeweitet. Um jedoch Verzerrungen bei den geschätzten Parametern durch die COVID-19 Pandemie zu vermeiden, wurden die Daten zwischen 2020Q1 und 2022Q2 bei der Parameterschätzung nicht berücksichtigt. Das durchschnittliche BIP-Wachstum gegenüber dem Vorquartal sinkt durch die Veränderung des Schätzzeitraums von 0,41 % auf 0,27 %.
Die Prognosen werden am Anfang des dritten Monats des Quartals erstellt. Damit ist bereits eine hinreichende Informationsdichte für das laufende Quartal verfügbar. Gleichzeitig besteht aber zu dem Zeitpunkt noch ein ausreichender Informationsvorsprung bis zur Veröffentlichung der VGR-Schnellschätzung.
Die Prognose des BIP-Wachstums wird in die Beiträge aller enthaltenen Variablen[1] zerlegt. Da die Modellprognose auf mittelwertbereinigten Daten beruht, wird diese noch um den Mittelwert des BIP-Wachstums des Modellzeitraums ergänzt. Abschließend kann die Modellprognose noch um ein „Expert Judgment“ erweitert werden, um gegebenenfalls im Modell nicht berücksichtigte Informationen abzubilden.
[1] Die Komponente „Rest“ enthält den Beitrag des vergangenen BIP-Wachstum zum gemeinsamen Faktor und den Einfluss der autokorrelierten Fehlerkomponente im Prognosezeitraum.