Aktuelles

Statistiken – Daten und Analysen Q4-22

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser!

In der Artikelreihe zu den Entwicklungen im Bereich der Monetärstatistik wirft Thomas Pöchel diesmal einen Blick auf die Kreditvergabe der österreichischen Banken an inländische Unternehmen, welche im August 2022 die höchste nominelle Jahreswachstumsrate seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 2003 erreichte. Dieser Anstieg war vergleichbar mit jenem der Inflationsrate. Das Wachstum wurde dabei besonders von kurzfristigeren Krediten getrieben. Dies war zum Teil in einer Intensivierung des Bedarfs an kurzfristiger Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln begründet. Langfristige Kredite waren damit im August erstmals seit längerem nicht der Haupttreiber für das Kreditwachstum im Unternehmensbereich. Gleichzeitig stiegen auch die Zinssätze von Unternehmenskrediten, welche jedoch weiterhin unter dem Euroraumdurchschnitt lagen.

Wie gewohnt werden Ihnen die aktuellen Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft bei einer Auswahl an Kreditmanagern von Banken von Gerald Hubmann präsentiert. Auch hier spiegelt sich die aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Rahmenbedingungen sowohl in der Angebots- als auch der Nachfrageseite der Kreditvergabe, aber auch in den Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen wider.

Nina Huber, Alexander Wiedermann und Wolfgang Klein informieren über die neue Erhebungsstruktur im außenwirtschaftsstatistischen Meldewesen. Die OeNB hat in diesem Zusammenhang neue internationale Anforderungen bzw. Entwicklungen im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr umgesetzt und die Außenwirtschaftsstatistiken bzw. die Gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung in die Standard-OeNB-IT-Systemlandschaft zur statistischen Meldedatenverarbeitung integriert. Der Bericht fasst das Vorgehen der OeNB zur Implementierung der neuen außenwirtschaftsstatistischen Erhebungsstruktur zusammen und rundet damit die diesbezüglichen Kommunikationsmaßnahmen ab.

Paul Ehrlich analysiert die Entwicklung der Liquiditätsdeckungsquote österreichischer Banken, welche eine wesentliche Kategorie in der aufsichtsrechtlichen Beurteilung ist. Während der COVID-19-Pandemie kam es zu einem signifikanten Anstieg der Liquiditätsdeckungsquote, der offenbar auf die Notfallprogramme der EZB im Zuge der Pandemie zurückzuführen ist. Dabei zeigt sich auch, dass die Liquiditätsbereitstellung durch die Zentralbank wichtig für die Einhaltung der Liquiditätsdeckungsquote ist.

In ihrem Beitrag untersucht Nina Eder die Entwicklung der Bilanzsumme der österreichischen Versicherer. Sie kommt zum Ergebnis, dass diese im ersten Halbjahr 2022 von ihrem historischen Höchststand zum Jahresultimo 2021 kräftig einbrach. Zurückzuführen war dies auf die massiven Kursverluste der Wertpapierbestände der heimischen Versicherer. Waren im ersten Quartal noch Zukäufe bei Investmentfondsanteilen zu verzeichnen, kam es im zweiten Quartal 2022 bereits zu Verkäufen. Bei verzinslichen Wertpapieren blieben die seit dem zweiten Quartal 2019 fortdauernden Nettoverkäufe ungebrochen.

Im Rahmen der Betrachtung der aktuellen Entwicklungen der Investmentfonds kommen Predrag Ćetković und Jun Chao Zhan zum Schluss, dass sich Kurseinbrüche im ersten Halbjahr 2022 deutlich auf das österreichische Fondsvolumen durchschlagen. Trotz der ansteigenden Unsicherheiten investierten private Haushalte auch 2022 weiterhin netto in inländische Investmentzertifikate, wobei im zweiten Quartal 2022 ein deutlicher Rückgang der Dynamik zu beobachten war.

Predrag Ćetković und Patricia Walter berichten über die vorläufigen Ergebnisse der Zahlungsbilanz im ersten Halbjahr 2022. So war Österreichs Außenwirtschaft im ersten Halbjahr 2022 von außergewöhnlichen Rahmenbedingungen, insbesondere einer fortgesetzten Unterbrechung von Liefer- und Produktionsketten und rasch steigenden Energiepreisen, beeinflusst. Trotzdem konnte der Außenbeitrag noch positiv und stärker als im ersten Halbjahr 2021 zum Wirtschaftswachstum beitragen. Das war insbesondere dem Reiseverkehr geschuldet, der sich in der beginnenden Sommersaison 2022 äußerst positiv entwickelte.

Schließlich untersuchen Walter Waschiczek und Stefan Wiesinger in ihrer Analyse die Gesellschafterstruktur der österreichischen nichtfinanziellen Unternehmen mit der Rechtsform der GmbH im Jahr 2020. Sie kamen zum Schluss, dass der höchste Anteil am Volumen der Beteiligungen an GmbHs auf Beteiligungsvehikel entfiel, d. h. auf Unternehmen, deren Aufgabe es ist, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen. Gemessen an der Anzahl der Beteiligungen waren private Haushalte mit einem Anteil von nahezu drei Viertel die zahlenmäßig größte Gruppe der Gesellschafter. Da das durchschnittliche Volumen einer Beteiligung der privaten Haushalte an einer GmbH allerdings relativ klein ist, hielten sie nur 20% des Beteiligungsvolumens. Ähnlich hoch war der Anteil der dritten Gruppe am Beteiligungsvolumen, der ausländischen Gesellschafter. Das Eigenkapital der GmbHs wies einen relativ hohen Konzentrationsgrad auf. Mehr als ein Drittel des Eigenkapitals aller GmbHs ist auf nur 100 Unternehmen konzentriert.

Ein Kurzbericht sowie eine Auswahl von 13 Tabellen ergänzen das vorliegende Heft.

Kurzbericht

Geldvermögen der Haushalte erstmals seit der Finanzkrise gesunken

Erza Aruqaj, Matthias Fuchs, Stefan Wiesinger 1

Das Geldvermögen der heimischen Haushalte ist vor dem Hintergrund des anhaltend herausfordernden Wirtschaftsumfelds erstmals seit der Finanzkrise 2008 gesunken und lag Ende des ersten Halbjahres 2022 mit 799 Mrd EUR um 3,4 % unter jenem des Jahresendes 2021. ­Insbesondere die ungünstigen Kursentwicklungen von Aktien und Investmentzertifikaten führten im ersten Halbjahr 2022 zu deutlichen Vermögensverlusten. Dennoch floss weiterhin ein ­erheblicher Teil der Finanzmittel in diese Anlageformen, während Einlagen nur in geringem Ausmaß aufgebaut wurden. Mit dem Pandemiebeginn hat sich auch die Struktur der Finanzinvestitionen deutlich verändert: Seit 2020 fließt nur noch jeder zweite Euro in Einlagen
(51 %), zwischen 2015 und 2019 waren es drei von vier Euro (73 %).

Die gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie prägten auch im zweiten Pandemiejahr 2021 die Investitionen und das Geldvermögen heimischer Haushalte 2 . 2021 stieg das nettoverfügbare Einkommen nominell gegenüber dem Vorjahr um 4,3% (real: 1,9%) auf 228,6 Mrd EUR und konnte damit den Vorjahresrückgang (2020 nominell: –1,4%, real: –2,9%) teilweise ­abfedern. Die WIFO-Konjunkturprognose von Anfang Oktober 3 lässt für 2022 allerdings ein Sinken des realen Einkommens erwarten. Der Konsum, der 2020 infolge gesundheitspolitischer Maßnahmen, insbesondere Lockdowns, in historischem Ausmaß eingebrochen war, ist 2021 nominell um 5,9% gewachsen und konnte den Einbruch des vorangegangenen Jahres (–6,6%) nur teilweise kompensieren. Dies beeinflusste auch das Sparen maßgeblich: Mit 12,0% lag die Sparquote 2021 zwar unter jener des Vorjahres (13,3%), sie verblieb aber weiterhin auf einem sehr hohen Niveau (Grafik 1). In den 2010er-Jahren lag sie nämlich durchschnittlich bei 7,9%.

Grafik 1 mit dem Titel „Sparquote verbleibt auf hohem Niveau, Konsum erholt sich“ bildet die jährliche Entwicklung des nettoverfügbaren Einkommens in Prozent zum Vorjahr sowie des Konsums in Prozent zum Vorjahr zwischen 2006 und 2021 in pro Jahr nebeneinanderstehenden Säulen ab. Zusätzlich ist auch die Entwicklung der Netto-Sparquote pro Jahr dargestellt, und zwar als Datenpunkte oberhalb der Säulenpaare. 

Quelle: Statistik Austria, Oesterreichische Nationalbank.

Im historischen Rückblick wird die außergewöhnlich hohe Summe an Finanzinvestitionen im Verlauf der COVID-19-Pandemie deutlich, während wirtschaftlich herausfordernde Zeiten bisher zu rückläufigen Finanzveranlagungen der Haushalte geführt hatten (Grafik 2). Der Anstieg des privaten Konsums im Jahr 2021 sowie im ersten Halbjahr 2022 schränkte das Potenzial für finanzielle Investitionen aber etwas ein. Daher fielen auch die Finanzinvestitionen 2021 mit 24,2 Mrd EUR ­etwas geringer aus als 2020 (28,3 Mrd EUR). Im ersten Halbjahr 2022 lag dieser Wert mit 7,2 Mrd EUR etwa auf dem Niveau des Vergleichszeitraums 2019. Gleichzeitig wurden Haushalte im ersten Halbjahr angesichts des Kriegs in der ­Ukraine und der Inflationsentwicklung neuerlich mit großen Unsicherheiten ­konfrontiert. Der Fokus der Finanzinvestitionen österreichischer Haushalte war im ersten Halbjahr 2022 vor allem auf den Kauf von Investmentzertifikaten und börsennotierten Aktien gerichtet (+5 Mrd EUR). Einlagen wurden hingegen nur in einem unüblich geringen Ausmaß aufgebaut (+0,7 Mrd EUR).

Die Struktur der Finanzinvestitionen hat sich mit Pandemiebeginn sichtlich verändert: Seit 2020 fließt nur noch jeder zweite Euro in Einlagen (51 %), ­zwischen 2015 und 2019 waren es drei von vier Euro (73 %). Investmentzertifikate und ­börsennotierte Aktien waren seit Pandemiebeginn deutlich stärker gefragt als ­bisher: Zwischen 2020 und dem ersten Halbjahr 2022 flossen knapp 40% der ­Finanzinvestitionen des Haushaltssektors in diese Anlageform (2015 bis 2019: 25%).

Grafik 2 mit dem Titel „Finanzinvestitionen im ersten Halbjahr 2022 auf Vor-Pandemie-Niveau“ zeigt die jährliche Entwicklung der Finanzinvestitionen von 2006 bis 2021 bzw. bis zum ersten Halbjahr 2022 in gestapelter Säulenform, gegliedert nach den Anlagekategorien „Einlagen“, „Investmentzertifikate und börsennotierte Aktien“, „Bargeld“, „Beteiligungen“, „Altersvorsorge“, „Verzinsliche Wertpapiere“ und „übrige Finanzinvestitionen“ (z. B. Nichtlebensversicherungen). Ein zusätzlicher Datenpunkt pro Säule stellt die Summe der Finanzinvestitionen im jeweils ersten Halbjahr dar.

Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Im bisherigen Verlauf der Pandemie (2020 und 2021) profitierten – bei aggregierter Betrachtung – Inhaberinnen und Inhaber von börsennotierten Aktien und Investmentzertifikaten von hohen Kursgewinnen. Insgesamt wurden 17 Mrd EUR an Investmentzertifikaten und börsennotierten Aktien zugekauft und im gleichen Zeitraum 16 Mrd EUR aus Kursgewinnen erzielt. In den fünf Jahren zuvor (2015 bis 2019) fiel sowohl die Nachfrage als auch die Kursdynamik deutlich verhaltener aus. Zukäufen von 16 Mrd EUR (insbesondere Investmentfonds) standen Kurs­gewinne von 12 Mrd EUR (insbesondere aus Aktien) gegenüber.

Aktieninvestitionen des Haushaltssektors richteten sich in den letzten Jahren verstärkt internationaler aus: Ausländische börsennotierte Aktien gewinnen langfristig an Bedeutung, so stieg deren Anteil von 56% im Jahr 2014 auf 65% im Jahr 2021. Bei Investmentzertifikaten dominieren weiterhin inländische Produkte (2021: 67%), die jedoch ihrerseits einen erheblichen Teil des Fondsvermögens im Ausland investieren. Bei Veranlagungen in ausländische Investmentfonds legen Haushalte seit 2019 ein verstärktes Augenmerk auf Exchange Traded Funds (ETFs 4 ). Im Jahr 2021 entfielen bereits mehr als 40% aller Netto-Zukäufe in ausländische Investmentzertifikate auf ETFs.

Im ersten Halbjahr 2022 führten Verwerfungen an den Finanzmärkten zu einer ungünstigeren Vermögensentwicklung österreichischer Aktionäre und Fondsanteilseigner. Im geopolitisch wie auch wirtschaftlich ungünstigen Umfeld, das durch zahlreiche Risikofaktoren wie den Krieg in der Ukraine, höhere Inflation und den daraus resultierenden geldpolitischen Kurswechsel geprägt war, ergaben sich ­aggregierte Kursverluste von 18 Mrd EUR. Dem gegenüber verblieben die Netto-Zukäufe des Haushaltssektors weiterhin auf hohem Niveau (+5 Mrd EUR).

Grafik 3 mit dem Titel „Geldvermögen im ersten Halbjahr 2022 erstmals seit Finanzkrise rückläufig“ zeigt die jährliche Entwicklung des Geldvermögens von 2006 bis 2021 bzw. bis zum ersten Halbjahr 2022 in gestapelter Säulenform, gegliedert nach den Anlagekategorien „täglich fällige Einlagen“, „Einlagen mit vereinbarter Laufzeit“, „Investmentzertifikate und börsennotiere Aktien“, „Bargeld“, „Beteiligungen“, „Altersvorsorge“, „verzinsliche Wertpapiere“ und „Übriges“ (z. B. Schillingbestände). Ein zusätzlicher Datenpunkt pro Säule stellt die Summe des Geldvermögens pro Jahr bzw. Halbjahr (2022) dar.

Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Insbesondere die beschriebenen ungünstigen Kursentwicklungen von Aktien und Investmentzertifikaten führten im ersten Halbjahr 2022 zu deutlichen Vermögensverlusten. Mit rund 799 Mrd EUR lag das Geldvermögen um 3,4% unter dem Jahresultimo 2021 (Grafik 3). Somit wurde erstmals seit der Finanzkrise 2008 ein Rückgang des Geldvermögens verzeichnet. Auch seine Struktur unterliegt langfristig einem deutlichen Wandel. Im Jahr 2006 – vor der Finanzkrise – wurde das Portfolio insbesondere durch Einlagen mit vereinbarter Laufzeit (28%) sowie durch Altersvorsorgeprodukte (19%) dominiert, während täglich fällige Einlagen (10%) von geringer Bedeutung waren. Derzeit haben hingegen täglich fällige ­Einlagen mit 27% das höchste Gewicht, gefolgt von Beteiligungen (22%) und ­Altersvorsorge (16%). Aktien und Investmentzertifikate erreichten durch die jüngst wieder verstärkte Nachfrage das Vorkrisenniveau von 2006.

1 Oesterreichische Nationalbank, Abteilung Statistik – Außenwirtschaft, Finanzierungsrechnung und Monetär­statistiken, erza.aruqaj@oenb.at, matthias.fuchs@oenb.at, stefan.wiesinger@oenb.at.

2 Damit sind private Haushalte sowie private Organisationen ohne Erwerbszweck (wie Gewerkschaften, Vereine, Hilfseinrichtungen) gemeint. Die gesamte Analyse bezieht sich auf den Haushaltssektor.

3 https://www.wifo.ac.at/themen/konjunktur/kurz-_und_mittelfristige_prognosen/wifo-konjunkturprognose.

4 Exchange Traded Funds (ETF) sind börsengehandelte Fonds, welche die Entwicklung eines bestimmten Referenzindex wie z. B. des DAX nachbilden. Per Ende Dezember 2021 existieren keine ETFs mit österreichischer Ansässig­keit.

Analysen

Executive Summaries

Annual corporate loan growth reaches record level amid high inflation in ­August 2022

The stock of loans to domestic nonfinancial corporations outstanding at Austrian banks amounted to EUR 198.4 billion in August 2022. The nominal growth of corporate loans increased from 4.1% in August 2021 to 12.1% in August 2022, the highest value since the beginning of data recording in 1998. Similarly, the inflation rate – as measured by the year-on-year change in the Harmonised Index of Consumer Prices (HICP) – rose from 3.2% in August 2021 to 9.3% in August 2022. Corporate loan growth was driven, in particular, by short-term loans (maturity up to five years), which contributed a total of 6.5 percentage points to annual growth. This increase in short-term loans was, in part, attributable to the higher demand for the short-term financing of inventories and working capital as a result of the war in Ukraine. By international comparison, corporate loan growth in Austria (12.1%) continued to be well above the euro area average (8.7%) in August 2022. In Germany, corporate loan growth was even more dynamic at 13.0%. These elevated growth rates were accompanied by rising interest rates for corporate loans in Austria, which came to 1.65% for new loans and 1.58% for loans outstanding in August 2022. Still, both interest rates remained below the euro area average.

Demand for housing loans declines significantly. Austrian results of the euro area bank lending survey of October 2022

Demand for housing loans in Austria declined significantly in the third quarter of 2022, and banks surveyed expect a further pronounced decline for the fourth quarter of the year. Rising interest rates and uncertainty about the future course of the economy were given as the main reasons for the decline. Loans are becoming more expensive and less affordable, in particular in the currently difficult environment of high inflation and expectations of an economic slowdown. Banks substantially tightened their credit standards for housing loans in the third quarter of 2022, citing the risk situation and the Austrian regulation for sustainable lending standards for residential real estate financing as the reasons for this step. This legal provision has been in force since August 2022. Against the backdrop of strongly declining housing loan demand, banks also increasingly rejected applications for housing loans in the third quarter of 2022; this behavior must be seen in connection with the above-mentioned tighter lending standards and the difficult economic environment. Demand for corporate loans has been increasing for the last one and a half years. Since the fourth quarter of 2021, short-term financing needs for inventories and working capital have been the main reasons for this rise. Persistent global economic disruptions and the war in Ukraine have prompted precautionary inventory building in anticipation of supply chain issues and created higher liquidity needs in view of rising prices.

New reporting structure for external statistics

The Oesterreichische Nationalbank (OeNB) revised the reporting scheme for external statistics, which is based on national and international legislation and comprises direct investment, other investment, capital transfers, financial derivatives and portfolio investment. In this context, the OeNB implemented new international requirements, factoring in developments in cross-border capital transactions. Changes in the reporting scheme were made as part of the OeNB’s internal project “Technical Integration and Redesign of External Statistics and Financial Accounts Data Systems” (TIREX). In this project, IT systems for the processing of external statistics – and in particular balance of payments – data and financial accounts data were integrated into the OeNB’s standard IT architecture for reporting data processing. This contribution summarizes how the OeNB implemented its new reporting scheme for external statistics and thus complements previous related communication measures. ­Informing the public about relevant methodological changes is required to comply with the IMF’s ­Special Data Dissemination Standard (SDDS) Plus.

The development of Austrian banks’ liquidity coverage ratio

Banks’ liquidity position is a key category in supervisory assessment; it is measured and regulated by the liquidity coverage ratio, which measures the short-term coverage ratio of liquid funds under the assumption of a situation of economic stress. The ratio banks must comply with results from the relation of liquid assets to net liquidity outflows; it was introduced gradually in the wake of the global financial crisis. During the COVID-19 pandemic, banks’ liquidity coverage ratios went up. This contribution traces this development on the basis of data available from supervisory statistics.

Prices losses caused insurers’ total assets to slump in the first half of 2022

In the first half of 2022, Austrian insurers’ total assets dropped by EUR 12.7 billion to EUR 132.7 billion, following a historic high of EUR 145.4 billion recorded at end-2021. This decline was caused by massive price losses (of EUR 13.3 billion) affecting the securities portfolios held by domestic insurers. The most pronounced negative price effects in the first half of 2022 came from holdings of debt securities (–EUR 7.6 billion) and mutual fund shares (–EUR 5.3 billion). While Austrian insurers still recorded net ­acquisitions of mutual fund shares in the first quarter of 2022, the second quarter brought net sales of EUR 0.4 billion. Debt securities had continuously seen net sales since the second quarter of 2019, a trend which continued in the first half of 2022 with –EUR 0.8 billion. The events that affected domestic insurers were thus broadly in line with developments in the euro area insurance sector as a whole. The euro area aggregate differed from the Austrian insurance market only in terms of mutual fund shares, still recording net acquisitions (of EUR 39 billion) throughout the first half of the year.

Persistent price slumps clearly affected the total assets of Austrian mutual funds in the first half of 2022

Against the background of geopolitical tensions as well as recent price and interest rate hikes, Austrian mutual fund shares suffered high price losses throughout the first half of 2022, except in March. In total, these price losses came to –EUR 27.05 billion and were thus much larger than the price losses incurred during the early phase of the COVID-19 pandemic (first half of 2020: –EUR 7.97 billion). The large price losses were clearly reflected in the total assets of Austrian mutual funds. At EUR 203.93 billion in June 2022, the net asset value was clearly lower than at end-2021 (EUR 230.72 billion). Despite large price losses and growing uncertainty, Austrian households’ net investment in domestic mutual fund shares was still positive in the first half of 2022, though it visibly lost steam in the second quarter of 2022 (first quarter: +EUR 1.32 billion; second quarter: +EUR 0.58 billion). Households’ net investment in sustainable mutual fund shares carrying the Austrian Ecolabel for sustainable financial products (UZ 49) also declined, though, at +EUR 0.86 billion in the first half of 2022, it still ­accounted for nearly half of all net investment by households in Austrian mutual fund shares.

Austria’s external sector in turbulent times: preliminary balance of payments results for the first half of 2022

In the first half of 2022, Austria’s external sector had to face unusual conditions, in particular the continued disruption of supply and production chains and swiftly rising energy prices. Still, the contribution of net exports to economic growth remained positive and was even higher, at 1.7% of GDP, than in the first half of 2021. This positive contribution was attributable to tourism, in particular, which developed very favorably in the early summer season of 2022. According to recent information, for the first half of 2022 as a whole Austria’s tourism industry recorded an income surplus of EUR 4.5 billion on balance. The result for trade in goods, by contrast, was negative on balance at –EUR 0.8 billion. Overall, Austria’s total current account balance, including income flows, resulted in a moderate ­income surplus of just under EUR 1 billion (0.5% of GDP) vis-à-vis the rest of the world. Austria’s net international investment position was subject to strongly negative valuation effects, which caused ­liabilities at market value to decline at a faster pace than foreign assets at market value. As a result, Austria’s positive net international investment position posted a record high.

Shareholder structure of Austrian limited liability companies

This contribution analyzes the shareholder structure of Austrian nonfinancial corporations established under the legal form of limited liability companies (LLCs) in 2020. We find that we can broadly distinguish three categories of shareholders: (1) Holding corporations, i.e. enterprises whose purpose is to hold shares of other companies, accounted for the highest share in the total volume of LLC holdings (44%). (2) In terms of number of investments, households made up the largest group of shareholders, accounting for a share in the total number of investments of almost three-quarters. As the average volume of households’ LLC investments is relatively small, their share in the overall investment volume was only 20%. (3) Foreign shareholders held a share comparable to that of households. Overall, the equity capital of Austrian LLCs was found to be relatively highly concentrated, with more than one-third of LLC equity being held by no more than 100 companies. Moreover, LLCs mostly had just a few shareholders: More than 93% of Austrian LLCs were found to be owned by one to three shareholders at the most. In 43% of all shareholding relationships, all or more than 50% of a company‘s equity was held by a single shareholder.

Übersicht

Jahreswachstum von Unternehmenskrediten erreicht bei hoher Inflation im August 2022 Rekordwert

Der bei österreichischen Banken aushaftende Bestand von Krediten an inländische, nichtfinanzielle Unternehmen betrug im August 2022 198,4 Mrd EUR. Das nominelle Wachstum an Unternehmenskrediten stieg dabei im Vorjahresvergleich von 4,1% (August 2021) auf 12,1% und erreichte damit den höchsten Wert seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1998. Dieser Anstieg war vergleichbar mit jenem der Inflationsrate, welche – gemessen an der Vorjahresveränderung des harmonisierten Verbraucherpreisindexes – im Jahresvergleich von 3,2% (August 2021) auf 9,3% (August 2022) zulegte. Das Wachstum der Unternehmenskredite wurde dabei besonders von kurzfristigeren Krediten (Laufzeit bis fünf Jahre) getrieben, welche in Summe 6,5 Prozentpunkte zum Jahreswachstum beitrugen. Dies war zum Teil durch eine Intensivierung des Bedarfs an kurzfristiger Finanzierung von Lagerhaltung und ­Betriebsmitteln infolge des Ukraine-Kriegs begründet. Im internationalen Vergleich lag das heimische Unternehmenskreditwachstum im August mit 12,1% weiterhin deutlich über dem Euroraumdurchschnitt, für welchen ein Wert von 8,7% verzeichnet werden konnte. Eine noch dynamischere Entwicklung war mit 13,0% in Deutschland beobachtbar. Einhergehend mit den hohen Wachstumsraten stiegen auch die Zinssätze von Unternehmenskrediten in Österreich im August 2022 auf 1,65% (im Neugeschäft) bzw. 1,58% (im Bestand), womit sie aber weiterhin (in beiden Kategorien) unter dem Euroraumdurchschnitt lagen.

Deutlicher Rückgang der Nachfrage nach Wohnbaukrediten. Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom Oktober 2022

Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist im dritten Quartal 2022 stark gesunken, und auch für das vierte Quartal 2022 erwarten die befragten Banken einen weiteren, starken Rückgang. Als Hauptgründe dafür wurden die steigenden Zinsen und die Unsicherheit über die weitere Wirtschaftsentwicklung genannt. Kredite werden teurer und weniger leistbar, insbesondere im derzeit schwierigen Umfeld mit hoher Inflation und der erwarteten Konjunkturabkühlung. Die Banken haben ihre Richtlinien für Wohnbaukredite im dritten Quartal 2022 deutlich verschärft. Als Gründe führten sie die Risikosituation an sowie die im August 2022 in Kraft getretene „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung“ (KIM-VO), die nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien festschreibt. Gleichzeitig mit dem starken Rückgang der Nachfrage nach Wohnbaukrediten haben die Banken im dritten Quartal 2022 auch vermehrt Kreditanträge zur Wohnbaufinanzierung abgelehnt, was vor dem Hintergrund der verschärften Angebotspolitik und des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds zu betrachten ist. Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten steigt bereits seit eineinhalb Jahren. Seit dem vierten Quartal 2021 ist der kurzfristige Finanzierungsbedarf für Lagerhaltung und Betriebsmittel der dominierende Grund dafür. Das ist eine Folge des Ukraine-Kriegs und der bereits länger bestehenden weltweiten wirtschaftlichen Verwerfungen (vorsorglicher Lageraufbau aufgrund von Lieferkettenproblemen, Liquiditätsbedarf aufgrund von Preisanstiegen).

Neue Erhebungsstruktur im außenwirtschaftsstatistischen Meldewesen

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat das auf nationalen und internationalen Rechtsvorschriften basierende außenwirtschaftsstatistische Meldewesen überarbeitet, welches die Bereiche ­Direktinvestitionen, Sonstige Investitionen, Vermögensübertragungen, Finanzderivate und Portfolio- bzw. Wertpapierinvestitionen umfasst. Die OeNB hat in diesem Zusammenhang neue internationale Anforderungen bzw. Entwicklungen im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr umgesetzt. Die Änderungen der außenwirtschaftsstatistischen Erhebungsstruktur waren Teil des OeNB-internen Projektes „Technical Integration and Redesign of External Statistics and Financial Accounts Data Systems“ ­(TIREX), in welchem u. a. die IT-Systeme zur Datenverarbeitung betreffend Außenwirtschaftsstatistiken (insbesondere der Zahlungsbilanz) und der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung (GFR) in die Standard-OeNB-IT-Systemlandschaft zur statistischen Meldedatenverarbeitung integriert wurden. Der vorliegende Bericht fasst das Vorgehen der OeNB zur Implementierung der neuen außenwirtschaftsstatistischen Erhebungsstruktur zusammen und rundet damit die diesbezüglichen Kommunikationsmaßnahmen, die bei relevanten methodischen Änderungen auch zur Erfüllung der Vorgaben betreffend Metadaten des Special Data Dissemination Standard Plus (SDDS Plus: höchster IWF-Datenstandard) erforderlich sind, ab.

Entwicklung der Liquiditätsdeckungsquote österreichischer Banken

Die Liquiditätsausstattung einer Bank ist eine wesentliche Kategorie in der aufsichtsrechtlichen ­Beurteilung und wird unter anderem durch die Liquiditätsdeckungsquote gemessen und reglementiert. Diese misst dabei die kurzfristige Deckungsquote liquider Mittel unter der Annahme einer wirtschaftlichen Stresssituation. Die einzuhaltende Quote ergibt sich aus dem Verhältnis von liquiden Aktiva und des Nettoliquiditätsabflusses und wurde schrittweise nach der Finanzkrise eingeführt. Im Zuge der COVID-19-Pandemie kam es zu einem Anstieg der Liquiditätsdeckungsquote. In diesem Beitrag wird diese Entwicklung anhand der aus dem aufsichtsstatistischen Meldewesen verfügbaren Daten dargestellt.

Kursverluste lassen Bilanzsumme der Versicherer im ersten Halbjahr 2022 kräftig einbrechen

Im ersten Halbjahr 2022 sank die Bilanzsumme der österreichischen Versicherer von ihrem historischen Höchststand zum Jahresultimo 2021 von 145,4 Mrd EUR um 12,7 Mrd EUR auf 132,7 Mrd EUR. Zurückzuführen war dies auf die massiven Kursverluste der Wertpapierbestände der heimischen Versicherer (in Höhe von 13,3 Mrd EUR). Die österreichischen Versicherer erlitten in der ersten Jahres­hälfte vor allem negative Preiseffekte aus ihren Beständen an verzinslichen Wertpapieren (in Höhe von –7,6 Mrd EUR) sowie aus jenen an Investmentfondszertifikaten (in Höhe von –5,3 Mrd EUR). Waren im ersten Quartal noch Zukäufe bei Investmentfondsanteilen zu verzeichnen, kam es im zweiten Quartal 2022 zu Verkäufen in Höhe von 0,4 Mrd EUR. Bei verzinslichen Wertpapieren blieben die seit dem zweiten Quartal 2019 fortdauernden Nettoverkäufe ungebrochen und beliefen sich im ersten Halbjahr auf insgesamt –0,8 Mrd EUR. Die heimischen Versicherer spiegelten somit die Entwicklungen der Versicherer des gesamten Euroraums wider. Lediglich bei Investmentfondsanteilen unterschied sich das Euroraumaggregat vom österreichischen Versicherungsmarkt, indem es im Euroraum im ersten Halbjahr noch weiterhin zu Nettozukäufen (in Höhe von 39 Mrd EUR) kam.

Starke anhaltende Kurseinbrüche schlagen sich im ersten Halbjahr 2022 ­deutlich auf das österreichische Fondsvolumen durch

Infolge der geopolitischen Spannungen sowie der jüngsten Inflations- und Zinsentwicklungen erlitten inländische Investmentzertifikate im ersten Halbjahr 2022, mit Ausnahme des Monats März, durchgehend hohe Kursverluste, welche sich kumuliert auf insgesamt –27,05 Mrd EUR summierten und somit deutlich den Vergleichswert der ersten Phase der COVID-19-Pandemie (erstes Halbjahr 2020) in Höhe von –7,97 Mrd EUR übertrafen. Die hohen Kursverluste schlugen sich auch deutlich auf das aushaftende Volumen österreichischer Investmentfondsanteile durch, welches im Juni 2022 mit 203,93 Mrd EUR deutlich unter dem Jahresendstand 2021 (230,72 Mrd EUR) lag. Trotz der hohen Kursverluste und ansteigenden Unsicherheiten investierten private Haushalte auch in der ersten Hälfte des Jahres 2022 weiterhin netto in inländische Investmentzertifikate, wobei im zweiten Quartal 2022 ein deutlicher Rückgang der Dynamik zu beobachten war (erstes Quartal: +1,32 Mrd EUR; zweites Quartal: +0,58 Mrd EUR). Nettoinvestitionen privater Haushalte in mit dem UZ 49-Gütesiegel zertifizierte nachhaltige Investmentzertifikate gingen ebenfalls zurück, wobei diese mit +0,86 Mrd EUR im ersten Halbjahr 2022 weiterhin fast die Hälfte aller Nettoinvestitionen privater Haushalte in inländische ­Investmentzertifikate ausmachten.

Österreichs Außenwirtschaft in einer bewegten Zeit. Vorläufige Ergebnisse der Zahlungsbilanz im ersten Halbjahr 2022

Österreichs Außenwirtschaft war im ersten Halbjahr 2022 von außergewöhnlichen Rahmenbedingungen, insbesondere einer fortgesetzten Disruption von Liefer- und Produktionsketten und rasch steigenden Energiepreisen beeinflusst. Trotzdem konnte der Außenbeitrag noch positiv und stärker als im ersten Halbjahr 2021 zum Wirtschaftswachstum beitragen (1,7% des BIP). Das war insbesondere dem Reiseverkehr geschuldet, der sich in der beginnenden Sommersaison 2022 äußerst positiv entwickelte. Im gesamten ersten Halbjahr belief sich der Einnahmenüberschuss des Tourismuslandes Österreichs nach ersten Informationen per saldo auf 4,5 Mrd EUR. Demgegenüber kippte der Güterhandel im Ergebnis in ein Minus (–0,8 Mrd EUR). Für die gesamte Leistungsbilanz Österreichs gegenüber dem Ausland, einschließlich der Einkommensströme, konnte ein mäßiger Einnahmenüberschuss im Ausmaß von knapp 1 Mrd EUR oder 0,5% des BIP verbucht werden. Die Vermögensposition Österreichs gegenüber dem Ausland wurde von stark negativen Bewertungseffekten beeinflusst, die zu einem deutlicheren Rückgang der bewerteten Verbindlichkeiten im Vergleich zu den Forderungen gegenüber dem Ausland führten. Das Ergebnis war ein Rekordwert der positiven Netto-Vermögensposition Österreichs.

Wer hält das Eigenkapital der österreichischen GmbHs?

Der vorliegende Beitrag untersucht die Gesellschafterstruktur der österreichischen nichtfinanziellen Unternehmen mit der Rechtsform „GmbH“ im Jahr 2020. Dabei lassen sich im Wesentlichen drei ­Kategorien von Gesellschaftern unterscheiden. Der höchste Anteil am Volumen der Beteiligungen an GmbHs entfiel mit 44% auf Beteiligungsvehikel, d. h. auf Unternehmen, deren Aufgabe es ist, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen. Gemessen an der Anzahl der Beteiligungen umfassten private Haushalte mit einem Anteil von nahezu drei Viertel die zahlenmäßig größte Gruppe der Gesellschafter. Da das durchschnittliche Volumen einer Beteiligung von privaten Haushalten an einer GmbH allerdings relativ klein ist, hielten diese nur 20% des Beteiligungsvolumens. Ähnlich hoch war der Anteil der dritten Gruppe am Beteiligungsvolumen, der ausländischen Gesellschafter. Das Eigenkapital der GmbHs wies einen relativ hohen Konzentrationsgrad auf. Mehr als ein Drittel des Eigenkapitals aller GmbHs ist auf nur 100 Unternehmen konzentriert. Zudem hatten die GmbHs zumeist wenige Eigentümer – mehr als 93% hatten ein bis maximal drei Gesellschaftern. In 43% aller Beteiligungsverhältnisse wurde das Eigenkapital zur Gänze oder zu mehr als 50% von einem einzigen Gesellschafter gehalten.

Jahreswachstum von Unternehmenskrediten erreicht bei hoher Inflation im August 2022 Rekordwert

Thomas Pöchel 5

Der bei österreichischen Banken aushaftende Bestand von Krediten an inländische, nichtfinanzielle Unternehmen betrug im August 2022 198,4 Mrd EUR. Das nominelle Wachstum an Unternehmenskrediten stieg dabei im Vorjahresvergleich von 4,1% (August 2021) auf 12,1% und erreichte damit den höchsten Wert seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1998. Dieser Anstieg war vergleichbar mit jenem der Inflationsrate, welche – gemessen an der Vorjahresveränderung des harmonisierten Verbraucherpreisindex – im Jahresvergleich von 3,2% (August 2021) auf 9,3% (August 2022) zulegte. Das Wachstum der Unternehmenskredite wurde dabei ­besonders von kurzfristigeren Krediten (Laufzeit bis fünf Jahre) getrieben, welche in Summe 6,5 Prozentpunkte zum Jahreswachstum beitrugen. Dies war zum Teil durch eine Intensivierung des ­Bedarfs an kurzfristiger Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln infolge des ­Ukraine-Kriegs begründet.

Im internationalen Vergleich lag das heimische Unternehmenskreditwachstum im August mit 12,1% weiterhin deutlich über dem Euroraumdurchschnitt, für welchen ein Wert von 8,7% verzeichnet werden konnte. Eine noch dynamischere Entwicklung war mit 13,0% in Deutschland beobachtbar.

Einhergehend mit den hohen Wachstumsraten stiegen auch die Zinssätze von Unter­nehmenskrediten in Österreich im August 2022 auf 1,65% (im Neugeschäft) bzw. 1,58% (im Bestand), womit sie aber weiterhin (in beiden Kategorien) unter dem Euroraumdurchschnitt lagen.

Neuer nomineller Höchstwert beim Jahreswachstum von Unternehmenskrediten

Die Kreditvergabe österreichischer Banken an inländische, nichtfinanzielle Unternehmen verzeichnete im August 2022 mit einer Jahreswachstumsrate in Höhe von 12,1% den – nominell betrachtet – höchsten Anstieg seit Aufzeichnungsbeginn der EZB-Monetärstatistik (1998). Der aushaftende Kreditbestand betrug im August 198,4 Mrd EUR. Vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie belief sich dieser auf 163,9 Mrd EUR (Februar 2020), wobei seither durchgehend positive Jahreswachstumsraten verzeichnet wurden. Während das Kreditwachstum im August 2021 noch bei 4,1% lag, stieg es insbesondere Ende 2021 sowie seit Juni 2022 stark und kontinuierlich an, wie auch in Grafik 1 ersichtlich ist. Der nominelle Anstieg von 4,1% (August 2021) auf 12,1% (August 2022) war damit ähnlich stark wie jener des Preisniveaus, das – gemessen an der Vorjahresveränderung des harmonisierten Verbraucherpreisindex – im Jahresvergleich von 3,2% (August 2021) auf 9,3% (August 2022) zulegte. Zumindest Teile des Kreditwachstums wurden (in Form unterschiedlichster Wirkungskanäle) durch die dynamischen Preisanstiege der letzten Monate begründet.

Die nominelle Entwicklung im Jahr 2022 war jedoch besonders von kurzfristigeren Krediten getrieben, welche in den vergangenen Monaten einen zunehmenden Anteil am Kreditwachstum aufwiesen. Dies war zum Teil auf eine Intensivierung des Bedarfs an kurzfristiger Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln infolge des Ukraine-Kriegs zurückzuführen. 6 Der Anstieg von Krediten mit einer Ursprungslaufzeit von bis zu einem Jahr beschleunigte sich dabei in den vergangenen Monaten stark und wies im August 2022 mit einer Jahreswachstumsrate in Höhe von 25,6% ebenfalls den höchsten Wert seit Aufzeichnungsbeginn auf. Diese ­dynamische Entwicklung führte auch zu einem entsprechenden Anstieg des ­gesamthaften Unternehmenskreditwachstums. Während Kredite mit einer ­Ursprungslaufzeit von bis zu einem Jahr im Mai noch 1,6 Prozentpunkte zum ­gesamten Jahreswachstum in Höhe von 8,7% beitrugen, stieg dieser Wert in den Folgemonaten sukzessive auf 3,6 Prozentpunkte (bei einer Jahreswachstumsrate in Höhe von 12,1% im August). Ein ähnlich überdurchschnittliches Wachstum war für Kredite mit einer Ursprungslaufzeit von ein bis fünf Jahren zu beobachten, deren Beitrag am Jahreswachstum von 1,8 (Mai 2022) auf 2,9 Prozentpunkte (August 2022) stieg. Längerfristige Kredite (mit einer Laufzeit von über fünf Jahren) wuchsen indes vergleichsweise konstant, folglich blieb ihr Beitrag am Gesamtjahreswachstum weitestgehend unverändert (5,6 Prozentpunkte im August bzw. 5,4 Prozentpunkte im Mai). Langfristige Kredite waren damit im August erstmals seit längerem nicht der Haupttreiber für das Kreditwachstum im Unternehmensbereich.

Grafik 1 mit dem Titel „Jahreswachstum der österreichischen Unternehmenskredite nach Ursprungslaufzeit“ stellt einerseits die Jahreswachstumsrate als Linie dar, sowie andererseits die Beiträge der jeweiligen Ursprungslaufzeiten zur Jahreswachstumsrate in Form eines gestapelten Säulendiagramm mit den drei Kategorien „hiervon Beitrag bis 1 Jahr“, „hiervon Beitrag 1 bis 5 Jahre“ und „hiervon Beitrag über 5 Jahre“. Der Beobachtungszeitraum auf der X-Achse reicht von August 2018 bis August 2022, die Y-Achse zeigt die Jahreswachstumsrate in Prozent auf einer Skala von minus 4 bis plus 14. Die Jahreswachstumsrate stieg dabei nach Werten im mittleren einstelligen Bereich im Vorjahr seit März 2022 (7,6%) sukzessive auf den derzeitigen Höchstwert (12,1% im August 2022). Während der Beitrag in der Kategorie „über 5 Jahre“ in den letzten Monaten vergleichsweise konstant bleibt (Mai 2022: 5,4; August: 5,6), stieg er in den beiden anderen Kategorien in diesem Zeitraum deutlich (in der Kategorie „1 bis 5 Jahre“ von 1,8 auf 2,9; in der der Kategorie „bis 1 Jahr“ von 1,6 auf 3,6).

Quelle: Oesterreichische Nationalbank, Europäische Zentralbank.

Wie in Grafik 2 ersichtlich, ist die dynamische Entwicklung bei kurzfristigen Krediten auf hohe Nettotransaktionen 7 im Juni (1,4 Mrd EUR), Juli (1,2 Mrd EUR) und August (1,3 Mrd EUR) zurückzuführen (welche in Summe über diese drei Monate in dieser Kategorie die gesamten Nettotransaktionen des Jahres 2021 in Höhe von 3,3 Mrd EUR überstiegen). Die reinen Neukreditvergaben mit kurzfristiger Laufzeit lagen im bisherigen Jahresverlauf mit insgesamt 18,9 Mrd EUR ­(Jänner bis August 2022) um rund 20% über dem Neuvergabevolumen im Vorjahresvergleichszeitraum (Jänner bis August 2021: 15,7 Mrd EUR). Bei langfristigen Krediten (mit einer Laufzeit von über fünf Jahren) ist – sowohl bei Betrachtung der Nettotransaktionen als auch jener der Neukreditvergaben – ein deutlich ­moderateres Wachstum ersichtlich. Die Neukreditvergaben bei langfristigen Krediten lagen im bisherigen Jahresverlauf mit 15,4 Mrd EUR um rund 7% über dem Vorjahresvergleichsniveau (Jänner bis August 2021: 14,3 Mrd EUR), wobei jener Teil mit einer Ursprungslaufzeit von über zehn Jahren mit –2% hierbei sogar leicht rückläufig war.

Grafik 2 mit dem Titel „Nettotransaktionen der österreichischen Unternehmenskredite nach Ursprungslaufzeit“ ist ein gestapeltes Säulendiagramm mit 3 Kategorien („bis 1 Jahr“, „1 bis 5 Jahre“, „über 5 Jahre“) mit dem Beobachtungszeitraum August 2019 bis August 2022. Die X-Achse ist eine Zeitachse und die Y-Achse zeigt die Nettotransaktionen in Milliarden Euro auf einer Skala von minus 3 bis plus 4. Die Nettotransaktionen lagen mit 2,5 Milliarden Euro (Juni 2022), 2,3 Milliarden Euro (Juli 2022) und 2,6 Milliarden Euro (August 2022) in den letzten drei Aufzeichnungsperioden auf einem überdurchschnittlich hohem Niveau im Vergleich zur Vergangenheit, welches insbesondere von den sehr hohen Werten in der Kategorie „bis 1 Jahr“ verursacht wurde (Juni 2022: 1,4 Milliarden Euro; Juli 2022: 1,2 Milliarden Euro; August 2022: 1,3 Milliarden Euro).

Quelle: Oesterreichische Nationalbank, Europäische Zentralbank.
Grafik 3 mit dem Titel „Ausnutzung der Kreditrahmen bei Überziehungen und revolvierenden Krediten“ stellt einerseits ein gestapeltes Säulendiagramm mit den beiden Kategorien „Ausgenützter Rahmen“ und „Nicht ausgenützter Rahmen“ sowie andererseits eine Linie mit dem Titel „Anteil [der] Ausnutzung“ dar. Der auf der X-Achse aufgetragene Beobachtungszeitraum enthält die Perioden Dezember 2019, Dezember 2020, Dezember 2021, März 2022, Juni 2022 und August 2022. Die Y-Achse zeigt auf der linken Seite die Volumina der ausgenützten bzw. nicht ausgenützten Rahmen in Milliarden Euro sowie auf der rechten Seite den Anteil der Ausnutzung in Prozent. Während der nicht ausgenützte Rahmen seit Dezember 2021 (17,9 Milliarden Euro) vergleichsweise konstant blieb (März 2022: 18,5 Milliarden Euro; Juni 2022: 18,5 Milliarden Euro; August 2022: 18,5 Milliarden Euro), stieg der ausgenützte Rahmen kontinuierlich (Dezember 2021: 31,6 Milliarden Euro; März 2022: 33,9 Milliarden Euro; Juni 2022: 35,5 Milliarden Euro; August 2022: 37,1 Milliarden Euro). Der Anteil der Ausnutzung stieg über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg sukzessive (Dezember 2019: 60%, Dezember 2020: 63%, Dezember 2021: 64%, März 2022: 65%, Juni 2022: 66%, August 2022: 67%).

Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Ein wesentlicher Teil der gesamten Nettotransaktionen ging dabei auf zusätzlich ausgenützte Rahmen von Überziehungs- bzw. revolvierenden Krediten zurück, wie in Grafik 3 ersichtlich ist. Deren Bestand wuchs seit Jahresultimo 2021 von 31,6 Mrd EUR auf 37,1 Mrd EUR. Obwohl im bisherigen Jahresverlauf – mit 24,0 Mrd EUR – auch um rund 19% mehr neue Kreditrahmen (für revolvierende Kredite) an nichtfinanzielle Unternehmen als im Vorjahresvergleich vergeben wurden (Jänner bis August 2021: 20,2 Mrd EUR), stieg auch die Ausnützungsquote (Verhältnis des ausgenützten Rahmens zum Gesamtrahmen) seit Dezember 2021 von 64% auf 67%. Die Nettotransaktionen bei Über­ziehungs- bzw. revolvierenden Krediten österreichischer Unternehmen ­beliefen sich von ­Jänner bis August 2022 auf insgesamt 5,9 Mrd EUR, was rund 45% der gesamten Nettotransaktionen von Unternehmenskrediten im Jahresverlauf entsprach (13,2 Mrd EUR).

Überdurchschnittliches Kreditwachstum im Euroraumvergleich

Seit Beginn 2022 war im gesamten Euroraum eine deutliche Beschleunigung des Kreditwachstums bei Unternehmen beobachtbar. Im internationalen Vergleich lag das heimische Wachstum von Unternehmenskrediten im August 2022 mit 12,1% weiterhin deutlich über dem Euroraumdurchschnitt von 8,7%. Zwischen den Mitgliedsländern der Währungsunion waren jedoch unterschiedlich stark ausgeprägte Entwicklungen zu beobachten. Während sich die Wachstumsrate von Unternehmenskrediten in Frankreich ähnlich zum Euroraumdurchschnitt verhielt und im August mit 8,0% nahe diesem lag, war in Italien mit 5,0% ein deutlich moderateres Jahreswachstum beobachtbar. Eine – im Vergleich zum Inland – mittlerweile noch stärkere Entwicklung war mit 13,0% in Deutschland gegeben. Das Jahreswachstum stieg – nach einer Rate in Höhe von 1,7% im Vorjahr (August 2021) – seither deutlich stärker an als in Österreich.

Wie im Inland war auch im Euroraumdurchschnitt das Jahreswachstum dabei stark von kurzfristigen Krediten (bis ein Jahr) getrieben, welche im August eine Jahreswachstumsrate von 18,7% aufwiesen (Österreich: 25,6%).

Grafik 4 mit dem Titel „Jahreswachstum von Unternehmenskrediten im Euroraumvergleich“ ist eine Liniengrafik mit fünf Linien (Österreich, Euroraum, Deutschland, Frankreich, Italien) die den Beobachtungszeitraum August 2018 bis August 2022 darstellt. Die X-Achse ist eine Zeitachse und die Y-Achse zeigt die Jahreswachstumsrate in Prozent auf einer Skala von minus 4 bis plus 16. Die Werte stiegen insbesondere seit Dezember 2021 für alle Zeitreihen deutlich, jedoch auf unterschiedlichen Niveaus und in unterschiedlicher Stärke: in Österreich von 8,6% (im Dezember 2021) auf 12,1% (im August 2022); im Euroraum von 4,3% auf 8,7%; in Deutschland von 5,2% auf 13,0%; in Frankreich von 3,8% auf 8,0% und in Italien von 1,7% auf 5,0%. Die Werte für August stellten dabei für Österreich, den Euroraum und Deutschland die höchsten Jahreswachstumsraten im Beobachtungszeitraum dar.

Quelle: Oesterreichische Nationalbank, Europäische Zentralbank.

Steigende Zinssätze im Neugeschäft und Bestand

Das Kreditwachstum im Unternehmenssektor ging – aufgrund der aktuellen ­Leit- und Referenzzinsentwicklungen – auch mit steigenden Zinsniveaus einher. Wie in Grafik 5 ersichtlich, stiegen die Zinsen für neue Unternehmenskredite (inklusive Neuverhandlungen) im August 2022 mit 1,65% auf den höchsten Wert seit ­Februar 2016 (1,68%). Dies führte – insbesondere seit Mitte dieses Jahres – auch zu einem deutlichen Anstieg des Zinsniveaus aushaftender Unternehmenskredite, welches im August auf 1,58% zulegte. Im internationalen Vergleich lagen die heimischen Unternehmenskreditzinssätze damit jedoch weiterhin etwas unter jenen des Euroraumdurchschnitts (welche ebenfalls vergleichbare Anstiege erfuhren). Diese ­wiesen im August für den aushaftenden Kreditbestand einen durchschnittlichen Zinssatz in Höhe von 1,76% aus (Österreich: 1,58%), während die Konditionen im Neugeschäft bei 1,80% lagen (Österreich: 1,65%).

Ebenfalls Anstiege – wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau – waren bei Einlagen von nichtfinanziellen Unternehmen zu beobachten. So wurden täglich fällige Unternehmenseinlagen in Österreich im August 2022 mit 0,00% erstmals seit November 2020 nicht mehr negativ verzinst, was darauf hindeuten könnte, dass bei vielen Banken in Folge der Leitzinserhöhungen mittlerweile die sogenannten Verwahrentgelte im Unternehmenssegment wieder abgeschafft wurden.

Grafik 5 mit dem Titel „Unternehmenskreditzinssätze im Euroraumvergleich“ ist eine Liniengrafik mit 4 Linien (Bestand Österreich, Bestand Euroraum, Neugeschäft Österreich, Neugeschäft Euroraum) die den Beobachtungszeitraum August 2018 bis August 2022 darstellt. Die X-Achse ist eine Zeitachse und die Y-Achse zeigt den Zinssatz in Prozent auf einer Skala von 0,7 bis 2,3. Die Bestandszinssätze waren dabei bis Ende 2021 rückläufig und erreichten im Dezember 2021 1,45% (in Österreich) bzw. 1,59% (im Euroraum). Nach einer kurzen Phase der Stagnation stiegen sie seit Mai 2022 (1,48% bzw. 1,61%) jedoch deutlich und erreichten im August 2022 1,58% bzw. 1,76%. Die Neugeschäftszinssätze verweilten (bei gewisser Volatilität) bis Ende 2021 insgesamt auf konstantem Niveau und erreichten im Dezember 2021 1,03% in Österreich bzw. 1,24% im Euroraum, stiegen seither jedoch deutlich auf 1,65% bzw. 1,80% im August 2022.

Quelle: Oesterreichische Nationalbank, Europäische Zentralbank.

5 Oesterreichische Nationalbank, Abteilung Statistik – Außenwirtschaft, Finanzierungsrechnung und Monetär­statistiken, thomas.poechel@oenb.at.

6 Siehe hierzu auch: https://www.oenb.at/dam/jcr:0770f066-d40a-49bd-ba46-580279f490a7/05_Statistiken-q3-22_Erhoehter-Bedarf.pdf.

7 Die Nettotransaktionen beschreiben den Gesamteffekt der transaktionsbedingten Zu- und Abflüsse im Kredit­bestand, welcher sich hauptsächlich aus Tilgungen (negativ) und Neukreditvergaben bzw. steigender Rahmen­ausnützung (positiv) zusammensetzt.

Deutlicher Rückgang der Nachfrage nach Wohnbaukrediten

Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom Oktober 2022 1

Gerald Hubmann 2

Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist im dritten Quartal 2022 stark gesunken, und auch für das vierte Quartal 2022 erwarten die befragten Banken einen weiteren, starken Rückgang. Als Hauptgründe dafür wurden die steigenden Zinsen und die Unsicherheit über die weitere Wirtschaftsentwicklung genannt. Kredite werden teurer und weniger leistbar, insbesondere im derzeit schwierigen Umfeld mit hoher Inflation und der erwarteten Konjunkturabkühlung.

Die Banken haben ihre Richtlinien für Wohnbaukredite im dritten Quartal 2022 deutlich verschärft. Als Gründe führten sie die Risikosituation an sowie die im August 2022 in Kraft getretene „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung“ (KIM-VO), die nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien festschreibt.

Gleichzeitig mit dem starken Rückgang der Nachfrage nach Wohnbaukrediten haben die Banken im dritten Quartal 2022 auch vermehrt Kreditanträge zur Wohnbaufinanzierung ­abgelehnt, was vor dem Hintergrund der verschärften Angebotspolitik und des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds zu betrachten ist.

Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten steigt bereits seit eineinhalb Jahren. Seit dem vierten Quartal 2021 ist der kurzfristige Finanzierungsbedarf für Lagerhaltung und Betriebsmittel der dominierende Grund dafür. Das ist eine Folge des Ukraine-Kriegs und der bereits länger bestehenden weltweiten wirtschaftlichen Verwerfungen (vorsorglicher Lageraufbau aufgrund von Lieferkettenproblemen, Liquiditätsbedarf aufgrund von Preisanstiegen).

Die Entwicklungen im Kreditgeschäft, die immer auch vor dem allgemeinen ­konjunkturellen Hintergrund zu beurteilen sind, vollziehen sich weiterhin in einem Umfeld großer wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten (Krieg in der Ukraine, Lieferkettenprobleme, Preisschocks, Abkühlung der Weltkonjunktur). Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Institut für Höhere Studien (IHS) erwarten in ihren Prognosen vom 7. Oktober 2022 zwar noch ein Wachstum des realen BIP Österreichs von 4,8 % bzw. 4,7 % für das ­gesamte Jahr 2022 (nach einem Plus von 4,6 % im Jahr 2021), dies aber vor allem aufgrund des starken Wachstums im ersten Halbjahr. Im zweiten Halbjahr 2022 dürfte sich die österreichische Wirtschaft hingegen bereits in einer Stagflation ­befinden (Stagnation und hohe Inflation). Für 2023 gehen WIFO und IHS von einem BIP-Wachstum von nur mehr 0,2 % bzw. 0,3 % aus – bei einer VPI-Inflations­rate von 6,5 % bzw. 6,8 % (nach 8,3 % bzw. 8,5 % für 2022). Abhängig vom Verlauf des Ukraine-Kriegs und seinen Auswirkungen kann sich aber auch ein deutlich schlechteres Szenario ergeben; die Abwärtsrisiken sind erheblich.

Kapitel 1 behandelt das Kreditgeschäft der Banken mit Unternehmen, Kapitel 2 das Kreditgeschäft mit privaten Haushalten. Kapitel 3 hat die Refinanzierungs­situation der Banken zum Thema. In Kapitel 4 geht es um die Auswirkungen der unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems.

Detaillierte Umfrageergebnisse zu den einzelnen Quartalen seit dem Jahr 2018 sind den Tabellen 1 bis 3 zu entnehmen. Grafik 1 zeigt längerfristige Trends bei den Quartalsveränderungen hinsichtlich Kreditrichtlinien und Kreditnachfrage. Die Grafiken 2 und 3 stellen die Entwicklung der Nachfrage nach Unternehmenskrediten bzw. privaten Wohnbaukrediten und ihre jeweiligen Einflussfaktoren dar. Kasten 1 am Ende des Artikels enthält u. a. Erläuterungen zu ausgewählten Fachbegriffen.

1 Kreditnachfrage von Unternehmen steigt weiter

Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten ist im dritten Quartal 2022 weiter gestiegen (Tabelle 1 und Grafik 1 3 ). Ein diesbezüglicher, ausgeprägter Trend besteht seit dem zweiten Quartal 2021 bzw. seit sechs Quartalen. Im dritten Quartal 2022 – und in den drei Quartalen davor – zeigte sich diese Entwicklung vor allem bei kurzfristigen Krediten und bei Krediten an große Unternehmen. Die Kreditnachfrage von kleinen und mittleren Unternehmen und jene nach langfristigen Krediten ist hingegen schwächer (und im letzten Quartal kaum noch) gewachsen. Die ­bestehende Entwicklung soll sich im vierten Quartal 2022 im Großen und Ganzen fortsetzen. Vor allem bei der Nachfrage nach kurzfristigen Krediten erwarten die Banken einen weiteren Anstieg, die Nachfrage nach langfristigen Krediten könnte jedoch etwas sinken.

Seit dem vierten Quartal 2021 ist der Finanzierungsbedarf für Lagerhaltung und Betriebsmittel der dominierende Grund für den Anstieg der Nachfrage nach (kurzfristigen) Krediten (Grafik 2). 4 Der langfristige Finanzierungsbedarf für ­Anlageinvestitionen ist in den letzten drei Quartalen hingegen viel schwächer und mit abnehmender Intensität gestiegen, wobei Impulse hauptsächlich von der Investitionstätigkeit großer Unternehmen ausgegangen sind. Im dritten Quartal 2022 hat sich – per saldo der Antworten der befragten Banken – sogar ein leichter Rückgang der Nachfrage nach Investitionsfinanzierungen gegenüber dem Vorquartal ergeben (Anlageinvestitionen als Faktor mit leicht dämpfender Wirkung auf die Kreditnachfrage – siehe Grafik 2). Andere Gründe spielten in den letzten drei Quartalen kaum eine Rolle für die Veränderung der Kreditnachfrage von Unternehmen.

Im zweiten und besonders im dritten Quartal 2022 haben die Banken vermehrt Kreditanträge von kleinen und mittleren Unternehmen abgelehnt, während die Ablehnungsrate im Geschäft mit großen Unternehmen kaum gestiegen ist. 5

Die Richtlinien für Unternehmenskredite wurden im dritten Quartal 2022 erneut verschärft, nachdem sie bereits im zweiten Quartal 2022 etwas verschärft wurden. Für das vierte Quartal 2022 sind abermals strengere Richtlinien zu erwarten. Als Hauptgrund für die Verschärfungen in den letzten beiden Quartalen nannten die befragten Banken eine ungünstigere Risikoeinschätzung (Wirtschaftslage, Lage und Kreditwürdigkeit der Unternehmen, in geringerem Ausmaß die Werthaltigkeit von Sicherheiten). Für das dritte Quartal 2022 sind zudem die Refinanzierungsbedingungen der Banken als Faktor mit leicht verschärfendem Einfluss auf die Kreditrichtlinien zu erwähnen.

Tabelle 1: Kredite oder Kreditrahmen für Unternehmen  
Saldo aus positiven und negativen Antworten,2 Antworten von 7 bis 8 Banken
2018 2019 2020 2021 2022
Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q2 Q4
Kreditrichtlinien
Unternehmen gesamt 0 –1 0 0 –1 0 0 –1 –1 –1 –3 –3 0 0 –1 –1 –1 –2 –3 –4
Kredite an kleine und mittlere
­Unternehmen
0 –1 0 0 –1 0 0 –1 0 –1 –2 –2 –1 0 0 –1 –1 –2 –2 –3
Kredite an große Unternehmen 0 1 0 0 –1 0 0 –1 –1 –1 –3 –2 1 0 –1 –1 –1 –2 –3 –3
Kurzfristige Kredite
(Laufzeit bis zu einem Jahr)
0 0 0 0 0 1 0 –1 0 –1 –3 –2 0 0 0 0 –1 0 –2 –3
Langfristige Kredite
(Laufzeit über ein Jahr)
0 –1 0 0 –1 0 0 –1 –1 –1 –3 –3 0 0 –1 0 –1 –2 –3 –3
Kreditbedingungen insgesamt
Unternehmen gesamt 1 1 0 0 –1 1 1 2 –2 –3 –2 –2 –1 0 0 –1 –2 –2 –3 ..
Kredite an kleine und mittlere
­Unternehmen
1 –1 0 0 –1 0 1 1 –2 –2 –2 –2 –1 0 0 –1 –2 –1 –2 ..
Kredite an große Unternehmen 2 1 1 0 0 2 1 2 –1 –3 –2 –1 –1 0 0 –1 –1 –2 –2 ..
Margen für durchschnittliche Kredite
Unternehmen gesamt 3 3 1 0 1 2 4 3 –3 –3 –3 –1 2 1 2 1 –2 –5 –6 ..
Kredite an kleine und mittlere
­Unternehmen
1 2 0 0 1 2 4 2 –1 –2 –3 –1 2 1 2 0 –1 –4 –5 ..
Kredite an große Unternehmen 3 4 2 1 0 2 5 3 –3 –5 –3 0 3 1 2 1 –1 –5 –5 ..
Margen für risikoreichere Kredite
Unternehmen gesamt 0 0 –1 0 –1 0 0 1 –4 –6 –4 –3 –1 0 0 –1 –3 –4 –4 ..
Kredite an kleine und mittlere
­Unternehmen
–1 –1 –1 0 –1 0 0 0 –2 –4 –5 –3 –1 0 0 –1 –2 –3 –3 ..
Kredite an große Unternehmen 0 0 –1 0 –1 0 0 2 –4 –6 –4 –2 –1 0 0 0 –2 –4 –4 ..
Genehmigte Kreditanträge
Anteil bezogen auf das Gesamtvolumen 0 0 –2 –1 –1 –1 –2 –1 0 0 –3 –1 0 0 –1 0 –1 –1 –3 ..
Kreditnachfrage
Unternehmen gesamt 4 5 2 3 –2 0 –1 1 5 6 2 –2 –1 3 2 3 2 4 2 3
Kredite an kleine und mittlere
­Unternehmen
3 3 1 3 –2 –1 –1 1 3 4 0 –3 –2 1 2 2 2 3 1 2
Kredite an große Unternehmen 2 5 3 3 –1 1 0 1 5 7 2 –2 –1 3 3 3 4 4 4 3
Kurzfristige Kredite
(Laufzeit bis zu einem Jahr)
2 3 0 2 0 2 1 1 6 5 1 –3 –2 2 0 4 3 7 6 5
Langfristige Kredite
(Laufzeit über ein Jahr)
5 6 4 3 –1 –1 –1 2 1 6 2 –1 0 3 2 2 1 1 1 –2
Quelle: OeNB.
1 Die letzte Spalte enthält die Erwartungen der Banken für das angegebene nächste Quartal.
2 Die Bezeichnungen „positiv“ und „negativ“ dienen der Richtungsangabe und sind in diesem Zusammenhang als wertfrei zu verstehen.
Positiv = Lockerung von Richtlinien, Bedingungen und Margen (geringere Margen), Anstieg der genehmigten Kreditanträge,
Anstieg der Nachfrage; negativ = umgekehrte Entwicklungen.

Die Margen für Unternehmenskredite wurden im zweiten und dritten Quartal 2022 von der überwiegenden Mehrheit der befragten Banken erhöht (verschärft). Bereits im ersten Quartal 2022 war es zu leichten Margenerhöhungen gekommen. Die Aussagen beziehen sich sowohl auf Margen für durchschnittliche Kredite als auch (etwas abgeschwächt) auf Margen für risikoreichere Kredite. Vereinzelt kam es im zweiten und dritten Quartal 2022 auch zu leichten Verschärfungen anderer Kreditbedingungen (z. B. Erfordernisse für Sicherheiten, Fristigkeit, Zusatz- oder Nebenvereinbarungen zu Kreditverträgen). Wesentliche Gründe für die angesprochenen Verschärfungen von Margen und anderen Kreditbedingungen in den ­letzten beiden Quartalen waren die Refinanzierungsbedingungen der Banken und ihre Risikoeinschätzung (Wirtschaftslage, Lage und Kreditwürdigkeit der Unter­nehmen). Als weitere Gründe nannten die Banken ihr Eigenkapital bzw. damit verbundene Kosten, ihre Liquiditätssituation (nur für das dritte Quartal als Grund genannt) und ihre Risikotoleranz.

Ergänzend wurden die Banken in dieser und in den beiden vorigen Umfragerunden auch zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und des Anstiegs der Energiekosten auf das Kreditgeschäft befragt. 6 Der Krieg hat die bereits vorher bestehenden Lieferkettenprobleme sowie den Preisauftrieb insbesondere bei Energie und Rohstoffen erheblich verschärft. Die gestiegene Nachfrage nach kurzfristigen Krediten zur Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln (siehe weiter oben) ist eine unmittelbare Folge davon. Die Lieferkettenprobleme (die mittlerweile langsam zurückgehen) veranlassen Unternehmen, vorsorglich ihre Lagerbestände aufzubauen, um selbst produktions- und lieferfähig zu bleiben – ein Strategiewechsel von just-in-time zu just-in-case. Umfassende Preissteigerungen erhöhen generell den Liquiditätsbedarf der Unternehmen. Die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung wirkt hingegen dämpfend auf die Nachfrage nach langfristigen Krediten, weil Unternehmen bei Investitionen vorsichtiger sind bzw. Investitionsprojekte verschieben. 7

Angebotsseitig veranlassen der Ukraine-Krieg und seine Folgen die Banken zu verschärften, an die Situation angepassten Risikoanalysen und zu strengeren ­Kreditvergabeentscheidungen. Hierbei spielt das Ausmaß der Abhängigkeit der Unternehmen von Energie bzw. Energiepreisen nunmehr eine wichtige Rolle. Grundsätzlich sind seitens der Banken aber genügend Mittel für die Kreditvergabe vorhanden. 8 Wenn die Unternehmen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, kann die Kreditwirtschaft einen erhöhten Liquiditätsbedarf bedienen – sowohl für die kurzfristige Finanzierung von Betriebsmitteln als auch die Finanzierung langfristiger Investitionen.

2 Wohnbaukredite: Nachfrage stark gesunken, Angebotspolitik verschärft

Im Privatkundengeschäft haben die Banken ihre Richtlinien für Wohnbaukredite im dritten Quartal 2022 deutlich verschärft (nach leichten Verschärfungen im zweiten Quartal 2022). Für das vierte Quartal erwarten sie weitere, leichte Verschärfungen der Richtlinien (Tabelle 2 und Grafik 1). Als Gründe für die Verschärfungen im dritten Quartal 2022 führten sie eine ungünstigere Risikoeinschätzung (insbesondere bzgl. der Aussichten am Wohnimmobilienmarkt) und ihre Risikotoleranz an – sowie die im August 2022 in Kraft getretene „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung“ (KIM-VO), die eine neue Rechtslage für die Vergabe von Wohnbaukrediten 9 hergestellt hat. Ziel der Verordnung ist die ­Begrenzung von zunehmenden systemischen Risiken bei der Wohnimmobilien­finanzierung in einem herausfordernden Umfeld (Eintrübung der Wirtschaftslage, Zinswende, gestiegene Immobilienpreise und bisherige Kreditvergabepraxis). Der Fokus wird dabei auf die finanzielle Belastung bzw. Rückzahlungsfähigkeit der Kreditnehmenden gelegt.

Auch bei den Bedingungen für Wohnbaukredite ist es im dritten Quartal 2022 zu Verschärfungen gekommen, nachdem zuvor über längere Zeit hinweg nur ­vereinzelt Änderungen von Bedingungen gemeldet wurden. Im dritten Quartal 2022 haben die Banken die Erfordernisse für Sicherheiten erhöht und die Beleihungsquote gesenkt, was in Zusammenhang mit der KIM-VO zu sehen ist. Die Margen für Wohnbaukredite blieben dagegen im dritten Quartal 2022 unverändert. Sie wurden zuletzt im vierten Quartal 2020 nennenswert geändert bzw. erhöht (Verschärfung).

Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist im dritten Quartal 2022 stark gesunken, und auch für das vierte Quartal 2022 erwarten die Banken einen weiteren, starken Rückgang. Das stellt einen deutlichen Bruch einer langjährigen, expansiven ­Entwicklung dar (seit ca. 2012 in den Umfrageergebnissen erkennbar; Stagnation bzw. leichtes Wachstum auf hohem Niveau in den letzten beiden Jahren). Als Hauptgrund für den Rückgang im dritten Quartal 2022 wurde das allgemeine Zinsniveau genannt (Grafik 3). Im Juli 2022 hat die EZB – nach Ankündigung im Juni 2022 – mit der schrittweisen Erhöhung ihrer Leitzinsen begonnen, wodurch das allgemeine Zinsniveau und somit auch die Zinsen für neue Wohnbaukredite bzw. die Finanzierungskosten für Wohnbau spürbar gestiegen sind. 10 Als weitere Gründe für den Nachfrageeinbruch wurden das in Folge des Ukraine-Kriegs und der erwarteten Konjunktureintrübung gesunkene Konsumentenvertrauen sowie die Aussichten und voraussichtliche Preisentwicklung am Wohnimmobilienmarkt genannt. 11 Auch die KIM-VO hat sich – gemäß den Angaben einiger Banken – im dritten Quartal dämpfend auf die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ausgewirkt, wobei dies in Zusammenhang mit der Leistbarkeit bzw. Verteuerung von Krediten zu sehen ist. 12

In den Umfrageergebnissen der letzten Runde (für das zweite Quartal 2022) waren vereinzelt bereits Auswirkungen der KIM-VO zu erkennen. Einzelne ­Banken berichteten für das zweite Quartal 2022 von diesbezüglichen Vorzieheffekten bei der Kreditnachfrage (vorgezogene Nachfrage, um den verschärften Regelungen zu entgehen). Zudem dürften die Banken die ab August 2022 geltenden Regelungen der KIM-VO teilweise schon im zweiten Quartal 2022 in ihrer Kreditangebotspolitik berücksichtigt haben.

Gleichzeitig mit dem starken Rückgang der Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist im dritten Quartal 2022 der Anteil der von den Banken abgelehnten Anträge für Wohnbaukredite deutlich gestiegen, was ein im langfristigen Vergleich äußerst auffälliges Ergebnis ist. 13 Vom ersten Quartal 2015 (erstmalige Fragestellung zum Thema) bis zum zweiten Quartal 2022 gab es nur vereinzelt Meldungen über ­Änderungen beim Anteil der abgelehnten Kreditanträge zur Wohnbaufinanzierung. Für die Entwicklung des Anteils der abgelehnten Kreditanträge werden standardmäßig in der Umfrage keine Gründe erhoben. Die aktuell deutlich erhöhte Ablehnungsrate lässt sich jedoch gut vor dem Hintergrund der verschärften Angebotspolitik der Banken und des herausfordernden Umfelds (Leistbarkeit, Zinswende, Inflation, Unsicherheit) erklären.

Tabelle 2: Kredite an private Haushalte  
Veränderung im jeweiligen Quartal,1 Ergebnisse für Österreich
Saldo aus positiven und negativen Antworten,2 Antworten von 7 Banken
2018 2019 2020 2021 2022
Wohnbaukredite Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4
Kreditrichtlinien 0 –2 –1 0 –2 –2 –1 –1 0 –2 –1 –1 0 1 –1 –1 –1 –2 –4 –2
Kreditbedingungen insgesamt 1 –2 0 0 0 0 0 –1 0 –1 –1 –1 0 0 0 0 0 –1 –3 ..
Margen für durchschnittliche Kredite 2 1 2 1 2 2 3 1 0 –2 0 –4 0 –1 0 0 0 0 0 ..
Margen für risikoreichere Kredite –1 –1 –1 0 0 0 0 0 –2 –3 –1 –2 –1 –1 –1 –1 0 0 0 ..
Genehmigte Kreditanträge (Anteil
­bezogen auf das Gesamtvolumen)
0 –2 0 0 –1 –1 0 0 0 0 0 0 0 0 –1 0 –1 –1 –5 ..
Kreditnachfrage 1 0 –1 –1 1 1 2 2 3 –1 2 0 1 1 1 0 0 1 –5 –5
Konsumkredite und sonstige Kredite
Kreditrichtlinien 1 –1 0 –1 0 –2 –2 –1 0 –3 –2 –3 –1 –1 0 0 1 –1 –1 –2
Kreditbedingungen insgesamt 0 0 0 0 0 0 0 0 0 –1 –1 –2 0 0 0 0 0 –1 0 ..
Margen für durchschnittliche Kredite 0 0 0 1 0 0 1 1 0 –1 –1 –1 0 1 0 –1 0 1 0 ..
Margen für risikoreichere Kredite 0 0 0 0 0 0 0 0 –2 –2 –1 –2 –1 –1 –1 –2 –1 1 0 ..
Genehmigte Kreditanträge (Anteil
­bezogen auf das Gesamtvolumen)
1 0 0 0 0 1 –1 –1 0 –3 –3 –1 –1 –1 –2 0 0 0 –1 ..
Kreditnachfrage –1 0 0 0 1 0 1 0 0 –4 –1 0 0 1 0 0 2 2 1 0
Quelle: OeNB.
1 Die letzte Spalte enthält die Erwartungen der Banken für das angegebene nächste Quartal.
2 Die Bezeichnungen „positiv“ und „negativ“ dienen der Richtungsangabe und sind in diesem Zusammenhang als wertfrei zu verstehen.
Positiv = Lockerung von Richtlinien, Bedingungen und Margen (geringere Margen), Anstieg der genehmigten Kreditanträge,
Anstieg der Nachfrage; negativ = umgekehrte Entwicklungen.

Neben den Umfrageergebnissen zeigt auch ein Blick auf die Monetärstatistik abrupte Änderungen im Geschäft mit Wohnbaukrediten in Österreich. Von August 2021 bis Juli 2022 wurden neue Wohnbaukredite 14 im durchschnittlichen monatlichen Volumen von 2,4 Mrd EUR vergeben (Monatswerte immer zwischen 2 Mrd EUR und 3 Mrd EUR; 2,8 Mrd EUR im Juli 2022). Im August 2022 betrug das Neukreditvolumen nur mehr 1,4 Mrd EUR. Dieser Rückgang im August dürfte auf die oben beschriebene geänderte Angebots- und Nachfragesituation im dritten Quartal 2022 sowie auf Vorzieheffekte in den Vormonaten aufgrund der KIM-VO (siehe oben) und von erwarteten Zinsanstiegen zurückzuführen sein.

Bei Konsum- und sonstigen Krediten gab es im dritten Quartal 2022 keine nennenswerten Änderungen bei Angebot und Nachfrage (Tabelle 2 und Grafik 1). Für das vierte Quartal 2022 werden leicht strengere Richtlinien und eine unveränderte Nachfrage erwartet.

Gemäß Zusatzinformationen 15 der befragten Banken ist durch die hohe Inflation bzw. die steigenden Lebenshaltungskosten (finanzielle Belastung der Haushalte, Reallohnverluste) im dritten Quartal 2022 das Thema Leistbarkeit bzw. Rück­zahlungsfähigkeit von Krediten in den Fokus gerückt und wird im vierten Quartal 2022 wohl noch relevanter werden. Das führt zu restriktiveren Kreditvergabe­entscheidungen durch die Banken und wird auch die Kreditnachfrage der privaten Haushalte zunehmend dämpfen (siehe oben).

3 Refinanzierungsbedingungen für Banken weiter verschlechtert

Nach einer Phase mit laufenden Verbesserungen der allgemeinen Refinanzierungssituation der Banken (drittes Quartal 2020 bis viertes Quartal 2021) kam es in den ersten drei Quartalen 2022 zu wiederholten Verschlechterungen. Insbesondere die Refinanzierung über mittel- bis langfristige Anleihen war betroffen (Tabelle 3 16 ). Für das vierte Quartal 2022 erwarten die befragten Banken diesbezüglich weitere Verschlechterungen. Seit Jahresbeginn steigen allgemein die Zinsen auf den Anleihe­märkten.

Tabelle 3: Zugang der Banken zu ausgewählten Refinanzierungsquellen  
Veränderung im jeweiligen Quartal,1 Ergebnisse für Österreich
Saldo aus positiven und negativen Antworten,2 Antworten von 8 Banken
2018 2019 2020 2021 2022
Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4
Retail-Refinanzierung
Kurzfristige Einlagen (bis zu einem Jahr) 3 0 0 1 1 3 0 0 –1 2 1 4 2 2 3 2 1 0 0 –1
Langfristige Einlagen (über ein Jahr) 2 –1 –2 –1 0 –1 –2 0 –4 0 0 3 3 1 0 0 0 –2 0 –2
Unbesicherter Interbankengeldmarkt
Sehr kurzfristiger Geldmarkt
(bis zu einer Woche)
2 0 1 0 1 0 0 0 –1 –1 2 2 0 1 0 0 0 1 –1 –1
Kurzfristiger Geldmarkt
(über eine Woche)
2 0 1 0 0 0 0 0 –5 –2 2 2 0 1 0 0 –1 1 –1 –2
Großvolumige Schuldtitel
Kurzfristige Schuldtitel3 1 0 0 0 1 0 0 0 –1 –1 0 1 0 0 0 0 –1 0 –1 –1
Mittel- bis langfristige Schuldtitel 3 0 –1 –3 3 4 3 1 –4 –4 3 5 5 2 3 1 –4 –5 –5 –3
Quelle: OeNB.
1 Die letzte Spalte enthält die Erwartungen der Banken für das angegebene nächste Quartal.
2 Die Bezeichnungen „positiv“ und „negativ“ dienen der Richtungsangabe und sind in diesem Zusammenhang als wertfrei zu verstehen.
Positiv = Verbesserung, negativ = Verschlechterung.
3 Antworten von 3 bis 6 Banken.

4 Auswirkungen der unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems

Im Rahmen der Umfrage über das Kreditgeschäft werden die Banken halbjährlich zu den Auswirkungen der unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems befragt. Thematisiert werden dabei die Wertpapierankaufprogramme 17 , der (bis zum 26. Juli 2022) negative Zinssatz der EZB-Einlagefazilität und die ­gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte.

Im zweiten und dritten Quartal 2022 wirkten sich die Ankaufprogramme des Eurosystems gemäß den Umfrageergebnissen negativ auf die Ertragslage bzw. das Zinsergebnis der Banken aus. Ansonsten wurden für diesen Zeitraum kaum ­Effekte der Ankaufprogramme gemeldet. Aktiva, Liquidität, Finanzierungsbedingungen und Eigenkapital der Banken blieben davon weitgehend unbeeinflusst – wie auch die Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen für Unternehmen und private Haushalte.

Der negative Zinssatz der EZB-Einlagefazilität stellte für die befragten Banken durchgehend vor allem eine Belastung ihrer Ertragslage bzw. ihres Zinsergebnisses dar – so auch im letzten Halbjahr (zweites und drittes Quartal 2022) bis zum Ende der Negativzinspolitik der EZB. Die Banken begrüßten allerdings das zweistufige System der EZB für die Verzinsung von Überschussliquidität, durch das die ­Ertragsbelastung gedämpft wurde. Der negative Zinssatz der EZB-Einlagefazilität übte im zweiten und dritten Quartal 2022 bis zum Ende der Negativzinspolitik der EZB einen weiteren Abwärtsdruck auf die Zinsen für Unternehmenskredite, für private Wohnbaukredite sowie für Einlagen von Unternehmen und privaten Haushalten aus.

Von September 2019 bis Dezember 2021 wurden vom Eurosystem im Quartals­abstand zehn gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von jeweils drei Jahren durchgeführt (dritte Reihe der gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte). Insgesamt wurden diese mit attraktiven Bedingungen ausgestatteten Geschäfte von den Banken sehr gut angenommen. Die Teilnahme an einzelnen Geschäften war stark. Für die Banken ergaben sich dadurch gemäß den Umfrageergebnissen durchwegs sehr positive Auswirkungen auf ihre finanzielle Situation (betreffend Liquidität, Refinanzierungssituation, Profitabilität, Fähigkeit zur Erfüllung regulatorischer oder aufsichtlicher Anforderungen), die sich auch im zweiten und dritten Quartal 2022 fortgesetzt gezeigt haben – vor allem hinsichtlich Liquidität und Profitabilität. Weitere deutlich positive Effekte auf die Profitabilität werden für die kommenden sechs Monate (viertes Quartal 2022 und erstes Quartal 2023) erwartet. Gemäß den Ergebnissen aus früheren Umfragerunden haben die Banken die durch die Geschäfte erhaltenen Mittel vor allem für die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte verwendet – was dem erklärten Zweck dieser Geschäfte entspricht – sowie für die Liquiditätshaltung innerhalb des Eurosystems. 18

Grafik 1 zeigt die „Entwicklung der Kreditrichtlinien und der Kreditnachfrage“ in Österreich seit 2007 in acht Liniendiagrammen. Dabei werden Quartalsveränderungen als gleitender Durchschnitt des Nettoprozentsatzes der letzten vier Quartale dargestellt. Die Skala auf der y-Achse reicht jeweils von minus 100 bis plus 100. Positive Werte bezeichnen eine expansive Entwicklung (im Sinne einer Lockerung der Richtlinien und einem Anstieg der Nachfrage), negative Werte eine restriktive Entwicklung.

Der Nettoprozentsatz für die Richtlinien für Kredite an Unternehmen insgesamt war bis 2013 zumeist deutlich negativ. Es bildeten sich zwei ausgeprägte Kurventäler mit Minima von minus 65 Ende 2008 und minus 44 Anfang 2013. Danach schwankte der Nettoprozentsatz bis Anfang 2020 leicht um beziehungsweise unter der Nulllinie. Anschließend fiel er auf bis zu minus 25 im vierten Quartal 2020. Danach stieg er kontinuierlich bis auf minus 6 im vierten Quartal 2021. Bis zum dritten Quartal 2022 fiel er wieder kontinuierlich auf minus 22.

Der Nettoprozentsatz für die Kreditnachfrage von Unternehmen insgesamt fiel Mitte 2008 in den negativen Bereich und blieb dort bis Mitte 2016. Es bildeten sich drei ausgeprägte Kurventäler mit Minima von minus 40 im zweiten Quartal 2009, minus 45 im dritten Quartal 2012 und minus 25 im vierten Quartal 2014. Danach ist der Nettoprozentsatz fast durchgehend positiv. Zwei ausgeprägte Kurvengipfel mit Maxima von plus 47 Mitte 2018 und plus 44 im dritten Quartal 2020 charakterisieren die Entwicklung. Bis Mitte 2021 fiel der Nettoprozentsatz auf plus 6 und stieg dann auf plus 34 im zweiten und dritten Quartal 2022.

Die Entwicklung von Richtlinien und Nachfrage in den vier Unterkategorien Kredite an kleine und mittlere Unternehmen, Kredite an große Unternehmen, kurzfristige Kredite sowie langfristige Kredite entspricht grob den Entwicklungen insgesamt; mit teilweise abweichender Intensität der Schwankungen. Insbesondere bei der Nachfrage nach kurzfristigen Krediten zeigt sich die Entwicklung von 2010 bis Mitte 2019 weniger volatil als bei der Nachfrage insgesamt und bei jener nach langfristigen Krediten. Im dritten Quartal 2022 lag der Nettoprozentsatz der Nachfrage nach kurzfristigen Krediten bei plus 63 und somit über den plus 34 bei der Nachfrage insgesamt und den plus 16 bei der Nachfrage nach langfristigen Krediten.

Die Entwicklung der Richtlinien bei Wohnbaukrediten sowie bei Konsumkrediten und sonstigen Krediten an private Haushalte zeigt zumeist keine ausgeprägten Schwankungen. Der Nettoprozentsatz liegt von 2007 bis zum ersten Quartal 2022 jeweils in einem Bereich von minimal minus 32 bis maximal plus 11. Seit Mitte 2018 ist er nicht mehr positiv. Bei Wohnbaukrediten ist er im zweiten Quartal auf minus 18 und im dritten Quartal auf minus 29 gefallen.

Der Nettoprozentsatz der Nachfrage nach Wohnbaukrediten fiel im dritten Quartal 2008 in den negativen Bereich und blieb bis zum ersten Quartal 2011 negativ. Es bildete sich ein ausgeprägtes Kurvental mit einem Minimum von minus 55 im zweiten Quartal 2009. Danach war der Nettoprozentsatz stark schwankend, aber fast immer positiv mit Werten von bis zu plus 34 im zweiten Quartal 2013. Im dritten Quartal 2022 lag er bei minus 14 und war damit so niedrig, wie seit dem vierten Quartal 2010 nicht mehr.

Der Nettoprozentsatz der Nachfrage nach Konsumkrediten und sonstigen Krediten entwickelte sich über weite Strecken ähnlich wie jener der Nachfrage nach Wohnbaukrediten, allerdings ab 2012 restriktiver. Die Bandbreite des Nettoprozentsatzes der Nachfrage nach Konsumkrediten und sonstigen Krediten reichte dabei zwischen 2012 und 2017 von einem Minimum von minus 20 bis zu einem Maximum von plus 25. Zwischen 2018 und 2021 schwankte er leicht um die Nulllinie, wobei er vom zweiten Quartal 2020 bis zum ersten Quartal 2021 mit Werten von bis zu minus 18 etwas nach unten ausbrach. Danach stieg er jedoch wieder und lag im dritten Quartal 2022 bei plus 18.

Quelle: Oesterreichische Nationalbank.
Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Nachfrage nach Unternehmenskrediten in Österreich und ihre Einflussfaktoren seit 2017 als kombiniertes Diagramm aus einer Linie und gestapelten Säulen. Die Linie stellt die Nachfrage dar, wobei die dazugehörige Skala von minus 100 bis plus 100 auf der linken y-Achse abgebildet ist. Die gestapelten Säulen stellen die Faktoren der Nachfrage dar, wobei die dazugehörige Skala von minus 300 bis plus 300 auf der rechten y-Achse abgebildet ist. Die Quartalsveränderungen werden als Nettoprozentsatz dargestellt. Positive Werte bezeichnen eine expansive Entwicklung (im Sinne eines Anstiegs der Nachfrage), negative Werte eine restriktive Entwicklung.

Die Grafik veranschaulicht folgende Entwicklungen: 2017 und 2018 kam es zu einer Hochkonjunktur mit einer stark steigenden Kreditnachfrage. 2019 folgte eine abnehmende Konjunkturdynamik, und die Kreditnachfrage stieg nicht weiter an. Im Jahr darauf gab es einen hohen Bedarf an Überbrückungskrediten und Refinanzierungen infolge der COVID-19-Pandemie, wobei vor allem im zweiten Quartal 2020 ein deutlicher Rückgang der Nachfrage nach Investitionsfinanzierungen verzeichnet wurde. Seit dem zweiten Quartal 2021 nimmt die Kreditnachfrage wieder zu.

Quelle: Oesterreichische Nationalbank.