II/2/b privilegirte oesterreichische National-Bank

Die aufgrund des Patentes vom 15. Juni 1817 definitiv konstituierte Direktion der Nationalbank trat am 27. November 1817 zu ihrer ersten Sitzung zusammen, um die Übernahme der Geschäfte von der provisorischen Bankleitung in Angriff zu nehmen (das Protokoll zur 1. Sitzung der definitiven Bankdirektion am 27. November 1817 befindet sich in Akt Nr. 29/B. ex 1818). Mit 19. Januar 1818 konnte diese Übernahme schließlich auch durchgeführt werden. Während der Zeitspanne des Bestehens der privilegirten oesterreichischen National-Bank bis zu ihrer politisch notwendig gewordenen Umwandlung zur Oesterreichisch-ungarischen Bank Ende 1878 kam es zwei Male (1841 und 1862) zur Erneuerung des Bankprivilegiums. Diese für das Bestehen der Nationalbank notwendigen Rechtsschritte hatten allerdings weniger Einfluss auf die Vorgänge der Geschäftsordnung und Manipulation. Vielmehr machte die allmähliche Zunahme des Geschäftsvolumens der Bank, sowohl im wirtschaftlichen und finanziellen Sinne als auch im Hinblick auf den damit verbundenen organisatorischen Aufwand, immer wieder Korrekturen und Ergänzungen in der Geschäftsverteilung unabdingbar.

Hinsichtlich der vorliegenden Aktenlage ist die Tatsache bemerkenswert, dass für den Zeitraum November 1817 bis September 1818 sowohl Akten des Bankprovisoriums als auch zugleich der definitiv konstituierten Nationalbank nebeneinander bestehen. Der deutlichste formale Unterschied zwischen diesen beiden Aktenbeständen zeigt sich in der jeweiligen Art und Weise der Nummerierung. An Stelle der bei den Stücken des Bankprovisoriums gebräuchlichen Angabe der vom Gegenstand berührten Sektion des Konzeptdienstes (siehe dazu die betreffende Erläuterung zur Archivsignatur II/02.a) trat zunächst die einfache Hinzugabe eines großen „B.“ (die genaue Bedeutung dieser Bezeichnung – ist es ein Kürzel für „Bank“? – konnte bis dato nicht festgestellt werden), oftmals gekoppelt mit einer (Materien-)Nummer. Besonders letzteres lässt darauf schließen, dass diese Art der Bezeichnung nachträglich eingefügt worden ist. Mit Sicherheit begnügte man sich vorerst mit der Vergabe einer durchgehend fortlaufenden Nummer links oben auf der Vorderseite eines jeden Aktes, so wie es uns für den Bestand ab dem 2. Drittel 1819 bis 1822 entgegentritt.

Auffällig ist außerdem, dass Aktenstücke aus 1817 dennoch unter dem Jahr 1818 geführt und nummeriert sind. Die nunmehr übliche Einteilung der Nummerierung per Anno erfolgt erstmals zwischen 1818 und 1819. Die „1817“-Bezeichnungen auf den Aktenstücken sind dementsprechend durchgestrichen und durch „1818“-Stempel ersetzt worden. Etliche Aktenstücke aus dem Bestand des Bankprovisoriums waren zudem dort entnommen und in der „neuen“ Registratur hinterlegt worden; die alten Nummern der davon betroffenen Stücke sind durchgestrichen und weisen gemäß dem geänderten Schema neue Nummerierungen auf oder wurden gar neuen Akten lediglich beigelegt.

Grundlegend für das geänderte „Veraktungs“-Schema ist die „Instruction für das Geschäfts-Bureau der priv. österr. National Bank, welche zugleich jene für das Einreichungs-Protokoll, Expedit, und die Registratur enthält“, datiert mit 20. Januar 1818 (in Akt Nr. 160/B. ex 1818). Hiernach waren alle bei der Nationalbank vorkommenden Geschäfte, außer den unmittelbaren Kassa- und Buchhaltungs-Geschäften, im sog. „Geschäfts-Bureau“ zu behandeln, welchem der Generalsekretär vorstand.

In § 1 der „Instruction für das Geschäfts-Bureau der priv. oest. Nationalbank“ vom 6. Juni 1824 (ad Akt Nr. 2025/18. ex 1824) wird dieses Aufgabenfeld noch genauer umrissen:
„Das Geschäftbureau der Nationalbank führt die gesammte Correspondenz des Institutes mit Behörden und Partheien, arbeitet die erforderlichen Concepte aller Art aus, entwirft sämtliche Protokolle der Rathssitzungen und Directionscomités, verfasst sämtliche Relationen und Verträge, Vorschläge etc. welche entweder an den unterzeichneten Bankgouverneur, oder an die löbl. Direction erstattet wurden, und besorgt das tägliche und wöchentliche Darlehensgeschäft der Bank.“

Die drei Departements, Einreichungs-Protokoll, Expedit, und Registratur, wurden 1818 zum Zwecke der Vereinfachung der Geschäftsbesorgung bei der Nationalbank zusammengefasst und unter die Oberleitung des Generalsekretärs und unter die unmittelbare Aufsicht und Leitung des „2ten Bureau-Commis“ (in Folge auch als „Oberbeamter“ genannt) gestellt.

Die Geschäfte des Einreichungs-Protokolls hatten sich lediglich auf Übernahme, Protokollierung und, nach gefertigter Manipulierung, Übergabe der eingetroffenen Eingaben an den Generalsekretär, bzw. den ihm zur Aushilfe im Konzept zugeteilten „1tem Bureau-Commis“ zu beschränken. Die Eingaben wurden vom Oberbeamten geöffnet, mit Ausnahme jener, welche vom Finanzministerium, vom kaiserlichen Hof oder anderen landesfürstlichen Behörden stammten, sowie jener, die unmittelbar an den Bankgouverneur adressiert waren. Zugleich mit jenen, welche vom Gouverneur eröffnet und präsentiert worden sind, erfolgte die Protokollierung der Eingaben dergestalt, dass jedes Stück durchlaufend nummeriert, zugleich aber jedes Eintreffen einer Antwort, Äußerung oder Berichterstattung, welche bereits unter einer früheren Nummer angeführt worden waren, bei dieser früheren Nummer in der Protokollliste entsprechend vermerkt wurde.

Anschließend mussten die derart protokollierten Eingaben, mit Buchführung der Nummer, des Datums und Präsentatums sowie einer kurzen Inhaltsbeschreibung, in ein Geschäftsprotokoll eingetragen werden: „…, sodann aber [war] jedes einzelne Stück, zu Ersparung der sonst üblichen Referatsbogen auf einem besonderen reinen Bogen, mit seinem Hauptinhalte in möglichster Kürze auf der linken Spalte zu extrahieren. …“ (unter Punkt 65. der Instruction vom 20. 1. 1818 in Akt Nr. 160/B. ex 1818).

Eingaben samt Extrakte gelangten dann zwecks deren Bearbeitung an den Generalsekretär oder, falls entsprechend adressiert, an einen der Direktoren. Die dabei entstehenden Expeditionsentwürfe hatten gleich neben dem Extrakte auf der rechten Spalte zu erfolgen. Neben den entsprechenden Aktenstücken waren diese dem Gouverneur oder seinem Stellvertreter zur Approbation zu übersenden.

Nach erfolgter Approbation der Expeditionen und deren anschließender Eintragung in das Geschäftsprotokoll wurden diese mit den zugehörigen Aktenstücken in das Expedit übersendet. Aufgabe des Expedits (auch Kanzlei genannt) war die Reinschreibung und Zustellung der Expeditionen. Dabei sollte darauf geachtet werden, für Noten u.Ä. an Hof- und Länderstellen bestes Papier zu benützen, mindere Papiersorten fanden bei Dekreten und Bescheiden an andere Parteien Verwendung.

Der Oberbeamte musste die Überführung aller approbierten Exhibiten an das Expedit in der Weise vermerken, dass er auf der linken Spalte des Expeditionsbogens den Tag, an welchem das Stück an das Expedit gelangt war, sowie die Erledigung des Gegenstandes festhielt und hiernach die entsprechenden Eintragungen in das Einreichungsprotokoll vornahm.

Danach waren die Exhibiten und deren Beilagen von den Expeditionen zu trennen, erstere in hierzu bestimmte Fächer nach chronologischer Ordnung gelegt, letztere aber zur Reinschreibung („Mundierung“) an die dafür verantwortlichen Kanzleikräfte weitergereicht. Die Mundierung richtete sich nach der Art der Expeditionen: Diese bestanden entweder in Noten an Hof- oder k.k. Behörden, in Zuschriften oder in Dekreten und Bescheiden.

Noten wurden halbbrüchig auf der ersten Spalte mundiert, das Datum gleich nach dem Inhalt gesetzt und auf der linken Spalte der nächsten Seite ganz unten der kurze Titel derjenigen Person oder Stelle, an welche die Note gerichtet ist, angeführt.

Zuschriften waren in der Form zu mundieren, dass oben der Titel, danach der ausführliche Inhalt und nach diesem auf der linken Seite das Datum sowie ganz unten am Rand die angeschriebene Person aufzuschreiben waren. Für Minister oder andere hohe Standespersonen sollte hierfür auf ganzen Bögen, für Personen und Stellen niederen Ranges im gewöhnlichen Briefformat geschrieben werden. Noten und Zuschriften konnten nur vom Gouverneur oder seinen Stellvertretern unterzeichnet werden.

Dekrete erhielten oben die Aufschrift „Von der Direction der priv. Oestr. National Bank“. Die Datierung erfolgte unterhalb des Textes. Dekrete wurden vom Gouverneur oder auch von einem der Bankdirektoren dergestalt unterfertigt, dass die Unterschrift des Ersteren gleich unter dem Datum, jene des letzteren aber etwas tiefer auf der nächsten Seite zu setzen war.

Bescheide wurden entweder „ad copiam rubri“, oder „a tergo“ des Gesuchs oder Berichtes geschrieben und mit Datum und der Unterschrift „Von der Direction der priv. Oestr. National Bank“ versehen. Die Unterzeichnung erfolgte dann vom Generalsekretär.

Die daran anschließend vollbrachte „Collationierung“ (Überprüfung des Gleichlautes des reingeschriebenen Expeditionstextes mit jenem des Expeditionsentwurfes) war in der Form festzuhalten, dass der „Collationant“ das Kürzel „coll.“ sowohl auf dem Expeditions-bogen als auch auf der mundierten Expedition (Reinschrift) auftrug.

Sogleich nach der Unterzeichnung der collationierten Expeditionen, je nach Art und Inhalt der Expedition durch den Gouverneur, einen der Direktoren oder den Generalsekretär, wurden diese über den Oberbeamten der entsprechenden Zustellung zugeführt. Als Bestätigung hierfür wurde für gewöhnlich am Schluss der Expedition das Kürzel vermerkt: „Zum Exped. am … (Datum)“.

Falls die Buchhaltung zwecks dortiger Vormerkung oder Kenntnisnahme in den Umlauf eines Geschäftsstückes aufzunehmen war, so wurde dies auf der linken Spalte der ersten Seite des Expeditionsbogens, nach dem Expeditsvermerk, eingetragen.

Die Registratur endlich war jene Abteilung, wo die Akten (Exhibiten plus Expeditionen nebst Beilagen) in entsprechender Ordnung hinterlegt wurden, damit dieselben im allfälligen Gebrauch möglichst leicht und rasch aufgefunden werden konnten. Die Akten wurden dabei nach bloßer nummerischer Ordnung eingeteilt und in Faszikeln zu je 300 Nummern (Akt Nr. 2015 ex 1822: Instruction vom 2. 6. 1822, § 5 Registraturgeschäfte ) hinterlegt. Die Indizierung basierte dabei auf jener des Einreichungs-Protokolls.

Mit der „Instruction für die Registratur der priv. oesterr. National Bank“ vom 7. Dezember 1822 (Akt Nr. 4205 ex 1822) kam es zu einer wesentlichen Erweiterung der Indizierung (§ 5.), die in geänderter Form bis in die Epoche der OeNB II (nach 1945) Einfluss nehmen sollte. Nach dem Vorbild der Wiener Währungsgebarungsgeschäft-Exhibiten wurde die Zuweisung von „Materiennummern“ eingeführt. Alle Bankgeschäftsgegenstände (außer jene betr. das Wiener Währungsgebarungsgeschäft) mussten nach (zunächst) 18 Hauptmaterien eingeteilt werden. In der Regel wurde(n) die jeweils zugehörige(n) Materiennummer(n) unterhalb der Exhibiten- bzw. Protokollnummer, durch einen Querstrich voneinander getrennt, in arabischen Ziffern schriftlich festgehalten.

Im Laufe der Jahre kamen neue Materien hinzu, welche im Index nummerisch einfach hinzugefügt wurden. Aus den anfänglich 18 Hauptmaterien wuchs deren Zahl schließlich bis zu den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts auf über 40. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass mit der Amtlichen Erinnerung vom 5. April 1870 (Akt Nr. 1925/18. ex 1870) weitreichende Änderungen in der Materien-Einteilung eingeführt wurden.

Anfang 1861 (Akt Nr. 1314 vom 7. Februar 1861) wurde die Registratur vom Expedit organisch getrennt und hatte nunmehr als selbstständige Branche zu bestehen.