II/4 Wiener Währung (W.W.)

Zur Sanierung des in Folge der Napoleonischen Kriege stark inflationären österreichischen Währungswesens wurde durch das kaiserliche Patent vom 20. Februar 1811, dem so genannten Bankrottpatent, verfügt, dass die damals im Umlauf befindlichen Bancozetteln in Einlösungsscheine, welche als „Wiener Währung“ (W.W.) bezeichnet wurden, umzutauschen waren. Der Umlauf dieser Einlösungsscheine war mit rund 212 Millionen Gulden beschränkt. Obwohl diese Beschränkung trotz der horrenden kriegswirtschaftlichen Bedürfnisse des Habsburgerreiches offiziell nicht überschritten werden sollte, kam es dennoch sehr rasch durch die zusätzliche Ausgabe von so genannten „Antizipationsscheinen“ zu einem beträchtlichen realen Anwachsen der Geldumlaufmenge. Durch diesen Trick wurde nämlich ein Teil der später eingehenden Grundsteuer antizipiert (d. h. vorweggenommen) und so dem Staat kurzfristig zu höheren Einnahmen verholfen. Im März 1816 betrug der Umlauf an Einlösungs- und Antizipationsscheinen insgesamt 679 Millionen Gulden. Der Kurs der Wiener Währung fiel zusehends.

Im Rahmen der Sanierung des österreichischen Finanzwesens nach dem siegreichen Ende der Befreiungskriege gegen Napoleon bedurfte es u. a. auch einer Ablöse der in Misskredit geratenen Wiener Währung. Dies war nunmehr eine der Aufgaben der neu gegründeten „privilegirten oesterreichischen National (Zettel) Bank“. Ausgestattet mit einem Emissionsmonopol und einer gewissen Autonomie bei ihrer Geldpolitik gegenüber der Staatsverwaltung blieb die dort mit 1. Juli 1816 aufgenommene Einlösung der Wiener Währung allerdings vorerst ein Intermezzo, welche bereits Mitte August 1816 wieder eingestellt werden musste. Denn auf Grund des vorhandenen Misstrauens in der Bevölkerung gegenüber dem Papiergeld wurden die bei der Einlösung erhaltenen neuen Banknoten überwiegend sofort in Silbergeld umgetauscht. Dadurch aber schrumpfte der vorrätige Barschatz der Nationalbank in einem Ausmaß, welches zunehmend die Stabilisierung des Finanzwesens zu gefährden schien.

Wenige Jahre später hatte sich die Ausgangslage für dieses Vorhaben gebessert, so dass ab 20. März 1820 die Einlösung der Wiener Währung an der Nationalbank fortgesetzt wurde. Das Geschäft der Bank beschränkte sich hierbei zunächst darauf, in den von ihr errichteten Kassen das freiwillig überbrachte Papiergeld gegen „Conventionsmünze“ (CM) im Verhältnis von 250 Gulden W.W. gleich 100 Gulden CM für Rechnung des Staates zu übernehmen und letzterem sodann zum Zweck der öffentlichen Vertilgung zu übergeben. Auf Grund eines Abkommens hatte der Staat der Nationalbank für die Verwechslung die entsprechenden Geldmittel zu stellen. Auch die Leitung der ganzen Gebarung in diesem Verwechslungsgeschäft sowie die Übersicht über den gesamten Geldumlauf übte zunächst die Staatsverwaltung selbst aus.
Mit Fortschreiten der Papiergeldeinlösung wuchs jedoch der Bedarf nach einer konzentrierten und einheitlichen Führung dieses Geschäftes. Einer Aufforderung der Staatsverwaltung vom April 1822 folgend wurde am 15. Juli 1822 die „Wiener Währungs-Hauptkasse“ der privilegirten oesterreichischen National-Bank eröffnet.

Unter der Oberleitung der Bankdirektion wurden von der Wiener Währungs-Hauptkasse sämtliche W. W. Geschäfte besorgt, welche gemäß einer Instruktion vom 1. Juni 1822 (Akt-Nr. 15/I W.W. recte 28.5.1822) bestanden aus:

  1. In der Einlösung der W.W.
  2. in der Verwechslung der W.W.
  3. in der Dotation aller zehn W. W. Provinzkassen (Prag, Brünn, Lemberg, Linz,Graz, Ofen, Hermannstadt, Troppau, Kaschau und Temesvar).
  4. in den Teilzahlungen für mangelhafte Scheine.
  5. in der Gebarung mit unechten Scheinen.
  6. in den W:W: Remittierungen des Staates.
  7. in der Übernahme der neu fabrizierten Scheine.
  8. in der Gebarung mit den abgenützten Scheinen.
  9. in der Hinterlegung der zur Vertilgung geeigneten Scheine, endlich
  10. in der Verwechslung dieser verschiedenen Geschäfte.

Bis zum Jahre 1835 war der größte Teil der im Umlauf befindlichen Einlösungs- und Antizipationsscheine, etwa 430 Millionen Gulden Wiener Währung (von geschätzten 450 Millionen Gulden insgesamt), auf diese Weise aus dem Verkehr gebracht.

Per kaiserliches Patent vom 19. September 1857 erfolgte die Einführung des „Gulden österreichischer Währung“ (ö.W.), welcher ab 1. November 1858 als alleingültige österreichische Landeswährung galt. Das Umrechnungsverhältnis betrug 100 Gulden Conventionsmünze zu 105 Gulden österreichische Währung. Mit der Ablöse der Conventionsmünze verlor auch die Wiener Währung ihre Gültigkeit.

Damit war aber das Kapitel für die Nationalbank noch lange nicht abgeschlossen. Insbesondere blieb noch die Frage nach der Abgeltung der Restschuld des Staates gegenüber der Notenbank aus der Einlösung des W.W.-Papiergeldes. Diese Restschuld betrug Anfang der 60er Jahre noch fast 37 Millionen Gulden ö.W. Im Rahmen des neuen Bankgesetzes vom 27. Dezember 1862 (RGBl. Nr. 2/1863), wurde zwischen Staat und Nationalbank vereinbart, dass diese Restschuld in vier gleichen Jahresraten zwischen 1863 und 1866 zu begleichen war.