Mit Schirm, Charme und Taschenuhr – Die Fotopioniere in der Banknoten-Druckerei ab 1890
Die Banknoten-Druckerei war seit jeher ein eigenständiger Geschäftsbereich der Nationalbank. Ihre spezielle Aufgabenstellung erforderte einzigartige Expertise und Ausstattung in den Bereichen Technik, Kunst und Logistik. So zählte ab ca. 1875 auch ein eigenes Fotoatelier zum Bestand der „Banknoten-Fabrication“. Neben Heliografie (= Steindruck) wurden nun auch fotografische Verfahren zum Reproduzieren in der Druckerei verwendet.
Besonders ab 1888 wurde die Fotografie zum wissenschaftlichen Forschungsbereich im Banknotendruck. Der Ingenieur und Fotograf Ottokar Hruza und der studierte Chemiker Karl Hazura entwickelten zwischen 1890 und 1893 sensationelle Verfahren im Bereich des Dreifarbendrucks. Es gelang ihnen „die natürlichen Farben auf fotographischem Wege zu reproduzieren“ – wie die Bankleitung anerkennend vermerkte. Die beiden Mitarbeiter waren – wie viele weitere Chemiker und Techniker jener Zeit – zwei der Pioniere der Farbfotografie.
Doch auch die ästhetischen Möglichkeiten des relativ jungen Mediums Fotografie waren für die Experten der Banknoten-Druckerei reizvoll. Wahrscheinlich eher als Nebenprodukt der wissenschaftlichen Forschung wurden im Fotoatelier ab 1890 auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Druckereibereiches aufgenommen.
Dem ästhetischen Anspruch des gelernten Fotografen Ottokar Hruza folgend wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht einfach in ihrer Arbeitsbekleidung abgelichtet. Besonders bei den Arbeiterinnen und Arbeitern wären da zu einfache, mitunter sogar geflickte Kleidungsstücke auf den Fotos verewigt worden. Stattdessen sieht man alle Personen in ihrer bestmöglichen Garderobe. Die Arbeiterinnen adrett im Sonntagskleid mit Wespentaille, die Herren im Anzug und mit Taschenuhr.
Der Arbeitsbereich von Ottokar Hruza war im ausgebauten Dachboden im Bankgebäude in der Herrengasse 17 untergebracht, was maximale Nutzung von Tageslicht ermöglichte. Von der Ausstattung her entsprach das Atelier der Banknoten-Fabrication einem zeitgenössischen Fotostudio. Im Lauf der Zeit verfügte Hruza auch über verschiedene Hintergrundbilder und Accessoires, wie Schirme und Hüte.
Der Status eines Mitarbeiters drückte sich durch die Beigaben am Bild aus: Während man die Beamten gerne mit einem Stapel Bücher und einem Schreibset fotografierte, lehnten die Arbeiter an einem leeren Tisch (s. Bild unten links und Mitte).
Das typische Accessoire, welches jeden kultivierten Mann um die Jahrhundertwende auszeichnete, war neben seinem Hut die Taschenuhr. Je nach Geldbeutel massiv in Gold oder nur in Silber war es ein modisches „Must-have“. In einem Knopfloch des Gilets befestigt, war die Taschenuhrkette die Zierde eines jeden Anzugs. Und auf den meisten Fotos präsentieren die Herren stolz ihre Taschenuhrketten. Der Beamte auf diesem Bild, Ernst Müller, war besonders elegant - trug er doch zusätzlich Zwicker-Brille an Kette und Melone (Bild oben rechts).
Im Vergleich dazu eher bescheiden präsentieren sich die beiden Hauptakteure des Fotoateliers. Ihre anerkannten Studien wurden in der Akademie der Wissenschaften behandelt und unter anderem von der Photographischen Gesellschaft veröffentlicht. Diesen Erfolg sieht man ihnen auf den Fotos zumindest nicht an. Unprätentiös und sachlich stellen sie sich dar – als eine von vielen in der Banknoten-Druckerei.
Der Ingenieur und Fotograf Ottokar Hruza (links) und Karl Hazura neben Glaskolben und Flaschen mit Essenzen – das Handwerkszeug eines Chemikers (rechts):