Geschäftsbericht 2020
Vorwort des Präsidenten
Sehr geehrte Damen und Herren!
COVID-19 wurde von der Weltgesundheitsorganisation am 11. März 2020 zur Pandemie erklärt. Diese Pandemie zieht Österreich, Europa und die Welt nun schon seit über einem Jahr in ihren Bann. Drastische Maßnahmen zur Eindämmung, u. a. mehrere Lockdowns, haben zu tiefen Einschnitten im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben geführt. Diese werden noch lange zu spüren sein, wenngleich aufgrund der getroffenen gesundheitspolitischen Empfehlungen, wie Tests und Impfungen, eine Besserung zu erwarten ist.
Die negativen Implikationen auf die Wirtschaft sind in der zweiten Republik einzigartig und haben den Einbruch der Finanzkrise 2009 noch bei weitem übertroffen. Österreich verzeichnete im Jahr 2020 eine Rezession von rund 7 %, die Arbeitslosigkeit erreichte Höchststände. Diese Entwicklung erforderte massive (temporäre) fiskal- und wirtschaftspolitische Stützungsmaßnahmen, um die Liquidität der Unternehmen und Arbeitsplätze zu sichern, was wiederum das Budgetdefizit erheblich belastet und zu einem Anstieg der Staatsverschuldung führt. Auch die Geldpolitik hat umgehend die schon bestehenden Wertpapierankaufprogramme ausgeweitet und neue zielgerichtete Programme geschaffen, um den Verwerfungen auf den Finanzmärkten, dem Wirtschaftseinbruch und damit dem Abwärtsdruck auf die Preise entgegenzuwirken.
Die regulatorischen, aufsichtlichen und operativen Erleichterungen aufgrund von Corona haben den Banken – insbesondere in den ersten kritischen Monaten der Pandemie geholfen – die Realwirtschaft mit Krediten zur Deckung des Liquiditätsbedarfs zu versorgen. Der österreichische Bankensektor hat im Jahr 2020 seine Intermediationsunktion auch unter den erschwerten Rahmenbedingungen erfüllt und sich als stabil erwiesen.
Die volkswirtschaftlich erforderlichen monetären Programme der Zentralbanken haben die Risikoposition der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) erhöht und gemeinsam mit den marktwirtschaftlichen Verwerfungen und Ertragsminderungen den geschäftlichen Erfolg der OeNB im Jahr 2020 erheblich geschmälert.
Im Jahr 2020 hat die OeNB gemeinsam mit der PSA Payment Services Austria GmbH den Grundstein für eine moderne und zukunftsorientierte Struktur der Abwicklung von Massenzahlungsverkehrstransaktionen in Österreich gelegt sowie die OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH als eine weitere Tochtergesellschaft der OeNB gegründet.
Die OeNB als wichtige wirtschaftspolitische Institution hat ihren Beitrag zur Bewältigung dieser schwierigen Zeiten geleistet. Durch die Umsetzung der betriebsinternen pandemiebedingten Maßnahmen und auch trotz überwiegend im Homeoffice tätigen Mitarbeitenden hat die OeNB die kritische Infrastruktur im Bargeldbereich und Zahlungsverkehr sichergestellt und auch in allen anderen Kerngeschäftsfeldern die Aufgaben zuverlässig erfüllt. Die gute IT-Infrastruktur und die zukunftsfitte Digitalisierung der OeNB haben eine – in technischer wie gesundheitlicher Hinsicht – sichere Arbeitsleistung fernab vom Büro fast uneingeschränkt ermöglicht.
Ich möchte mich bei den Mitgliedern des Direktoriums sowie des Generalsrats und bei allen Kolleginnen und Kollegen für die hohe Einsatz- und Leistungsbereitschaft in diesem außergewöhnlichen Jahr herzlich bedanken.
Wien, im März 2021
Harald Mahrer, Präsident
Vorwort des Gouverneurs
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums schrumpfte aufgrund der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 um beispiellose 7 %. Zu der Rezession trugen vor allem der starke Rückgang des privaten Konsums und der Tourismusexporte aufgrund der krisenbedingen Maßnahmen bei. Die Inflation wurde durch den Rückgang der Nachfrage sowie des Ölpreises gedämpft, und der Anstieg der Konsumentenpreise lag laut dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) im Jahr 2020 bei nur 0,2 %.
Das Eurosystem reagierte 2020 rasch und zielgerichtet, um die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Krise abzumildern. So beschloss der EZB-Rat bereits am 12. März 2020 ein erstes geldpolitisches Maßnahmenpaket, das im Jahresverlauf ausgeweitet, verlängert und angepasst wurde, um den Verwerfungen auf den Finanzmärkten, der Rezession und damit auch dem Abwärtsdruck auf die Preisentwicklung entgegenzuwirken. Eine zentrale Maßnahme des Eurosystems stellte dabei das zeitlich befristete Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) zum Erwerb von Vermögenswerten dar, das zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts einen Rahmen von 1.850 Mrd EUR umfasste. Weiters wurden spezifische Refinanzierungsgeschäfte für Banken bereitgestellt und die Kriterien für notenbankfähige Sicherheiten vorübergehend gelockert. Die Leitzinsen der EZB blieben hingegen im gesamten Jahr 2020 unverändert auf einem historisch niedrigen Niveau. Neben diesen Maßnahmen für den Euroraum verstärkte das Eurosystem auch die Kooperation mit Zentralbanken innerhalb und außerhalb der EU zur Aufrechterhaltung der Liquiditätsversorgung des Finanzsystems in Euro und US-Dollar.
Neben der Bekämpfung der aktuellen Krise stand 2020 auch die Überprüfung der geldpolitischen Strategie im Zentrum der Aufmerksamkeit des Eurosystems. Im Rahmen der Überprüfung stehen die Definition von Preisstabilität und die Ansätze und Instrumente, mit denen Preisstabilität erreicht werden soll, im Mittelpunkt der Diskussionen. Die Überprüfung soll im September 2021 abgeschlossen sein. An dem Prozess sind die nationalen Zentralbanken des Euroraums führend beteiligt. Darüber hinaus werden aber auch auf europäischer und nationaler Ebene die Interessensvertretungen und die Zivilgesellschaft eingebunden. So veranstaltete die OeNB unter dem Motto „Die OeNB hört zu“ am 30. Oktober 2020 eine Diskussionsrunde mit zahlreichen Vertretern der Zivilgesellschaft über die Neuausrichtung der geldpolitischen Strategie. Die OeNB wird künftig verstärkt diesen direkten Dialog mit der Bevölkerung weiterführen.
Die OeNB stellte im Juni 2020 ihre neue Strategie für die Jahre 2020 bis 2025 vor. Neben den Kernaufgaben im Rahmen der Geldpolitik, Gewährleistung der Finanzmarktstabilität, der Sicherung der Bargeldversorgung und der Zahlungssysteme sind die Stärkung von Finanzinnovationen, die Verbesserung der Finanzbildung der österreichischen Bevölkerung sowie verstärkte Digitalisierung und Modernisierung des Unternehmens OeNB zentrale Schwerpunkte. Daneben steht auch die interne und externe Kommunikation im Fokus.
Meinen Dank möchte ich an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der OeNB, dem Präsidium, dem Generalrat und dem Direktorium für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und den außerordentlichen Einsatz in den vergangenen Monaten aussprechen. Durch das hohe Engagement und den starken Zusammenhalt konnte die OeNB auch im Jahr 2020 unter erschwerten Bedingungen ihre zentralen Aufgaben zuverlässig erfüllen und ihren Beitrag zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise leisten.
Wien, im März 2021
Robert Holzmann, Gouverneur
Mitglieder des Generalrats der OeNB
Stand 31. Dezember 2020
Dr. Harald Mahrer
Präsident
Aktuelle Funktionsperiode:
1.9.2018 – 31.8.2023
Dr. Barbara Kolm
Vizepräsidentin
Aktuelle Funktionsperiode:
1.9.2018 – 31.8.2023
Mag. Bettina
Glatz-Kremsner
Generaldirektorin der
Casinos Austria AG und der Österreichischen Lotterien Ges.m.b.H.
Aktuelle Funktionsperiode:
1.3.2018 – 28.2.2023
Mag. Erwin Hameseder
Präsident der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien reg. Gen.m.b.H.
Aktuelle Funktionsperiode:
6.3.2020 – 5.3.2025
Dr. Stephan Koren
Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Wohnungswirtschaft reg. Gen.m.b.H.
Aktuelle Funktionsperiode:
8.9.2018 – 7.9.2023
Franz Maurer
Partner bei LIVIA Group
Aktuelle Funktionsperiode:
23.5.2018 – 22.5.2023
Dr. Susanne Riess
Bausparkasse Wüstenrot AG
Aktuelle Funktionsperiode:
6.3.2020 – 5.3.2025
Mag. Peter Sidlo
Aktuelle Funktionsperiode:
1.3.2018 – 28.2.2023
Mag. Christoph Traunig, MBA
Geschäftsführender Gesellschafter bei St. Stephan Capital Partners
Aktuelle Funktionsperiode:
1.9.2018 – 31.8.2023
Univ.-Prof. Dr. Brigitte Unger
Lehrstuhl für Finanzwissenschaften an der Universität Utrecht
Aktuelle Funktionsperiode:
6.3.2020 – 5.3.2025
Staatskommissär
Sektionschef
Mag. Harald Waiglein
Leiter der Sektion für Wirtschaftspolitik und Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen
Aktuelle Funktionsperiode:
seit 1.7.2012
Staatskommissär-Stellvertreter
Mag. Alfred Lejsek
Gruppenleiter
Gruppe III/B Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen
Aktuelle Funktionsperiode:
seit 1.4.2016
Gemäß § 22 Abs. 5 NBG wurden vom Zentralbetriebsrat zu den Sitzungen des Generalrats als Vertreterin Mag. Birgit Sauerzopf und als Stellvertreter Mag. Christian Schrödinger entsendet.
Mag. Birgit Sauerzopf
Vorsitzende des Zentralbetriebsrats
Mag. Christian Schrödinger
Stellvertretender Vorsitzender des
Zentralbetriebsrats
Eigentümer und Organe
Eigentümer der OeNB
Die OeNB ist eine Aktiengesellschaft. Sie unterliegt im Vergleich zu anderen Aktiengesellschaften aber einer Reihe von speziellen, im Nationalbankgesetz 1984 (NBG) begründeten Regelungen, die sich aus ihrer besonderen Stellung als Zentralbank ergeben. Das Grundkapital von 12 Mio EUR steht seit Juli 2010 zur Gänze im Eigentum des Bundes.
Generalrat
Aufgaben
Der Generalrat ist das Aufsichtsorgan der OeNB und überwacht jene Geschäfte, die nicht in den Aufgabenbereich des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) fallen. Der Generalrat wird durch den Präsidenten einberufen, und zwar in der Regel einmal im Monat. Gemäß § 20 Abs. 2 NBG hat der Generalrat das Direktorium in Angelegenheiten der Geschäftsführung und der Währungspolitik zu beraten. Gemeinsame Sitzungen des Generalrats und des Direktoriums haben mindestens einmal im Vierteljahr stattzufinden. Für eine Reihe von Agenden der Geschäftsführung ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Dazu zählen die Neuaufnahme oder Auflassung von Geschäftszweigen, die Errichtung oder Auflassung von Zweiganstalten sowie der Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen und Liegenschaften.
Des Weiteren ist die Zustimmung des Generalrats bei der Besetzung von Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräten und des Managements von Unternehmen, an denen die OeNB beteiligt ist, einzuholen. Auch bei der Ernennung der Funktionärinnen und Funktionäre der zweiten Führungsebene der OeNB ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Darüber hinaus sind die in § 21 Abs. 2 NBG genannten Angelegenheiten der Beschlussfassung durch den Generalrat vorbehalten, wie z. B. die Erstattung von unverbindlichen Dreiervorschlägen an die Bundesregierung für die Ernennung der Mitglieder des Direktoriums durch den Bundespräsidenten, die Festlegung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik in Nicht-ESZB-Angelegenheiten und die Genehmigung des Jahresabschlusses zwecks Vorlage an die Generalversammlung sowie die Genehmigung der Plankostenrechnung und des Investitionsplans für das nächste Geschäftsjahr.
Zusammensetzung
Der Generalrat besteht aus dem Präsidenten, einer Vizepräsidentin und acht weiteren Mitgliedern. Die Mitglieder müssen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie sind von der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren ernannt; eine Wiederernennung ist zulässig. Weitere Bestimmungen zum Generalrat finden sich in den §§ 20 bis 30 NBG.
Personelle Veränderungen vom 1. Jänner 2020 bis 4. März 2021
Mit 1. Jänner 2020 waren die von Frau Generalrätin Dr. Gabriele Payr mit Ende Februar 2019 und von Herrn Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber mit Wirksamkeit vom 10. Juli 2019 vorzeitig zurückgelegten Mandate von der Bundesregierung noch nicht nachbesetzt worden. Mit Schreiben vom 15. Jänner 2020 hat Herr Generalrat Dr. Walter Rothensteiner sein Mandat als Mitglied des Generalrats mit Ende Jänner 2020 ebenso vorzeitig zurückgelegt.
Die Bundesregierung hat daher in ihrer Sitzung am 4. März 2020 beschlossen, Herrn Mag. Erwin Hameseder, Präsident der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien reg. Gen.m.b.H., Frau Dr. Susanne Riess, Generaldirektorin der Bausparkasse Wüstenrot AG und Frau Univ.-Prof. Dr. Brigitte Unger, Professorin an der Universität Utrecht, Lehrstuhl für Finanzwissenschaft, gemäß § 23 Nationalbankgesetz 1984, idgF., mit Wirksamkeit vom 6. März 2020 auf die Dauer von fünf Jahren zu Mitgliedern des Generalrats der OeNB zu ernennen (Funktionsperiode vom 6. März 2020 bis 5. März 2025).
Direktorium
Das Direktorium leitet den gesamten Dienstbetrieb und führt die Geschäfte der OeNB. Bei der Verfolgung der Ziele und Aufgaben des ESZB handelt das Direktorium entsprechend den Leitlinien und Weisungen der EZB. Das Direktorium führt die Geschäfte in der Weise, dass die OeNB in die Lage versetzt wird, die ihr nach dem AEUV, nach dem ESZB/EZB-Statut, nach den auf Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften sowie sonst durch ein Bundesgesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.
Das Direktorium besteht aus dem Gouverneur, dem Vize-Gouverneur und zwei weiteren Mitgliedern. Alle Mitglieder des Direktoriums werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Die Ernennung erfolgt jeweils für die Dauer von sechs Jahren; eine Wiederernennung ist zulässig. Der Gouverneur ist Mitglied des EZB-Rats und des Erweiterten Rats der EZB. Er und sein Vertreter sind bei Wahrnehmung dieser Funktionen weder an Beschlüsse des Direktoriums noch an solche des Generalrats gebunden und unterliegen auch sonst keinerlei Weisungen.
Weitere Bestimmungen zum Direktorium finden sich in den §§ 32 bis 36 NBG. Für weitere Informationen zum Direktorium der OeNB siehe auch www.oenb.at.