Aktuelles

Geschäftsbericht 2020

Vorwort des Präsidenten

Sehr geehrte Damen und Herren!

COVID-19 wurde von der Weltgesundheitsorganisation am 11. März 2020 zur Pandemie erklärt. Diese ­Pandemie zieht Österreich, Europa und die Welt nun schon seit über einem Jahr in ihren Bann. Drastische Maßnahmen zur Eindämmung, u. a. mehrere Lockdowns, haben zu tiefen Einschnitten im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben geführt. Diese werden noch lange zu spüren sein, wenngleich aufgrund der getroffenen gesundheitspolitischen Empfehlungen, wie Tests und Impfungen, eine Besserung zu erwarten ist.

Die negativen Implikationen auf die Wirtschaft sind in der zweiten Republik einzigartig und haben den Einbruch der Finanzkrise 2009 noch bei weitem übertroffen. Österreich verzeichnete im Jahr 2020 eine Rezession von rund 7 %, die Arbeitslosigkeit erreichte Höchststände. Diese Entwicklung erforderte massive (temporäre) fiskal- und wirtschaftspolitische Stützungsmaßnahmen, um die Liquidität der Unternehmen und Arbeitsplätze zu sichern, was wiederum das Budgetdefizit erheblich belastet und zu einem Anstieg der Staatsverschuldung führt. Auch die Geldpolitik hat umgehend die schon bestehenden Wertpapierankaufprogramme ausgeweitet und neue zielgerichtete Programme geschaffen, um den Verwerfungen auf den Finanzmärkten, dem Wirtschaftseinbruch und damit dem Abwärtsdruck auf die Preise entgegenzuwirken.

Die regulatorischen, aufsichtlichen und operativen Erleichterungen aufgrund von Corona haben den Banken – insbesondere in den ersten kritischen Monaten der Pandemie geholfen – die Realwirtschaft mit Krediten zur Deckung des Liquiditätsbedarfs zu versorgen. Der österreichische Bankensektor hat im Jahr 2020 seine Intermediationsunktion auch unter den erschwerten Rahmenbedingungen erfüllt und sich als stabil erwiesen.

Die volkswirtschaftlich erforderlichen monetären Programme der Zentralbanken haben die Risikoposition der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) erhöht und gemeinsam mit den marktwirtschaftlichen Verwerfungen und Ertragsminderungen den geschäftlichen Erfolg der OeNB im Jahr 2020 erheblich ­geschmälert.

Im Jahr 2020 hat die OeNB gemeinsam mit der PSA Payment Services Austria GmbH den Grundstein für eine moderne und zukunftsorientierte Struktur der Abwicklung von Massenzahlungsverkehrstrans­aktionen in Österreich gelegt sowie die OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH als eine weitere Tochter­gesellschaft der OeNB gegründet.

Die OeNB als wichtige wirtschaftspolitische Institution hat ihren Beitrag zur Bewältigung dieser schwierigen Zeiten geleistet. Durch die Umsetzung der betriebsinternen pandemiebedingten Maßnahmen und auch trotz überwiegend im Homeoffice tätigen Mitarbeitenden hat die OeNB die kritische Infrastruktur im Bargeldbereich und Zahlungsverkehr sichergestellt und auch in allen anderen Kerngeschäftsfeldern die Aufgaben zuverlässig erfüllt. Die gute IT-Infrastruktur und die zukunftsfitte Digitalisierung der OeNB haben eine – in technischer wie gesundheitlicher Hinsicht – sichere Arbeitsleistung fernab vom Büro fast uneingeschränkt ermöglicht.

Ich möchte mich bei den Mitgliedern des Direktoriums sowie des Generalsrats und bei allen Kolleginnen und Kollegen für die hohe Einsatz- und Leistungsbereitschaft in diesem außergewöhnlichen Jahr herzlich bedanken.

Wien, im März 2021

Harald Mahrer, Präsident

Vorwort des Gouverneurs

Sehr geehrte Damen und Herren!

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums schrumpfte aufgrund der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 um beispiellose 7 %. Zu der Rezession trugen vor allem der starke Rückgang des privaten Konsums und der Tourismusexporte aufgrund der krisenbedingen Maßnahmen bei. Die Inflation wurde durch den Rückgang der Nachfrage sowie des Ölpreises gedämpft, und der Anstieg der Konsumentenpreise lag laut dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) im Jahr 2020 bei nur 0,2 %.

Das Eurosystem reagierte 2020 rasch und zielgerichtet, um die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-­Krise abzumildern. So beschloss der EZB-Rat bereits am 12. März 2020 ein erstes geldpolitisches Maßnahmenpaket, das im Jahresverlauf ausgeweitet, verlängert und angepasst wurde, um den Verwerfungen auf den Finanzmärkten, der Rezession und damit auch dem Abwärtsdruck auf die Preisentwicklung entgegenzuwirken. Eine zentrale Maßnahme des Eurosystems stellte dabei das zeitlich befristete Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) zum Erwerb von Vermögenswerten dar, das zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts einen Rahmen von 1.850 Mrd EUR umfasste. Weiters wurden spezifische Refinanzierungsgeschäfte für Banken bereitgestellt und die Kriterien für notenbankfähige Sicherheiten vorübergehend gelockert. Die Leitzinsen der EZB blieben hingegen im gesamten Jahr 2020 unverändert auf einem historisch niedrigen Niveau. Neben diesen Maßnahmen für den Euroraum verstärkte das Eurosystem auch die Kooperation mit Zentralbanken innerhalb und außerhalb der EU zur Aufrechterhaltung der Liquiditätsversorgung des Finanzsystems in Euro und US-Dollar.

Neben der Bekämpfung der aktuellen Krise stand 2020 auch die Überprüfung der geldpolitischen ­Strategie im Zentrum der Aufmerksamkeit des Eurosystems. Im Rahmen der Überprüfung stehen die ­Definition von Preisstabilität und die Ansätze und Instrumente, mit denen Preisstabilität erreicht werden soll, im Mittelpunkt der Diskussionen. Die Überprüfung soll im September 2021 abgeschlossen sein. An dem Prozess sind die nationalen Zentralbanken des Euroraums führend beteiligt. Darüber hinaus werden aber auch auf europäischer und nationaler Ebene die Interessensvertretungen und die Zivilgesellschaft ­eingebunden. So veranstaltete die OeNB unter dem Motto „Die OeNB hört zu“ am 30. Oktober 2020 eine Diskussionsrunde mit zahlreichen Vertretern der Zivilgesellschaft über die Neuausrichtung der geldpolitischen Strategie. Die OeNB wird künftig verstärkt diesen direkten Dialog mit der Bevölkerung weiterführen.

Die OeNB stellte im Juni 2020 ihre neue Strategie für die Jahre 2020 bis 2025 vor. Neben den Kernaufgaben im Rahmen der Geldpolitik, Gewährleistung der Finanzmarktstabilität, der Sicherung der Bargeldversorgung und der Zahlungssysteme sind die Stärkung von Finanzinnovationen, die Verbesserung der ­Finanzbildung der österreichischen Bevölkerung sowie verstärkte Digitalisierung und Modernisierung des Unternehmens OeNB zentrale Schwerpunkte. Daneben steht auch die interne und externe Kommunikation im Fokus.

Meinen Dank möchte ich an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der OeNB, dem Präsidium, dem Generalrat und dem Direktorium für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und den außerordentlichen Einsatz in den vergangenen Monaten aussprechen. Durch das hohe Engagement und den starken Zusammenhalt konnte die OeNB auch im Jahr 2020 unter erschwerten Bedingungen ihre zentralen Aufgaben zuverlässig erfüllen und ihren Beitrag zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise leisten.

Wien, im März 2021

Robert Holzmann, Gouverneur

Mitglieder des Generalrats der OeNB

Stand 31. Dezember 2020

Dr. Harald Mahrer

Präsident

Aktuelle Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Dr. Barbara Kolm

Vizepräsidentin

Aktuelle Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Mag. Bettina
Glatz-Kremsner

Generaldirektorin der
Casinos Austria AG und der Österreichischen Lotterien Ges.m.b.H.

Aktuelle Funktionsperiode:
1.3.2018 – 28.2.2023

Mag. Erwin Hameseder

Präsident der Raiffeisen-­Holding Niederösterreich-­Wien reg. Gen.m.b.H.

Aktuelle Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Dr. Stephan Koren

Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Wohnungswirtschaft reg. Gen.m.b.H.

Aktuelle Funktionsperiode:

8.9.2018 – 7.9.2023

Franz Maurer

Partner bei LIVIA Group

Aktuelle Funktionsperiode:

23.5.2018 – 22.5.2023

Dr. Susanne Riess

Bausparkasse Wüstenrot AG

Aktuelle Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Mag. Peter Sidlo

Aktuelle Funktionsperiode:

1.3.2018 – 28.2.2023

Mag. Christoph Traunig, MBA

Geschäftsführender Gesell­­schafter bei St. Stephan Capital Partners

Aktuelle Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Univ.-Prof. Dr. Brigitte Unger

Lehrstuhl für Finanzwissenschaften an der Universität Utrecht

Aktuelle Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Staatskommissär
Sektionschef

Mag. Harald Waiglein

Leiter der Sektion für Wirtschafts­politik und Finanzmärkte im

Bundesministerium für Finanzen

Aktuelle Funktionsperiode:

seit 1.7.2012

Staatskommissär-Stellvertreter

Mag. Alfred Lejsek

Gruppenleiter

Gruppe III/B Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen

Aktuelle Funktionsperiode:

seit 1.4.2016

Gemäß § 22 Abs. 5 NBG wurden vom Zentralbetriebsrat zu den Sitzungen des Generalrats als ­Vertreterin Mag. Birgit Sauerzopf und als Stellvertreter Mag. Christian Schrödinger entsendet.

Mag. Birgit Sauerzopf

Vorsitzende des Zentralbetriebsrats

Mag. Christian Schrödinger

Stellvertretender Vorsitzender des
Zentralbetriebsrats

Eigentümer und Organe

Eigentümer der OeNB

Die OeNB ist eine Aktiengesellschaft. Sie unterliegt im Vergleich zu anderen Aktiengesellschaften aber einer Reihe von speziellen, im Nationalbankgesetz 1984 (NBG) begründeten Regelungen, die sich aus ihrer besonderen Stellung als Zentralbank ergeben. Das Grundkapital von 12 Mio EUR steht seit Juli 2010 zur Gänze im Eigentum des Bundes.

Generalrat

Aufgaben

Der Generalrat ist das Aufsichtsorgan der OeNB und überwacht jene Geschäfte, die nicht in den Aufgabenbereich des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) fallen. Der Generalrat wird durch den Präsidenten einberufen, und zwar in der Regel einmal im Monat. Gemäß § 20 Abs. 2 NBG hat der Generalrat das Direktorium in Angelegenheiten der Geschäftsführung und der Währungspolitik zu beraten. Gemeinsame Sitzungen des Generalrats und des Direktoriums haben mindestens einmal im Vierteljahr stattzufinden. Für eine Reihe von Agenden der Geschäftsführung ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Dazu zählen die Neuaufnahme oder Auflassung von Geschäftszweigen, die Errichtung oder Auflassung von Zweiganstalten sowie der Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen und Liegenschaften.

Des Weiteren ist die Zustimmung des Generalrats bei der Besetzung von Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräten und des Managements von Unternehmen, an denen die OeNB beteiligt ist, einzuholen. Auch bei der Ernennung der Funktionärinnen und Funktionäre der zweiten Führungsebene der OeNB ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. ­Darüber hinaus sind die in § 21 Abs. 2 NBG ­genannten Angelegenheiten der Beschlussfassung durch den Generalrat vorbehalten, wie z. B. die Erstattung von unverbindlichen Dreiervorschlägen an die Bundesregierung für die Ernennung der Mitglieder des Direktoriums durch den Bundespräsidenten, die Festlegung allgemeiner Grundsätze der ­Geschäftspolitik in Nicht-ESZB-Angelegenheiten und die Genehmigung des Jahresabschlusses zwecks Vorlage an die Generalversammlung sowie die Genehmigung der Plankostenrechnung und des Investitionsplans für das nächste Geschäftsjahr.

Zusammensetzung

Der Generalrat besteht aus dem Präsidenten, einer Vizepräsidentin und acht weiteren Mitgliedern. Die Mitglieder müssen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie sind von der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren ernannt; eine Wiederernennung ist zulässig. Weitere Bestimmungen zum Generalrat finden sich in den §§ 20 bis 30 NBG.

Personelle Veränderungen vom 1. Jänner 2020 bis 4. März 2021

Mit 1. Jänner 2020 waren die von Frau Generalrätin Dr. Gabriele Payr mit Ende Februar 2019 und von Herrn Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber mit Wirksamkeit vom 10. Juli 2019 vorzeitig zurückgelegten Mandate von der Bundesregierung noch nicht nachbesetzt worden. Mit Schreiben vom 15. Jänner 2020 hat Herr General­rat Dr. Walter Rothensteiner sein Mandat als Mitglied des Generalrats mit Ende Jänner 2020 ebenso vorzeitig zurückgelegt.

Die Bundesregierung hat daher in ihrer ­Sitzung am 4. März 2020 beschlossen, Herrn Mag. Erwin Hameseder, Präsident der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien reg. Gen.m.b.H., Frau Dr. Susanne Riess, Generaldirektorin der Bausparkasse Wüstenrot AG und Frau Univ.-Prof. Dr. Brigitte Unger, Professorin an der Universität Utrecht, Lehrstuhl für Finanzwissenschaft, gemäß § 23 Nationalbankgesetz 1984, idgF., mit Wirksamkeit vom 6. März 2020 auf die Dauer von fünf Jahren zu Mitgliedern des Generalrats der OeNB zu ernennen (Funktionsperiode vom 6. März 2020 bis 5. März 2025).

Direktorium

Das Direktorium leitet den gesamten Dienstbetrieb und führt die Geschäfte der OeNB. Bei der Verfolgung der Ziele und Aufgaben des ESZB handelt das Direktorium entsprechend den Leitlinien und Weisungen der EZB. Das Direktorium führt die Geschäfte in der Weise, dass die OeNB in die Lage versetzt wird, die ihr nach dem AEUV, nach dem ESZB/EZB-Statut, nach den auf Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften sowie sonst durch ein Bundesgesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.

Das Direktorium besteht aus dem Gouverneur, dem Vize-Gouverneur und zwei weiteren Mitgliedern. Alle Mitglieder des Direktoriums werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Die Ernennung erfolgt jeweils für die Dauer von sechs Jahren; eine Wiederernennung ist zulässig. Der Gouverneur ist Mitglied des EZB-Rats und des Erweiterten Rats der EZB. Er und sein Vertreter sind bei Wahrnehmung dieser Funktionen weder an Beschlüsse des Direktoriums noch an solche des Generalrats gebunden und unterliegen auch sonst keinerlei Weisungen.

Weitere Bestimmungen zum Direktorium finden sich in den §§ 32 bis 36 NBG. Für weitere Informationen zum Direktorium der OeNB siehe auch www.oenb.at.

Mitglieder des Direktoriums der OeNB

Stand 31. Dezember 2020

Bild: Vize-Gouverneur Univ.-Prof. MMag Dr. Gottfried Haber, Gouverneur Univ.-Prof. Mag. Dr. Robert Holzmann, Direktor DDr. Eduard Schock, Direktor DI Dr. Thomas Steiner

Organisation der OeNB

Die OeNB im Dienst der
Preis- und Finanzmarktstabilität

Geldpolitik des Eurosystems reagierte rasch und ­zielgerichtet auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie

Eurosystem antwortete mit einem großen Paket unkonventioneller Maßnahmen auf die COVID-19-Krise

Die COVID-19-Pandemie und die von den ­Regierungen zu ihrer Eindämmung gesetzten Maßnahmen führten im Jahr 2020 laut IWF-Prognose zu einem Einbruch der Weltwirtschaftstätigkeit um 3,5% ( World Economic Outlook ). Dabei fiel der BIP-Rückgang in den Industrieländern mit 4,9% stärker aus als in den aufstrebenden Volkswirtschaften, deren Wirtschaftsleistung um 2,4% einbrach. Auch bei anderen Kennzahlen, die die Entwicklung der Weltwirtschaft zeigen, schlug sich die Pandemie nieder: Der Welthandel ging um 9,6% zurück. Die Rohölpreise sanken in den ersten vier Monaten des Jahres 2020 um 60%. Nach der anschließenden Erholung lag der Preis für Rohöl der Sorte Brent zu Jahresende 2020 noch immer rund 25% unter seinem Wert zum Jahresbeginn.

Angesichts der Ausbreitung von COVID-19 zeigten die Finanzmärkte zu Jahresbeginn 2020 starke Anzeichen von Verwerfungen. Ende ­Februar und Anfang März 2020 nahm die globale Risikoaversion stark zu. Infolgedessen stieg die Marktvolatilität, die Aktienkurse sanken und die Risikoprämien weiteten sich aus. Damit verschlechterten sich die Finanzierungsbedingungen für Banken im Euroraum, was die – für die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen ­Tätigkeit notwendige – stabile Kreditversorgung von Unternehmen und Haushalten gefährdete.

Zusätzlich zur COVID-19-Pandemie erhöhten der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit) mit 31. Jänner 2020 und die bis Ende des Jahres andauernden Verhandlungen über die Gestaltung der Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ab 2021 die Unsicherheiten für die wirtschaftlichen Akteure im Euroraum.

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums schrumpfte im Jahr 2020 um 7,3% (Von Experten des Eurosystems erstellte gesamtwirtschaftliche Projektionen für das Euro-Währungsgebiet, Dezember 2020). Starke Rückgänge im privaten Konsum und bei den ­Investitionen trugen zu dieser Rezession ebenso bei wie die Schwäche bei den Exporten. Dieser deutliche Rückgang der Nachfrage sowie der Ölpreisrückgang dämpften die Inflation. Der Anstieg der Konsumentenpreise laut HVPI (Harmonisierter Verbraucherpreisindex) lag im Jahr 2020 bei nur 0,2%. Auch im Jahr 2021 wird der Preisdruck insgesamt verhalten bleiben. Dies hängt mit der anhaltend schwachen Nachfrage, einem geringen Lohndruck und der Aufwertung des Euro zusammen. Die HVPI-Inflationsrate wird sich im Jahr 2021 nur langsam auf 1,0% erholen und bis zum Jahr 2023 leicht auf 1,4% steigen (gesamtwirtschaftliche Projektionen, Dezember 2020). Insgesamt deutet die Datenlage darauf hin, dass das Preisstabilitätsziel von nahe, aber unter 2% auch in den kommenden Jahren unterschritten werden wird.

Sowohl die Regierungen der Mitgliedsländer als auch die zentralen politischen Institutionen der EU waren gefordert, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzumildern. Insbesondere bedurfte es finanzpolitischer Reaktionen, um gefährdete Unternehmen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterstützen. In Summe beliefen sich die Transferzahlungen und Subventionen an Unternehmen und private Haus­halte (inkl. Arbeitsplatzerhaltungsmaßnahmen) im Euroraum 2020 nach Schätzung der EZB auf etwa 4,5 % des BIP. Einige der Maßnahmen werden auch im Jahr 2021 fortgeführt werden. Infolge dieser Stützungspakete wird die Brutto­verschuldungsquote im Euroraum bis 2021 auf etwa 100% des BIP ansteigen, nachdem sie im Jahr 2019 84% betrug.

Ergänzt wurden die nationalen Initiativen um neu geschaffene Instrumente auf europäischer Ebene. Dabei spielt das von allen EU-Mitgliedsländern beschlossene Paket Next Generation EU – ein 750 Mrd EUR umfassendes, befristetes Auf­bauinstrument – eine zentrale Rolle. Es gestattet der EU-Kommission, die hierfür notwendigen Mittel auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen. Das Ziel des Pakets ist die Verringerung der unmittelbar pandemiebedingten Folgeschäden für Wirtschaft und Gesellschaft. Ein weiteres wichtiges neues Instrument auf EU-Ebene ist die Unter­stützung von Mitgliedsländern bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Not­lage (Support to Mitigate Unem­ployment Risks in Emergency – SURE), das dazu beitragen soll, die durch die COVID-19-Pandemie bedrohten Arbeitsplätze und Erwerbstätigen zu schützen. Die finanzielle Unterstützung kann sich auf insgesamt bis zu 100 Mrd EUR belaufen und in Form von EU-Darlehen an die Mitgliedstaaten zu günstigen Bedingungen vergeben werden.

Um den Verwerfungen auf den Finanzmärkten, der Rezession und damit dem Abwärtsdruck auf die Preisentwicklung entgegenzuwirken, handelte auch das Eurosystem in der Geldpolitik rasch und zielgerichtet. Der EZB-Rat – in dem die OeNB durch den Gouverneur vertreten ist – beschloss am 12. März 2020 ein erstes geld­politisches Maßnahmenpaket. Im Jahresverlauf 2020 folgten Anpassungen, Verlängerungen sowie Ausweitungen des Pakets, um dem neuen Wissens­stand über die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gerecht zu werden.

In einem ersten Schritt beschloss der EZB-Rat, das bestehende Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Expanded Asset Purchase Programme – APP) bis zum Ende des Jahres 2020 vorübergehend mit einem Rahmen zusätzlicher Netto­ankäufe in Höhe von 120 Mrd EUR auszustatten. Dieser zusätzliche Rahmen unterstützte das APP, das mit einem monatlichen Ankaufsvolumen von 20 Mrd EUR unverändert weiterlief. Auch die Tilgungsbeträge der im Rahmen des APP erworbenen Wertpapiere wurden weiterhin bei Fälligkeit vollumfänglich wiederangelegt.

APP (Expanded Asset ­Purchase Programme)

Im Rahmen des erweiterten Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) erwirbt das Eurosystem in vier Teilprogrammen bis auf weiteres folgende Wertpapiere: (i) gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme − CBPP3), (ii) forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset-Backed Securities Purchase Programme − ABSPP), (iii) Anleihen des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme − PSPP) sowie (iv) Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme − CSPP). Das größte Teilprogramm ist das PSPP, das rund 80% des APP ausmacht.

Relativ rasch wurde klar, dass die Verwerfungen an den Finanzmärkten stärker ausgeprägt waren als zunächst angenommen worden war. Daher folgte das zeitlich befristete Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) zum Erwerb von Vermögenswerten, die bereits im Rahmen des bestehenden APP zugelassen waren. Das Ziel des PEPP ist es, den Marktverwerfungen entgegenzutreten, günstige Finanzierungsbedingungen zu schaffen bzw. aufrechtzuerhalten und eine reibungslose Transmission der Geldpolitik zu unterstützen. Bei den Ankäufen von Wertpapieren des öffentlichen Sektors richtet sich die Verteilung auf die einzelnen Länder – wie beim APP – nach dem Kapitalschlüssel der ­nationalen Zentralbanken, allerdings werden die Käufe im Rahmen des neuen PEPP flexibler durchgeführt. Schwankungen bei der Verteilung der Ankäufe hinsichtlich der Anlageklassen und der Länder sind daher im Zeitverlauf möglich. Zudem wurde im PEPP die Bandbreite an ankauf­fähigen Vermögenswerten erweitert.

Der Rahmen des PEPP wurde im Verlauf des Jahres 2020 in einigen Schritten erweitert und auf insgesamt 1.850 Mrd EUR erhöht. Die Nettoankäufe starteten im März 2020 und werden bis mindestens Ende März 2022 (Grafik 1) fortgeführt bzw. so lange andauern, bis die pandemie­bedingte Krise überstanden ist. Die Tilgungsbeträge von auslaufenden PEPP-Wertpapieren werden zumindest bis Ende 2023 wiederveranlagt werden.

PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme)

Das PEPP ist ein Kriseninstrument des Eurosystems in Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Sein Ziel ist es, durch den Ankauf von Vermögenswerten zwischen März 2020 und März 2022 günstige Finanzierungsbedingungen aufrechtzuerhalten und eine reibungslose Transmission der
Geldpolitik zu unterstützen.

Grafik 1 zeigt wie viele Mrd EUR an Wertpapieren vom Eurosystem im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (im Englischen: Expanded Asset Purchase Programme – APP) seit März 2015 bzw. im neuen Pandemie-Notfallankaufprogramm (im Englischen: Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) seit März 2020 erworben wurden. Von März 2015 bis März 2016 waren es durchschnittlich 60 Mrd EUR pro Monat. Von April 2016 bis März 2017 waren es monatlich 80 Mrd EUR. Von April 2017 bis Dezember 2017 waren es wieder 60 Mrd EUR im Monat. Zwischen Jänner und September 2018 wurden durchschnittlich 30 Mrd EUR bzw. zwischen Oktober und Dezember 2018 15 Mrd EUR pro Monat angekauft. Danach wurden die APP-Ankäufe vorläufig eingestellt. Im November 2019 wurden die Ankäufe im APP mit monatlich 20 Mrd EUR bis auf weiteres wieder aufgenommen. Zwischen März und Dezember 2020 wurden die APP-Ankäufe auf Grund der COVID-19 Pandemie um 120 Mrd EUR aufgestockt. Die Ankaufvolumina im Rahmen des PEPP, das im März 2020 startete, lagen in den Anfangsmonaten April bis Juni 2020 über 100 Mrd EUR, in der zweiten Jahreshälfte lagen sie etwas darunter. Im gesamten Jahr 2020 wurden 757 Mrd EUR an Wertpapieren im Rahmen des PEPP angekauft. Quelle: EZB.

Als Teil des Eurosystems führt die OeNB – ebenso wie die anderen 18 beteiligten nationalen Zentralbanken und die EZB – die APP- und PEPP-Wertpapierankäufe durch. D. h. sie kauft österreichische Staatsanleihen im Rahmen des PSPP bzw. PEPP und gedeckte Schuldverschreibungen österreichischer Banken im Rahmen des CBPP3 bzw. PEPP. Im Jahr 2020 hat die OeNB im Rahmen des CBPP3 und des PEPP knapp 2 Mrd EUR an gedeckten Schuldverschreibungen gekauft, wodurch sich diese Positionen in der Bilanz auf insgesamt 9,5 Mrd EUR erhöhten. Österreichische Staatsanleihen kaufte die OeNB im Rahmen des PSPP und des PEPP im Ausmaß von knapp 24 Mrd EUR im Jahr 2020; dies führte zu einem Jahresendstand von rund 74,5 Mrd EUR.

Ein weiterer wichtiger Baustein des Maßnahmenpakets ist die Anpassung der Bedingungen für die dritte Serie gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (Targeted Longer-Term Refinancing Operations – TLTROs III). Grundsätzlich werden diese Ausleihungen zum gleichen Zinssatz verzinst wie die parallel durchgeführten Hauptrefinanzierungsgeschäfte. Für die im Zeitraum von Juni 2020 bis Juni 2022 aushaftenden TLTROs III wurde der Zinssatz jedoch um 50 Basispunkte gesenkt. Zudem können sich Banken, die gewisse Anforderungen in Bezug auf ihre Kreditvergabe erfüllen, in dieser Zweijahresperiode sogar zum durchschnittlichen Zinssatz für die Einlagefazilität minus 50 Basispunkte refinanzieren. Damit wurden Anreize geschaffen, dass Banken die Kreditvergabe in den Bereichen aufrechterhalten, die am stärksten von den Folgen der COVID-19-­Pandemie bzw. von den Maßnahmen zu ihrer Eindämmung betroffen sind, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie Haushalte.

Die günstigen Zinskonditionen der TLTROs III halfen den österreichischen Geschäftsbanken im Jahr 2020, ihre Zinssätze für Kundenkredite in einer Zeit, in der die Marktfinanzierung unsicherer und teurer geworden ist, auf niedrigem Niveau zu halten (Grafik 2). Die Kundenzinsen für Neukredite an nichtfinanzielle Unternehmen in Österreich gehörten im gesamten Jahresverlauf 2020 zu den niedrigsten im Euroraum. Mit 1,4 % lagen sie nur knapp über dem historisch niedrigen Niveau vom ­Jahresbeginn 2020 (1,3%).

Darüber hinaus wurde der Höchstbetrag, der von Geschäftsbanken in TLTROs III aufgenommen werden kann, schrittweise erhöht. Für die vier Geschäfte vom März 2020 bis ­Dezember 2020 galt eine Obergrenze von 50% des Bestands an anrechenbaren Krediten (Bestand per 28. Februar 2019); diese wurde für die vier weiteren Geschäfte von März 2021 bis Dezember 2021 auf 55 % erhöht. Damit können Banken, die auf Konsum- und Unternehmenskredite spezialisiert sind und einen größeren Anteil dieser Kredite in ihrer Bilanz halten, relativ mehr Finanzierung über TLTROs nachfragen. Für alle insgesamt zehn TLTROs III, die zwischen September 2019 und Dezember 2021 einmal im Quartal ausgeschrieben werden, gilt unverändert eine Laufzeit von jeweils drei Jahren. D. h. im Dezember 2021 wird das voraussichtlich letzte Geschäft mit einer Laufzeit bis ­Dezember 2024 angeboten werden.

Grafik 3 zeigt die Ausleihungen österreichischer Banken im Rahmen sämtlicher Tendergeschäfte mit der OeNB in Mrd EUR als Quartalsendstände seit dem zweiten Quartal 2018. Während die Nachfrage der Banken in den vergangenen Jahren in Österreich relativ stabil war und um 20 Mrd EUR schwankte, nahm sie seit Juni 2020 deutlich zu. Österreichische Banken liehen in sämtlichen bereitgestellten Liquiditätsgeschäften Ende des zweiten Quartals 2020 knapp 59 Mrd EUR. Bis zum Jahresende 2020 stiegen die Ausleihungen auf 67 Mrd EUR. Seit dem zweiten Quartal 2020 stammt die nachgefragte Liquidität fast ausschließlich aus dem TLTRO III. Quelle: OeNB.

TLTROs III (Targeted Longer-Term Refinancing Operations III)

Besicherte Kreditgeschäfte mit dreij­ähriger Laufzeit, die Banken mit dem Eurosystem abschließen können. Der Zinssatz für das im Rahmen von TLTROs III verborgte Zentralbankgeld hängt von der Kreditvergabe der jeweiligen Bank ab.

Um den Zeitraum zwischen den TLTROs im März und im Juni 2020, in dem die Refinanzierungsbedingungen auf den Finanzmärkten sehr angespannt waren, zu überbrücken, bot das Eurosystem zusätzliche, wöchentliche längerfristige Refinanzierungsgeschäfte an. Der Zinssatz der sogenannten Überbrückungstender entsprach dem durchschnittlichen Zinssatz für die Einlagefazilität. Ihre Laufzeit endete mit der Zuteilung des vierten TLTROs III am 24. Juni 2020.

Zusätzlich zu den bereits genannten Refinanzierungsgeschäften wurde im Mai 2020 eine neue Reihe längerfristiger Pandemie-Notfallrefinanzierungsgeschäfte (Pandemic Emergency Longer-Term Refinancing Operations – PELTROs) bereitgestellt, um eine wirksame Absicherung gegen Liquiditätsengpässe anzubieten. Bei den PELTROs handelt es sich um elf zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte mit Laufzeiten zwischen 8 und 16 Monaten. Wie alle anderen ­Geschäfte werden die PELTROs als Mengentender mit Vollzuteilung durchgeführt. Die PELTROs sind 25 Basispunkte günstiger als die während ihrer Laufzeit durchgeführten Hauptrefinanzierungsgeschäfte. Der vergünstigte Zinssatz ist nicht an Bedingungen geknüpft.

Tenderoperationen werden von den nationalen Zentralbanken im Eurosystem abgewickelt. So nehmen österreichische Geschäftsbanken in der Regel über die OeNB an liquiditätsbereitstellenden Geschäften teil. Während die Nachfrage nach Zentralbankliquidität in den vergangenen Jahren in Österreich relativ stabil war, nahm sie mit der Veränderung der Konditionen im TLTRO III ab Juni 2020 deutlich zu. Allein im Juni-TLTRO-III fragten österreichische Banken knapp 54 Mrd EUR nach, was die größte Zuteilung der OeNB in der Geschichte der Tendergeschäfte darstellt. Bis zum Jahresende 2020 stiegen die Ausleihungen auf 67 Mrd EUR (Grafik 3).

PELTROs (Pandemic Emergency Longer-Term Refinancing Operations)

Besicherte Kreditgeschäfte mit einer Laufzeit zwischen 8 und 16 Monaten, die Banken mit dem Eurosystem abschließen können. Der Zinssatz für das im Rahmen von PELTROs verborgte Zentralbankgeld liegt 25 Basispunkte unter dem während der Laufzeit geltenden durchschnittlichen Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte.

Damit Geschäftsbanken die Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems (insbesondere die TLTROs III und PELTROs) in vollem ­Umfang nutzen können, wurden die Kriterien für notenbankfähige Sicherheiten für den Zeitraum bis voraussichtlich Juni 2022 vorübergehend gelockert. Im Folgenden werden einige dieser Maßnahmen beispielhaft genannt. Zum einen wurde die Nutzung von Kreditforderungen als Sicherheiten im Rahmenwerk für zusätzliche Kreditforderungen (Additional Credit Claims – ACCs) auf nationaler Ebene erleichtert. So ­akzeptierte die OeNB vorübergehend Kredite als Sicherheiten, die mit Kreditgarantien der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) bzw. der Öster­reichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH (ÖHT) ­ausgestattet sind. Zum anderen senkte die OeNB den Mindestbetrag für Kreditforderungen von zuvor 25.000 EUR auf 5.000 EUR, damit auch Kredite an kleine Unternehmen leichter als Sicherheiten genutzt werden können. Weiters wurden die Bewertungsabschläge für Sicherheiten generell um 20% gekürzt, wodurch der Belehnwert jeder Sicherheit steigt. Schließlich wurde dem Problem der Rating-Herabstufung als wirtschaftliche Folge der COVID-19-Pandemie und einem damit einhergehenden Verlust des Status der Notenbankfähigkeit begegnet. Der EZB-Rat beschloss einen Bestandsschutz für notenbankfähige Sicherheiten und deren Emittenten, die am 7. April 2020 die notwendigen Bonitätsanforderungen erfüllt hatten. Rating-Herabstufungen nach dem 7. April führten demnach nicht zwangsläufig dazu, dass die betreffenden Werte nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert wurden.

Darüber hinaus ließ der EZB-Rat die Leitzinsen der EZB im gesamten Jahr 2020 konstant. Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität blieben unverändert bei 0,00%, 0,25% bzw. –0,50%. Der seit Oktober 2019 von der EZB berechnete und veröffentlichte Referenzzinssatz €STR (Euro Short-Term Rate) bewegte sich dementsprechend im Jahr 2020 zwischen –0,53 und –0,56%. Der €STR gibt an, zu welchem durchschnittlichen Zinssatz sich rund 50 Meldebanken im Euroraum am unbesicherten Taggeldmarkt in Euro refinanzieren.

In seinen vorausschauenden Ankündigungen (Forward Guidance) betonte der EZB-Rat, dass die EZB-Leitzinsen so lange auf dem gegenwärtigen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden, bis sich die Inflationsaussichten seiner Einschätzung nach deutlich einem Niveau annähern, das hinreichend nahe, aber unter 2% liegt, und sich diese Annäherung in der Dynamik der zugrundeliegenden Inflation durchgängig widerspiegelt.

Die Maßnahmen des Eurosystems beschränkten sich nicht nur auf den Euroraum, sondern umfassten auch internationale Kooperationen. So nahm die EZB an einer koordinierten Aktion der Bank of Canada, der Bank of England, der Bank of Japan, des Federal Reserve Systems der USA und der Schweizerischen Nationalbank teil, die das Ziel hatte, das reibungslose Funktionieren der Refinanzierungsmärkte in US-Dollar aufrechtzuerhalten. Im Rahmen der ­bestehenden US-Dollar-Liquiditätsswap-Vereinbarung wurde die Frequenz der Geschäfte vorübergehend erhöht und die Zinsaufschläge wurden gesenkt.

Darüber hinaus wurden im Jahr 2020 mit weiteren, nicht zum Euroraum gehörenden Zentralbanken (innerhalb und außerhalb der EU) bilaterale Swap-Vereinbarungen geschlossen und Repo-Linien vereinbart. Diese ermöglichen der albanischen, der bulgarischen, der dänischen, der kroatischen, der nordmazedonischen, der rumänischen, der serbischen und der ungarischen Nationalbank sowie der Zentralbank der Republik San Marino, ihren jeweiligen Finanzinstituten Liquidität in Euro zur Verfügung zu stellen. Zudem wurde eine neue Repo-Fazilität des Eurosystems für Zentral­banken (Eurosystem Repo Facility for Central Banks – EUREP) geschaffen, um ebenfalls nicht zum Euroraum gehörenden Zentralbanken vorsorgliche Repo-­Linien in Euro anbieten zu können. EUREP soll einem möglichen Bedarf an Euro-Liquidität Rechnung tragen, falls es aufgrund des COVID-19-­Schocks zu Marktstörungen kommt. In diesem Rahmen bietet das Eurosystem externen Zentralbanken Euro-Liquidität gegen ausreichende und auf Euro lautende ­Sicherheiten an. EUREP und die oben genannten Swap-Vereinbarungen und Repo-­Linien werden voraussichtlich bis März 2022 zur Verfügung stehen.

Überprüfung der geldpolitischen Strategie

Es gehört zur verantwortungsvollen Führung einer Institution wie dem Eurosystem, in regelmäßigen Abständen das geldpolitische Regelwerk kritisch zu überdenken, um es an den aktuellen Stand der Wissenschaft sowie an sich verändernde ökonomische Rahmenbedingungen anzupassen. Die derzeit gültige geldpolitische Strategie wurde 1998 festgelegt und zuletzt 2003 in einigen zentralen Strategieelementen präzisiert. Das Eurosystem startete daher im Jahr 2020 eine breit angelegte Überprüfung seiner geldpolitischen Strategie. In diesen Prozess sind neben den nationalen Zentralbanken auch Interessensvertretungen und die Zivilgesellschaft eingebunden. In der zweiten Jahreshälfte 2021 soll der Überprüfungsprozess abgeschlossen sein.

Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der quantitativen Formulierung von Preisstabilität und den Ansätzen und Instrumenten, mit denen Preisstabilität erreicht werden soll. Die Überprüfung umfasst aber auch die wirtschaftliche und monetäre Analyse sowie die Kommunikationspolitik. Ein Teil dieses Erneuerungsprozesses ist zudem die Frage, wie Finanzmarktstabilität, Beschäftigung und Klimawandel bzw. Klimaschutz bei der Erfüllung des Mandats von Bedeutung sein können bzw. sollen. Der EZB-Rat wird im Zuge seiner Bestandsaufnahme prüfen, wie die Erfüllung des im Allgemeinen EU-Vertrag verankerten Mandats der EZB über die Jahre hinweg durch die geldpolitische Strategie unterstützt wurde und ob Strategieelemente angepasst werden müssen. Dabei wird er sich von zwei Grundsätzen leiten lassen: einer gründlichen Analyse und Offenheit. Das Eurosystem sucht dementsprechend den Austausch mit allen Interessenträgerinnen und -trägern.

Unter dem Motto „ Die OeNB hört zu “ veranstaltete die OeNB am 30. Oktober 2020 eine Diskussionsrunde über die Neuausrichtung der geldpolitischen Strategie. Dabei trat die OeNB in Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern der österreichischen Sozialpartner, der Wirtschaftsforschungsinstitute und Interessensvertretungen von Jugendlichen und älteren Menschen, von Familien, von Finanz- und Arbeitswelt sowie von Bildung und Umwelt. Diese Organisationen repräsentieren einen großen Teil der Bevölkerung und des Wirtschaftslebens Österreichs. Darüber hinaus hatten interessierte Personen via Livestream die Möglichkeit, der Diskussion zu folgen und Fragen zu stellen. Die Ergebnisse der Veranstaltung fließen in die derzeit laufende Überprüfung der geldpolitischen Strategie des Eurosystems ein.

Diese Form der Kommunikation ist auch für die OeNB ein Novum und soll den Beginn eines dauerhaften Dialogs darstellen. Gerade für eine Notenbank ist es wichtig, zu erfahren, welche Themen die Menschen konkret bewegen, welche Erwartungen und Hoffnungen, aber auch welche Sorgen sie haben, wie sie die Geldpolitik wahrnehmen, wie diese ihr Leben beeinflusst und wie sie sich ihrer Meinung nach künftig entwickeln soll.

COVID-19-Pandemie führt 2020 in ­Österreich zu tiefer Rezession

Strenger Lockdown im Frühjahr führte zu starkem Wirtschaftseinbruch

Die COVID-19-Pandemie sowie die zu ihrer Eindämmung getroffenen Maßnahmen schlugen sich ab März 2020 in einem in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte einzigartigen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts nieder. Im Gegensatz zu früheren Rezessionen wurde der Wirtschaftseinbruch vom gleichzeitigen Auftreten von Angebots- und Nachfrageschocks getrieben. Der außer­gewöhnliche Einbruch im zweiten sowie der nachfolgende rasche Aufholprozess im dritten Quartal wird besonders deutlich, wenn die unterjährigen Wachstumsraten im Jahr 2020 mit jenen des Jahres 2009 – dem Tiefpunkt der großen Finanz- und Wirtschaftskrise – verglichen werden (Grafik 4). Um die wirtschaftliche Entwicklung während des Lockdowns und der darauffolgenden Erholung im Frühjahr und Sommer genauer verfolgen zu können, entwickelte die OeNB einen wöchentlichen BIP-­Indikator auf Basis von kurzfristig verfügbaren Daten (Kasten 2).

Grafik 4 zeigt das BIP-Wachstum in Österreich und dem Eurorraum für zwei Zeitbereiche: Links ist die Entwicklung in den Jahren 2008/09 dargestellt, rechts in den Jahren 2019/20. Der linke Bereich zeigt somit den Verlauf während der Finanz- und Wirtschaftskrise, der rechte Bereich den Verlauf der Covid-19 Pandemie. Das BIP-Wachstum wird im Vergleich zum Vorquartal dargestellt, auf Quartalsbasis. Das BIP-Wachstum Österreichs ist unterteilt in die importbereinigten Wachstumsbeiträge der Inlandsnachfrage, der Exporte, sowie der Lager und statistischen Diskrepanz.

Weiterer Lockdown im Spätherbst 2020 dämpfte Wachstum weniger stark

Im Oktober beschleunigte sich die Zahl der Neuinfektionen in Österreich schlagartig. Trotz der verschärften Eindämmungsmaßnahmen konnte die Verbreitung nicht gestoppt werden, weswegen im November ein zweiter Lockdown verhängt wurde. Dieser zweite Lockdown führt zu einem erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung, wenn auch in einem deutlich geringeren Ausmaß als im Frühjahr (Kasten 2). Während die Jahreswachstumsrate für das BIP im Jahr 2020 davon nur gering betroffen ist, wird dieser Einbruch die Jahreswachstumsrate im Jahr 2021 deutlich dämpfen.

Der wöchentliche OeNB-BIP-Indikator zur zeitnahen Einschätzung der wirtschaftlichen ­Entwicklung 1

Die zeitnahe Schätzung der Stärke des durch COVID-19-bedingten Wirtschaftseinbruchs, der folgenden schrittweisen Erholung sowie der Entwicklung danach stellt die Wirtschaftsforschung vor neue Herausforderungen. Traditionelle Konjunkturindikatoren sind oft erst mit großer Zeitverzögerung verfügbar und liegen häufig nur monatlich oder quartalsweise vor. Die OeNB hat daher ein Set an Konjunkturindikatoren zusammengestellt, die täglich oder wöchentlich erhoben werden und nahezu ohne Zeitverzögerung zur Verfügung stehen. Dazu zählen LKW-Fahrleistungsdaten (Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft – ASFINAG), ­Zahlungsverkehrsdaten (mehrere Zahlungsdiensteanbieter), Arbeitsmarktdaten (Arbeitsmarktservice – AMS), Stromverbrauchsdaten (E-control, Austrian Power Grid – APG), Mobilitätsindikatoren (Google, Apple) und Finanzmarktdaten, die von den genannten Unternehmen mit großer Kooperationsbereitschaft zur Verfügung gestellt wurden. Basierend auf diesen zeitnah verfügbaren Konjunkturinformationen wurde ein neuer Aktivitätsindikator berechnet, der die Entwicklung des realen BIP auf Wochenbasis abbildet. 2

Der wöchentliche BIP-Indikator 3 zeigt, dass es in der zweiten Märzhälfte zu einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um rund ein Viertel kam. In der letzten Märzwoche lag das wirtschaftliche Aktivitätsniveau 27% unter dem Vorjahreswert. Zu diesem abrupten Rückgang trugen die Inlandsnachfrage und die Exporte ähnlich stark bei. Insbesondere der starke Einbruch der privaten Konsumausgaben ist bemerkenswert, da diese normaler­weise nur geringfügig über den Konjunkturzyklus schwanken. Aufgrund des Lockdowns war der private Konsum aber gerade zu Beginn der Krise überdurchschnittlich stark betroffen.

Nach der blitzartigen Rezession in der zweiten Märzhälfte setzte im April eine leichte Erholung ein, die von allen Nachfragekomponenten mit Ausnahme der Tourismusexporte getragen wurde. Ende April war die BIP-­Lücke mit einem Minus von 18% weiterhin groß. Erst in der ersten vollen Maiwoche begann eine deutliche ­Erholung; die BIP-Lücke war mit 11 % gegenüber dem Vorjahresvergleichswert weniger als halb so groß wie zum Höhepunkt des Lockdowns. Mit der Öffnung der Hotellerie und der Grenzen setzte sich die kontinuierliche ­Erholung fort, zu Sommerbeginn lag die BIP-Lücke nur noch bei 5%. Der Sommer brachte jedoch keine weitere nennenswerte Verbesserung. Der schrittweisen Erholung in einzelnen Bereichen, wie dem Tourismus oder der Bauwirtschaft, standen schwächer werdende Nachholeffekte insbesondere beim Konsum sowie anhaltende Schwierigkeiten in zahlreichen Dienstleistungsbereichen entgegen. In der ersten Septemberhälfte erreichte die BIP-Lücke mit rund 3% ihren niedrigsten Wert.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der zweiten Infektionswelle verstärkten die Unterschiede zwischen der sektoralen Entwicklung weiter. Der Teillockdown mit Beginn am 3. November und der zweite volle Lockdown ab 17. November haben zu einem erneuten Konjunktureinbruch im Dienstleistungssektor – und hier ­insbesondere in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft sowie im Einzelhandel – geführt. Im Gegensatz dazu hat sich der Erholungsprozess bei den Güterexporten und der exportorientierten Industrie sowie im Bausektor auch nach Inkrafttreten der Eindämmungsmaßnahmen fortgesetzt. In der ersten Woche des zweiten Lockdowns lag die Wirtschaftsleistung um 8½ % unter dem Vorjahreswert; Ende November erhöhte sich der Rückstand auf bis zu 13%. Damit war die BIP-Lücke nur halb so groß wie im Frühjahr. Zu den wichtigsten Gründen für die schwächere Betroffenheit zählen deutlich geringere Störungen der globalen Wertschöpfungsketten, keine Unterbrechungen im produzierenden Sektor sowie Lerneffekte.

Grafik 5 kombiniert ein Liniendiagramm, welches die Veränderung des BIP auf Wochenbasis im Vergleich zur jeweiligen Vorjahreswoche zeigt mit einem Säulendiagramm, in welchen die Wachstumsbeiträge zum jeweiligen BIP-Wert dargestellt werden. Die BIP-Veränderung wird hierbei unterteilt in: Privater und Öffentlicher Konsum, Bau-Investitionen, andere Investitionen, Tourismusexporte und andere Exporte. Die Grafik zeigt den Zeitraum von Anfang März bis Ende Dezember.

Nach dem zweiten Lockdown (17. November bis 6. Dezember) folgte eine dreiwöchige Phase eines Teillockdowns, in der der Einzelhandel geöffnet wurde, die Gastronomie und die Hotellerie aber weiterhin geschlossen blieben. In diesen drei Wochen ging die BIP-Lücke auf 6,6% (im Vergleich zum Vorjahreswert) zurück – dies entspricht den Werten während des ersten Teillockdowns in der ersten Novemberhälfte. Mit 26. Dezember wurden die Lockdownmaßnahmen wieder verschärft. So wurden Schulen, Universitäten, der Einzelhandel und körpernahe Dienstleistungen wieder geschlossen und persönliche Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt. Die Produktion von Waren sowie das Baugewerbe waren hingegen von diesen Maßnahmen nicht betroffen. Mit dieser Verschärfung stieg die BIP-Lücke erneut auf knapp 11% an und verblieb auf diesem Wert bis Anfang Februar 2021. Einzelne Wirtschaftssektoren waren weiterhin sehr unterschiedlich betroffen. Im Bereich der Tourismusexporte wurde unverändert ein beinahe Totalausfall verzeichnet. Auch bei den Freizeit- und Kulturdienstleistungen kam es zu starken Umsatzrückgängen. Mit der erneuten Schließung der Geschäfte nach Weihnachten war auch der Einzelhandel wieder stärker betroffen. Die heimischen Exporte (Güterexporte und Dienstleistungsexporte ohne Tourismus) lagen hingegen wie schon in den letzten Wochen über den Vorjahreswerten und signalisierten eine intakte Industriekonjunktur – ein Trend der sich Ende Jänner sogar verstärkte. Auch im Bausektor war die Konjunkturentwicklung besser als im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt.

Die BIP-Verluste – gemessen als Differenz zum BIP-Niveau im Jahr 2019 – betrugen während des ersten Lockdowns im Frühjahr bis zu 2 Mrd EUR pro Kalenderwoche; während des zweiten und dritten Lockdowns im Herbst und nach Weihnachten lagen sie bei rund 1 Mrd EUR. Für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis zum 7. Februar 2021 summierten sich die Verluste auf insgesamt 33,1 Mrd EUR. Berücksichtigt man das für das Jahr 2020 ohne COVID-19-Pandemie prognostizierte Wirtschaftswachstum von 1¼%, erhöhen sich die aggregierten Verluste auf 37,6 Mrd Euro bzw. 9,4 % des BIP des Jahres 2019.

Außenhandel: Einbruch durch ersten ­Lockdown in der zweiten Jahreshälfte ­wieder aufgeholt

Aufgrund der weitreichenden Grenzschließungen kam es im Frühjahr zur Unterbrechung von Produktionsketten mit umfangreichen negativen Auswirkungen auf den Außenhandel. Im Laufe des zweiten Halbjahrs 2020 kam es aber – trotz des zweiten Lockdowns – zu einer weitgehenden Erholung der Güterexporte; laut OeNB-Schätzungen lagen diese ab Mitte des vierten Quartals sogar über dem Vorjahresniveau. Die Gesamtentwicklung der Güter- und Dienstleistungsexporte wurde im Wesentlichen von den Reiseverkehrsexporten gedämpft, in einem ersten Schritt durch die Reisewarnungen sowie in weiterer Folge durch die komplette Schließung der Hotellerie und Gastronomie in Österreich. Aufgrund der großen Bedeutung des Tourismus für Österreich – im Speziellen des Wintertourismus – beobachtet und analysiert die OeNB die Entwicklungen zeitnah (Kasten 3). Eine Analyse der Leistungsbilanz wird Mitte 2021 verfügbar sein.

Österreichs Tourismus durch COVID-19 sehr stark betroffen

Die Tourismuswirtschaft zählt zu den von der COVID-19-Pandemie am stärksten betroffenen Wirtschaftssektoren. Mit einem Anteil von 7,3% trägt diese Branche in Österreich im internationalen Vergleich überdurchschnittlich zur Wertschöpfung bei. Mit Hilfe von Daten mehrerer Zahlungskartenanbieter beobachtet die OeNB seit dem Sommer Entwicklungen im heimischen Tourismus. Mit diesen zeitnah vorliegenden Daten ist es möglich, Ausgaben sowohl von inländischen als auch von ausländischen Gästen auf Wochenbasis zu verfolgen und rund einen Monat vor der Veröffentlichung von Nächtigungszahlen durch Statistik Austria eine Einschätzung zur Entwicklung des Tourismus zu treffen 4 . Die Entwicklung im Tourismus bis zum Spätsommer verlief ähnlich der Gesamtwirtschaft (Kasten 2). Mit dem Lockdown im März kam es zu einem unmittelbaren und kompletten Einbruch der Kartenzahlungen von Inländern in Beherbergungsbetrieben sowie ausländischen Touristen in Beherbergungsbetrieben und der Gastronomie (Grafik 6). Mit der Öffnung der Beherbergungsbetriebe Ende Mai erfolgte ein sprunghafter Anstieg der Zahlungskartenumsätze inländischer Gäste auf das Vorjahresniveau, und im weiteren Verlauf über dieses hinaus. Die Ausgaben ausländischer Gäste in Österreich stiegen nur schrittweise an und blieben im Sommer um gut 20% unter dem Vorjahresniveau. 5 Der Anstieg der Ausgaben von inländischen Touristen konnte aber selbst im Sommer den Ausgaberückgang von ausländischen Touristen nicht kompensieren, da diese ein weit höheres Niveau ausweisen.

Seit Mitte September gingen die Umsätze in österreichischen Beherbergungsunternehmen wieder zurück. Dieser Rückgang war das Resultat steigender Neuinfektionszahlen sowohl in Österreich als auch in den Nachbarländern, die zunehmend zu Reisewarnungen in für den Tourismus wichtigen Herkunftsländern, vor allem Deutschland, führten. Die Herbstferien unterbrachen diesen Trend nur kurzzeitig. Mit der flächendeckenden Sperre von Hotellerie und Gastronomie ab dem 3. November gingen die Tourismusausgaben erneut gegen null. Die geringfügig bessere Entwicklung im Vergleich zum ersten Lockdown im Frühjahr ergab sich durch die nun erlaubten Geschäftsreisen. Auf Basis der von der Regierung beschlossenen Hotelschließungen bis über die ­Weihnachtsferien hinaus wird im November und Dezember 2020 ein Nächtigungsrückgang um 95% gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum erwartet. Für das Gesamtjahr 2020 bedeutet der Ausfall der Wintervorsaison inklusive der Weihnachtswoche, dass gegenüber dem Vorjahr mit einem Nächtigungsminus im Ausmaß von 36% zu rechnen ist. Im Jänner änderte sich an der Lage nichts; solange die Hotellerie und auch die Gastronomie ­behördlich geschlossen (zumindest bis Anfang März) sowie in den wichtigsten Herkunftsländern Reisewarnungen aufrecht bleiben, wird sich an der Gesamtsituation im Tourismus nichts ändern.

Grafik 6zeigt die Entwicklung der Zahlungskartenausgaben ausländischer Touristen (Ausgaben für Unterkunft und Restaurants) und der inländischen Touristen (nur Kosten für Unterkunft) in Österreich. Es deckt den Zeitraum von Ende Januar bis Ende Dezember 2020 auf Wochenbasis ab. Wichtige Ereignisse wie der Beginn der Lockdowns in Österreich werden durch vertikale Linien hervorgehoben.

Die Daten eines Zahlungskartenanbieters liegen nach Herkunftsländern vor, sodass die Ausgaben ausländischer Touristen danach analysiert werden können (Grafik 7). In dieser Darstellung wird die große Bedeutung Deutschlands als Herkunftsland für den österreichischen Tourismus ersichtlich. Gemessen an den Übernachtungen kam 2019 jeder zweite ausländische Gast aus Deutschland; vier von zehn Übernachtungen in Österreich wurden von deutschen Gästen gebucht. Aufgrund der Verschiebung hin zu unbaren Zahlungen kam es in den Sommermonaten im Vergleich zu 2019 zu einem Anstieg der Ausgaben deutscher Gäste via Zahlungskarten, obwohl deren Übernachtungen im Vergleich zu 2019 konstant blieben. Das Ausbleiben deutscher Touristen löste Anfang Oktober den zweiten Einbruch des Tourismus im Jahr 2020 aus.

Grafik 7 ist ein kombiniertes Balken- und Liniendiagramm. Es zeigt die Wachstumsrate der Zahlungskartenausgaben ausländischer Touristen in österreichischen Beherbergungsbetrieben (als Linie) und den Wachstumsbeitrag (als gestapelte Balken) der folgenden Herkunftsländer: Belgien, Schweiz, China, Tschechische Republik, Deutschland, Vereinigte Staaten Königreich, Ungarn, Italien, Niederlande, Polen und die Vereinigten Staaten von Ende Januar bis Ende Dezember 2020. Die zugrunde liegenden Daten wurden wöchentlich erhoben.

Kurzarbeit dämpft Anstieg der ­Arbeitslosigkeit in Österreich

Der tiefe Wirtschaftseinbruch im Frühjahr ­hinterließ auch am Arbeitsmarkt seine Spuren. Innerhalb von nur 2½ Wochen stieg die Zahl der registrierten Arbeitslosen um über 200.000 an. Wie schon im Jahr 2009 konnte durch die Kurzarbeit ein stärkerer Anstieg verhindert werden; im zweiten Quartal 2020 waren im Durchschnitt 882.000 Personen zur Kurzarbeit angemeldet. Unter Berücksichtigung der mittleren Arbeitszeitreduktion ergibt sich dadurch eine Verringerung des Arbeitsvolumens im Ausmaß von 394.000 Vollzeitstellen. Diese Zahl kann auch als Obergrenze für die durch die Kurzarbeit geretteten Arbeitsplätze interpretiert werden. In Summe führte daher der Lockdown im Frühjahr zu einem Anstieg der (tatsächlichen und durch Kurzarbeit maximal verhinderten) Arbeitslosigkeit um bis zu 547.000 Personen. Über den Sommer gingen sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit deutlich zurück. Mit dem erneuten Lockdown im Spätherbst kam es wiederum zu einem Anstieg von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit; dieser Anstieg fiel jedoch deutlich schwächer aus als während des ersten Lockdowns. Im Gesamtjahr 2020 ging die Zahl der unselbstständig Beschäftigten gegenüber dem Jahr 2019 um über 80.000 Personen auf 3,7 Mio zurück. Die Anzahl der Arbeitslosen erhöhte sich im Jahresdurchschnitt von 301 auf 410 Tsd Personen. Die nationale Arbeitslosenquote stieg von 7,4% im Jahr 2019 auf 9,9% im Jahr 2020. 6

Inflation bleibt in Österreich höher als im Euroraum

Der massive globale Wirtschaftseinbruch im Frühjahr schlug sich in einer Halbierung des Rohölpreises nieder. Dies dämpfte auch in ­Österreich im ersten Halbjahr 2020 die Inflation. Ausgehend von einer HVPI-Inflation von über 2% im Jänner und Februar ging die ­Teuerung bis Mai auf 0,6% zurück. Diesem deutlichen Rückgang wirkten jedoch sowohl Angebotsrestriktionen als auch Preisrigiditäten ent­gegen.

Preisrigiditäten

Starrheit von Preisen. Dies beschreibt die Tatsache, dass Preise erst nach einer gewissen Zeit an Marktveränderungen angepasst werden.

Im Juli 2020 lag die HVPI-Inflation schließlich wieder bei 1,8% und war damit drei Mal so hoch wie noch im Mai. Aufgrund von Erhebungsproblemen während der Lockdownphasen ist jedoch die Inflationsentwicklung im Jahr 2020 mit erhöhter Unsicherheit behaftet. Davon waren primär Dienstleistungspreise betroffen. Die behördliche Schließung der Gastronomie, der Hotellerie sowie von Unternehmen, die körpernahe Dienstleistungen anbieten (z. B. Friseure) über viele Wochen hinweg führte einerseits zu einem veränderten Konsumverhalten, andererseits aber ebenso zu einem Preiserhebungsproblem. Das HVPI-Regelwerk sieht für diesen Fall die Fortschreibung fehlender Preise vor. Laut Eurostat betraf dies zum Beispiel im November 2020 18% der im österreichischen HVPI-Warenkorb enthaltenen Produkte. Vor diesem Hintergrund sind die Inflationsraten in den Bereichen Gastgewerbe und Beherbergung sowie Freizeit- und Kulturdienstleistungen, in denen im Jahr 2020 trotz dramatischer Umsatzeinbrüche offiziell hohe Preissteigerungen verzeichnet wurden, mit Vorsicht zu interpretieren.

In weiteren Jahresverlauf ging die HVPI-Inflation bis November 2020 erneut auf 1,1 % zurück. Vor allem bei Industriegütern ohne Energie wirkte sich die Nachfrageschwäche bzw. das verschlechterte Konsumklima im zweiten Halbjahr inflationsdämpfend aus. Auch die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflationsrate bildete sich aufgrund der zuletzt nachlassenden Preisdynamik bei ­Industriegütern ohne Energie und Dienstleistungen von 2,7 % im Juli 2020 auf 1,8 % im November 2020 zurück.

Grafik 8 zeigt die monatliche HVPI-Inflation für Österreich für den Zeitraum zwischen Jänner 2018 und Dezember 2020. Zusätzlich ist die Kerninflation für Österreich als weitere Linie zu sehen. Für die HVPI-Inflation werden in Säulen die Beiträge der Nahrungsmittel und Energie (Gewicht 25%) sowei der Dienstleistungen und Industriegüter ohne Energie (Gewicht: 75%) auf Monatsbasis dargestellt.

Im Gesamtjahr 2020 lag die HVPI-Inflation bei 1,4 %, die Kerninflation übertraf die HVPI-Inflation und betrug 2,0 %. Im Jahr 2020 weitete sich damit der Inflationsabstand Österreichs zum Euroraum-Durchschnitt beträchtlich aus und betrug 1,1 Prozentpunkte. Hauptverantwortlich hierfür waren insbesondere unterschiedliche Preise in den von der Krise besonders betroffenen Branchen der Gastronomie und Hotellerie.

Unterschiedliche Auswirkungen der COVID-­19-Pandemie auf den Wohnimmobilienmarkt

Die COVID-19-Krise wirkt sich auch auf die österreichischen Wohnimmobilienpreise aus. In den ersten drei Quartalen des Jahres kam es zu einer Beschleunigung des Immobilienpreiswachstums; im dritten Quartal stiegen die Wohnimmobilienpreise um 9,5% im Vergleich zum Vorjahr. Überdurchschnittliche Preiszuwächse waren vor allem bei Einfamilienhäusern zu verzeichnen. Die Annahme, dass die Preissteigerungen bei Einfamilienhäusern durch den beschleunigten Trend zu Homeoffice und den damit verstärkten Wunsch nach Wohnen im Grünen bzw. mit Garten zurückzuführen sind, verfestigt sich. Der OeNB-Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien deutete für das dritte Quartal 2020 auf eine Abweichung der Preise von den historisch für die Preisentwicklung hauptverantwortlichen ökonomischen Fundamentalfaktoren um 17% hin; in Wien liegen die Preise um 24% über den Fundamentalfaktoren.

Die COVID-19-Pandemie hat auch unmittelbare Auswirkungen auf den Wohnbau. Während des Lockdowns in Frühjahr kam es zur ­vorübergehenden Einstellung von Baumaßnahmen; die Wohnbauinvestitionen sind im ersten Halbjahr 2020 im Jahresabstand um 5,5% ­gesunken. Bereits seit zwei Jahren zeichnet sich österreichweit ein Auslaufen des Wohnbauzyklus ab, diese Entwicklung wurde durch die COVID-­19-Pandemie beschleunigt. In Wien hingegen wurden im Jahr 2020 ersten Schätzungen zur Folge beinahe doppelt so viele Wohnimmobilien fertig gestellt, wie im Durchschnitt der Jahre von 2015 bis 2018. Der Aufschub vieler Bewilligungen aufgrund der Lockdownmaßnahmen könnte aber im Jahr 2021 zu Verzögerungen bei Bauprojekten führen.

Maßnahmen zur Abfederung der Wirtschaftskrise verursacht massives ­Budgetdefizit

2020 kam es zu einer massiven Verschlechterung des Budgetsaldos (nachdem 2019 noch ein Überschuss erzielt wurde) sowie zu einem ­starken Anstieg der Bruttostaatsschuldenquote. Hauptgründe hierfür sind das Wirken der automatischen Stabilisatoren angesichts des starken Wirtschaftseinbruchs sowie die umfangreichen diskretionären Maßnahmen der Bundesregierung zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie; die zusätzlichen Gesundheitsausgaben (Testungen, Ausrüstung, u. a.) fallen vergleichsweise kaum ins Gewicht.

Die Maßnahmen mit der größten Wirkung auf den Budgetsaldo (Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss, Umsatzersatz) sind temporär, während nur einige vergleichsweise kleinere Maßnahmen permanent (Einkommensteuersenkung) oder zumindest über viele Jahre (Investitionsanreize für privaten Sektor) budgetär wirken werden. Zudem ist davon auszugehen, dass ein Teil des 2020 erlittenen BIP-Verlusts durch höhere Wachstumsraten in den Folgejahren wieder wettgemacht werden kann. Deshalb wird sich der Budgetsaldo auch ohne Konsolidierungsmaßnahmen bis Mitte der 2020er-Jahre wieder stark verbessern. Zwei weitere Faktoren sollten ebenfalls dazu beitragen, dass der Konsolidierungsbedarf nach Ende der Pandemie zumindest deutlich kleiner sein sollte als nach dem Ende der großen Rezession 2008 und 2009: die deutlich bessere budgetäre Ausgangssituation vor der Krise sowie der starke
Abwärtstrend bei den staatlichen Zinsausgaben.

Fiskalische Maßnahmen in Österreich zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie 7

Um die Effekte der Pandemie auf die Wirtschaft wirksam zu bekämpfen, sind gezielte fiskalpolitische Maßnahmen neben einer expansiven Geldpolitik des Eurosystems zentral. In der frühen Phase der Krise und während des zweiten Lockdowns im November und Dezember 2020 zielten die Maßnahmen darauf ab, die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sicherzustellen sowie Unter­nehmen und Haushalte zu unterstützen. Wie in der Geldpolitik wurde zudem besonderes Augenmerk darauf gelegt, die Liquiditätsposition von Unternehmen zu stärken, etwa durch Steuerstundungen und Herabsetzungen der Steuervorauszahlungen, den Fixkostenzuschuss, den (partiellen) Umsatzersatz, staatliche Garantien für Bankkredite sowie Zahlungsmoratorien. Das Kurzarbeitsmodell verhinderte Kündigungen und ermöglichte es Unternehmen, ihre Arbeitskräfte im Betrieb zu halten; der Härtefallfonds sicherte die Existenz von Kleinst- und Einzelunternehmen. Die Entschädigung von Unternehmen und Haushalten für Einkommensverluste aufgrund von Eindämmungsmaßnahmen trug dazu bei, Produktionskapazitäten zu retten, die ansonsten möglicherweise dauerhaft verloren gegangen wären.

Grafik 9 zeigt die OeNB-Prognose für Budgetsaldo von Dezember 2020 als Linie. Nach einem Budgetüberschuss von +0,7% des BIP 2019 wird für 2020 ein Wert von -9,2% des BIP erwartet; bis 2023 kommt es zu einer Verbesserung bis auf -1,4% des BIP. Zudem wird die Veränderung des Budgetsaldos gegenüber 2019 in mehrere Faktoren zerlegt, die als Säulen dargestellt sind: Die Entwicklung wird dominiert von diskretionären Covid-Maßnahmen (4 Balken in Blautönen) und den Effekten der automatischen Stabilisatoren. Die Covid-Maßnahmen haben 2020 einen Effekt von etwa -6% des BIP, der bis 2023 auf ca. 1% des BIP zurückgeht. Die Subventionen für Kurzarbeit und Fixkostenzuschuss sowie Umsatzentgang wirken ausschließlich 2020 und 2021, und auch die Steuerstundungen haben nur 2020 und 2021 größere einnahmensenkende Effekte. Die Effekte der automatischen Stabilisatoren liegen 2020 bei -4% des BIP und gehen bis 2023 auf etwa -1½% des BIP zurück. Begünstigt wird die Entwicklung des Budgetsaldos durch den laufenden Rückgang der Zinsausgaben; 2023 werden die Zinsausgaben um mehr als ½% des BIP niedriger sein als 2019.

Die seit Sommer 2020 verabschiedeten fiskalpolitischen Maßnahmen hatten zwei Ziele. Erstens war der Neustart der Wirtschaft durch klassische Impulse (Einkommensteuersenkung, Senkung der Mehrwertsteuer für bestimmte Sektoren, Bonus zum ­Arbeitslosen- und Kindergeld) nach dem Lockdown prioritär. Diese Maßnahmen sollten die Verbrauchernachfrage stimulieren, insbesondere von Haushalten mit Liquiditätsengpässen. Zweitens wurden auch einige Initiativen ergriffen, um private (Verlustvortrag 2020, degressive Abschreibung, Investitionsprämie) und öffentliche Investitionen zu fördern. Idealerweise sind derartige Fiskalstimuli an langfristige Ziele geknüpft – wie in Österreich teilweise an die Schwerpunkte Digitalisierung und Klimaschutz. So können sie dazu beitragen, das langfristige Wachstumspotenzial und damit die Resilienz einer Volkswirtschaft zu erhöhen, indem sie den Übergang zu neuen Technologien und Arbeitsweisen sowie eine Ökologisierung ­ermöglichen.

Der Ausstieg aus den Notfallmaßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft, sobald sie nicht mehr benötigt werden, ist sorgfältig zu planen. Denn Maßnahmen zur Erhaltung des Produktionspotenzials können den Anreiz zur Anpassung an veränderte Geschäftsbedingungen einschränken und damit zu einem Verlust des langfristigen Wachstumspotenzials führen. Gleichzeitig muss besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, dass ein vorzeitiges Auslaufen der Unterstützungsmaßnahmen nicht die Investitions- und Beschäftigungsmöglichkeiten der Unternehmen einschränkt, etwa weil hohe (Steuer-)schulden zu begleichen sind.

Hilfsmaßnahmen dämpfen den COVID-19-bedingten Anstieg des Insolvenzrisikos österreichischer Unternehmen

Die OeNB hat vor dem Hintergrund der schweren Wirtschaftskrise ein neues Modell zur Analyse des sektoralen Insolvenzrisikos österreichischer Unternehmen entwickelt. 8 Die Berechnungen (Stand Ende Dezember 2020) zeigen einen deutlichen Anstieg der Insolvenzquoten österreichischer Unternehmen von 1,0% in den Jahren 2017 bis 2019 auf 1,3%, 2,9% und 1,5% in den Jahren 2020 bis 2022. Ohne die umgesetzten Maßnahmen, wie Fixkostenzuschuss, Kurzarbeit, Kreditgarantien oder Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, würden die Insolvenzquoten 2020 bis 2022 auf 3,9%, 3,0% und 1,3% ansteigen. Aufbauend auf den simulierten Insolvenzraten zeigt Kasten 7 die Auswirkungen auf die österreichischen Banken.

Konjunktur schwächt sich angesichts der COVID-19-Pandemie auch in Zentral-, Ost- und Südosteuropa deutlich ab

Nach mehreren Jahren einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von rund 4% und darüber begann sich die Konjunktur in den EU-Mitgliedstaaten Zentral-, Ost- und Südosteuropas (CESEE 9 ) zum Jahresende 2019 hin etwas abzukühlen. Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus seit dem Frühjahr 2020 führte zu einer Vollbremsung der wirtschaftlichen Aktivität: Die Wirtschaftsleistung in der Region brach im Durchschnitt um mehr als 5% ein, in einigen Ländern sogar noch deutlich stärker. 2020 geht somit als das Jahr mit dem stärksten Wirtschaftsabschwung seit den Transformationsjahren in den frühen 1990er-Jahren in die Geschichte ein.

Grafik 10 ist ein Säulendiagramm und zeigt das reale BIP-Wachstum in Prozent in Kroatien, der Tschechischen Republik, Litauen, Bulgarien, Estland, Rumänien, Slowakei, Lettland, Ungarn, Slowenien und Polen, im Aggregat der elf zuvor genannten CESEE EU-Mitgliedstaaten sowie im Euroraum in den Jahren 2019 und 2020. Im Jahr 2019 bewegte sich das Wachstum in den Ländern der CESEE Region zwischen 2,1% in Lettland und 5% in Estland, im gewichteten Durchschnitt betrug es 3,9%. Im Vergleich dazu lag das Wachstum im Euroraum bei 1,3%. Im Jahr 2020 betrug das Wachstum in der CESEE-Region zwischen -9,6% in Kroatien und -2,2% in Litauen, im gewichteten Durchschnitt lag es bei -5,1%. Die Wachstumsrate im Euroraum betrug -7,8%Quelle: Eurostat und Herbstprognose der Europäischen Kommission vom November 2020.

Immerhin fiel die Rezession in den CESEE-EU-Mitgliedstaaten etwas weniger stark als im Euroraum aus. Die Infektionszahlen entwickelten sich im Frühjahr besser als in den meisten westeuropäischen Ländern. Bereits im Mai wurden erste Einschränkungen des öffentlichen und des wirtschaftlichen Lebens wieder gelockert. Die darauffolgende wirtschaftliche Erholung über die Sommermonate war robust und erfolgte auf breiter Basis. Im Gegensatz zur ersten Welle war die CESEE-Region von der zweiten COVID-19-Welle allerdings stark ­betroffen. Das Emporschnellen der Neuinfektionen seit September und eine (teils drastische) Verschärfung der Eindämmungsmaßnahmen zur Gegensteuerung dämpften die wirtschaftliche Dynamik im vierten Quartal abermals.

Die Geldpolitik in den CESEE-EU-Mitglied­staaten hat schnell und umfassend auf die veränderte wirtschaftliche Lage reagiert. Während die geldpolitischen Beschlüsse des Eurosystems zu einer Lockerung der monetären ­Bedingungen in den dem Euroraum angehörenden CESEE-Staaten führten, nahmen die meisten Länder mit eigenständiger Geldpolitik Zins­senkungen vor. So senkte die tschechische Noten­bank ihren Leitzins in drei Schritten von 2,25% auf 0,25%, die polnische in drei Schritten von 1,5% auf 0,1%, die ungarische in zwei Schritten von 0,9% auf 0,6% und die rumänische Noten­bank in drei Schritten von 2,5% auf 1,5%.

Viele Zentralbanken begannen auch, Staatsanleihen ihrer Länder aufzukaufen (z. B. in Kroatien, Polen, Rumänien und Ungarn). Um den Bankensektor mit ausreichender Liquidität zu versorgen, wurden in mehreren Ländern unter anderem die Mindestreservepflichten ­angepasst sowie längerfristige Refinanzierungsgeschäfte aufgelegt. Die Liquiditätslinien zwischen der EZB auf der einen und den Notenbanken von Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Ungarn auf der anderen Seite 10 unterstützten die ausreichende Liquiditätsversorgung. In mehreren Ländern wurden darüber hinaus Kreditrückzahlungsmoratorien eingeräumt und das für den Bankensektor geltende makroprudenzielle Regulatorium gelockert, etwa in Bezug auf die Höhe und die geplanten Anpassungen beim antizyklischen Kapitalpuffer (z. B. in Bulgarien, Litauen, der Slowakei und Tschechien) oder bei kreditnehmerorientierten ­Belehnungs- und Schuldendienstfähigkeitsvorgaben (z. B. in Slowenien). Die kroatische Noten­bank intervenierte an den Devisenmärkten, um dem Abwertungsdruck auf die kroatische Kuna entgegenzuwirken.

Koordinierte Finanzhilfe von internationalen Institutionen für den Westbalkan 11

Die rasche und koordinierte Unterstützung von der EU sowie von internationalen Institutionen wie dem IWF und der Weltbank war entscheidend, um die pandemiebedingten finanziellen Lücken am Westbalkan zu schließen. Mit der Zagreb-Deklaration vom Mai 2020 12 hat die EU ihr Bekenntnis zur Unterstützung für die Westbalkan-Staaten erneuert und auch für die COVID-19-Krise zugesichert. Die EU kommt so ihrer besonderen Verantwortung für die Westbalkanstaaten nach. Die Europäische Kommission hat mit Unterstützung der Europäischen Investmentbank (EIB) für die sofortige Gesundheitsvorsorge sowie für den Wiederaufbau ein Paket von über 3,3 Mrd EUR geschnürt. Inkludiert sind darin auch 750 Mio EUR für EU-Makrofinanzhilfen (MFA). 13

IWF-Finanzierungen gemeinsam mit EU-Krisen-Makrofinanzhilfen

Aufgrund der Dringlichkeit hat die Europäische Kommission erstmals vorgeschlagen, EU-MFAs auch ohne vollwertiges IWF-Programm zu gewähren. Als ausreichend wird eine Notfinanzierung des IWF ohne Vorab-Bedingungen, wie zum Beispiel durch das Rapid Financing Instrument (RFI), erachtet.

Der IWF hat bereits im März 2020 rund 40 Mrd USD für RFI an Mitgliedstaaten reserviert und vorübergehend bis April 2021 die jährlichen Zugangslimits von 50% auf 100% der jeweiligen IWF-Quote angehoben (sowie den kumulativen Zugang von 100% auf 150% der jeweiligen IWF-Quote). Alle Westbalkanstaaten mit Ausnahme von Serbien haben um ein RFI angesucht.

Die EU-Krisen-MFA weist im Vergleich zu bisherigen EU-MFAs kürzere Laufzeiten auf, und es werden im Memorandum of Understanding (MoU) lediglich limitierte Reformen vereinbart. Die Kredite mit einer maximalen Laufzeit von 15 Jahren werden innerhalb von 12 Monaten verfügbar gemacht und in nur zwei Tranchen ausbezahlt. Die gewährten MFA-Mittel basieren auf einer Schätzung der finanziellen Lücke der Partnerländer.

Die CESEE-Länder legten auch umfangreiche fiskalpolitische Hilfspakete zur Stützung der Konjunktur auf. Maßnahmen zur Abfederung der schwersten ökonomischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie umfassten unter anderem Kompensationszahlungen für Unternehmen im Lockdown, Stützungen für Lohn- und Sozialversicherungszahlungen, höhere Mindest­löhne, die Einführung von Kurzarbeitsprogrammen sowie Steuerstundungen und Garantien. Abhängig von der individuellen Lage und vom verfügbaren fiskalischen Spielraum erreichte der budgetäre Stimulus vor allem in den zentral­europäischen Ländern ein mit Österreich durchaus vergleichbares Niveau. Die CESEE-EU-Mitgliedstaaten profitieren darüber hinaus von gesamteuropäischen Programmen zur Krisenbekämpfung.

Hilfsmaßnahmen auf europäischer Ebene

Europa widmete sich 2020 intensiv der Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Als sofortige Unterstützungshilfe hat die Europäische Kommission im April 2020 die Coronavirus Response Investment Initiative (CRII) implementiert. Das erste Paket enthielt
8 Mrd EUR sofortige Liquidität zur Beschleunigung europäischer öffentlicher Investitionen von bis zu 37 Mrd EUR und Flexibilität bei der Anwendung der EU-Ausgabenvorschriften ­sowie Zugang zum Solidaritätsfonds der EU. Auf einem Sondergipfel im Juli 2020 einigte sich die EU auf ein umfassendes Aufbaupaket zur Wiederbelebung der Wirtschaft in Höhe von insgesamt 1.824 Mrd EUR, das den mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 in Höhe von insgesamt 1.074 Mrd EUR sowie außerordentliche Aufbaumaßnahmen im Rahmen von NextGenerationEU umfasst. Das Instru­ment NextGenerationEU beläuft sich auf 750 Mrd EUR, bestehend aus 390 Mrd EUR an ­Zuschüssen und 360 Mrd EUR an Krediten. Das Kernstück dieses Instruments ist die Recovery and Resilience Facility (RRF) in der Höhe von 672 Mrd EUR, die ab 2021 zur Verfügung stehen wird. Für die drei Sicherheitsnetze stehen in Summe 540 Mrd EUR zur Verfügung: für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (Support to Mitigate Unemployment Risks in an Emergency – SURE; 100 Mrd EUR), für Unternehmen (Europäische Investitionsbank – EIB; 240 Mrd EUR) und für Mitgliedstaaten (Europäischer Stabilitätsmechanismus, ESM 200 Mrd EUR) In Summe beläuft sich der Aufbaurahmen der EU damit auf 2.364 Mrd EUR.

Seit Ende 2019 wird eine Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vorbereitet, die dem permanenten Rettungsschirm im Eurogebiet eine stärkere Rolle zugesteht und den ESM als Backstop für den Single Resolution Fund (SRF) als Kreditlinie und Ersatz des Direktkapitalisierungsinstruments vorsieht. Die diesbezügliche Vertragsunterzeichnung und der Start des Ratifikationsprozesses fand am 27. Jänner 2020 statt und nach Abschluss der Ratifikation durch alle Mitgliedsstaaten soll der Backstop ab Beginn 2022 zur Verfügung stehen.

Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU mit Abkommen

Am 31. Jänner 2020 trat das Vereinigte Königreich aus der EU aus. Gleichzeitig schied die Bank of England (BoE) aus dem Europäischen System der Zentralbanken aus. Das gezeichnete Kapital der EZB beläuft sich nach dem Ausscheiden der BoE unverändert auf 10,8 Mrd EUR. Der Anteil der BoE am gezeichneten ­Kapital der EZB in Höhe von 14,3% wurde auf Basis eines aktualisierten Kapitalschlüssels auf die übrigen 27 nationalen Zentralbanken des ESZB aufgeteilt. Der Kapitalschlüssel der OeNB ­erhöhte sich demnach per 1. Februar 2020 auf 2,3804% (zuvor: 2,0325%). Mit 31. Dezember 2020 endete die vereinbarte Übergangsperiode, d. h. das Vereinigte Königreich schied endgültig aus dem EU Binnenmarkt bzw. der Zollunion aus, und es gelang, das zukünftige Verhältnis zwischen EU und Vereinigtem Königreich auf eine neue vertragliche Grundlage zu stellen. In erster Linie ist dies ein Freihandelsabkommen über Waren und Dienstleistungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union. Daneben enthält es auch zahlreiche Bestimmungen über die Kooperation in ­anderen Bereichen.

Bulgarien und Kroatien traten dem Wechselkursmechanismus II bei

Bulgarien und Kroatien traten mit Wirkung vom 13. Juli 2020 dem Wechselkursmechanismus II (WKM II) bei. Als Leitkurs wurde für den bulgarischen Lew der langjährige fixe Wechselkurs zum Euro in Höhe von 1,95583 Lew je Euro festgesetzt, für die kroatische Kuna der zu diesem Zeitpunkt aktuelle Marktkurs von 7,53450 Kuna je Euro. Parallel dazu beschloss der EZB-Rat am 10. Juli 2020 die enge Zusammenarbeit (Close Cooperation) zwischen der EZB und den Notenbanken der beiden Länder im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) (Kapitel „ Aufsichtsprozesse im SSM sowie in Österreich effizient aufeinander abgestimmt “). Die WKM-II-Teilnahme ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einem späteren Eintritt in die Währungsunion. Eine spannungsfreie mindestens zwei­jährige Teilnahme ist neben weiteren wirtschaftlichen und rechtlichen Konvergenz­kriterien eine wichtige Vorbedingung für den Euroraumbeitritt. Deren Erfüllung wird von der Europäischen Kommission und der EZB in ihren Konvergenzberichten regelmäßig überprüft.

Österreich leistet einen wichtigen ­Beitrag zur Finanzierung des IWF

Mit Wirkung vom 7. Februar 2020 wurde die 15. Allgemeine Quotenrevision sowie die Revision der aktuellen Quotenformel mangels aus­reichender Übereinstimmung unter den Mitglieds­staaten ohne Erhöhung der Gesamtquote sowie Änderung der Quotenformel abge­schlossen. Die Gesamtquote des IWF beträgt somit weiterhin rund 477 Mrd Sonderziehungsrechte (SZR), die Quote Österreichs unverändert 3,932 Mrd SZR. Als spätester Zeitpunkt zum Abschluss der 16. Allgemeinen Quotenrevision sowie der gleichzeitigen Revision der Quotenformel wurde der 15. Dezember 2023 festgelegt.

Weiters beschloss das IWF-Exekutivdirektorium am 16. Jänner 2020 eine Verdopplung des Volumens der Neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow – NAB) sowie eine neue NAB-Periode für den Zeitraum vom 1. Jänner 2021 bis 31. Dezember 2025. Die NAB sind ein Kriseninstrument, in deren Rahmen der IWF neben den regulären Ressourcen von den wirtschaftsstärksten Mitgliedstaaten zusätzliche Mittel abrufen kann. Mit Wirkung von
1. Jänner 2021 trat nach Zustimmung der am NAB teilnehmenden Länder diese Reform wie geplant in Kraft. Die Gesamthöhe der seitens der 38 NAB-Teilnehmerländer zugesagten Kreditbeträge beträgt nunmehr rund 361 Mrd SZR. Österreich nimmt an dieser NAB-Reform teil, und die OeNB wurde mit Bundesgesetz (BGBl. Nr. 137/2020 vom 22. Dezember 2020) ermächtigt, im Namen der Republik Österreich dem IWF im Rahmen der NAB einen Kreditrahmen von max. 3,63698 Mrd SZR einzuräumen.

Am 31. März 2020 beschloss das IWF-­Exekutivdirektorium eine neue Runde von bi­lateralen Kreditvereinbarungen mit einzelnen ­Mitgliedstaaten mit einer Laufzeit bis Jahresende 2023 bzw. mit einmaliger Verlängerungsmöglichkeit bis Jahresende 2024. Die neue bilaterale Kreditzusage Österreichs trat mit 1. Jänner 2021 in Kraft und war zunächst weiterhin für einen Maximalbetrag von 6,13 Mrd EUR abgeschlossen worden. Da zeitgleich mit 1. Jänner 2021 die Verdoppelung der österreichischen NAB-Kredit­vereinbarung mit dem IWF in Kraft trat, kommt für das bilaterale Darlehen bereits mit diesem Datum der vertraglich vorgesehene reduzierte Kreditrahmenbetrag in Höhe von 2,641 Mrd EUR zur Anwendung ­(sogenannter roll-back).

Mit der Verdoppelung des NAB sowie dem Abschluss eines neuen bilateralen Darlehens leistet Österreich einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Effektivität des globalen Finanzstabilisierungsnetzes mit dem IWF im Zentrum, insbesondere vor dem Hintergrund erhöhter globaler Finanzierungserfordernisse infolge der COVID-19-Pandemie.

Von 24. Februar bis 3. März 2020 wurden die Art. IV-Konsultationen mit Österreich durch­geführt. Diese stellten die Fortsetzung der Konsultationen des IWF mit Österreich dar, die im Mai 2019 begonnen wurden, aber aufgrund der Regierungsumbildung nicht abgeschlossen werden konnten. Im Rahmen der Pressekonferenz am 3. März 2020 wurden auch die Ergebnisse der österreichischen Finanzsektor­überprüfung des IWF (Financial Sector Assessment Program – FSAP) präsentiert.

Die Mitgliedstaaten des IWF sind im Exekutivdirektorium des IWF in Form von Stimmrechtsgruppen vertreten. Österreich gehört der zentral- und osteuropäischen Stimmrechtsgruppe an und stellt permanent den ersten stellvertretenden Exekutivdirektor. Die Funktion des Exekutivdirektors wird für den Zeitraum vom 1. November 2020 bis 31. Oktober 2022 vom Vertreter Ungarns wahrgenommen.

1 Technische Details zum wöchentlichen BIP-Indikator finden sich in Fenz, G. und H. Stix. 2021. Monitoring the economy in real time with the weekly OeNB GDP indicator: background, experience and outlook. In: Monetary Policy & the Economy Q4/20–Q1/21.

2 Dazu werden die nachfrageseitigen BIP-Komponenten mittels Brückengleichungen – Prognosegleichungen, die Variablen mit unterschiedlicher Datenfrequenz verbinden – geschätzt.

3 Der wöchentliche BIP-Indikator wird als laufend als interaktive Grafik auf der Website der OeNB publiziert.

4 Eine detaillierte Analyse findet sich in Fenz, G., H. Stix und K. Vondra. 2021. Austrian tourism sector badly hit by COVID-19 ­pandemic. In: Monetary Policy & the Economy Q4/20–Q1/21.

5 Aufgrund der COVID-19-Pandemie ist ein Trend zu unbaren Zahlungen zu verzeichnen, d. h. die Ausgaben via Zahlungskarten überschätzen die Gesamtausgaben im Jahr 2020 tendenziell.

6 Die Arbeitslosenquote laut Eurostat stieg 2020 auf 5,3 % (2019: 4,5%). Aufgrund der abweichenden Berechnungsmethode bildet diese Maßzahl den Anstieg der Arbeitslosigkeit nicht zur Gänze ab.

7 Eine detailliertere Analyse findet sich in Prammer, D. 2021. Unprecedented fiscal (re)actions to ease the impact of the COVID-19 ­pandemic. In: Monetary Policy & the Economy Q4/20–Q1/21.

8 Puhr, C. und M. Schneider. 2021. Have mitigating measures helped prevent insolvencies in Austria amid the COVID-19 pandemic?
In: ­ Monetary Policy & the Economy Q4/20–Q1/21.

9 Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn.

10 Kroatien und Bulgarien: auf Euro laufende Swap-Vereinbarungen. Rumänien und Ungarn: auf Euro laufende Repo-Vereinbarungen.

11 World Bank. 2020. An Uncertain Recovery . Western Balkans regular economic report No. 18. Fall 2020, Fig. 5.1.; OeNB. 2020: The ­impact of the COVID-19 crisis on financial stability in Austria – a first assessment. In: Financial Stability Report FSR 39 . 39–64.

12 European Council, press release , May 6, 2020.

13 European Commission, press release , April 29, 2020.

Reservemanagement im Zeichen der COVID-19-Pandemie

Veranlagungsstrategie basiert auf ­breiter Diversifikation

Die Veranlagung der OeNB-Bestände unterliegt einem umfangreichen Risikomanagement- und Kontrollsystem. Dabei wird insbesondere auf hohe Liquidität und Sicherheit geachtet, ­damit im Bedarfsfall die Mittel für koordinierte Interventionen an den Finanzmärkten verfügbar sind. Das Reservemanagement ist durch breite Diversifikation gekennzeichnet (Grafik 11). Die Veranlagungen umfassen neben den Goldreserven einen Anlagemix in unterschiedlichen Währungen und Regionen – vor allem Schuldverschreibungen aber auch Anteilspapiere. Dabei dominieren konvertible Währungen von Staaten mit hohen Bonitätsbewertungen, Anleihen von Staaten, staatsnahen Agenturen und supra­nationalen Institutionen sowie besicherte Schuldverschreibungen. Die Beimischung von weiteren Vermögenswerten wie Unternehmensanleihen und Aktien dient der Verbesserung des Risiko-Ertrag-Verhältnisses. Diese Strategie hat sich über die letzten Jahre hinweg als Stabilitätsfaktor bei der Umsetzung der Aufgaben innerhalb des ESZB bewährt.

Grafik 11 zeigt die Verteilung des Assetklassenmix im Reservemanagement. Die größten Teile machen die Goldreserven mit 37%, Staats- und Staatsnaheanleihen mit 35% sowie besicherte Schuldverschreibungen mit 10% aus. Auf Untenehemnsanleihen entfallen 9%. Aktien machen 4% aus und die Schwellenländerveranlagungen kommen auf 1%. Quelle: OeNB.

Finanzmarktentwicklung profitiert von geld- und fiskalpolitischen Stützungsmaßnahmen

Die Finanzmarktentwicklung stand 2020 ganz im Zeichen der Auswirkungen der COVID-19-­Pandemie und der dadurch ausgelösten Stützungsmaßnahmen von Staaten und Zentralbanken. Die Ausbreitung von COVID-19 in Europa führte weltweit zu starken Marktverwerfungen gegen Ende des ersten Quartals 2020. In diesem Zeitraum verlor beispielsweise der US-amerikanische Aktienindex S&P 500 innerhalb weniger Wochen über 30% an Wert, was den raschesten Rückgang seit 2008 darstellt. Anschließend kam es zu einer starken Gegenbewegung an den Märkten, was insbesondere auf die Leitzins­senkungen, die umfangreichen Wertpapierkaufprogramme der wichtigsten Notenbanken sowie auf von Notenbanken gewährte globale Liquiditätsunterstützungen, unter anderem in Form von Swap- und Repo-Vereinbarungen, ­zurückzuführen war. Diese historisch einmaligen geldpolitischen Maßnahmen führten in Kombination mit staatlichen Hilfspaketen in ebenfalls historischer Größenordnung zu stark rückläufigen Renditen und Risikoaufschlägen.

Einen besonders starken Renditerückgang verzeichneten US-Anleihen: Die Renditen zehn­jähriger Staatsanleihen sanken im Jahr 2020 um rund einen Prozentpunkt auf 0,9%. Der Renditerückgang der europäischen Pendants fiel mit rund 0,4 Prozentpunkten auf –0,57% bei deutschen zehnjährigen Staatsanleihen und 0,45 Prozentpunkten auf –0,43% bei österreichischen etwas geringer aus, was u. a. am generell niedrigeren Zinsniveau im Euroraum lag. Der starke Rückgang der Renditen auf Staatsanleihen reflektierte die kräftigen Wertzuwächse dieser Anlageklasse (Grafik 12).

Im vierten Quartal 2020 bekamen die Märkte zusätzlichen Rückenwind von den Fortschritten bei der COVID-19-Impfstoffentwicklung, wodurch die wichtigsten Aktienmärkte das Pandemiejahr 2020 mit Gewinnen beendeten. Besonders stark legte der US-amerikanische Aktienindex S&P500 zu, da insbesondere einige der großen US-Unternehmen von den wirtschaftlichen Veränderungen im Zuge der Lockdowns (u. a. Digitalisierungsoffensive und Zunahme des Online-Handels) profitieren konnten. Eine ähnlich starke Performance wie der S&P 500 (+16,3%) verzeichnete der japanische Leitindex Nikkei225 mit +16,0%. Deutlich schwächer entwickelte sich der europäische Aktienmarkt. Während der EURO STOXX 50 ein Minus von 5,1% verzeichnete, büßte der österreichische Leitindex ATX sogar 12,8% im Jahr 2020 ein.

Besonders deutlich lassen sich die Folgen der Pandemie an der Entwicklung der Rohstoffpreise ablesen. Während der Rohölpreis aufgrund der Nachfrageschwäche im Jahr 2020 um knapp 13% nachgegeben hat, stieg der Goldpreis angesichts erhöhter Unsicherheit und fallender Zinsen um über 24%.

Der Euro wertete 2020 deutlich auf: Aufgrund der weiteren Vertiefung der Währungsunion durch das Instrument NextGenerationEU verteuerte sich der Euro im Jahresverlauf gegenüber dem US-Dollar um knapp 9%. Da sich das Zentrum der Pandemie in den Sommer­monaten von Europa in die USA verlagerte, wertete der Euro gegenüber dem US-Dollar von Mitte Mai bis Ende Juli von 1,08 auf 1,18 auf, wobei der Wertverlust des US-Dollar auch auf die äußerst lockere Geldpolitik der US-­Notenbank Fed zurückzuführen ist. Die Fed senkte die Leitzinsen um 1,5 Prozentpunkte und stellte umfangreiche Liquiditätshilfen bereit, wodurch der Zinsvorteil von US-Veranlagungen gegenüber Euro-Veranlagungen deutlich abnahm. Das britische Pfund wurde im Jahr 2020 von der Ungewissheit hinsichtlich eines Post-Brexit-Handelsabkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union belastet. Daran konnte auch die Einigung gegen Jahresende nichts mehr ändern, wodurch das Pfund gegenüber dem Euro rund 5,5% an Wert verlor.

Grafik 12 zeigt die Performance ausgewählter Assetklassen im Jahr 2020. Bei den Staatsanleihen verzeihneten die US-Papiere mit 8,0% die beste Performance. Die Staatspapiere von Italien, Österreich und und Deutschland verzeichneten mit 7,9%, 6,1% und 3,0% ebenfalls Gewinne. Ebenso konnten Schwellenländeranleihen in Lokalwährung einen Wertzuwachs von 3,1% verbuchen. Auf der Aktienseite verzeichnete der US-Markt mit einem Plus von 16,3% die beste Entwicklung. Gefolgt von Japan mit 16,0% und den Schwellenländern mit 15,8%. Der Eurozonen Aktienmarkt verzeichnete ein Minus von 5,1% und besonders schach entwickelten sich österreichische Aktien mit -12,8% . Bei den Rohstoffen in USD verzeichneten der Rohölpreis (WTI) mit -12,8% ein kräfitges Minus, während der Goldpreis mit 24,4% starke Kursgewinne erzielte. Bei den Fremdwährungen verlor der USD (-8,2%), das GBP (-5,5%) und der JPY (-3,4%) gegenüber dem EUR. Die Schwellenländerwährungen gaben gegenüber dem USD um 5,7% ab. Quelle: Bloomberg.

Konjunktur- und rohstoffsensitive Währungen (u. a. die norwegische Krone und der australische Dollar) kamen im Zuge der Marktverwerfungen gegen Ende des ersten Quartals unter starken Abwertungsdruck, konnten jedoch bis Jahresende gegenüber dem Euro wieder einen Großteil der Verluste wettmachen. Besonders schwach entwickelten sich die Währungen einiger Schwellenländer (u. a. die türkische Lira, der russische Rubel und der brasilianische Real). Der J.P. Morgan Emerging Market Currency Index gab gegenüber dem Euro um über 13% nach.

Reservemanagement gekennzeichnet durch risikoreduzierende Maßnahmen

Die Veranlagungsstrategie der OeNB trug den Entwicklungen an den Finanzmärkten im Jahr 2020 Rechnung und war durch diverse risikoreduzierende Maßnahmen gekennzeichnet. Diese umfassten insbesondere eine Erhöhung des Anteils jener Währungen in der Fremdwährungsveranlagung, die als sichere Häfen gelten; diese machen nun mehr als die Hälfte der Devisenbestände aus. Hierzu zählen insbesondere der US-Dollar und der japanische Yen. Darüber hinaus fand eine temporäre Reduzierung von zyklischen Vermögenswerten wie Aktien innerhalb der fremdverwalteten Mandate während des Jahres 2020 statt. Diese umfassen die als riskanter eingeschätzten Veranlagungen und werden im Rahmen eines mehrstufigen Aus­schreibungsprozesses an externe Vermögensverwalter vergeben.

Fremdverwaltetes Mandat

Bei fremdverwalteten Mandaten werden finanzielle Mittel an einen externen Vermögensverwalter zur Veranlagung übertragen. Dieser investiert die übertragenen Mittel im Auftrag und gemäß den Vorgaben des Kunden.

Die Herausforderungen der Pandemie und des Niedrigzinsumfelds haben abermals die ­Bedeutung einer ausgewogenen Allokation der Bestände im OeNB-Reservemanagement verdeutlicht. Insbesondere die diversifizierende Wirkung von Gold als Krisenwährung hat sich erneut als wichtige Komponente erwiesen. Über­dies konnte die Veranlagung in Euro denominierten Staatsanleihen, die rund 15% der Bestände ausmacht, etwa 1% an Wert zulegen. Die Performance der Fremdwährungsportfolios wurde hingegen von der Aufwertung des Euro belastet, wodurch die Veranlagung in festverzinsliche Wertpapiere, die sich sowohl aus Euro- als auch aus Fremdwährungsbeständen zusammensetzt, einen Wertverlust von rund –1,75% verzeichnete. Auch die Performance in den Veranlagungsbeständen, die extern verwaltet werden, war im Jahr 2020 negativ, wodurch die in den Vorjahren erzielten Bewertungsgewinne teilweise aufgebraucht wurden. Dies wurde jedoch durch die starke Wertsteigerung der Goldreserven (Grafik 13) – die wertmäßig gut ein Drittel des Reservemanagements einnehmen – im Ausmaß von rund 14% deutlich überkompensiert. Gold ist 2020 somit einmal mehr seiner Rolle als Element der Stabilität innerhalb der Notenbankstrategie zur Krisenvorsorge und -bewältigung gerecht geworden.

Socially Responsible Investing als wichtiges Thema im Reservemanagement

Die OeNB berücksichtigt im Rahmen ihres ­Risikomanagements bereits seit vielen Jahren spezifische Nachhaltigkeitskriterien. Ausgangspunkt war es, in Anlehnung an internationale Standards, Ausschlusskriterien zur Vermeidung von Reputationsrisiken zu finden. Seit 2011 müssen externe Vermögensverwalter, die für die OeNB Veranlagungen durchführen, Unterzeichner der von den Vereinten Nationen unterstützten Prinzipien für verantwortliches Investieren (Principles for Responsible Investment) sein. Diese Prinzipien umfassen neben den ­Aspekten Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Corporate Governance) (zusammen ESG-Kriterien) einen verantwortungsvollen Umgang mit Offen­legungspflichten und Eigentümerpolitik.

In den letzten Jahren haben sich auf den internationalen Finanzmärkten neue Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Veranlagung entwickelt, insbesondere die breite Anwendung von ESG-Kriterien. In einem ersten Schritt hat die OeNB seit 2018 in ausgewählten Anlageklassen externe Mandate mit ESG-Kriterien und ESG-Benchmark vergeben. Dadurch sollen nachhaltige Umweltstandards sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit gesellschaftlichen ­Aspekten und guter Unternehmensführung ­sichergestellt werden. Darüber hinaus wurden im Eigenmanagement verstärkt Emissionen mit entsprechenden Qualitätsmerkmalen angekauft. Basierend auf diesen Erfahrungen wird – im Einklang mit den bewährten Verfahren – die Anwendung von ESG-Kriterien weiterentwickelt.

Environmental, Social and Corporate Governance (ESG)

Steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Der Begriff ist international in Unternehmen und bei Finanzdienstleistern etabliert. Er rückt in den Fokus, inwiefern bei unternehmerischen Entscheidungen sowie bei Firmenanalysen ökologische und soziale Kriterien sowie Aspekte der guten Unternehmensführung beachtet bzw. bewertet werden. Neben Ratingagenturen integrieren auch zahlreiche Investierende (z. B. die Unterzeichner der von den Vereinten Nationen unterstützten Prinzipien für verantwortliches Investieren) ESG-Kriterien in ihre Analysen.

OeNB leistet Beitrag zur Sicherung der Finanzmarktstabilität

Banken gehen mit gestärkter Resilienz in die COVID-19-Pandemie

Solide Kapitalausstattung erlaubt Banken ihrer Intermediationsfunktion nachzukommen

Die Ausbreitung von COVID-19 führte im ersten Quartal 2020 zu einem abrupten Ende der günstigen makrofinanziellen Entwicklung in Österreich und CESEE 14 und damit zu stark ­erhöhter Unsicherheit in der Realwirtschaft und an den Finanzmärkten, insbesondere im März 2020. Zur Abfederung von pandemiebedingten Auswirkungen wurden umfangreiche staatliche und aufsichtliche Maßnahmen (Kasten 7, Abschnitt „Vorübergehende COVID-19-­bedingte aufsichtliche Erleichterungen, Anpassungen in der Regulierung und in den Aufsichtsprozessen“) ergriffen. Den Banken kam dabei eine wichtige Rolle zu, indem sie die Realwirtschaft mit Krediten zur Deckung des Liquiditätsbedarfs versorgten. Angesichts wieder steigender Infektionszahlen ab Herbst 2020, Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Pandemie sowie scharfer gegensteuernder Maßnahmen der Bundesregierung kam es erneut zu abrupten, massiven Umsatzrückgängen und zu einem sprunghaften Anstieg des Liquiditätsbedarfs.

Der österreichische Bankensektor erfüllte im Jahr 2020 seine Intermediationsfunktion auch unter erschwerten Rahmenbedingungen und erwies sich als stabil. Das Kreditvolumen stieg gegenüber inländischen nichtfinanziellen Unternehmen bis September 2020 im Vorjahresvergleich um 5,8% und damit deutlich stärker als noch am Anfang des Jahres 2020. 11% der Neukredite an nichtfinanzielle Unternehmen waren im Zeitraum von April bis Ende September 2020 von staatlichen Garantien ­gestützt, die insbesondere von Unternehmen in von COVID-19 besonders betroffenen Sektoren sowie bonitätsschwächeren Unternehmen in Anspruch genommen wurden. Im Bereich der Haushaltskredite war nach wie vor eine kräftige Hypothekarkreditvergabe zu beobachten, während Konsumkredite deutlich rückläufig waren.

Staatliche Garantien

Zur Deckung des kurzfristigen Liquiditätsbedarfs von nichtfinanziellen Unternehmen aufgrund der COVID-19-Pandemie hat die Republik Österreich Garantien für Betriebsmittelkredite (bis zu 100%) vergeben. Diese Garantieprodukte wurden via COFAG (COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH), AWS (Austria Wirtschaftsservice), ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank) und OeKB (Oesterreichische Kontrollbank) abgewickelt.

Aufgrund der gestiegenen Resilienz ist der österreichische Bankensektor dieses Mal, anders als in der globalen ­Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und 2009, Teil der Lösung. So verfügen österreichische Banken über eine stabile Kapital- und Liquiditätssituation. Die harte Kernkapitalquote (CET1-­Quote) der österreichischen Banken ­belief sich im September 2020 – unverändert zum Vorjahr – auf 15,6%. 15 Im Vergleich zur Kapitalausstattung vor der Finanzkrise 2008 konnte der österreichische Bankensektor seine Eigenmittelquote im Einklang mit den seither gestiegenen aufsichtlichen Anforderungen mehr als verdoppeln und auch die Kapitalqualität im Hinblick auf die Verlusttragfähigkeit verbessern. Der Anstieg der Einlagen von Nichtbanken bei österreichischen Banken sowie die großzügige Liquiditätsversorgung durch die EZB, die auch Interbankenfinanzierungen substituierte, trug im Jahr 2020 zu einer soliden Liquiditätssituation bei. Die aufsichtliche Liquiditätsdeckungsquote stieg auf beinahe 170%, während sie vor der COVID-19-Pandemie bei unter 150% gelegen hatte.

Die erhöhte Risikotragfähigkeit der österreichischen Banken, wozu – neben mikroprudenziellen Aufsichtsmaßnahmen – v. a. auch die makroprudenziellen Kapitalpuffer wesentlich beitrugen, verbesserte nicht nur die Kredit­ver­gabefähigkeit, sondern führte auch zu einer besseren externen Einschätzung des österreichischen Bankensystems. Demgemäß war der österreichische Bankensektor laut der Ratingagentur Moody’s im November 2020 einer von nur sechs Bankensektoren mit stabilem Ausblick (von 19 europäischen Bankensystemen). 16 Die Ratingagentur Standard & Poor’s zählte den öster­reichischen Bankensektor zu den stabilsten Sektoren weltweit und stufte ihn in die zweithöchste Klasse (Banking Industry Country Risk Assessment – BICRA) ein, wobei sich kein Land in der höchsten Klasse befand. Auch der IWF schätzte das österreichische Finanzsystem im Rahmen der Finanzsektorüberprüfung ­(Financial Sector Assessment Program – FSAP) 2019, die Anfang 2020 abgeschlossen wurde, als resilient gegenüber Schocks ein. 17

Unsicherer Ausblick aufgrund der COVID-19-Pandemie

Trotz der umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen für die Realwirtschaft ist im weiteren Verlauf der Pandemie ein Anstieg der Insolvenzen zu erwarten, der sich auch in merklich steigenden Kreditrisikokosten bei den Banken widerspiegeln wird. Die Banken begannen daher bereits Vorsorgen zu treffen, was zu einem deutlichen Gewinneinbruch in den ersten drei Quartalen 2020 führte. Sie erzielten ein Periodenergebnis in der Höhe von 2,5 Mrd EUR auf konsolidierter Ebene, was einen Rückgang gegenüber der Vorjahresperiode im Ausmaß von 51,8% bedeutet. Ursächlich war hierfür ein kräftiger Anstieg der Kreditrisikokosten (+2,1 Mrd EUR auf 2,3 Mrd EUR). Auch das aggregierte Periodenergebnis (nach Steuern) der österreichischen Tochterbanken in CESEE war mit 1,6 Mrd EUR in den ersten drei Quartalen 2020 um ein Viertel niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dennoch leisteten die österreichischen Tochterbanken, wie auch in der Vergangenheit, einen wesentlichen Beitrag zur konsolidierten Profitabilität. Nichtsdestotrotz lasten das schwierige Umfeld, der erwartete Anstieg bei notleidenden Krediten und die erhöhten Risikokosten im Jahr 2021 auf den Banken.

Grafik 14 stellt die Entwicklung des konsolidierten Periodenergebnisses der österreichischen Banken im Zeitraum von 2011 bis 2019 bzw. für das dritte Quartal 2019 und 2020 dar. Sie zeigt die niedrigere Profitabilität nach der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 (von meist unter 2 Mrd EUR bzw. einem Verlust in 2013 von einer Mrd EUR), die ab 2015 stark gestiegene Profitabilität mit Ergebnissen von teilweise deutlich über 5 Mrd EUR (konjunkturell bedingt) sowie den der COVID-Pandemie geschuldeten Einbruch des Periodenergebnisses im Jahr 2020 (aufgrund stark gestiegener Risikovorsorgen). Quelle: OeNB.

Die COVID-19-Unterstützungsmaßnahmen (inkl. Kreditmoratorien) trugen 2020 dazu bei, dass Kreditausfälle in größerem Ausmaß vermieden werden konnten, weshalb die Quote not­leidender Kredite noch unverändert auf niedrigem Niveau verweilte (2,0% im September 2020). Vorauslaufende Indikatoren zur Messung der Kreditqualität (z. B. gemäß Internationalen Rechnungslegungsstandards, IFRS) zeigen allerdings bereits eine Verschlechterung an. Die COVID-19-Maßnahmen haben zwar eine stark unterstützende Wirkung für die Realwirtschaft – und somit durch Vermeidung von Kreditausfällen indirekt auch für die Banken – entfaltet, gleichzeitig erschweren sie jedoch die Risikoeinschätzung. Längerfristig wirkt die durch die Pandemie gestiegene höhere Verschuldung im Unternehmenssektor negativ auf die Schuldentragfähigkeit, insbesondere bei einer später einsetzenden oder schwächeren wirtschaftlichen Erholung.

Die Kredite österreichischer Banken an Unternehmen in Österreich belaufen sich auf 170 Mrd EUR (September 2020). Auf die von der COVID-19-Krise besonders betroffenen Branchen (u. a. Tourismus und Gastronomie sowie Verkehr) entfallen etwa 9% der Kredite österreichischer Banken. Der Anteil dieser Branchen am CESEE-Kreditportfolio österreichischer Banken liegt auf einem ähnlichen Niveau wie in Österreich.

Kreditmoratorium

Ein Kreditmoratorium sieht eine Änderung der vorgesehenen Zahlungen, insbesondere durch die Aussetzung, den Aufschub oder die Verringerung von Zahlungen für den Kreditbetrag, Zinszahlungen oder von ganzen Tilgungsraten, für einen vorab definierten begrenzten Zeitraum vor; die sonstigen Bestimmungen und Bedingungen des Kreditvertrags, z. B. der Zinssatz, bleiben unverändert.

Die Ausnutzung von gesetzlichen und privaten Kreditmoratorien, die vor allem im zweiten Quartal 2020 ausgeprägt war, ging im zweiten Halbjahr 2020 wieder zurück. Die von österreichischen Banken bis Ende Oktober 2020 gewährten Kreditmoratorien in Österreich umfassten ein Volumen von 15,6 Mrd EUR, das sind rund 5% der ausstehenden Kredite an private Haushalte und nichtfinanzielle Unternehmen. Die Moratorien wurden vor allem von Unternehmen aus den Sektoren Beherbergung, Gastronomie, Gesundheits- und Sozialwesen und sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen beansprucht.

In Anbetracht weiter steigender Kreditrisiken (auch in Verbindung mit dem Auslaufen von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen) und der erhöhten Unsicherheit ist das Augenmerk auf eine solide Kapitalbasis der Banken zu legen. In Übereinstimmung mit Empfehlungen wie die des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) und des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) (Abschnitt „Vorübergehende COVID-19-bedingte aufsichtliche ­Erleichterungen, Anpassungen in der Regulierung und in den Aufsichtsprozessen“) ist daher Abstand von Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufen zu nehmen oder dabei jedenfalls äußerste Zurückhaltung zu üben. Nachhaltige Kreditvergabestandards (insbesondere bei Immobilienkrediten) und die Einhaltung der quantitativen Leitlinie des Finanzmarktstabilitäts­gremiums sind weiterhin essenziell. 18 Die COVID-19-Pandemie verstärkt zudem bestehende Herausforderungen des Bankensektors wie etwa das Niedrigzinsumfeld und die Steigerung der Kosteneffizienz (insbesondere aufgrund des Drucks auf die Zinsmargen). Die Kosteneffizienz ist weiterhin verhältnismäßig schwach, was sich auch in der nach wie vor hohen Aufwand-Ertrag-Relation in Höhe von 68% (September 2020) widerspiegelt. Gleichzeitig sind geeignete Strategien zum Umgang mit Herausforderungen aufgrund neuer Informationstechnologien zu entwickeln und umzusetzen.

OeNB-Stresstest zeigt, dass der Bankensektor auch bei weiteren pandemiebedingten Verschärfungen robust bleibt

Um die Auswirkungen des Wirtschaftseinbruchs infolge der COVID-19-Pandemie und den Einfluss der staatlichen Hilfsmaßnahmen auf die heimische Wirtschaft zu analysieren, hat die OeNB ein neues Unternehmensinsolvenzmodell 19 entwickelt. Das Modell zeigt, dass die Insolvenzraten, aggregiert über alle wirtschaftlichen Sektoren, für 2020 bis 2023 im Vergleich zu 2019 im Schnitt deutlich ansteigen werden, jedoch ohne die staatlichen Hilfsmaßnahmen noch signifikant höher wären (aktuelle Schätzung in Abschnitt „Hilfsmaßnahmen dämpfen den COVID-19-bedingten Anstieg des Insolvenzrisikos österreichischer Unternehmen“).

Damit die Auswirkungen der Pandemie auf die Banken abgeschätzt werden können, werden die modellierten Insolvenzraten, zusammen mit Informationen über Hilfsmaßnahmen in Österreich und anderen Ländern, als Input für den OeNB-Stresstest verwendet. Stresstests erlauben eine zukunftsorientierte Was-wäre-wenn-­Betrachtung unter Zugrundelegung der verschiedenen Szenarien. Als eines von mehreren Analyseinstrumenten leisten sie einen Beitrag zur gesamthaften Risikobeurteilung einer Bank und auch des gesamten Bankensektors.

Der im dritten Quartal 2020 durchgeführten Analyse liegen zwei Szenarien zugrunde. Das Baseline-Szenario nahm eine graduelle Eindämmung der Pandemie nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 an, während das adverse Szenario weitere Verschärfungen, eine später einsetzende und schwächere wirtschaftliche Erholung und darüber hinaus konservative Annahmen für andere Risiken unterstellte. Die Kapitalisierung der österreichischen Banken, dargestellt durch die harte Kernkapitalquote (CET1-Quote), fällt im adversen Szenario über die nächsten drei Jahre von 15,6% auf 11,2%. Durch die getroffenen Annahmen handelt es sich hier um eine konservative Einschätzung. Trotzdem ist die Kapitalisierung selbst unter diesen Annahmen im Ergebnis noch besser als im Ausgangsniveau vor Beginn der Finanzkrise 2008, da die Banken in den letzten Jahren Kapital aufbauten. Neben der guten Kapitalbasis profitieren die Banken indirekt auch von den staatlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft, weil dadurch Kreditausfälle verringert werden. Aus Sicht des adversen Szenarios könnte das Bankensystem auch eine weitere Verschärfung der COVID-19-Pandemie ohne größere Verwerfungen bewältigen.

Makroprudenzielle Maßnahmen stärken Finanzmarktstabilität in Österreich

Auf Basis der Analyse der OeNB erneuerte das österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) im Juni 2020 seine Empfehlungen zum Systemrisikopuffer und O-SII-Puffer (Other Systemically Important Institutions, Puffer für systemrelevante Institute). Während der System­risikopuffer die erhöhte Verwundbarkeit des österreichischen Bankensystems gegenüber Störungen im Finanzsystem oder Teilen davon aufgrund der Verflechtungen innerhalb des ­Finanzsystems abdeckt, sichert der O-SII-Puffer Risiken ab, die von einem Ausfall eines systemrelevanten Instituts auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft ausgehen.

Derzeit kommt nur der jeweils höhere der beiden Puffer zur Anwendung. Das neue Kapitalpufferregime gemäß der Eigenkapitalrichtlinie V (Capital Requirements Directive V – CRD V) bringt diesbezüglich aber Änderungen mit sich und führt nach erfolgter Umsetzung 20 in nationales Recht zur additiven Anwendung der beiden Puffer. In seiner Empfehlung berücksichtigte das FMSG die hohe Unsicherheit über den weiteren Verlauf der aktuellen Pandemie, sodass die Gesamtpufferanforderungen trotz des sich ändernden rechtlichen Rahmens insgesamt weitgehend unverändert blieben. 21

Neben den Kapitalpuffern bleibt die Sicherstellung nachhaltiger Kreditvergabestandards in der Immobilienfinanzierung essenziell. Die OeNB wird daher die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt sowie die Einhaltung der vom FMSG kommunizierten nachhaltigen Kreditvergabestandards (aufsichtliche Erwartungshaltung) 22 durch die Kreditinstitute weiterhin genau beobachten. Mit der 2020 erfolgten Einführung des Meldewesens zu privaten Wohnimmo­bilienfinanzierungen wird ein besseres Monitoring der Vergabestandards durch die OeNB ­sichergestellt.

Auch die von OeNB und Finanzmarktaufsicht (FMA) erarbeiteten Maßnahmen betreffend die Reduktion von Fremdwährungskrediten und die Einhaltung der aufsichtlichen Leitlinie zur Stärkung der Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle international aktiver österreichischer Großbanken („ Nachhaltigkeitspaket “) tragen weiterhin zur Verringerung der Verwundbarkeiten des österreichischen Bankensektors bei.

Fünf Fragen und Antworten zur Rolle der makroprudenziellen Aufsicht

Welche Zielsetzungen verfolgt die makroprudenzielle Aufsicht?

Ultimatives Ziel der makroprudenziellen Aufsicht ist die Wahrung der Finanzmarktstabilität. Gefahren für die Finanzmarktstabilität werden von sogenannten systemischen Risiken verursacht. Sie können das gesamte Finanzsystem oder Teile davon beeinträchtigen und somit schwerwiegende negative Auswirkungen im Finanzsystem aber auch in der Realwirtschaft nach sich ziehen.

Welche Rolle kommt dabei den Kapitalpuffern zu?

Sie sind das zentrale Instrument der makroprudenziellen Aufsicht. Kapitalpuffer sollen grundsätzlich in „guten Zeiten“ aufgebaut und in „schlechten Zeiten“ verwendet werden, damit die Kreditvergabefähigkeit und die Risikotragung erhöht wird. Banken haben diese Puffer in Form von hartem Kernkapital zusätzlich zu den Mindesteigenmittelerfordernissen und etwaigen Eigenmittelerfordernissen der mikro­prudenziellen Aufsicht zu halten.

Welche Maßnahmen wurden bislang gesetzt?

Die von den betroffenen österreichischen Banken aufgebauten makroprudenziellen Kapitalpuffer führten zu einem Kapitalpolster in Höhe von über 18 Mrd EUR (hartes Kernkapital, Common equity tier 1 capital − CET1), was rund 4% der risikogewichteten Aktiva entspricht. Dazu zählen der Systemrisikopuffer und O-SII-Puffer (es gilt bis dato der jeweils höhere), der antizyklische Kapitalpuffer und der Kapitalerhaltungspuffer.

Welche Konsequenzen sind mit der Pufferverwendung verbunden?

Die Unterschreitung der Kapitalpufferquoten hat eine automatische Stabilisierungswirkung, da dadurch die Gewinnverwendung beschränkt und durch die Einbehaltung von Eigenmitteln die Stabilität des Bankensystems gestärkt wird. FMA und OeNB betonen seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie die Nutzbarkeit von aufgebauten makroprudenziellen Kapitalpuffern zur Aufrechterhaltung der Kreditversorgung der Realwirtschaft. Die makroprudenzielle Aufsicht kommunizierte proaktiv, um mögliche Stigmatisierungseffekte von Banken bei der Verwendung von Puffern zu vermeiden.

Welche Schlussfolgerungen können bislang für die makroprudenzielle Aufsicht gezogen werden?

Die makroprudenzielle Aufsicht hat wesentlich dazu beigetragen, dass der österreichische Bankensektor besser für krisenhafte Entwicklungen gewappnet und die Kreditversorgung sichergestellt ist. Makroprudenzielle Kapitalpuffer sind ein wesentlicher Faktor für die bessere Bewertung der österreichischen Banken durch Investoren, internationale Finanzinstitutionen und Ratingagenturen. Im Ergebnis profitiert neben den Banken auch die österreichische Realwirtschaft von niedrigeren Finanzierungskosten.

Gute Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und der europäischen Bankenaufsicht ermöglicht effektive Bewältigung der COVID-19-­bedingten Herausforderungen

Aufsichtsprozesse im SSM sowie in Österreich effizient aufeinander abgestimmt

Die Gründung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) 2014 war die Grundlage für eine einheitliche europäische Bankenaufsicht und trug ­wesentlich zur Stabilisierung des europäischen Bankensektors nach der letzten Finanzkrise bei. Durch konsequente Aufsichtsarbeit ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die europäische Bankenlandschaft deutlich resistenter gegenüber Risken zu gestalten. Zur Abfederung potenzieller Risiken der COVID-19-Pandemie für die Realwirtschaft sowie für das Finanzsystem kam es SSM-weit zu zahlreichen Anpassungen bei aufsichtlichen Prozessen und Anforderungen. Dabei übernehmen OeNB und FMA in Österreich weiterhin wesentliche Aufgaben im Bereich der Aufsicht über die bedeutenden Institute (significant institutions – SIs) und haben im Rahmen der Aufsicht über das Gesamtsystem des SSM die unmittelbare ­Zuständigkeit für weniger bedeutende Institute (less significant institutions – LSIs).

Grafik 15 stellt die Entwicklung der dotierten Risikovorsorgen in Relation zum Kreditvolumen ("Cost of Risk") der österreichischen und europäischen Großbanken ("Significant Insitutions") im Zeitraum von 2014 bis zum dritten Quartal 2020 dar. Nachdem die Cost of Risk in den letzten Jahren sukzessive gesunken sind, kam es durch die Corona-Pandemie zu einem signifikanten Anstieg, sowohl bei den österreichischen Banken als auch generell in Europa. Im dritten Quartal kam es zu einem Rückgang der Risikokosten, was sich in einer gestiegenen Profitabilität der Banken widerspiegelt.

Dass die Banken im Vergleich zur Finanzkrise 2008 und 2009 trotz der Pandemie über eine deutlich höhere Risikotragfähigkeit, hohe Kapitalquoten und über eine relativ gute Liquiditätsausstattung verfügen, liegt vor allem an den Maßnahmen, die von der EZB gesetzt wurden und die den Banken erlaubten, solide Liquiditätspuffer, zunehmend in Form von Zentralbankreserven, aufzubauen. Beim Kreditrisiko zeigt sich sowohl für Österreich als auch für den SSM ein deutlicher Anstieg der Risikokosten, die in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken sind. Das ist der Haupttreiber für die rückläufige Bankenprofitabilität.

Die Banken stehen weiterhin unter dem wirtschaftlichen Druck ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Bankaktien waren bereits von einem historisch tiefen Niveau in das Jahr 2020 gestartet. Finanztitel waren am stärksten vom Kurssturz im März betroffen und haben sich im Vergleich zum Gesamtmarkt nur unterdurchschnittlich erholt. Die niedrige Marktbewertung im Verhältnis zu den Buchwerten der Banken erhöht die Wahrscheinlichkeit einer beschleunigten Konsolidierung innerhalb des Bankensektors, da potenzielle Übernahmen dadurch attraktiver werden. Diese Entwicklung konnte in einzelnen europäischen Ländern ­beobachtet werden. Unterstützend wirkte der neue Leitfaden der EZB zur Bankenkonsolidierung. Ziel des Leitfadens ist es, ein einheitliches und klares Rahmenwerk zu schaffen und die Prinzipien der derzeitigen aufsichtlichen Heran­gehensweise zu erläutern.

Im Zuge der letztjährigen Implementierung des Wechselkursmechanismus II haben Bulgarien und Kroatien auch die enge Zusammen­arbeit mit dem SSM aufgenommen. Somit übernahm die EZB auf Basis der im Vorfeld erfolgten Bilanz­bewertung im Oktober 2020 die direkte Aufsicht über fünf bulgarische und acht kroatische bedeutende Institute (SIs).

Close Cooperation

EU-Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, können dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) beitreten, indem sie die Aufnahme einer Close Cooperation (engen Zusammenarbeit) zwischen der EZB und ihrer nationalen zuständigen Behörde beantragen. Sobald die enge Zusammenarbeit eingegangen ist, sind die zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten vollumfängliche Mitglieder im SSM und können auch dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus beitreten.

Vorübergehende COVID-19-bedingte aufsichtliche Erleichterungen, ­Anpassungen in der Regulierung und
in den Aufsichtsprozessen

Die im Zuge der Pandemie u. a. von der EZB bzw. dem SSM, der europäischen Abwicklungs­behörde und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority –EBA) ergriffenen aufsichtlichen und regulatorischen Maßnahmen im bankaufsichtlichen Bereich zielen vor allem darauf ab, durch temporäre Erleichterungen bei Kapital- und Liquiditätsanforderungen den Spielraum der Banken für Kreditvergaben an die Realwirtschaft zu erhöhen; darüber hinaus wurden operative Erleichterungen für die Banken ­geschaffen.

Unter anderem ermöglichte die EZB die Nutzung der Kapital- und Liquiditätspuffer und zog die Anwendbarkeit einer ursprünglich erst ab Jänner 2021 geplanten Erleichterung bei der Erfüllung der so genannten Säule-2-Kapitalerfordernisse vor. Außerdem hat die EBA für gesetzliche und zu bestimmten anderen Kriterien entsprechende private Moratorien regulatorische Erleichterungen vorgesehen.

Die wesentlichsten Maßnahmen zur Schaffung operativer Erleichterungen für Banken ­betrafen den aufsichtlichen Überprüfungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP), die Verschiebung des EU-weiten Stresstests, die Reduzierung der Anforderungen an Sanierungspläne auf in der aktuellen Situation wesentliche Kernelemente, Erleichterungen bei der Abwicklungsplanung, den Entfall oder die Verschiebung nicht essenzieller Datenerhebungen sowie Fristerstreckungen bei Meldungen und Offenlegungen.

Supervisory Review and ­Evaluation Process (SREP)

Eine der wichtigsten Aufgaben der Bankenaufsicht liegt darin, die nachhaltige Überlebensfähigkeit der Banken sicherzustellen. Dazu benötigen die Banken insbesondere ein leistungsfähiges Geschäftsmodell, ein der Geschäftstätigkeit entsprechendes Risikomanagement, eine solide Kapitalsituation und ausreichende Liquidität sowie eine stabile Refinanzierung. Diese vier Hauptfaktoren werden im Rahmen des jährlichen SREP einer Beurteilung unterzogen.

Um die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors zu stärken, haben im März 2020 die EZB an bedeutende Institute (SIs) und die FMA an weniger bedeutende Institute (LSIs) eine Empfehlung zur vorübergehenden Aussetzung von Dividendenausschüttungen bzw. Anteilsrückkäufen sowie zu einer vorsichtigen und ­vorausschauenden Vergütungspolitik ausgesprochen. Diese Vorgehensweise steht im Einklang mit den Empfehlungen des ESRB und der EBA.

Mitte Dezember 2020 wurden diese Empfehlungen vor dem Hintergrund der nach wie vor erhöhten wirtschaftlichen Unsicherheit ­aktualisiert. Dabei wird weiterhin empfohlen, von Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufen Abstand zu nehmen oder dabei ­zumindest äußerste Zurückhaltung auszuüben. Der SSM und die FMA konkretisierten zudem, dass bis zum 30. September 2021 Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe nicht mehr als 15% des akkumulierten Gewinns für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 ausmachen und 20 Basispunkte der harten Kernkapitalquote nicht übersteigen sollen.

Regulatorische Weiterentwicklungen im Bankenbereich

Zusätzlich zu den temporären aufsichtlichen Erleichterungen für die Kreditinstitute beschloss die EU im Hinblick auf die COVID-19-Auswirkungen kurzfristig eine Reihe von Änderungen der Eigenkapitalverordnung (Capital Requirement Regulation – CRR). Diese beinhalten unter anderem eine privilegierte Behandlung von durch öffentliche Institutionen garantierte Kredite sowie eine vorgezogene Anwendbarkeit des erweiterten KMU- bzw. des neu eingeführten Infrastruktur-Unterstützungsfaktors. 23 Die Europäische Kommission schlug zusätzlich ein Maßnahmenpaket vor, um die Finanzierung und Rekapitalisierung der Wirtschaft über die ­Kapitalmärkte und die Verbriefung von notleidenden Krediten und KMU-Krediten zu erleichtern. Darüber hinaus aktualisierte sie vor dem Hintergrund des aufgrund der COVID-19-Pandemie zu erwartenden Anstiegs an notleidenden Krediten ihren Aktionsplan zu deren Reduzierung. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht verschob außerdem den Anwendungsbeginn des im ­Dezember 2017 publizierten finalen Teilpakets an Basel-III-Standards um ein Jahr auf den 1. Januar 2023, sodass auch auf EU-Ebene eine entsprechende Verschiebung erfolgen wird. Gemäß der jüngsten Auswirkungsanalyse der EBA führen im EU-Durchschnitt die Basel-III-Reformen mit Ende der Übergangsfristen im Jahr 2028 zu einem Anstieg der Tier-1-Kapitalanforderungen um 18,5% bzw. um 13,1% im EU-spezifischen Szenario. 24

Weiters legte die Europäische Kommission einen neuen Aktionsplan für eine Kapitalmarktunion vor. Dieser baut auf dem Endbericht des hochrangigen Forums zur Kapitalmarktunion auf und kündigt 16 konkrete Maßnahmen an. Im Vordergrund stehen dabei u. a. ein erleichterter Zugang zu Kapital für KMUs und eine Stärkung des Binnenmarkts.

Im aufsichtlichen Bereich etablierte sich ­zudem nachhaltiges Investieren (Sustainable ­Finance/Green Finance) als ein zentrales Zukunftsthema. Dies manifestierte sich in zahlreichen Aktivitäten auf internationaler, europäischer und ­nationaler Ebene. So ist die OeNB im Network for Greening the Financial System vertreten. Dieses veröffentlichte Mitte des Jahres 2020 Klima­szenarien, die einen gemeinsamen Ausgangspunkt für Analysen zu Transformations- und physischen Risiken bilden. Die OeNB ist ebenfalls im Sustainable Finance Network der EBA ­aktiv. Dieses erarbeitete ein Diskussionspapier zum Umgang von Kreditinstituten, Wertpapier­firmen und Aufsichtsbehörden mit Risiken in ­Bezug auf die Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Corporate Governance), das im November 2020 zur Konsultation veröffentlicht wurde. Die Rückmeldungen werden in einen finalen Bericht einfließen, der für Juni 2021 erwartet wird und der die Grundlage für entsprechende Legislativvorschläge der Europäischen Kommission bilden könnte.

Auch die EZB setzte Aktivitäten in diesem Bereich. So wurde Ende November 2020 ein Leitfaden zum Umgang mit Umwelt- und Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht, der die aufsichtlichen Erwartungshaltungen darlegt und als Grundlage für den aufsichtlichen Dialog mit den Banken ab dem ersten Quartal 2021 dienen soll.

Weiterhin ungelöst ist auf europäischer Ebene die Thematik der Vollendung der Banken­union durch Schaffung einer europäischen Einlagensicherung (European Deposit Insurance Scheme – EDIS). Durch die Schaffung eines europaweiten Einlagensicherungssystems soll der grenzüberschreitende Schutz von Einlagen gewährleistet werden. Gemäß einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission aus 2015 soll eine europäische Einlagensicherung schrittweise eingeführt und ein gemeinsamer Einlagensicherungsfonds in der Höhe von 0,8% der gesamten gedeckten Einlagen in der EU (entspricht ca. 43 Mrd EUR) bis 2024 aufgebaut werden. Dieser gemeinsame Fonds soll durch Beiträge der Banken finanziert werden, wobei sich die Höhe des Beitrags nach dem ­Risikoprofil des jeweiligen Instituts richten würde. Auch im Rahmen der europäischen Einlagensicherung wären, wie bisher, Einlagen bis zu 100.000 EUR pro Person und Bank, gedeckt.

Auf Grund von Uneinigkeiten über die Ausgestaltung von EDIS (reine Liquiditätsbereitstellung oder Vollvergemeinschaftung, d. h. ­Liquiditätsbereitstellung und Verlusttragung im Rahmen von EDIS) sowie über zusätzliche Maßnahmen zur Risikoreduktion (z. B. Änderung der regulatorischen Behandlung von Staatsanleihen) konnten weiterhin keine Fortschritte in den Verhandlungen auf EU-Ebene erzielt werden.

Auf nationaler Ebene gibt es seit 1. Jänner 2019 zwei Einlagensicherungssysteme: Während die Sparkassen ihr eigenes, institutsbezogenes Sicherungssystem (Sparkassen-Haftungs GmbH) beibehielten, traten die restlichen Institute der Einlagensicherung Austria (ESA) bei.

Einlagensicherung

Im Rahmen der Einlagensicherung garantieren die Sicherungseinrichtungen, dass Einlagen jederzeit ausbezahlt werden können, auch wenn eine Bank in Konkurs geht oder zahlungsunfähig wird. In einem Sicherungsfall sind Einlagen bis zu 100.000 EUR pro Person und Bank abgesichert.

Die im Zuge einer OeNB-Prüfung aufgedeckten Malversationen bei der Commerzialbank Mattersburg führten zu deren Insolvenz. Das österreichische Einlagensicherungssystem erwies sich dabei als stabil, es wurden rasch die gedeckten Einlagen gemäß den gesetzlichen Vorgaben ausbezahlt. Eine beim BMF angesiedelte Arbeitsgruppe mit Mitarbeitenden der FMA und OeNB wurde eingesetzt, um an der Umsetzung konkreter Vorschläge zu arbeiten. Zweck der Arbeitsgruppe ist es, in einer Gesamtschau Schlüsse für die Zukunft zu ­ziehen und Überlegungen über zusätzliche Instrumente anzustellen.

Die Bankenaufsicht verfolgt das Ziel einer Stärkung der Stabilität des gesamten Banken- und Finanzsystems. Geschützt wird somit das Bankensystem als Ganzes, nicht aber eine ­bestimmte individuelle Bank. Marktaustritte bzw. Insolvenzen können daher nicht gänzlich verhindert werden, sondern lediglich deren Eintrittswahrscheinlichkeiten reduziert, sowie deren negative Auswirkungen auf das Bankensystem vermindert werden. In diesem Sinne wurde zur Abwicklung von in Schieflage ­geratenen Banken bereits 2014 die Bankensanierungs- und Abwicklungsrichtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive – BRRD) beschlossen. 25

Monitoring, Transparenz und voraus­schauende Analysen sind essenziell in Zeiten hoher Unsicherheit

Die gesetzlichen und freiwilligen Moratorien sowie Garantien bieten eine Überbrückungshilfe während des Wirtschaftseinbruchs. Um die Effekte verschiedener COVID-19-bedingter Maßnahmen abschätzen zu können, wurden gezielte Analysen erstellt bzw. das Monitoring intensiviert, insbesondere in Bezug auf potenzielle Kreditausfälle, Marktrisiken, Geschäftsprozesse sowie die Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung.

Vor-Ort-Prüfung

Vor-Ort-Prüfungen stellen neben der laufenden Beaufsichtigung von Kreditinstituten das zweite wesentliche Instrument der Bankenaufsicht dar. In Österreich ist dafür die OeNB zuständig. Seit Inkrafttreten des einheitlichen Aufsichtsmechanismus durch die EZB im November 2014 führt die OeNB Vor-Ort-Prüfungen für bedeutende Institute im Auftrag der EZB durch. Für weniger bedeutende Institute übt die EZB nur eine indirekte Aufsicht aus, sodass die Vor-Ort-Prüfungen im Auftrag der FMA von der OeNB durchgeführt werden. Die in den Vor-Ort-Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse bilden eine wichtige Basis für behördliche Maßnahmen der EZB und der FMA.

Die Pandemie änderte auch temporär die Rahmenbedingungen für Vor-Ort-Prüfungsaktivitäten der OeNB, sodass seit Mitte März 2020 Prüfungen und Modellbegutachtungen im Rahmen des SSM ausschließlich Off-Site – d. h. ohne physische Präsenz, sondern mittels Remote-Working-Lösungen – bei den geprüften, bedeutenden Instituten durchgeführt wurden. Bei den weniger bedeutenden Banken unter ­nationaler Aufsicht wurde der Prüfprozess der OeNB insofern angepasst, als es, abhängig von der Wichtigkeit der jeweiligen Prüfung sowie der vorherrschenden epidemiologischen Situation, eine zwischen gewohnter Anwesenheit vor Ort und vollständiger Remote-Prüfung ­variabel abgestufte physische Präsenz gab und vorrangig digitalisierte Prüfprozesse zum Einsatz kamen. Trotz dieser erschwerten Rahmenbedingungen konnte die OeNB den Großteil ihres geplanten Prüfungsprogramms umsetzen. Inhaltlich wurde der Schwerpunkt neben der Prüfung von Risikomanagementprozessen und Risikomodellen auf COVID-19-relevante Themen gelegt. Hierbei lag der Fokus insbesondere auf der Überprüfung der Angemessenheit von Risikofrüherkennungssystemen, der adäquaten Abbildung der aktuellen Auswirkungen der Pandemie auf die Bonitätseinschätzungen von Kreditnehmerinnen und -nehmern sowie der korrekten Anwendung von Unterstützungsmaßnahmen, wie z. B. Moratorien.

Bankensanierung und -abwicklung als wichtige Eckpfeiler einer einheitlichen Bankenregulierung

Gemeinsam mit der Einführung der makroprudenziellen Aufsicht stellt die BRRD einen wichtigen Eckpfeiler dar, um künftig zu vermeiden, dass vom Banksystem verursachte Krisenkosten auf die Allgemeinheit übergewälzt werden. Ein funktionierendes Abwicklungsregime sorgt im Krisenfall dafür, die ­Sanierung oder Abwicklung einer Bank mit möglichst geringen Kosten für die öffentlichen Haushalte zu erreichen. Aus Finanzmarktstabilitätssicht ist der Einsatz öffentlicher Gelder für vorsorgliche Rekapitalisierungen sehr restriktiv zu handhaben und eingehend zu prüfen. Solche Hilfen dienen insbesondere der Aufrechterhaltung der Finanzmarktstabilität bzw. der volkswirtschaftlichen Funktion des Bankwesens.

Im einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM) obliegt die Verantwortung für die einheitliche Planung und Durchführung von Abwicklungen bedeutender Institute und bestimmter grenzüberschreitender Institute der Bankenunion dem einheitlichen Abwicklungsausschuss (Single ­Resolution Board – SRB). Für die Abwicklungsplanung und -durchführung der österreichischen Kreditinstitute, die nicht in der direkten Zuständigkeit des SRBs liegen, ist die FMA in ihrer Funktion als Abwicklungsbehörde verantwortlich und nutzt dabei die Expertise der OeNB. Schwerpunkt der Zusammenarbeit zwischen FMA und OeNB in der Bankenabwicklung ist die Mitwirkung der OeNB bei der Erstellung der Bankenabwicklungspläne und die Erfüllung von Gutachten- und Analyseaufträgen der FMA-Abwicklungsbehörde bei einem (drohenden) Ausfall von Kreditinstituten. Thematisch konzentriert sich die Zusammenarbeit auf die Beantwortung spezifischer ökonomischer Fragestellungen, die im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilität stehen und bei denen die OeNB aufgrund ihrer Expertise ­besondere Kenntnisse und Erfahrungen einbringen kann.

Im Jahr 2020 wurde die Kooperation zur Bewältigung von Bankenkrisen zwischen OeNB und FMA vereinbart und in einem Handbuch dargelegt. Dieses beschreibt ein gemeinsames, musterhaftes Vorgehen bei Krisenfällen von Banken und enthält Prozessdarstellungen dafür. Das Kooperationshandbuch ­optimiert damit zum einen die Kooperation zwischen den Institutionen und berücksichtigt zum anderen das seit 2015 in Aufbau befindliche europäische Abwicklungsregime.

OeNB und FMA legen gemeinsame ­Aufsichtsschwerpunkte fest

OeNB und FMA haben ihre gemeinsamen Schwer­punkte in der Bankenaufsicht für das Jahr 2021 definiert. Inhaltlich sind die dargestellten Ziele in Verbindung mit den Aufsichtsschwerpunkten des SSM für 2021 zu sehen. Die wesentlichen Ziele betreffen: 1) die Stärkung der Resilienz und Stabilität des österreichischen Bankenmarkts mittels geeigneter Früherkennungsmaßnahmen und transparenter Kommunikation; 2) die weitere Verbesserung der Governance-Struktur; 3) die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle der Banken im Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitsprozesse sowie die Sicherstellung geeigneter Vorkehrungen zum Umgang mit Cyber-Security-Risiken in den Banken; und 4) nachhaltiges Investieren (Green Finance/Sustainable Finance): Durch eine frühzeitige Mitwirkung bei der Entwicklung einer europäischen Green-Finance-Aufsichtsagenda wurde ein wichtiger Beitrag zur Schaffung einer methodischen Grundlage für die Analyse der Auswirkungen von Klimarisiken geschaffen und erste Schritte zur Integration des Themas in den Aufsichtsprozess gesetzt. Zu diesem Zweck soll auch ein Konzept für einen Klimastresstest entwickelt werden. Zudem liegt ein Aufsichts­fokus auch auf der Evaluierung der Lehren aus der COVID-19-Krisenbewältigung, um manche Erfahrungen in den Normalbetrieb integrieren zu können. Das betrifft etwa dezentrale und virtuelle Arbeitsabläufe sowie den Ausbau von digitalen Kommunikationsplattformen für den Austausch mit beaufsichtigten Instituten.

Klimabedingte Risiken und Chancen für den österreichischen Finanzsektor

Zwei im Finanzmarktstabilitätsbericht der OeNB veröffentlichte Analysen geben einen ersten Einblick in die Herausforderungen, die der Klimawandel und die Transformation zur CO2-armen Wirtschaft für die österreichischen Banken und Finanzdienstleister stellt.

Die erste Studie befasst sich mit den Risiken des Klimawandels für die österreichischen Banken. 26 Einerseits kann der Klimawandel den Wert von Finanzanlagen und die Finanzmarktstabilität beeinträchtigen. Andererseits kann die Umstellung der Wirtschaftsproduktion von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energieträger, wenn sie ungeordnet abläuft, zu so genannten Übergangs- oder Transformationsrisiken führen. Insgesamt sind etwa 26% der Finanzanlagen der österreichischen Banken, in Summe 228 Mrd EUR, den sechs am stärksten energieabhängigen Sektoren zuzuordnen, die vom Klimawandel besonders betroffen sind. Auslöser für Übergangsrisiken könnten disruptive Änderungen in der Klimapolitik, technologische Innovationen oder nachfrageseitige Schocks sein. Während das Engagement der Banken in den Bereichen fossile Brennstoffe und Energieversorger relativ gering ist, entfällt der Großteil der von Klimarisiken gefährdeten Veranlagungen auf den Gebäudesektor. Die ­Ergebnisse werden nach unterschiedlichen Bankcharakteristika aufgeschlüsselt: Bankengröße, Bankensektor, geografischer Lage der Bank sowie Finanzinstrumente. Von Börsen als nachhaltig eingestufte Anleihen machen 2% der aushaftenden Anleihen aus. Eine Clusterbildung in bestimmten Segmenten des Anleiheportfolios der österreichischen Banken ist nicht erkennbar. Das direkte Engagement des österreichischen Bankensektors in Bereichen, die Klimarisiken ausgesetzt sind, zeigt im Ländervergleich keine Auffälligkeiten; allerdings sind einige Banken ­erhöhten Transformationsrisiken ausgesetzt. Daher sollte dieses Risiko allgemein sowohl von den Banken als auch von der Bankenaufsicht beobachtet werden.

Die zweite Studie behandelt die Chancen von nachhaltiger Veranlagung für den österreichischen Finanzsektor. 27 Zunächst wird beleuchtet, wie viel auf globaler bzw. europäischer und österreichischer Ebene investiert werden muss, um für einen Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft zu sorgen. In Österreich sieht der nationale Energie- und Klimaplan der Regierung zwischen 2021 und 2030 Investitionsausgaben von jährlich rund 17 Mrd EUR vor. Diese enorme Herausforderung einer Transformation der Wirtschaft lässt sich nicht allein durch öffentliche Mittel bewältigen. Daher sollen auch verstärkt private Mittel in nachhaltige Projekte fließen und somit Green Finance aus seiner derzeitigen Nische herauswachsen. Vor diesem Hintergrund erscheint die – wenn auch sehr dynamische – Entwicklung der grünen Finanzmarktsegmente in Österreich eher ernüchternd. Der österreichische Green-Finance-Markt ist international betrachtet unterentwickelt und wird von Investmentfonds dominiert, die sich überwiegend im Besitz anderer institutioneller Investoren befinden. In Österreich werden aktuell – je nach Definition – nachhaltige Finanzierungsinstrumente im maximal niedrigen zweistelligen Milliardenbereich gehalten. Ihr Anteil am Gesamtvermögen der Volkswirtschaft liegt damit in einem niedrigen einstelligen Prozentbereich. Und selbst darin ist der Anteil tatsächlich klimaschonender Investitionen unbestimmt; der marktübliche Überbegriff fasst nämlich die Schwerpunkte Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Corporate Governance – ESG) zusammen. Umfragen zeigen zwar einen geringen Bekanntheitsgrad nachhaltiger Finanzprodukte in der Bevölkerung, jedoch deuten die angegebenen Kundenpräferenzen auf eine weiterhin rasch steigende Nachfrage hin. Ein Problem stellt dabei die teilweise mangelnde Transparenz dar: Finanzprodukte werden mitunter als nachhaltig beworben, obwohl sie dies nur unzureichend sind (Stichwort „Greenwashing“). Konsequenterweise greifen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden ein, um Marktbarrieren bzw. Funktionsstörungen in Angebot und Nachfrage abzubauen. Taugliche Mittel dazu sind etwa die Festlegung einheitlicher Definitionen für nachhaltige Finanzprodukte, Erhöhung der Transparenz, Standardisierung, Zertifizierung oder Verpflichtungen zur Offenlegung sowie Kundenberatung und Finanzbildung. In diesem Sinne sind etwa folgende Initiativen zu begrüßen: der Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums der Europäischen Kommission , die stärkere Berücksichtigung von Klimaaspekten durch die EZB sowie die Green-Finance-Agenda der österreichischen Regierung. Aber auch unabhängige Gütesiegel und Informationsplattformen tragen zur Transparenz nachhaltiger Finanzprodukte bei. Insgesamt ergänzt Green Finance jedoch lediglich die notwendigen Bemühungen der Gesetzgeber, die Wirtschaft nachhaltig zu gestalten. Die vermutlich effektivste und verursachergerechteste Förderung klimafreundlicher Finanzierung ist eine angemessene Bepreisung von Treibhausgasemissionen.

14 In diesem Abschnitt wird die CESEE-Region weiter definiert und schließt Länder wie Russland, die Ukraine und Weißrussland ein.

15 Im Hinblick auf die Risikotragfähigkeit sind der trotz Kreditwachstums nahezu unveränderte Bestand an risikogewichteten Aktiva in einem Umfeld gestiegener makrofinanzieller Risiken sowie die temporären aufsichtlichen Erleichterungen zu berücksichtigen.

16 Weitere Länder mit stabilem Ausblick sind Irland, Polen, Schweden, Schweiz und Tschechien.

17 Siehe dazu OeNB. 2020. Kasten 6: IWF Financial Sector Assessment Program und Stresstests bestätigen Widerstandsfähigkeit des ­österreichischen Bankensektors. In: Geschäftsbericht 2019 . S. 55.

18 Die Leitlinie konkretisiert die Erwartungshaltung des Gremiums hinsichtlich einer nachhaltigen Immobilienkreditvergabe (u. a. in ­Bezug auf Eigenmittel, Laufzeit, Schuldendienst).

19 Guth, M., C. Lipp, C. Puhr und M. Schneider, 2020. Modeling the COVID-19 effects on the Austrian economy and banking system. In: Financial Stability Report 40. 63–86. Puhr, C. und M. Schneider. 2021. Have mitigating measures helped prevent insolvencies in Austria amid the COVID-19 pandemic? In: Monetary Policy & the Economy Q4/20–Q1/21.

20 Voraussichtliche nationale Umsetzung im ersten Halbjahr 2021.

22 Das FMSG hat auf Initiative der OeNB in seiner Sitzung am 21. September 2018 quantifiziert, was unter einer nachhaltigen Kreditvergabe zu verstehen ist.

23 Eigenmittelanforderungen für Infrastrukturfinanzierungen (physische Anlagen, sowie Systeme und Netze, die grundlegende öffentliche Dienste erbringen) werden mit dem Faktor 0,75 multipliziert, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind, u. a. ob die finanzierten ­Vermögenswerte zu bestimmten Umweltschutzzielen beitragen.

24 Das EU-spezifische Szenario sieht die Anwendung zusätzlicher Maßnahmen vor, unter anderem den KMU-Unterstützungsfaktor, Ausnahmen bei der Kreditbewertungsanpassung, die geänderte aufsichtliche Behandlung von Software-Assets und die Ausübung des Wahlrechts beim operationellen Risiko.

25 Siehe dazu Abschnitt „Bankensanierung und -abwicklung als wichtige Eckpfeiler einer einheitlichen Bankenregulierung“ in diesem Bericht.

26 Battiston, S., M. Guth, I. Monasterolo, B. Neudorfer und W. Pointner. 2020. Austrian banks’ exposure to climate-related transition risk . In: Financial Stability Report 40. 31–44. OeNB.

27 Breitenfellner, A., S. Hasenhüttl, G. Lehmann und A. Tschulik. 2020. https://www.oenb.at/dam/jcr:314567c2-c4c9-4521-8153-bbb55150d159/05_FSR_40_Green_finance.pdf In: Financial Stability Report 40. 45–61. OeNB.

Verlässliche Statistiken geben Orientierung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten

Die COVID-19-Pandemie war auch im Bereich der Statistik im vergangenen Jahr prägend. Die etablierten wirtschaftsstatistischen Methoden und Prozesse wurden bis an ihre Belastungsgrenzen getestet und stellten ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis. Die Kommunikation mit statistischen Melderinnen und Meldern – überwiegend Banken und nichtfinanziellen Unternehmen – war entscheidend, um weiterhin ­verlässliche Daten und Fakten zu erheben. Trotz der durch die COVID-19-Pandemie ­erschwerten Rahmenbedingungen konnten die Arbeiten an einer Reihe von aktuellen Schwerpunkten, insbesondere im internationalen Kontext, fortgeführt werden.

Rolle der OeNB innerhalb der Statistik-­Strategie des Eurosystems

Die Erfahrung der OeNB bei der strategischen Entwicklung und Umsetzung eines integrierten Meldewesens, das statistische, abwicklungsspezifische und aufsichtsrechtliche Daten zusammenführt, wurden im Jahr 2020 bei der Entwicklung eines europaweit harmonisierten, ­integrierten Meldesystems auf europäischer Ebene eingebracht. Im Rahmen einer EBA-Machbarkeitsstudie wurde die Schaffung eines einheitlichen Data Dictionary, eines gemeinsamen Ausschusses sowie einer zentralen Datensammelstelle evaluiert. Im ersten Halbjahr 2020 standen die Erhebung der Fakten und die Forschungsphase im Zentrum, im zweiten Halbjahr wurde mit der detaillierten Analyse und Bewertung potenzieller Optionen begonnen, die in einem umfassenden Bericht münden wird. Das ESZB setzte einen ersten Schritt in Richtung einer Vereinheitlichung und plant, die entsprechenden Meldeanforderungen an die Banken mit dem sogenannten Integrated Reporting Framework (IReF) zu harmonisieren. Hierzu läuft bis April 2021 eine Kosten-Nutzen-Analyse mit zentralen Akteuren im Bereich Meldung, Datenverarbeitung und Datennutzung, deren Ergebnisse in eine zukünftige IReF-Meldeverordnung (2021/2022) einfließen werden. Die erste darauf basierende Meldung ist ab 2024 zu erwarten.

Data Dictionary

Ein Data Dictionary (Datenkatalog) ist ein Verzeichnis von Metadaten, das die Definitionen, semantische Bedeutung und Struktur von Daten beschreibt. Durch ein Data Dictionary werden Daten auffindbar, womit deren ­Zugänglichkeit erhöht wird.

Die von der OeNB geleitete ESZB-Arbeitsgruppe AnaCredit ist für Fragen der Entwicklung und des Betriebs der umfangreichen, euro­raumweit harmonisierten Erhebung von granularen Kreditdaten zuständig. Sie widmete sich im Jahr 2020 insbesondere der Öffnung und Bereitstellung von Daten an berechtigte Nutzerinnen und Nutzer aus allen Zentralbank- und Aufsichtsbereichen.

Im Expert Network zu „Consolidated Banking Data“ (CBD) wirkte die OeNB intensiv an einer Machbarkeitsstudie zur zentralen Berechnung der CBD in der EZB bzw. bei einer Neufassung der ESZB-Richtlinie betreffend CBD mit.

Consolidated Banking Data (CBD)

Zusammenführung von Meldedaten von konsolidierten Kreditinstitutsgruppen und von unkonsolidierten Einzelkreditinstituten unter Berücksichtigung von Verflechtungen aufgrund regulatorischer Konsolidierung.

Mit Jahresbeginn 2020 hat die OeNB den Vorsitz des „European Committee of Central Balance-Sheet Data ­Offices“ (ECCBSO), einem Beratungsgremium von Notenbanken für Jahresabschlussdaten nichtfinanzieller Unternehmen, für die folgenden beiden Jahre übernommen. Der Schwerpunkt liegt neben COVID-19-bezogenen Analysen auf den zur Bemessung von Klimarisiken benötigten Daten und Methoden sowie der Integration von Bilanzdaten mit anderen Datenquellen.

Die OeNB hat im Rahmen der Koordinations­gruppe des Statistics Committee an der Festlegung der neuen Statistik-Strategie des ESZB für die kommenden Jahre intensiv mitgearbeitet und dort insbesondere ihre Erfahrung in der vertikalen und horizontalen Integration von Statistiken sowie im Bereich Data Governance eingebracht.

Die von der OeNB geleitete strategische Arbeits­gruppe „From micro to macro and from macro to micro“ bei der EZB analysierte die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Datenquellen und identifizierte dabei Mikrodaten als das entscheidende Bindeglied zwischen statistischen und aufsichtlichen Daten. Weiters wurde aufgezeigt, wo Potenziale für die weitergehende Nutzung von Mikrodaten liegen. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe stellen eine wesentliche Richtschnur für weitere strategische Überlegungen des Statistics Committee dar.

Weiterentwicklungen der Meldeanforderungen und im Meldewesen

Zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie konnten Kreditinstitute auf Basis einer EBA-Richtlinie regulatorische Erleichterungen bei Stundungen von Kredit­forderungen in Anspruch nehmen. Zusätzlich wurden in vielen EU-Mitgliedstaaten staatliche Garantieprogramme für Neukredite aufgelegt. Um die Risiken und Volumina dieser Maßnahmen überwachen zu können, musste sehr rasch eine europaweit abgestimmte Meldung dieser Daten konzipiert und im Meldewesen implementiert werden (Darstellung der Liquiditätssituation der Kreditinstitute, Meldung von Risiko­positionen, Kreditmoratorien und Garantien).

Seit Herbst 2020 nutzt die OeNB die elektronische Zustellung für die Übermittlung der Bescheide betreffend die jährliche Bestandserhebung zu Direktinvestitionen und Auslandsunter­nehmenseinheiten. Damit wurde im Bereich der außenwirtschaftsstatistischen Erhebungen der letzte verbliebene Prozess digitalisiert.

Die OeNB erstellt die Zahlungsbilanz Öster­reichs und zugehörige Statistiken. Die dafür ­erforderlichen außenwirtschaftsstatistischen Erhebungen wurden mit dem Ziel einer möglichst geringen Belastung für Melderinnen und Melder überarbeitet und werden mit der neuen Meldeverordnung ZABIL Kapitalverkehr 1/2022 ab dem Meldestichtag 31. Dezember 2021 vorgeschrieben. Die OeNB setzt hierbei neue internationale Anforderungen im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr um und berücksichtigt neue Entwicklungen.

Im Bereich des aufsichtsrechtlichen Meldewesens wurde auch im Jahr 2020 intensiv an der Umsetzung des EU-Bankenpakets (CRR II, CRD V, BRRD II) gearbeitet. Neben der Implementierung zahlreicher Neuerungen in den Meldevorschriften, wurde auch eine Kosten-Nutzen-Analyse zur Reduktion bestehender EBA-Meldevorschriften, insbesondere für kleine, nichtkomplexe Banken, entwickelt.

Im Zuge der im Dezember 2020 von der EZB beschlossenen Novelle der Verordnung zur Meldung von Zahlungsverkehrsstatistiken brachte die OeNB ihre Expertise auf ESZB-Ebene im Rahmen einer Task Force ein und kommunizierte den Berichtspflichtigen laufend den aktuellsten Stand der Meldeanforderungen. Neben der Aufnahme von neuen Zahlungsmethoden betraf die Erweiterung vor allem die Melde­pflicht von betrügerischen Transaktionen. In diesem Zusammenhang gelang die Implementierung einer Mehrfachverwendung von Daten insofern, als die Anforderungen der EZB und der EBA in einer Meldung integriert abgebildet werden konnten.

Anfang 2021 wurde ein Projekt zur technischen Weiterentwicklung des Meldewesen-Datenmodells gestartet, um die Inhalte maschinenlesbar zu machen und damit deren Weiterentwicklung, Wartung und Analyse, den Zugriff für interne Nutzende und Banken sowie die ­Integration in die bestehenden Systeme der OeNB-­Statistik wesentlich zu verbessern.

„myData“: verbesserte und erleichterte Nutzung statistischer Daten

Neue Projekte unter dem Titel „myData“ sollen es internen und externen Verwenderinnen und Verwendern von Daten künftig leichter ermöglichen, Zugang zu den in der OeNB vorhanden Daten zu haben. Um dies besser zu ermöglichen, wurde die Organisationsstruktur des Statistikbereichs ab 1. Jänner 2021 angepasst. Querschnittsfunktionen im Bereich Statistik wurden in einer Abteilung gebündelt. Diese neugeschaffene Organisationseinheit hat unter anderem die Aufgabe, ein „Data Governance Framework“ in der OeNB einzuführen, das sowohl die Rahmenbedingungen für eine höhere Flexibilität bei den nutzbaren Programmen und Datenbanken schafft, als auch zu einem neuen, besseren Verständnis im Umgang mit Daten führt.

Data Governance

Data Governance ist ein Konzept des Datenmanagements und besteht aus Prozessen, Rollen, Institutionen, Richtlinien und Standards. Daten werden als Wirtschaftsgut (Asset) betrachtet, deren Nutzen für die Institution maximiert werden soll. Durch die Umsetzung von Data-Governance-Maßnahmen soll die Datennutzung erhöht und der Datenschatz gehoben werden.

Im Rahmen des Projekts „myData“ wurden Voruntersuchungen zur Definition von Anforderungen an eine moderne Analyseplattform durchgeführt. Ziel der Analyseplattform ist es, eine sichere Umgebung für (Kollaborations-) Projekte in den Bereichen Data Science und ­Advanced Analytics zu schaffen. Des Weiteren wurde eine Voruntersuchung zur Erhebung vorhandener Metadaten durchgeführt, um damit einen Datenkatalog zu erstellen, der die Nutzbarkeit der Daten weiter erhöhen soll. Die laufenden Bestrebungen der OeNB, das Angebot an statistischen Daten im Internet permanent an den aktuellen Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer auszurichten, mündete 2020 in der Veröffentlichung einer größeren Anzahl von ­inhaltlich erweiterten Tabellen zu Krediten und Einlagen, zu Wertpapieren, zur Mindestreserve-­Erfüllung sowie zur Versicherungsstatistik.

Bonitätsbeurteilung von nichtfinanziellen Unternehmen

Das Common Credit Assessment System (CoCAS) dient der Bonitätsbeurteilung von nichtfinanziellen Unternehmen und ist ein gemeinsames Projekt von Deutscher Bundesbank und OeNB. Eine Notenbank des Euro­systems hat einen Fünfjahresvertrag zu dessen Nutzung beginnend ab 2021 unterschrieben, während eine andere Notenbank des Eurosystems ihre Teilnahme an CoCAS (aufgrund der strategischen nationalen Entscheidung zum Ausbau des eigenen internen Kreditbewertungssystem) beendete. Die bereits im Jahr 2018 begonnene und in der Folge verstärkt vorangetriebene Entwicklung eines auf weniger starken Annahmen basierenden – und daher flexibleren und besser kommunizierbaren – statistischen Ratingmodells für CoCAS wurde abgeschlossen. Das neue Ratingmodell wird im Jahr 2021 zum Einsatz kommen. Die Verwendung von AnaCredit-Daten für interne Kreditbewertungssysteme (Inhouse Credit ­Assessment System – ICAS) war ein zentrales Thema im ESZB im Jahr 2020, das die OeNB durch Leitung der „ICAS Expert Group“ mitgestalten konnte.

Sicherer und effizienter Zahlungsverkehr als ­Kernkompetenz auch in Krisenzeiten

Entwicklung der Bargeldnachfrage

Bargeld kommt in Österreich – trotz der Nutzung von Zahlungsinnovationen – eine unverändert große Bedeutung zu. Im Jahr 2020 hat die OeNB gemeinsam mit ihrer Tochtergesellschaft, der GELDSERVICE AUSTRIA (GSA) insgesamt 1,22 Mrd Stück Banknoten ausgeliefert und 1,36 Mrd Stück Banknoten entgegengenommen. Die rückgelieferten Banknoten werden in weiterer Folge einer Echtheits- und Qualitätsprüfung unterzogen, bevor diese wieder in den Bargeldkreislauf einfließen. Darüber hinaus überwacht die OeNB die Einhaltung der Regeln für die Bearbeitung und Wiederausgabe von Bargeld außerhalb der Notenbank und leistet dadurch einen entscheidenden Beitrag zur Bargeldsicherheit und zur Gewährleistung der Umlaufqualität von Bargeld in Österreich.

Die OeNB verfügt ferner über umfassende Erfahrung in der Planung der Bargeldlogistik, dem grenzüberschreitenden Bargeldtransport und hat sich als Bargelddrehscheibe in Mitteleuropa etabliert. Dementsprechend ist die OeNB ein bedeutender Standort für strategische Bargeld­reserven im Euroraum. Beträchtliche Mengen an Euro-Bargeld zirkulieren als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel in CESEE-Ländern aufgrund der Geschäftstätigkeit einiger österreichischer Banken. Dabei wurden rund 21% der gesamten Einlieferungen und rund 9% der gesamten Auslieferungen der OeNB im vergangenen Jahr über den Valuten-Großhandel abgewickelt.

Bedeutung von Bargeld während COVID-19-Pandemie

Im Zuge der COVID-19-Pandemie ist Bargeld besonders in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 zeigte sich eine signifikant gestiegene Bargeldnachfrage, insbesondere von hohen Denominationen (100- und 200-Euro-Banknoten). Der Grund dafür lag in der gestiegenen Unsicherheit der Bevölkerung, die sich sicherheitshalber mit ausreichend Bargeld eindecken wollte.

Das engmaschige Monitoring der OeNB und der GELDSERVICE AUSTRIA (GSA) ermöglichte es, schnell auf die gestiegene Bargeldnachfrage zu reagieren. Die gute Zusammenarbeit mit den österreichischen Banken und Wertetransportunternehmen gewährleistete eine durchgehende, flächendeckende Bargeldversorgung. Organisatorische Maßnahmen wie erweiterte Öffnungszeiten des OeNB-Großkundenschalters, zusätzliche Bereitschaften von OeNB und GSA am Wochenende sowie Sondertouren der Werttransporteure stellten einen reibungslosen Ablauf sicher.

Seit Mitte April 2020 war jedoch eine Abnahme der Bargeldnachfrage festzustellen. Dies lag unter anderem an einem Rückgang von Barzahlungen aufgrund der Reduktion des privaten Konsums durch den Lockdown im Handel. Die schrittweisen Lockerungen der pandemiebedingten Maßnahmen resultierten in einer wieder gestiegenen Bargeldnachfrage, beginnend mit Juli 2020 bis zum zweiten Lockdown im November 2020. Im Gegensatz zum ersten Lockdown kam es im November zu keiner erhöhten Bargeldnachfrage.

Im Jahresdurchschnitt 2020 zeigte sich, dass infolge der COVID-19-Pandemie sowohl die Banknoten-­Einlieferungen mit rund –27% sowie die Banknoten-Auslieferungen mit rund –28% einen starken Rückgang gegenüber dem Vorjahr verzeichneten.

Im Zug der Pandemie wurde die Frage nach der Übertragbarkeit von Viren über Banknoten und Münzen aufgeworfen. Die Sorge der Bevölkerung bezüglich einer möglichen Ansteckungsgefahr durch Bargeld spiegelt sich in einem veränderten Zahlungsverhalten wider. Durch die vielfache Aufforderung der Supermarktbetreiber zur kontaktlosen Kartenzahlung an den Kassen war seit dem Lockdown im März 2020 ein Anstieg der Kartenzahlungen zu beobachten. Die Erhöhung des Bezahlungslimits ohne Code-Eingabe von 25 EUR auf nunmehr 50 EUR forcierte unbares Zahlen zusätzlich. Bargeld bleibt aber weiterhin ein von vielen Österreicherinnen und Österreichern genutztes Zahlungsmittel.

Zur Klärung der Frage einer möglichen Virusübertragung durch Bargeld wurde von der EZB eine Studie in Auftrag gegeben. Es zeigte sich, dass kein erhöhtes Ansteckungsrisiko durch Banknoten oder Münzen besteht.

Trotz aller pandemiebedingten Maßnahmen (u.a. Split-Teams, Homeoffice etc.) konnte die OeNB als kritische Infrastruktur sowohl ihre nationalen als auch internationalen Lieferverpflichtungen im Rahmen der flächendeckenden Bargeldversorgung erfüllen.

Richtet man den Blick auf den Euro-Bargeldumlauf ist trotz COVID-19-Pandemie eine Fortsetzung der kontinuierlichen Steigerung des mengen- und wertmäßigen Euro-Bargeldumlaufs seit Einführung des Euro-Bargelds im Jahr 2002 zu verzeichnen (Grafik 16). Vor allem gewinnt der Euro als Wertaufbewahrungsmittel, auch im Ausland, zunehmend an Bedeutung.

Der Euro-Banknotenumlauf belief sich per Ende 2020 auf 26,47 Mrd Stück Euro-Bank­noten im Wert von 1.434,51 Mrd EUR. Das entspricht einer stück- und wertmäßigen Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 10% bzw. 11%. Zugleich erhöhte sich auch der Euro-Münzumlauf auf 138,07 Mrd Stück Euro-Münzen (+2,2%) im Wert von rund 30,41 Mrd EUR (+ 1,4%). Der gesamte Bargeldumlauf belief sich 2020 somit auf 1.464,91 Mrd EUR (+10,7% zum Vergleichszeitraum 2019).

Grafik 16 zeigt den gesamten Euro-Banknotenumlauf nach Stückelung. Sie besteht aus 7 Linien, die die 7 Banknoten-Kategorien von 5 bis 500 Euro im zeitlichen Verlauf von 2009 bis 2020 darstellen; linke Achse (vertikal) zeigt die Anzahl in Milliarden Stück Banknoten; rechte Achse (horizontal) den Zeitverlauf 2009 bis 2020. Umlaufstärkste Banknote ist die 50-Euro-Banknote; Die einzelnen Banknoten weisen folgende Umlaufzahlen auf, Reihenfolge nach den höchsten Umlaufzahlen. 50 -Euro-Banknote: 2009: 4,6; 2012: 5,8; 2015: 7,4; 2019: 11,2; 2020: 12,7 20-Euro-Banknote: 2009: 2,4; 2012: 2,7; 2015: 3,0; 2019: 4,2; 2020: 4,5 100-Euro-Banknote: 1,4; 2012: 1,6; 2015: 2,0; 2019: 3; 2020: 3,4 10-Euro-Banknote: 2009: 1,9; 2012: 1,9; 2015: 2,1; 2019: 2,8; 2020: 2,8 5-Euro-Banknote:2009: 1,4; 2012: 1,5; 2015: 1,7; 2019: 2; 2020: 2,0 200-Euro-Banknote: 0,2; 2012: 0,2; 2015: 0,2; 2019: 0,4; 2020: 0,7 500-Euro-Banknote: 0,5; 2012: 0,6; 2015: 0,6; 2019: 0,4; 2020: 0,4 Quelle: OeNB, EZB.

Für Österreich kann der tatsächliche Euro-Banknotenumlauf jedoch nur geschätzt werden, da die Euro-Banknoten frei über die Grenzen der Euroländer zirkulieren. Folglich verwendet die OeNB seit einigen Jahren eine Schätzmethode, die auf den tatsächlichen Einlieferungen basiert und die Umlaufgeschwindigkeit, die Bank­notenbearbeitung außerhalb der OeNB bzw. GELDSERVICE AUSTRIA (GSA) und den Bank­notengroßhandel berücksichtigt. Für 2020 ergibt sich daraus ein geschätzter stückmäßiger Banknotenumlauf von 553,0 Mio Stück Euro-Banknoten (2019: 627,4 Mio Stück) im Wert von 31,1 Mrd EUR 28 (2019: 31,4 Mrd EUR). Das entspricht einem pandemiebedingten stück- und wertmäßigen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr in der Höhe von –12% bzw. –1%.

Falschgeldaufkommen in Österreich rückläufig

Im Jahr 2020 wurden in Österreich insgesamt 6.321 Stück an Fälschungen aus dem Umlauf sichergestellt (2019: 7.977 Stück) (Grafik 17). Die pandemiebedingten Umstände spiegelten sich auch in den Fälschungszahlen 2020 wider. Als Folge der Lockdowns und der damit verbundenen stark eingeschränkten Konsummöglichkeiten, konnte ein stärkerer Rückgang der eingereichten Fälschungen beobachtet werden. Die 50-Euro-Banknote war mit 1.865 Stück die am häufigsten gefälschte Banknote, gefolgt von der 20-Euro-Banknote mit 1.796 Stück und der 10-Euro-Banknote mit 1.388 Stück. Die drei Denominationen entsprechen 79,9% des gesamten Fälschungsaufkommens in Österreich. Europaweit zeigt sich ein ähnliches Bild, wobei die 50-, 20- und 10-Euro-Banknoten rund 83% aller Fälschungen ausmachen.

Bei rund 48% der in Österreich aus dem Umlauf aufgegriffenen Fälschungen handelte es sich um sogenannte „MovieMoney“- bzw. „Prop copy“-Falsifikate. Darunter sind einfache Druck­fälschungen ohne Sicherheitsmerkmale zu verstehen, die ursprünglich für Film- bzw. Theater­produktion erzeugt wurden und mit einem Schriftzug von „MovieMoney“ bzw. „Prop copy“ versehen sind.

Der Schwerpunkt des österreichischen Falsch­geldaufkommens lag wie in den Jahren davor in Wien mit 26,4%, gefolgt von der Steiermark mit 17,8% und von Oberösterreich mit 12,2%. Der Schaden, der durch die Fälschungen im Jahr 2020 entstanden ist, beträgt 320.190 EUR (2019: 551.950 EUR).

Abermals bleibt der österreichische Anteil mit rund 1,4% am gesamten Fälschungsaufkommen im Euroraum vergleichsweise niedrig. Für Privatpersonen besteht daher in Österreich eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, mit Fälschungen in Berührung zu kommen.

Neue Marktstrukturen für einen ­zukunftssicheren bargeldlosen ­Zahlungsverkehr

Die OeNB hat am 30. September 2020 gemeinsam mit der PSA Payment Services Austria GmbH den Grundstein für die neue Struktur der Abwicklung von Massenzahlungsverkehrstransaktionen in Österreich gelegt. Die PSA wird als Shared-Services-Plattform ab 2021 den Betrieb des operativen Clearinggeschäfts im Massenzahlungsverkehr von der OeNB bzw. von deren Tochtergesellschaft GSA übernehmen. Die OeNB wird neben ihrer Funktion als Zahlungssystemaufsicht weiterhin als sogenannter Settlement-Agent für die sichere Abwicklung aller Transaktionen in Zentralbankgeld Sorge tragen.

Shared-Services-Plattform

Bei einer Shared-Services-Plattform werden durch Zentralisierung und Standardisierung gleichartige Prozesse innerhalb einer Organisation von einer zentralen Stelle erbracht. Dadurch können Effizienzsteigerungen erzielt werden.

Damit konnte eine zukunftsweisende, mit allen heimischen Bankgruppen abgestimmte Lösung umgesetzt und die Basis für eine ­Modernisierung der Abwicklung von Massenzahlungsverkehrstransaktionen in Österreich geschaffen werden. Die neue Abwicklungsstruktur stellt eine wichtige Investition in einen zukunftssicheren bargeldlosen Zahlungsverkehr dar und bildet die Basis sowohl für Echtzeit-­Bezahlsysteme als auch für weitere ähnliche Projekte und Initiativen im PayTech- und FinTech-Bereich.

In weiterer Folge wurde Ende 2020 die OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH als eine weitere Tochtergesellschaft der OeNB ­gegründet (siehe dazu „Tochterunternehmen unterstützen die OeNB bei der Aufgabenerfüllung“).

Die zunehmende Beliebtheit und Verbreitung digitaler Bezahlmethoden im Euroraum bewog das Eurosystem, mit den Überlegungen für eine mögliche Ausgabe eines digitalen Euro zu beginnen. In weiterer Folge wurde dazu am 2. Oktober 2020 ein umfassender Bericht veröffentlicht (Kasten 11).

Eurosystem-Retail-Payments-Strategie

In den letzten Jahren wurden große Fortschritte bei der Schaffung eines sicheren, effizienten und integrierten europäischen Zahlungsmarkts erzielt, vor allem durch die Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur durch die „Single Euro Payments Area“ (SEPA). SEPA ­ermöglicht es, grenzüberschreitende Zahlungen ebenso effizient, sicher und kostengünstig durch­zuführen wie nationale Zahlungen.

Doch auch 20 Jahre nach der Einführung einer europäischen Gemeinschaftswährung gibt es immer noch kein einheitliches europäisches Kartensystem (International Card Scheme). Zehn europäische Länder verfügen zurzeit noch über ein ausschließlich nationales Bezahlkartensystem, das Zahlungskarten aus anderen EU-Ländern nicht zulässt. Diese starke Fragmentierung des europäischen Marktes für Zahlungslösungen am Point-of-Sale und für Online-­Transaktionen führte dazu, dass Ende 2016 mehr als zwei Drittel aller Kartentransaktionen über internationale Bezahlkartensysteme abgewickelt wurden.

Im Rahmen ihrer 2019 neu formulierten Retail-Payments-Strategie möchte das Eurosystem die Entwicklung von maßgeblich von europäischen Banken mitgestalteten Zahlungslösungen unterstützen, um so den europäischen Konsumentinnen und Konsumenten sofortige, sichere und günstige Zahlungen in ganz Europa zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund befürwortet die EZB auch die European Payments Initiative (EPI), ein Zusammenschluss von ­aktuell 16 Banken aus fünf europäischen Ländern mit dem Ziel, eine europäische Einzelzahlungs­lösung auf Basis von SEPA Instant Credit Transfer (SCT Inst) zu entwickeln.

Verschiebung der T2-T2S-Konsolidierung

Die Kernpunkte der TARGET2/T2S-Konsolidierung umfassen die Einführung einer zentralen Liquiditätssteuerung, die Trennung des Massen­zahlungsverkehrs von den Zentralbankoperationen sowie eine flächendeckende Einführung des ISO 20022-Standards. Die Inbetriebnahme des Systems ist nun pandemiebedingt und aufgrund des neuen Zeitplans für die ISO-Migration von SWIFT mit November 2022 geplant.

Tochterunternehmen unterstützen die OeNB bei der Aufgabenerfüllung

Die Gesellschaften Münze Österreich Aktiengesellschaft (MÜNZE), Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH (OeBS) und GELDSERVICE AUSTRIA Logistik für Wertgestionierung und Transportkoordination GmbH (GSA) unterstützen die OeNB mit ihren über 500 Mitarbeitenden bei der Erfüllung ihrer Kernaufgaben
im baren und unbaren Zahlungsverkehr. Die Tochterunternehmen agieren bei der Erfüllung ihrer Aufgaben betriebswirtschaftlich eigenständig. Qualität, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sind dabei die Hauptkriterien.

Die MÜNZE ist im Rahmen der europäischen Währungsunion die offizielle Münzprägestätte der Republik Österreich und durch die Bestimmungen des Scheidemünzengesetzes allein berechtigt, in Österreich Scheidemünzen zu prägen und auszugeben. Entsprechend den geltenden gesetzlichen Grundlagen deckt die MÜNZE den inländischen Bedarf am Zahlungsmittel Euro-Scheidemünzen. Im Jahr 2020 wurden über die MÜNZE insgesamt 134,1 Mio Stück Euro-Münzen im Gegenwert von 43,0 Mio EUR an die OeNB ausgegeben. Darüber hinaus ist die MÜNZE weltweit für die erstklassige Verarbeitung von Edelmetallen und für die Herstellung von innovativen und werthaltigen Edelmetallanlageprodukten und Sammlerprodukten bekannt. Die MÜNZE entwickelt laufend neue, innovative Produktlinien wie beispielsweise Sammlermünzen und verschiedene Münz-Serien.

Während der COVID-19-Pandemie kam es zur verstärkten Nachfrage nach Gold und Silber. Weiters konnte sich die MÜNZE als verlässlicher Produzent in Krisenzeiten weltweit positionieren.

Als Technologiepartnerin im Eurosystem erforscht und entwickelt die OeBS für das Eurosystem Technologien für den Druck von Sicherheitsmerkmalen sowie die Sensorik in den Banknotensortiermaschinen. Im Eurosystem übernimmt die OeBS den Druck jenes Anteils am jährlichen Produktionsvolumen der Euro-Banknoten, der Österreich aufgrund des Kapital­schlüssels zugeteilt wird. Im Jahr 2020 waren dies 40 Mio Stück 50-Euro-Banknoten und 134,58 Mio Stück 5-Euro-Banknoten der zweiten Banknotenserie „Europa“. Erstmalig produzierte die OeBS 2020 aufgrund einer Kooperation auf Notenbankebene auch Euro-Banknoten für die Belgische Nationalbank. Der Normalbetrieb konnte – trotz der schwierigen COVID-19-­Rahmenbedingungen – unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben weitgehend aufrechterhalten werden bzw. konnte der während der ersten Welle der Pandemie angeordnete Notbetrieb und die damit einhergehenden verringerten Produktionszahlen durch zusätzliche Arbeitsleistung kompensiert werden.

Im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungsstrategie des Eurosystems werden einzelne Aufgaben an Notenbanken vergeben. Seit dem Jahr 2012 führt die OeBS für die EZB Banknoten-Testdrucke für das Eurosystem ­sowie Patentüberwachung zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten im Bereich der Banknotenmuster-Produktion durch.

Die GSA, zu deren Kernaufgaben die Bargeldlogistik zählt, wurde in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Mehrheitseigentümerin war die OeNB, die ­übrigen Anteile hielten im Wesentlichen österreichische Geschäftsbanken. Mit November 2020 kam es zu einer Veräußerung und Übertragung der GSA-Geschäftsanteile aller Gesellschafter der GSA an die OeNB, die ab sofort als 100-prozentige Eigentümerin auftritt.

Mit ihren regionalen Cash-Centern in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Klagenfurt, Innsbruck und Bregenz unterstützt die GSA den österreichweiten Versorgungsauftrag der OeNB mit Bargeld und sorgt für eine hohe Qualität des Bargeldumlaufs.

Seit 2011 betreibt die GSA ein Clearinghaus zur Abwicklung von nationalen Interbankzahlungen (Clearing Service.Austria, CS.A). Im Auftrag der OeNB ist die GSA auch für den operativen Betrieb des Clearing Service International (CS.I) verantwortlich, über das österreichische Geschäftsbanken grenzüberschreitende SEPA-Zahlungen abwickeln können. Ab 2021 wird die PSA Payment Services Austria GmbH als Shared-Services-Plattform der heimischen Banken den Betrieb des operativen Clearinggeschäfts im Massenzahlungsverkehr von der OeNB bzw. der GSA übernehmen.

Ende 2020 gründete die OeNB eine weitere Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH (mit der OeNB als 100-prozentige Eigentümerin). Durch die Schaffung einer international wettbewerbsfähigen Umgebung sollen Sicherheit, Innovation und Wettbewerbsstärke im österreichischen Zahlungsverkehr einerseits sowie effiziente, zielgerichtete und marktneutrale Koordination der heimischen Banken und ­Finanzdienstleister andererseits gewährleistet werden. Das Angebot der OeNPAY umfasst fachliche, technische und wirtschaftliche Beratung sowie den Support innovativer Geschäftsmodelle im PayTech-Bereich.

Aufgabe der IG-Immobilien-Gruppe ist es, das für die OeNB in Immobilien veranlagte Vermögen bestmöglich zu verwalten, den Wert der Immobilien zu erhalten, nachhaltige Wertsteigerungen anzustreben und den laufenden Ertrag aus den Objekten zu optimieren. Der Betriebs-Liegenschafts-Management-Gruppe obliegt insbesondere die Bereitstellung von Liegenschaften, die von der OeNB bzw. ihren Tochterunternehmen zur Betriebsausübung ­benötigt werden.

Auf ihren jeweiligen Webseiten veröffentlichen die OeNB-Tochterunternehmen Jahresberichte gemäß dem Bundes Public Corporate Governance Kodex (Beschluss der Bundesregierung vom 30. Oktober 2012).

Eine Gesamtdarstellung der direkten und indirekten Beteiligungen der OeNB findet sich im Beteiligungsspiegel (Tabelle 11).

Zum nächsten Bargeldbezug in durchschnittlich drei Minuten: OeNB-Studie zeigt guten ­Zugang zu Bargeld im ländlichen Raum

Bargeld wird vor allem an Geldautomaten und in Bankstellen 29 bezogen. Deren Erreichbarkeit und räumliche Verteilung ist relevant, da Bargeld österreichweit betrachtet bei alltäglichen Einkäufen sowie als Wertaufbewahrungsmittel nach wie vor eine sehr wichtige Rolle spielt. Es ist eine der zentralen Aufgaben der Oesterreichischen Nationalbank, gemeinsam mit ihren Tochterunternehmen, die heimische Bevölkerung und Wirtschaft mit ­Bargeld zu versorgen.

Die Anzahl an Geldautomaten stieg seit 2005 um 1.600 – von circa 7.400 im Jahr 2005 auf rund 9.000 Ende 2019. Im selben Zeitraum sank die Anzahl an Bankstellen um ca. 1.000, sodass die Anzahl an Bargeldbezugspunkten (Geldautomaten und Bankstellen) insgesamt zunahm.

Um die Erreichbarkeit von Bargeldbezugspunkten einschätzen zu können bzw. Gebiete mit einer geringeren Versorgung identifizieren zu können, wurde von der OeNB eine Untersuchung durchgeführt, in der die Wegstrecken zu den am nächstgelegenen Bargeldbezugspunkten mit hoher geografischer Auflösung berechnet wurden.

Hauptergebnisse:

  • Für den Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung ist der nächstgelegene Bargeldbezugspunkt 1,2 km vom Wohnsitz entfernt. Es werden durchschnittlich knapp unter drei Minuten Wegzeit benötigt (gehen oder per PKW).
  • In Großstädten beträgt die durchschnittliche Wegstrecke rund 0,5 km. In mittleren Gemeinden mit 5.000 bis 10.000 Einwohnern beträgt sie 1,3 km. In Gemeinden mit unter 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind im Durchschnitt rund 2 km zurückzulegen.
  • Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher haben weniger als 1 km und 97,3% der Bevölkerung haben weniger als 5 km Weg zum nächsten Bargeldbezugspunkt.
  • Auch in kleinen Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern haben etwas über 9 von 10 Einwohnerinnen/Einwohner eine Wegstrecke von weniger als 5 km.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die österreichische Bevölkerung im Durchschnitt einen Bargeldbezugspunkt innerhalb einer moderaten Wegstrecke erreicht und damit über guten Zugang zu Bargeld verfügt.

Figure 1 “Average distance to nearest ATM or bank branch” shows a map of Austria featuring color codes for the average distances to either the nearest ATM or the nearest bank branch for all populated 1 km times 1 km grid cells. Unpopulated grid cells (white) can primarily be found in Vorarlberg, Tyrol, Salzburg and western Styria. The inhabitants of most grid cells (color code: blue, light blue, green or orange) can reach the nearest ATM or bank branch within 5 km or even less. Darker grid cells indicate longer distances than that and can be found in all Austrian provinces, albeit more frequently in Carinthia, Lower Austria and eastern Styria. The underlying data were computed by averaging the results for 100 m times 100 m grid cells using population weights. Source: Statistics Austria, OeNB.

Literatur

Stix, H. 2020a. A spatial analysis of access to ATMs in Austria. In: Monetary Policy & the Economy Q3/20. 39–59.

Stix, H. 2020b. The Austrian bank branch network from 2000 to 2019 from a spatial perspective. In: Financial Stability Report No. 40/20. 87–101.

Digitaler Euro? Fünf Fragen und Antworten

Welche Überlegungen zur weiteren Digitalisierung des Geldes gibt es derzeit in den Notenbanken?

Zentralbanken untersuchen weltweit intensiv die Frage, ob angesichts der fortschreitenden Digitalisierung weiter Bereiche der Wirtschaft die Ausgabe digitalen Zentralbankgelds für Endkunden sinnvoll und nützlich wäre. Aufgrund unterschiedlich guter Ausstattung mit digitalen Bezahlmethoden in unterschiedlichen Teilen der Welt fallen auch die Antworten auf diese Frage durchaus unterschiedlich aus.

Was tut das Eurosystem?

Die zunehmende Popularität und Verbreitung digitaler Bezahlmethoden im Euroraum bewog auch das Eurosystem, sich intensiv mit einem digitalen, von der Zentralbank bereitgestellten Euro auseinanderzusetzen, der Konsumentinnen und Konsumenten eine weitere Bezahlmöglichkeit (zusätzlich zu Bargeld und Banküberweisungen) bieten würde. In weitere Folge wurde dazu von der Europäischen Zentralbank im Oktober 2020 ein Bericht veröffentlicht, der von einer hochrangig besetzten Eurosystem-Taskforce zu digitalem Zentralbankgeld unter Mitwirkung der OeNB erstellt wurde. In diesem werden die möglichen Vor- und Nachteile eines digitalen Euro für den Euroraum diskutiert. Seither werden im Anschluss daran im Eurosystem Teilfragen einer möglichen Ausgestaltung und mögliche Bedarfslagen untersucht, um einen allfälligen Beschluss für den Start eines Entwicklungsprojekts vorzubereiten.

Wozu würde für alle zugängliches digitales Zentralbankgeld dienen?

Ein digitaler Euro, also für alle zugängliches elektronisches Zentralbankgeld, wäre eine Innovation, die den Konsumentinnen und Konsumenten des Euroraums ein sicheres digitales Zahlungsmittel zur ­Verfügung stellen würde, in Ergänzung zu bestehenden Bezahlmöglichkeiten. Ein digitaler Euro würde zusätzlich die strategische Autonomie für Europa im Bereich von digitalen Zahlungsmitteln stärken und die Abhängigkeit von internationalen elektronischen Zahlungsanbietern vermindern.

Wann kommt der digitale Euro?

Während im Bericht derzeit keine unmittelbare Notwendigkeit für die Einführung eines digitalen Euro festgestellt wird, wird dem Eurosystem dennoch empfohlen, sich für zukünftige Szenarien zu wappnen, in denen die Einführung eines digitalen Euro vorteilhaft oder sogar notwendig werden könnte. Solche Szenarien wären zum Beispiel ein starker zukünftiger Rückgang der Nachfrage nach Bargeld, eine etwaige zunehmende Popularität ausländischer digitaler Zahlungsmittel im Euroraum oder eine notwendige Erhöhung der Ausfallsicherheit (Stromausfälle, Cyberattacken etc.) elektronischer Bezahlformen. Im Bericht wird ebenso auf die zahlreichen Herausforderungen eingegangen, die mit der Einführung eines digitalen Euro verbunden wären. Diese sollten mit den richtigen strategischen, ökonomischen und technologischen Entscheidungen bewältigbar sein. Für deren gewissenhafte Vorbereitung wird allerdings noch ein beträchtlicher Analyseaufwand als notwendig angesehen.

Bisher hat das Eurosystem noch keine Entscheidung getroffen, die eine Weichenstellung hin zur Entwicklung eines digitalen Euro bedeuten würde. Im Einklang mit der bisherigen Haltung der OeNB wird im Bericht auch klargestellt, dass ein digitaler Euro wenn, dann nur zusätzlich, nicht anstelle von ­Bargeld eingeführt würde. Ende 2020 wurde eine Konsultation der Öffentlichkeit durchgeführt, um den Bedarf und allfällige Anforderungen für einen digitalen Euro zu erheben. Basierend auf technischen Experimenten und weiteren Analysen werden in der Folge die Grundlagen erarbeitet, damit der EZB-Rat Mitte 2021 entscheiden kann, ob ein konkretes mehrjähriges Entwicklungsprojekt gestartet werden soll.

Was ist der digitale Euro?

Wo läge der Unterschied zwischen einem digitalen Euro und bisherigen Zahlungsmitteln in Euro?

  • 1 Euro Bargeld: Zentralbank garantiert den Wert, der Besitzer bzw. die Besitzerin ist für die Aufbewahrung oder Weitergabe (also Zahlungen) verantwortlich.
  • 1 Euro am Bankkonto: Geschäftsbank garantiert den Wert (jederzeit 1:1 Behebung in bar) und übernimmt Aufbewahrung und Weitergabe (also Zahlungen) im Kundenauftrag.
  • 1 digitaler Euro: Zentralbank garantiert den Wert. Nutzende und/oder private elektronische Brieftaschen-Betreiber (z. B. Banken) übernehmen Aufbewahrung und Weitergabe (also Zahlungen) im Kundenauftrag.

Ein angemessener Schutz der Privatsphäre der Kundinnen und Kunden sowie vor Gesetzesmissbrauch sind über technische und rechtliche Maßnahmen in allen drei Varianten möglich.

Literatur: ECB. 2020. Report on a digital euro .

Ende Kasten 11.

28 Der geschätzte Banknotenumlauf unterscheidet sich von dem in der Bilanz ausgewiesenen buchhalterischen Banknotenumlauf, der auf Grundlage des EZB-Kapitalschlüssels berechnet wird. Der geschätzte Umlauf berücksichtigt darüber hinaus nationale Besonderheiten im Zahlungsverhalten.

29 Bankstelle bezeichnet eine mit Personal besetzte Bankfiliale oder Hauptanstalt. Für Details Stix (2020b).

Die OeNB – ein nachhaltiges Unternehmen

Krisenfeste Institution OeNB

OeNB-Strategie 2020–2025

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) agiert auf Basis ihres gesetzlichen Auftrags, der im Nationalbankgesetz 1984 (NBG) geregelt ist, und als Teil des Eurosystems. Alle Tätigkeiten der OeNB orientieren sich letztlich an den gesetzlich festgelegten Zielen; das sind die Sicherung der Preis- und Finanzmarktstabilität sowie die Gewährleistung des baren und unbaren Zahlungsverkehrs. Adressaten sind der österreichische Staat, die österreichische Wirtschaft und Bevölkerung sowie das Eurosystem.

Die OeNB hat mit ihrem neuen Management im Berichtsjahr ihre Strategie für die Jahre 2020 bis 2025 überarbeitet, nachdem die ressortmäßige Geschäftsverteilung mit 1. Jänner 2020 neu festgelegt wurde. Dabei bilden folgende Querschnittsthemen die Schwerpunkte der neuen Strategie: (1) OeNB im Eurosystem, Geldpolitik und Volkswirtschaft, (2) Finanzmarktstrategie, -stabilität und die Berücksichtigung von „Environmental, Social and Corporate Governance“-Kriterien (ESG), (3) Finanzinnovationen, (4) Finanzbildung, (5) OeNB als Unternehmen, Human Resources und Digitalisierung, sowie (6) Kommunikation.

Die Strategie 2020–2025 wurde von September 2019 bis Sommer 2020 im Auftrag des Direktoriums der OeNB intern entwickelt. Dabei wurde eine Kombination aus Top-down- und Bottom-up-Prozess verfolgt. Um möglichst viele Perspektiven einzuholen und Ideen für die neue Strategie zu generieren sowie nach Möglichkeit integrieren zu können, wurden ­innovative Konzepte der Strategieentwicklung angewandt. Erste mögliche Ideen für die vom Direktorium vorgegebenen Strategieschwerpunkte wurden unter Einbeziehung aller Mitarbeitenden gesammelt, präsentiert, zur Diskussion gestellt und letztendlich vom Direktorium finalisiert. Vier sogenannte „Town Hall Meetings“ dienten der Information und direkten Kommunikation zwischen Direktorium und Mitarbeitenden.

OeNB-interne Maßnahmen aufgrund der COVID-19-Krise

Business Continuity

Die OeNB ist sich ihrer Rolle als Betreiberin kritischer Infrastruktur bewusst und hat die Aufrechterhaltung der besonders kritischen OeNB-Funktionen während der COVID-19-­Pandemie gewährleisten können.

Darüber hinaus wurden im Jahr 2021 die Absiedelung eines Rechenzentrums und eines Backup-Datenstandorts an – von den OeNB-Gebäuden – entfernte Standorte planmäßig ­abgeschlossen. Damit werden die Auswirkungen verschiedener möglicher Ausfallszenarien auf den Geschäftsbetrieb der OeNB minimiert und die Resilienz des Unternehmens weiter verbessert.

ARGE Corona

Infolge der Pandemie war es notwendig, eine Task Force zu etablieren, die sich mit allen pandemiebedingten Themen befasst. In der „ARGE Corona“ tagten regelmäßig Vertretungen aus den Bereichen Risikoüberwachung, Personal, Sicherheits- und Gebäudemanagement, Pressestelle, Betriebsrat und Gesundheitszentrum, um das Direktorium in ihren Entscheidungen zu unterstützen. Das Direktorium evaluierte – in Zusammenarbeit mit der ARGE Corona – die Lage laufend und traf alle den Geschäftsbetrieb betreffenden Entscheidungen auf Basis der verfügbaren Fakten und Zahlen, um bestmögliche Rahmenbedingungen zur Bewältigung aller Aufgaben der OeNB zu schaffen.

Pandemie führt zu Digitalisierungsschub

Die IT der OeNB war pandemiebedingt mit großen Herausforderungen konfrontiert. Zusätzlich zu den tourlichen Aufgaben musste für all jene Mitarbeitenden, für die das Arbeiten im Homeoffice möglich ist, ein IT-Zugang eingerichtet werden. Dies bedeutete, die Kapazitäten der IT-Infrastruktur sprunghaft zu erhöhen, was nur durch den raschen Einsatz zusätzlicher Hardware bewerkstelligt werden konnte. Die Nutzung stieg von durchschnittlich täglich gleichzeitig 200 Homeoffice-Zugängen vor der Pandemie auf 1.050 täglich. Die Nutzung von Telekonferenzmeetings mittels Skype und ­Webex stieg in einigen Bereichen um das Fünfzigfache.

Tabelle 1: Entwicklung von Skype- und Webex-Meetings  
Einheit Q4 19 Q1 20 Q2 20 Q3 20 Q4 20
Webex Meetings Anzahl 265 1.852 3.982 2.804 3.824
Webex Teilnehmende Anzahl 472 5.480 19.160 12.073 16.314
Webex Gesamtdauer Minuten 11.697 59.463 188.049 135.127 178.298
Skype Meetings Anzahl 467 6.214 22.850 18.903 25.426
Skype Teilnehmende Anzahl 1.682 22.872 91.096 68.666 98.052
Skype Gesamtdauer Minuten 1.336 132.923 742.556 576.601 883.121
Quelle: OeNB.

Große Fortschritte wurden im Jahr 2020 bei der Digitalisierung vormals papiergebundener Prozesse, dem Einsatz mobiler Freigabeworkflows sowie elektronischer Signaturen erzielt. Beschleunigt durch die pandemiebedingte Arbeitssituation wurden bestehende und neue Digitalisierungsvorhaben gezielt analysiert und vorangetrieben (z. B. Vertragsdatenbank, digitale Bibliothek, digitale Spesenrefundierung etc.). Auch die Meeting- und Eventdesigns änderten sich grundlegend: In kürzester Zeit wurde eine Softwarelösung für virtuelle oder hybride Veranstaltungen bereitgestellt und die Raum- und Saaltechnik für neue Anforderungen umgerüstet. Zur effektiven und effizienten Krisen­kommunikation wurde ein neues cloudbasiertes Tool inklusive „Smartphone App“ in Betrieb genommen.

Im Februar 2020 wurde der elektronische Akt in der OeNB durch ein modernes Dokumentenmanagement- und Aktenablagesystem abgelöst. Damit sind einheitliche digitale Prozesse und Workflows möglich, die die Zusammenarbeit erleichtern und Entscheidungsprozesse in einem System abbilden.

Tabelle 2: Indikatoren zu den wissensbasierten Prozessen  
Indikatoren Einheit 2017 2018 2019 2020
Effiziente Prozessabläufe
Zertifizierte Geschäftsbereiche Anzahl 10 10 10 10
Einträge in der OeNB-Terminologiedatenbank Anzahl 22.628 22.901 23.308 23.748
Reklamationsfreie Zahlungsverkehrstransaktionen % 100 100 100 100
Verbesserungsvorschläge Anzahl 30 48 41 19
Technische Infrastruktur
IT-Services für das ESZB/Eurosystem Anzahl 3 3 3 3
IT-Großprojekte Anzahl 6 6 5 5
Quelle: OeNB.

Zukunftsorientiertes Personal­management

Die OeNB war auch im Jahr der COVID-19-Pandemie eine verlässliche Arbeitgeberin, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stabile und sichere Rahmenbedingungen für ihre tägliche Arbeit bot. Seit Jahren verfügt die OeNB über ein breites Angebot an gut genutzten flexiblen Arbeitsformen, wie Teilzeit, Gleitzeit oder Teleworking, das vor zwei Jahren um ein flexibles Homeoffice-Modell ergänzt wurde. Die OeNB war daher dank der technischen Vor­er­fahrungen und der bestehenden IT-Infrastruktur (Laptops für nahezu alle Mitarbeitenden) bestens auf die Anforderungen an den neuen Arbeitsalltag im Zuge der Pandemie vorbereitet. Während der pandemiebedingten Lockdowns wurde nahezu ein flächendeckendes Homeoffice zum Schutz der Mitarbeitenden implementiert und die Belegschaft in zwei Split-­Teams unterteilt, um in Zeiten der Präsenzarbeit die Kontakte im Büro zu reduzieren. Grafik 18 zeigt die starke Nutzung von Home­office – teilweise über 80 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sowie die Split-Team-Phasen während der Lockerungen im Sommer.

Die Grafik 18 zeigt ein Flächendiagramm zum Thema „Mitarbeitende der OeNB nach Dienstort“. Im Zeitverlauf von März 2020 bis Jänner 2021 wird dargestellt, wie viele Prozent der Mitarbeitenden im Homeoffice oder in der OeNB vor Ort gearbeitet haben bzw. abwesend waren. Während im Frühjahr 2020 (März bis Mai) die Mitarbeitenden der OeNB fast flächendeckend im Homeoffice waren und lediglich unter 10 Prozent der Mitarbeitenden in der OeNB vor Ort waren, so stieg die Anwesenheit vor Ort in den Sommermonaten wieder und es waren ungefähr gleich viele Mitarbeitenden im Homeoffice wie vor Ort tätig. Ab Herbst nahm der prozentuale Anteil der Mitarbeitenden im Homeoffice stark zu und für den Zeitraum November 2020 bis Jänner 2021 lag der Anteil jener Mitarbeitenden, die vor Ort tätig waren, lockdownbedingt wieder unter 10 Prozent.

Die Funktionsfähigkeit kritischer Arbeitsbereiche (z. B. Bargeldversorgung), die eine physische Präsenz erfordern, konnte unter Einhaltung strenger Sicherheitsvorschriften gewährleistet werden, sodass die Aufgabenerfüllung der OeNB insgesamt sichergestellt war. Es wurden im Jahr 2020 durchschnittlich pro Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter 131 Tage im Homeoffice verbracht, wobei kurzfristig sehr flexible Arbeitszeitmodelle für Mitarbeitende mit Kinderbetreuungspflichten angeboten wurden.

Dies zeigt auch deutlich, welchen hohen Stellenwert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der OeNB hat. Als „Audit Beruf und Familie“ zertifiziertes Unternehmen gibt es ein breites Angebot an Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit der beiden Lebensbereiche. Besonders hervorzuheben sind die bereits etablierten Ferienbetreuungscamps für die Kinder von Mitarbeitenden im Volks- und Unterstufenalter, die unter Wahrung aller Sicherheitsvorkehrungen in den Sommerferien plangemäß stattfanden (61 Teilnehmende im Jahr 2020).

Die OeNB präsentierte sich weiterhin als stabile Arbeitgeberin, wie u. a. die sogar im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunkene Fluktuationsrate mit 2,1% zeigt. Aufgrund der ­COVID-19-Pandemie sanken die Indikatoren für Mobilität und Ausbildung, wie der deutliche Rückgang der Anzahl der Ausbildungstage pro Mitarbeitenden auf 1,7 (von 3,9 Tagen 2019) und der Ausbildungsquote auf 61,9 Prozent (2019: 82,2) zeigt. Nachdem Anfang des Jahres OeNB-Seminare mehrheitlich abgesagt wurden, gelang es im zweiten Halbjahr, den Großteil der Seminare virtuell anzubieten. Ein besonderer Schwerpunkt wurde hierbei auf das Führen und Moderieren von virtuellen und ­hybriden Teams gelegt. In Summe fanden rund 130 Online-Ausbildungsseminare statt.

Tabelle 3: Frauenanteil in der Fach- und Führungskarriere nach Ebenen  
Frauenanteil
in %
Fachkarriere
1. Stufe 30,8
2. Stufe 40,0
3. Stufe 31,3
4. Stufe 70,0
Gesamt 35,2
Führungskarriere
Gruppenleiter/in 23,2
Stv. Abteilungsleiter/in 32,4
Abteilungsleiter/in 26,3
Direktor/in der Hauptabteilung 22,2
Gesamt 26,3
Quelle: OeNB.
Anmerkung: Stichtag 31. Dezember 2020.

Der Frauenanteil in Führungs- und Fachkarrierepositionen ist im Jahr 2020 leicht gesunken (Tabelle 4). Eine wesentliche strukturelle Voraussetzung für die Anhebung des Frauenanteils in allen hierarchischen Ebenen ist die Erhöhung des Frauenanteils in der Belegschaft. Dies zeigt die im Jahr 2020 durchgeführte Kennzahlenevaluation im Bereich „Gender ­Diversity“ für den OeNB-Frauenförderungsplan: Mit der voranschreitenden Digitalisierung werden technisch-mathematische Qualifikationen auch in Berufsbildern außerhalb der klassischen IT-Bereiche (wie z. B. Statistik und Treasury) immer bedeutender. Um das externe ­Recruiting in diesen meist männlich dominierten Studienfächern zu unterstützen, wurde ein exklusives Recruitingevent der OeNB für Frauen in MINT-Studienrichtungen als dauerhaftes Angebot im Zweijahresrhythmus verankert und um gezielte Praktikumsangebote für Studentinnen erweitert.

Ein bereits bewährtes Personalentwicklungsinstrument ist das „Führungskräfte-Shadowing“, das insbesondere Frauen in ihrer persönlichen Karriereplanung unterstützen soll. Durch die Begleitung einer Führungskraft eines anderen Aufgabenbereichs im Unternehmen können Einblicke in die Führungsaufgabe gewonnen werden. Um besonders Frauen zu fördern, wurde dieses Format im Jahr 2020 mit einem Ausbildungstag und individuellen Coachingstunden kombiniert und exklusiv für Frauen angeboten.

Tabelle 4: Indikatoren zu den Investitionen in das wissensbasierte Kapital  
Indikator Einheit 2017 2018 2019 2020
Mitarbeiterstruktur
Personalstand (in Ressourcen, Jahresende)1 Anzahl 1.100,0 1.079,3 1.069,6 1.097,5
bis 30 Jahre % 10,9 9,2 7,1 7,3
30 bis 40 Jahre % 28,3 28,6 29,4 28,9
ab 41 Jahre % 60,8 62,2 63,5 63,8
Durchschnittsalter Jahre 43,4 44,0 44,4 44,6
Fluktuationsrate % 1,3 2,8 2,6 2,1
Personal mit akademischer Ausbildung % 63,2 64,9 65,8 67,4
Leitungsspanne Anzahl 7,0 7,0 7,1 7,6
Flexible Arbeitszeitformen
Teilzeitarbeit % 15,3 16,0 18,3 18,6
Teleworking/Homeoffice (pro Mitarbeitenden pro Jahr)2 Tage 7,8 9,6 10,8 130,7
Sabbaticals Anzahl 4 6 5 3
Gender-Management
Frauenanteil am Personalstand % 39,1 38,8 39,3 39,6
Frauenanteil in Führungskarriere % 28,7 27,9 28,8 26,3
Frauenanteil in Fachkarriere % 33,1 37,9 36,2 35,2
Frauenanteil bei Teilzeitarbeit % x x 72,9 72,7
Frauenanteil bei Teleworking % x x 47,6 47,3
Frauenanteil bei der Aus- und Weiterbildungsquote % x x x 41,0
Mobilität
Interne Jobrotations Anzahl 39 40 30 23
Arbeitsaufenthalte bei nationalen und internationalen Organisationen
(externe Jobrotations)
Anzahl 52 56 57 43
Arbeitsaufenthalte in der OeNB „incoming“ Anzahl 7 32 31 5
Praktika Anzahl 66 75 77 70
Wissenserwerb
Aus- und Weiterbildungstage (pro Mitarbeitenden pro Jahr) Tage 4,1 4,1 3,9 1,7
Aus- und Weiterbildungsquote (mindestens eine Ausbildung pro Jahr) % 73,9 82,2 82,2 61,9
Quelle: OeNB.
1 Teilzeitkräfte sind anteilsmäßig berücksichtigt.
2 Homeoffice ist ein flexibles tageweise einsetzbares Instrument im Vergleich zu einer langfristigen Teleworking-Vereinbarung.

Beschleunigte Digitalisierung in der Kommunikation im Jahr 2020

COVID-19-Pandemie erfordert veränderte Kommunikation

Die Frage nach den Auswirkungen der COVID-­19-Pandemie auf die Wirtschaft, insbesondere auf die Österreichische, hat die Nachfrage nach der ökonomischen Expertise der OeNB, über verschiedenste Kommunikationskanäle hinweg, stark erhöht. Auf der OeNB-Website wurde ein eigener Corona-Bereich etabliert. Dort wurde u. a. der erstmalig im Mai 2020 von einem OeNB-Expertenteam entwickelte wöchentliche BIP-Indikator präsentiert (Kasten 2). Zahlreiche Online-Publikationen und Factsheets erörtern die wirtschaftlichen Entwicklungen der Banken, Unternehmen und privaten Haushalte. Abseits der Corona-Thematik wurde die 25-jährige EU-Mitgliedschaft Österreichs auf der Website mit entsprechenden ­Fakten und einer Zeitleiste thematisiert. Des Weiteren wurde die Rubrik „Thema im Fokus“ etabliert, in der aktuelle Inhalte kurz und prägnant erklärt wurden.

Die schon bestehenden Social-Media-­Kanäle der OeNB hatten starke Zuwächse zu verzeichnen: Die Anzahl der Follower auf Twitter hat sich auf rund 4.000 annähernd verdoppelt; fast täglich wurde ein Tweet abgesetzt. Auf Instagram haben sich die Follower mit ca. 3.200 sogar verdreifacht. Darüber hinaus ist die OeNB seit März 2020 auf dem Karriereportal LinkedIn vertreten. Mit „Die Nationalbank – der Podcast“ hat die OeNB im November 2020 ihren eigenen Podcast-Kanal eröffnet. Bei den Anfragen an die OeNB-Hotline gab es einen starken Zuwachs der E-Mail-Anfragen, wohingegen die Telefonkontakte stark rückläufig waren.

Die COVID-19-Pandemie stellte eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Ausnahmesituation dar, die sich auch in der halbjährlichen OeNB-Barometer-Umfrage 30 niederschlug. Die Verunsicherung der Österreicherinnen und ­Österreicher angesichts der beiden Lockdowns sowie die ständig veränderten Wirtschaftsprognosen spiegelten sich in den Vertrauenswerten der OeNB wider: Das Vertrauen in die OeNB hat sich von 76% im zweiten Halbjahr 2019 auf 70% deutlich abgeschwächt. Eine Entwicklung, die auch bei den anderen heimischen Institutionen bzw. Banken zu beobachten war.

Intensivierte interne Kommunikation im ­Intranet

Die interne Kommunikation im Intranet wurde stark intensiviert, da der erste Lockdown eine rasche Umsetzung des Homeoffice erforderte, wodurch andere Kommunikationswege und die soziale Komponente des Arbeitsumfelds abrupt eingeschränkt wurden. Um die Motivation zu fördern bzw. zu stärken, wurde das Wir-Gefühl – das Team OeNB – in den Vordergrund gestellt. Da es aufgrund von COVID-19 nicht möglich war, sich persönlich mit der Kollegenschaft auszutauschen, wurde ein Online-Stammtisch ins Leben gerufen. Das Kaffee-Roulette ermöglichte zufällige Begegnungen in der virtuellen Arbeitswelt, indem Gegenüber für einen Online-­Kaffeetermin per Zufallsgenerator ausgelost wurden. Verschiedene weitere Aktivitäten haben dazu beigetragen, den sozialen Austausch unter den Mitarbeitenden zu fördern.

Fachtagungen mit Breitenwirkung

Die OeNB organisiert zahlreiche (Online-)Veranstaltungen, die dem geld- und wirtschaftspolitischen Meinungsaustausch dienen. Die größte Breitenwirkung mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern erreichen die jährlich stattfindende Volkwirtschaftliche Tagung (VOWI) und die Conference on European Economic Integration (CEEI). Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde die Volkswirtschaftliche Tagung im Jahr 2020 abgesagt. Die CEEI fand erstmalig als virtuelle Veranstaltung am 5. und 6. November 2020 statt und befasste sich mit dem Thema „CESEE in the COVID-19 crisis – the role of the EU and global spillovers“. Darüber hinaus wurden zahlreiche Jour Fixes, Pressekonferenzen, Workshops und Seminare im Hybrid- oder Online-Format ­organisiert, die auf reges Interesse des nationalen und internationalen Fachpublikums stießen.

Analysen, Berichte und Prognosen in ­wissenschaftlichen Publikationen der OeNB

Die OeNB veröffentlicht Ergebnisse eigener wissenschaftlicher Arbeiten in den von ihr quartalsweise herausgegebenen Fachzeitschriften: Monetary Policy & the Economy mit einem Schwerpunkt auf Fragestellungen zu Geldpolitik, Konjunktur und der österreichischen Wirtschaft, das anlassbezogen thematischen Schwerpunkten gewidmet ist. Im Berichtszeitraum wurde unter anderem ein umfangreiches Doppelheft Q1–Q2/20 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der österreichischen EU-Mitgliedschaft sowie ein weiteres Doppelheft Q4/20–Q1/21 zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die österreichische Wirtschaft veröffentlicht.

In der Reihe Focus on European Economic Integration werden makroökonomische und makrofinanzielle Themen in der Region Zentral-, Ost und Südosteuropa (CESEE) sowie diesbezügliche Konjunkturberichte und Prognosen behandelt. Diese beiden englischsprachigen Fachpublikationen unterliegen einem wissenschaftlichen externen Begutachtungsprozess und sind in EconLit , einer von der American Economic Association herausgegebenen bibliografischen Datenbank zur Volkswirtschaftslehre erfasst. Statistiken widmet sich als drittes Quartals­heft (in deutscher Sprache) Daten und Analysen zu den österreichischen Finanzinstitutionen, den Finanzströmen und der Außenwirtschaft.

Darüber hinaus publiziert die OeNB eine Working Paper-Reihe , in der erste Fassungen von wissenschaftlichen Fachartikeln unter Mitwirkung von Forscherinnen und Forschern der OeNB veröffentlicht werden. Im Schnitt entstehen in der OeNB etwa zehn Working Papers pro Jahr. Fragen der Finanzmarktstabilität ­werden im halbjährlich erscheinenden Financial Stability Report analysiert, wobei der jeweils erste Bericht vor allem der Interpretation der Jahresergebnisse aus dem Banken- und Finanzmarktsektor gewidmet ist, während das zweite Heft vor allem ausgewählte Forschungsergebnisse zu Fragen der Finanzmarktstabilität enthält. (Siehe auch: Hinweise zu „Periodische Publikationen“ im Anhang.)

Weiterentwicklung und Digitalisierungs­offensive in der Finanzbildung

2020 wurde der Bereich Finanzbildung in der OeNB weiter ausgebaut und insbesondere auch als ein Schwerpunktthema in der „OeNB-Strategie 2020–2025“ festgelegt. Im Rahmen eines einjährigen Analyseprojekts wird bis Mitte 2021 der Arbeitsbereich der Finanzbildung auf Basis der Strategie 2020–2025 genauer beleuchtet, evaluiert und verschiedene Varianten für die zukünftige Ausrichtung ausgearbeitet. Ein wichtiger Bereich ist die stärkere Zusammenarbeit auf nationaler Ebene. In einem ersten Schritt wurde in Österreich die Stiftung Wirtschaftsbildung gegründet. Die OeNB war als eine von sieben Institutionen Mitgründerin und ist im Aufsichtsrat vertreten. Die Stiftung hat mit 1. Jänner 2021 ihre Arbeit aufgenommen mit dem Ziel Projekte in Schulen zu finanzieren und das Thema Finanzbildung in den Lehrplänen zu verankern.

Wie in vielen anderen Bereichen hat die COVID-19-Pandemie auch die Finanzbildung in der OeNB vor neue Herausforderungen ­gestellt. Coronabedingt mussten 2020 viele Schulprojekte vor Ort abgesagt werden, und auch das OeNB-Geldmuseum musste erstmals seit seiner Eröffnung 2003 für einen längeren Zeitraum schließen. Auf diesen Umstand hat die OeNB mit einer Digitalisierungsoffensive reagiert und das E-Learning-Angebot weiter ausgebaut:

EuroAktiv Online

Logo Euro Aktiv

Das bewährte Workshop-Programm Euro-Aktiv für die 9. bis 13. Schulstufe wurde ab Ende März auch als interaktiver Online-Vortrag angeboten. Im Rahmen des 45-minütigen Programms werden gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern aktuelle Themen erarbeitet und dabei die Aufgaben von Notenbanken in der heutigen Zeit sowie der persönliche Umgang mit Geld besprochen. Bei allen Themen können die ­Kinder und Jugendlichen ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus dem Alltag einbringen und per Videokonferenz teilnehmen.

Euro-Logo-Online-Challenge

Im Herbst 2020 folgte dann die Euro-Logo-Online-­Challenge, die unabhängig von der Durchführung des Unterrichts – in der Schule, im Homeschooling oder mit Split-­Klassen – durchgeführt werden konnte. Die Schülerinnen und Schüler der 7. und 8. Schulstufe waren mit ihrem Smartphone zugeschaltet und bearbeiteten im Zuge des interaktiven Vortrags lebensnahe Fragen, brachten ihre eigenen Erfahrungen ein und lösten Aufgabenstellungen, gefolgt von einem Abschlussquiz.

Ausbau Schulmaterialien für den Unterricht

Zusätzlich zur bereits bestehenden Vielzahl an Unterrichts- und Informationsmaterialen zum Download, wurde speziell auch für die Volksschulen nachgerüstet. In den Arbeitsblättern für Volksschulkinder wurde Wissenswertes rund ums Geld, die Geschichte des Geldes ­sowie Wissensfragen zu den Euro-Banknoten altersgerecht aufbereitet.

My Money Guide – Finanztipps für junge Frauen

Neben der Digitalisierungsoffensive wurde das Eurologisch-Portfolio auch um neue Zielgruppen erweitert. Mit dem „My Money Guide“ wurden in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsuniversität Wien Finanztipps speziell für junge Frauen entwickelt. Diese Anleitung bietet Hilfestellung für den Einstieg in das eigene ­Finanzleben und wendet sich neben der ­Zielgruppe der jungen Frauen auch an alle ­anderen Interessierten.

Geldmuseum der OeNB

2020 konnten im Geldmuseum als Folge der COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung nur 2.790 Besucherinnen und Besucher (2019: 11.019) begrüßt werden. Während des ersten und zweiten Lockdowns blieben die Tore für insgesamt 4½ Monate geschlossen und Führungen konnten aufgrund der Vorgaben nur mit geringer Personenzahl durchgeführt werden.

Am 11. August 2020 wurde die neue Sonderausstellung „FUNNY MONEY. Geld in der Karikatur“ für Individualbesucherinnen und -besucher eröffnet – eine Ausstellung, die zum Schmunzeln und Lachen einlud.

Führungs- und Workshopinhalte wurden für Lehrende und Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Reihe Wissenswelt Geld veröffentlicht und in der Rubrik „Museumsdidaktik“ auf der Website der OeNB zur Verfügung gestellt.

Lehrgang für Journalistinnen und Journalisten

Die OeNB bietet seit Jahren im Rahmen des von ihr mitinitiierten APA-Wirtschaftslehrgangs Seminare für Journalistinnen und Journalisten an, die sich über Wirtschafts- und ­Finanzthemen des täglichen Medienalltags fortbilden möchten. Zumeist in Form von Workshops werden zu OeNB-nahen Themen Vorträge von OeNB-Expertinnen und Experten angeboten.

Joint Vienna Institute goes online

Umstellung auf virtuelle Kurse und Webinare

Das Joint Vienna Institute (JVI) bietet Expertinnen und Experten aus Zentralbanken und der öffentlichen Verwaltung ein breit gefächertes Kursangebot mit den Schwerpunkten Wirtschafts-, Fiskal-, Geld- und Finanzmarktpolitik. Die Teilnehmenden stammen größtenteils aus der CESEE-Region und den GUS-Ländern. Die Finanzierung des JVI erfolgt durch das BMF, den IWF und die OeNB. Seit seiner Gründung im Jahr 1992 nahmen 47.158 Personen an Kursen am JVI teil.

Die COVID-19-Pandemie stellte auch das JVI vor große Herausforderungen: Seit März konnte kein Präsenzunterricht mehr in Wien stattfinden, doch schon Mitte Juni hatte sich das JVI erfolgreich neu positioniert. Es setzte dabei auf drei Produkte: 1) Virtuelle Kurse: Um den Kursablauf möglichst interaktiv zu ­gestalten, wurden die Anzahl der Teilnehmenden und die tägliche Unterrichtsdauer reduziert. Im Jahr 2020 konnten immerhin 756 Personen, davon 53% Frauen, im Rahmen von 60 Kurswochen ausgebildet werden. Die OeNB bot vier Kurse virtuell an, sieben Kurse mussten abgesagt bzw. auf 2021 verschoben werden. 2) Webinare (einmalige Veranstaltungen mit einer Dauer von 90 Minuten und unbegrenzter ­Anzahl von Teilnehmenden): Zwischen Juni und Mitte Dezember wurden 23 Webinare ­angeboten, mit denen das JVI insgesamt 2.117 Menschen erreichte. Die Themen dieser Veranstaltungen standen in engem Zusammenhang mit der Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie. Auch die OeNB brachte dabei ihre Expertise ein. 3) Technical Assistance: bereits vor der Krise laufende Projekte, z. B. mit Usbekistan, wurden online fortgeführt.

Multilaterale und bilaterale technische ­Kooperation stark rückläufig aufgrund von Corona

Die OeNB ist Mitglied der ESCB Working Group on Central Bank Cooperation, die u.a. große EU-finanzierte Programme zur Unterstützung von Nicht-EU-Zentralbanken bei der Heranführung an die Europäische Union koordiniert. Ein seit 2019 laufendes regionales Programm für die EU-Kandidatenländer und potenziellen Kandidatenländer des Westbalkans geriet aufgrund der Corona-Pandemie ins Stocken und wird verlängert werden. Bilateral ergab sich eine neue Kooperation zwischen der OeNB und der Ukrainischen Notenbank.

Bewusstsein der sozialen Verantwortung

Spenden für Betroffene der COVID-19-Pandemie

Im Sinne der Solidarität mit den Menschen in Österreich, die an den vielfältigen negativen Auswirkungen der Krise besonders zu leiden haben, hat die OeNB ein sichtbares Signal der Solidarität mit diesen Betroffenen gesetzt. Das Anreizvolumen für Mitarbeitende wurde stark reduziert und nur im Zusammenhang mit speziellen Ausarbeitungen zur COVID-19-Pandemie vergeben. Im Gegenzug dazu hat die OeNB insgesamt 50 gemeinnützige Organisationen mit einer Gesamtfördersumme von 879.000 EUR bedacht. Mit den einzelnen Zuwendungen konnten viele unterschiedliche Projekte und Vorhaben im karitativen Bereich zur Unterstützung Pandemie-Betroffener realisiert werden.

Entwicklungshilfegruppe

Der eingetragene Verein „Entwicklungshilfegruppe in der OeNB“ wird seit nunmehr über 35 Jahren von engagierten aktiven und pensionierten OeNB-Mitarbeitenden betreut und finanziert Hilfsprojekte durch Mitgliedsbeiträge und Spenden der Kollegenschaft und des Direktoriums. Den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen entsprechend werden jene in der OeNB eingereichte Hilfsprojekte finanziell unterstützt, die darauf abzielen, Hunger und extreme Armut zu reduzieren, Kindern eine Grundschulbildung zu ermöglichen, die Gesundheit von Müttern und Kindern zu verbessern, die wirtschaftliche Beteiligung von Frauen zu fördern und einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen zu sichern. Da die COVID-19-Pandemie die Armut der Menschen in den ärmsten Gegenden der Welt noch verschärft hat, wurde in der Hauptversammlung des Vereins entschieden, neben den durch die Kollegenschaft eingereichten zehn Hilfsprojekten zusätzlich auch zwei COVID-19-Projekte des österreichischen Entwicklungshilfeklubs (Hygienepakete für die Ärmsten und den weltweiten Corona-Nothilfefonds) zu unterstützen.

Tabelle 5: Indikatoren zum wissensbasierten Output  
Einheit 2017 2018 2019 2020
Kooperation und Vernetzung
Nationale Gremien mit OeNB-Beteiligung Anzahl 86 84 85 79
Internationale und europäische Gremien mit OeNB-
Beteiligung (ESZB u.a.)
Anzahl 364 356 323 331
Technische Zentralbankkooperation mit CESEE/GUS Tage 557 451 4941 345
Teilnehmende an Kursen des Joint Vienna Institute (JVI) Anzahl 2.155 2.282 2.410 756
Nationale und internationale Veranstaltungen der OeNB Tage 186 209 200 43
Externe Vorträge Anzahl 828 870 879 474
Kommunikation und Information
Auskünfte der OeNB-Hotlines Anzahl 13.335 12.449 11.432 9.756
Externe Forschungskooperationen Anzahl 90 100 150 126
Besuche im Geldmuseum, Personen Anzahl 13.027 11.482 11.019 2.790
Bargeldschulungen (inklusive Euro-Shop-Tour), Personen Anzahl 16.159 5.979 16.939 3.354
Bei Schulaktivitäten erreichte Kinder und Lehrkräfte Anzahl 22.565 29.252 27.914 12.172
Seminare für Lehrkräfte Anzahl 7 21 25 27
Kontakte bei der Euro-Info-Tour Anzahl 45.562 30.208 19.189 2
Pressekonferenzen Anzahl 12 13 20 9
Presseaussendungen Anzahl 177 187 114 114
Publikationen
Fachartikel von OeNB-Mitarbeitenden Anzahl 111 119 79 72
davon referierte Artikel Anzahl 30 30 36 27
Vertrauen und Image
Vertrauensquote im 2. Halbjahr % 67,0 71,0 76,0 76,0
Imageindex im 2. Halbjahr
Einheit: Wert zwischen 5,5 und 10,0 positiv
Wertebereich 6,9 6,9 7,2 6,9
Quelle: OeNB.
1 Wurde korrigiert.
2 Findet nicht mehr statt.

30 OeNB-Barometer (IFES), 1. Halbjahr 2020.

Die OeNB fördert Forschung, Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Kultur und spendet für ­karitative Zwecke

Die OeNB unterstützt Forschungsförderung…

Der Jubiläumsfonds der Oesterreichischen National­bank (OeNB) wurde 2019 nach einem Evaluations- und Reformprozess strategisch neu ausgerichtet. Nach einer 2020 auslaufenden Übergangsphase sollen von der OeNB geförderte Projekte nunmehr den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu wirtschafts- und standortpolitischen Fragestellungen unter besonderer Berücksichtigung kommunizierter Schwerpunkte erweitern bzw. vertiefen.

Deklariertes Ziel des Jubiläumsfonds der OeNB ist es, für thematisch abgegrenzte Grund­lagenforschungsvorhaben faire Wettbewerbsbedingungen bei der Fördervergabe sicherzustellen, um zur gezielten Stärkung der Konkurrenzfähigkeit und einer damit einhergehenden allgemeinen Attraktivitätssteigerung der ökonomisch orientierten Forschungslandschaft in Österreich beizutragen.

Das Direktorium der OeNB hat – diesen Vorgaben folgend – im Jahr 2020 die Finanzierung von 51 Forschungsprojekten mit rund 8 Mio EUR aus Mitteln des Jubiläumsfonds zur Förderung der Forschungs- und Lehraufgaben der Wissenschaft genehmigt.

…Wirtschaftsförderung…

Das European Recovery Program (ERP), allgemein bekannt unter dem Namen Marshall-Plan, war ein auf US-amerikanische Unterstützung aufbauendes Wirtschaftsprogramm, mit dem das vom Krieg zerstörte Europa wiederaufgebaut wurde. Die OeNB hatte von Beginn an eine entscheidende Rolle bei seiner Umsetzung und verwaltet bis heute die Mittel des ERP-Nationalbankblocks. Die OeNB betreute zuletzt 575 Kredite der Sektoren Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen mit einem ­aushaftenden Kreditvolumen von insgesamt 745 Mio EUR.

… Kunst und Kultur

Die Sammlung historischer Streichinstrumente der OeNB besteht derzeit aus 45 Instrumenten, die von den berühmtesten Vertretern des klassischen italienischen und französischen Geigenbaus gebaut wurden. Alle Instrumente werden österreichischen Musikerinnen und Musikern unentgeltlich zur Verfügung gestellt und tragen so zu Österreichs herausragendem internationalen Ruf als Musiknation bei. Vier Violinen werden seit 2019 hervorragenden Studierenden der österreichischen Musikuniversitäten zur Vorbereitung auf Wettbewerbe und Probespiele verliehen.

Trotz der COVID-19-Pandemie fand im Zuge der langjährigen Kooperation mit dem Radiosender Ö1 ein Konzert in Innsbruck statt, bei dem auf den Instrumenten der Sammlung konzertiert wurde. Weitere Konzerte wurden in Stift Ossiach in Kooperation mit dem Carinthischen Sommer veranstaltet.

2020 wurden fünfzehn Werke der zeitgenössischen Kunst angekauft. Bei der Auswahl der Kunstwerke wurde in diesem Jahr besonders darauf geachtet, dass die Förderung durch die Ankäufe lebenden, österreichischen Kunstschaffenden und ihren Galerien zugutekommt. Mit Jürgen Messensee, Rudolf Polanszky, Eva Schlegel und Heimo Zobernig wurden vier international anerkannte Künstlerinnen und Künstler der Sammlung neu hinzugefügt. Mit dem Erwerb dieser Arbeiten hat die OeNB ihren Schwerpunkt auf die Abstraktion in der Zeitgenössischen Kunst ihrer Sammlung verstärkt.

Die OeNB hat 2020 sechs Ausstellungen in österreichischen Museen mit Leihgaben aus der Sammlung unterstützt und diese damit der ­Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das waren bzw. sind Ausstellungen in der Niederösterreichischen Landesgalerie in Krems, im Museum der Moderne in Salzburg, im Belvedere 21, dem Leopold Museum und der Albertina ­Modern in Wien und im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck.

Erste Vorbereitungen für die Errichtung des geplanten Shoah-Denkmals

Im Auftrag der Bundesregierung errichtet die Bundesimmobilien Gesellschaft (BIG) eine ­Gedenkstätte für die im Zweiten Weltkrieg ­ermordeten jüdischen Kinder, Frauen und Männer aus Österreich. Das Mahnmal entsteht am Ostarrichi-Park, der zum Teil im Grundbesitz der OeNB ist. Die Finanzierung der ­Gedenkstätte erfolgt durch den Bund, die OeNB stellt ihren Teil des Grundstücks zur Verfügung.

Risikomanagement

Enterprise Risk Management

Im Rahmen der OeNB-Strategie 2020–2025 wurde die Einrichtung eines Enterprise Risk Management als strategisches OeNB-Ziel festgelegt. Die OeNB verfügt bereits über eine Reihe von unterschiedlichen Risikomanagementsystemen, um Risiken – etwa bei Veranlagungen, Unternehmensbeteiligungen, im IT- oder Compliance-Bereich sowie bei Projekten – zu reduzieren. Mittels des Enterprise Risk Management soll ein übergreifendes Risikosteuerungsmodell geschaffen und die nichtfinanziellen ­Risikomanagementsysteme der OeNB harmonisiert werden. Dabei wird sowohl eine verbesserte Wirksamkeit der verschiedenen Risikomanagementsysteme angestrebt als auch die Entwicklung einer modernen Risikokultur, -politik und -strategie.

Finanzielle Risiken

Die für die OeNB relevanten finanziellen Risiken bestehen aus Markt-, Kredit- und Marktliquiditätsrisiko. Die grundsätzliche Beschreibung des Managements von Währungsreserven und der Risikosteuerung ist in einem Rulebook, das vom OeNB-Direktorium beschlossen wurde, festgelegt. Dem OeNB-Treasury wird auf Vorschlag des Risikokomitees ein vom Direktorium festgelegtes Risikobudget zugeteilt, das die ­gewünschte Risikobegrenzung des Direktoriums darstellt. Die ständige Einhaltung des Risikobudgets wird anhand spezifischer Risikomesssysteme und -methoden überprüft und durch das Risikokomitee überwacht. Dabei werden Markt- und Kreditrisiken quantifiziert, wobei die Neubewertungskonten bei der Berechnung des Risikos im Ausmaß ihrer Deckungsfähigkeit reduzierend berücksichtigt werden. Es wird regelmäßig an das Risikokomitee und in weiterer Folge an das Direktorium berichtet. Neue Währungen und Veranlagungsarten sowie die zur Risikobemessung verwendeten Methoden und Limits sind nach eingehender Analyse vom Direktorium zu bewilligen. Auch die Berücksichtigung klimabedingter Finanzrisiken rückt zunehmend in den Fokus.

Marktrisiko

Das Marktrisiko wird durch Veränderungen von Marktpreisen auf den Finanzmärkten, insbesondere aufgrund von Veränderungen der Wechselkurse und Zinssätze, beeinflusst. Das Risikobudget wird vom Investmentkomitee in der Veranlagungsstruktur berücksichtigt. Vom Direktorium werden Konzentrationslimits pro Währung sowie eine für Zentralbanken übliche und relativ risikoarme Standardallokation vorgegeben. Das Wechselkurs- und das Zinsänderungsrisiko werden innerhalb der Grenzen des Risikobudgets gesteuert. Die Kontrolle der Einhaltung des Treasury-Risikobudgets erfolgt mit dem Risikomaß Value at Risk (VaR) für das Marktrisiko. Die Marktrisiken aus der einheitlichen Geldpolitik werden von der EZB mittels Expected Shortfall (ES)-Risikomaß ermittelt. Die Berechnungen mittels VaR und ES werden einheitlich mit einem Ein-Jahres-Horizont und einem Konfidenzniveau von 99% durchgeführt. Zusätzlich wird zur Risikobandbreitenermittlung auch ein Drei-Monats-Risikohorizont herangezogen.

Die Risikoposition richtet sich nach dem aktuell veranlagten Eigenbestand inklusive Gold und dem Bestand an nicht abgesicherten Sonderziehungsrechten (SZR) sowie der Eigenmittelveranlagung und zweckgewidmeten Veranlagungen.

Zudem sorgt die OeNB auch entsprechend ihrem eingezahlten Kapitalanteil für das Risiko der Veranlagungen der EZB und für die von der EZB eingegangenen Risiken aus der einheitlichen Geldpolitik vor.

Das Risiko aus der Immobilienbeteiligung wird von der OeNB anhand eines Immobilienindex, ebenfalls auf Basis des VaR mit einem Ein-Jahres-Horizont und einem Konfidenzniveau von 99% berechnet.

Kreditrisiko

Das Kreditrisiko stellt die Gefahr, die von einem teilweisen oder vollständigen Ausfall vertraglich vereinbarter Zahlungen ausgeht, dar. Das Manage­ment in der Eigenverwaltung erfolgt grundsätzlich über ein Veranlagungs-­Limit­system, in dem sämtliche Limits und deren Ausnützung jederzeit aktuell zur Verfügung stehen.

Das Kreditrisiko aus der einheitlichen Geldpolitik wird von der EZB berechnet und im -Risikoberichtswesen der OeNB anteilig ­berücksichtigt. Das Kreditrisiko aus dem OeNB-Eigenbestand und der Eigenmittelveranlagung wird von der OeNB berechnet und in der Ausnützung des Risikobudgets mitberücksichtigt. Die Kreditrisikoberechnungen des ES und VaR der EZB und der OeNB werden jeweils mit einem Ein-Jahres-Horizont und einem Konfidenzniveau von 99% durchgeführt.

Marktliquiditätsrisiko

Das Marktliquiditätsrisiko besteht darin, dass aufgrund eines engen und nicht in vollem ­Umfang aufnahmefähigen Marktes Finanzpositionen nicht zur Gänze, nicht genügend schnell und eventuell nur mit Preisabschlägen geschlossen werden können. Aus diesem Grund werden ­Finanzprodukte auf deren Marktliquidität hin analysiert, Positionsgrößen vom Emissionsvolumen abhängig gemacht und die maximalen Restlaufzeiten der Geschäfte limitiert. Dabei wird auf Sicherheit und Liquidität vorrangig Bedacht genommen und die Rentabilität diesen nachgereiht.

Operationelles Risiko

Operationelle Risiken sind alle jene Risiken, die aufgrund von Schäden oder inadäquaten Abläufen in internen Prozessen, Systemen oder durch Menschen und externe Ereignisse entstehen können und einen Schaden bei der Erreichung der Unternehmensziele, einen Reputationsschaden oder einen finanziellen Schaden bewirken. Das Management des operationellen Risikos der OeNB ist in einem speziellen Handbuch für operationelles Risikomanagement, Business Continuity und Krisenmanagement geregelt. Die OeNB ist sich ihrer Rolle als ­Betreiberin kritischer Infrastruktur bewusst und hat die aktuellen Anforderungen an die Ausfallslösungen (insbesondere die Umsiedelung eines Rechenzentrums und eines Backup-Datenstandorts an weiter entfernte Standorte) identifiziert und in den Notfallplänen berücksichtigt. Damit werden Auswirkungen verschiedener Ausfallsereignisse auf den Geschäftsbetrieb der OeNB minimiert.

Informationssicherheitsrisiko

Der IT-Bereich betreibt ein nach ISO27001 zertifiziertes Informationssicherheitsmanagementsystem. Dabei werden die Risiken für Informationen systematisch untersucht und behandelt. Anhand des von der OeNB definierten Schutzbedarfs werden technische und organisatorische Schwachstellen ermittelt, die im Hinblick auf Vertraulichkeits-, Integritäts- und Verfügbarkeitsrisiken analysiert werden. Der Schutz und die Sicherheit der Informationen müssen dabei gegenüber den Kosten und der Praktikabilität abgewogen werden.

Umwelterklärung 2020 – Ökologisches ­Unternehmen OeNB

Aktualisierte Umwelterklärung gemäß EMAS-VO (EG) Nr. 1221/2009

Vor mehr als 20 Jahren erfolgte der Startschuss für den zertifizierten Umweltschutz in der OeNB. 1996 wurde per Direktoriumsbeschluss entschieden, die damalige Abteilung „Druckerei für Wertpapiere“ gemäß der internationalen Umweltschutznorm ISO 14001 zu zertifizieren. 1999 folgte die Teilnahme am europäischen Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (EMAS – Eco Management and Audit Scheme, eine Verordnung der EU). Das EMAS-Zertifikat zeichnet umweltbewusstes Verhalten jener Unternehmen aus, die sich freiwillig zur kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes verpflichtet haben und dies durch Einhaltung der strengen Kriterien nachweisen. Die OeNB dokumentiert damit, dass sie – über die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben hinaus – ­Anstrengungen zur Verbesserung der betrieblichen Umweltleistungen unternimmt. Diese Vorreiterinnenrolle der OeNB und der Tochter­gesellschaft OeBS wurde am 27. Oktober 2020 in einer feierlichen Veranstaltung gewürdigt, indem anlässlich des über 20 Jahre hinweg ­umgesetzten EMAS-Umweltmanagements das Bundes­ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eine Auszeichnung für „EMAS-Pioniere“ vergab.

In den vergangenen beiden Jahrzehnten ­erzielte die Umweltorganisation in der OeNB wichtige Erfolge in der Umsetzung der OeNB-Umweltpolitik. Maßgeblich daran beteiligt ­waren die Expertinnen und Experten im Energie- und Abfallbereich, sowie die Umweltcontrollerinnen und -controller in den Abteilungen, u. a. im Rahmen regelmäßiger Umweltaudits und Abstimmungen im Umwelt-Jour fixe. So wurde der Wärmeverbrauch um rund 40% gegenüber der Ausgangsbasis im Jahr 2001 reduziert, der Papierverbrauch sogar um rund 75%. Dennoch gibt es noch weiteres Verbesserungspotenzial für künftige Vorhaben im Umweltprogramm. Die Bedeutung der umgesetzten Umweltmaßnahmen ist insbesondere vor dem Hintergrund des 2019 verabschiedeten „Green Deal“ der EU-Kommission zu betrachten, in dem von der Europäischen Kommission das Ziel vorgegeben wurde, bis 2050 in der EU die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster Kontinent klimaneutral zu werden.

Der EMAS-Management-Vertreter der OeNB unterzeichnete gemeinsam mit den ­anderen Direktoriumsmitgliedern im Jahr 2020 die leicht adaptierte Erklärung zur Umweltpolitik der OeNB, in der der Klimaschutz stärker betont wird. Darin wird das Jahr 2040 als Zieldatum für die Erzielung effektiver Klimaneutralität aller OeNB-Aktivitäten angepeilt. Im jährlich zu erstellenden Management-Review wurde die Umsetzung der in der EMAS-Verordnung festgelegten Verpflichtungen (Umwelt­gesetze, umweltbezogene Zielsetzungen, kontinuierlicher Verbesserungsprozess etc.) als gut nachvollziehbar bewertet.

Die OeNB erhielt im Jahr 2020 eine weitere Auszeichnung für sozial-ökologisches Engagement: „AfB social & green IT“, eines der größten gemeinnützigen Informationstechnologie-Unternehmen in Europa, bescheinigte, dass in der rund 5-jährigen Kooperation durch Wieder­verwendung und Recyclingmaßnahmen von Notebooks, PC- und Bildschirmgeräten mehr als 53 Tonnen CO2 eingespart werden konnten.

Veranstaltungen und Publikationen

Die OeNB pflegt mit dem Club of Rome – Austrian Chapter eine jahrelange Kooperation. Am 16. Juni 2020 diskutierten OeNB-Beauftragte mit Teilnehmenden aus Finanzwirtschaft und Wissenschaft im Rahmen eines Symposiums zum Thema „Mit Green Finance aus der Krise?“. Dabei ging es unter anderem darum, die Ausgaben zur Bewältigung der COVID-19-­Krise im Rahmen von Konjunkturprogrammen mit den Klimaschutzzielen in Einklang zu ­bringen. Auf der Jahrestagung des Club of Rome Austrian Chapter am 24. November 2020, bei der auch die OeNB prominent vertreten war, wurde der Weg in eine klimaneutrale ­Zukunft erörtert. Auf großes Interesse stieß dabei die Diskussion im Eurosystem über den potenziellen Beitrag von EZB und nationalen Notenbanken zur Bekämpfung des Klimawandels. Vor diesem Hintergrund werden im Eurosystem unter Mitwirkung der OeNB klimabedingte Risiken für das Wirtschaft- und Finanzsystem untersucht. Im Finanzmarktstabilitätsbericht der OeNB wurden die Chancen und Risiken des Klimawandels und der Klimapolitik für den österreichischen Finanzsektor analysiert und kommuniziert. Die OeNB und die EZB wirken zudem im Network for Greening the Financial System (NGFS) bei der Erstellung von entsprechenden Fachpublikationen mit. Darüber hinaus trugen OeNB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Themenbereich Green Finance bei zahlreichen nationalen und internationalen Veranstaltungen und Kursen im Berichtsjahr (vorwiegend online) vor.

Umweltdatenbank bewährt sich nach dem Relaunch

Die in der OeNB verwendete Umweltdatenbank wurde 2019 einem Relaunch unterzogen und war 2020 das erste Jahr im Vollbetrieb. Mit ihr konnten die neuen Anforderungen der EMAS- und ISO-Normen besser abgedeckt werden und das Controlling von umweltrechtlichen Aufgaben, die Dokumentation der internen Audits und die Erstellung der Bilanz an Verbrauchsdaten wurden erleichtert. Alle entsprechenden Termine wurden plangemäß erfüllt und die Einhaltung der Rechtsvorschriften wurde im aktuellen Management-Review nachgewiesen.

Zertifiziertes Energiemanagement nach ISO 50001 senkt Energiekosten und forciert erneuerbare Energiequellen

Im Berichtsjahr stellt sich bei den für die Nutzung erhobenen Strom- und Fernkältedaten ein um etwa 15% reduzierter Verbrauch im Vergleich zum Vorjahr und bei Wasser sogar 30% im Vergleich zum Vorjahr dar. Dies ist primär auf die COVID-19-bedingten personellen ­Abwesenheiten in den OeNB-Gebäuden zurückzuführen. Die benötigte Wärmemenge konnte hingegen nicht reduziert werden, sondern es kam sogar zu einem partiellen Mehrverbrauch aufgrund niederer Außentemperaturen.

Weiterhin bezieht die OeNB Strom ausschließlich aus erneuerbaren Quellen, zertifiziert mit dem Österreichischen Umweltzeichen. Das erstmals im Jahr 2014 erworbene Energiezertifikat ISO 50001 unterstreicht die Bestrebungen für einen effizienten Energieeinsatz. Weitere Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase sind die Fortführung der Wärmerück­gewinnung, eine fassadenintegrierte Photovoltaikanlage, Verbesserungen der Haustechnik wie Pumpen- und Jalousiensteuerungen, Umrüstung auf LED und Bewegungsmelder bei der Beleuchtung und die Unterstützung von ­öffentlichkeitswirksamen Umweltprojekten, wie beispielsweise die Forcierung von nachhaltigem Investieren in der Finanzbildung.

Förderung umweltfreundlicher Mobilität

Aufgrund der COVID-19-Pandemie arbeitete der Großteil der Belegschaft im Homeoffice und viele Dienstreisen wurden abgesagt. Dieser Umstand schlägt sich in der CO2-Bilanz der OeNB und den Transportleistungen nieder (Tabelle 7 und 8). Es wurden neue Rahmenbedingungen für Dienstreisen geschaffen und eine Betriebsvereinbarung zu Dienstreisen überarbeitet, um umweltfreundliche Mobilität zu fördern. Neben den Dienstreisen wird auch beim Weg zum Arbeitsplatz die Nutzung von Bahn, öffentlicher Verkehrsmittel sowie Rad- und Fußverkehr forciert. Das Umweltbewusstsein der Belegschaft wird weiters durch Artikel in der OeNB-internen Zeitschrift und im Intranet geschärft.

Ökologische Kennzahlen

Die Abfallbilanz zeigt, dass die bereits (durch sorgsame Abfalltrennung und Verwertung von Holz und Altmetall) in den letzten Jahren erzielten niedrigen Niveaus im Jahr 2020 aufgrund der pandemiebedingten Abwesenheiten in den OeNB-Gebäuden stark unterschritten wurden. Der erhöhte Werte bei „Gefährliche Abfälle“ im Jahr 2019 ist auf einen Batteriewechsel in der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV-Anlage) zurückzuführen, was eine Sonderentsorgung erforderte. Der Papierverbrauch verringerte sich in der OeNB ebenfalls in erster Linie pandemiebedingt, aber auch durch Information und Bewusstseinsbildung in der Belegschaft, etwa für doppelseitiges Drucken und Kopieren und durch die forcierte Nutzung des elektronischen Akts, der 2020 im Rahmen eines umfassenden Dokumentenmanagementsystems einer Weiterentwicklung unterzogen wurde. Die von der OeNB beauftragte Reinigungsfirma ist ebenfalls EMAS-zertifiziert und setzt ausschließlich umweltverträgliche Reinigungsmittel ein.

Umweltprogramm

Die für die nähere Zukunft geplanten, generellen Umweltmaßnahmen in der OeNB sind der Tabelle „Umweltleistungen bis zum Jahr 2021 und Umweltprogramm 2020“ (Tabelle 10) zu entnehmen.

Tabelle 6: Ökologische Kennzahlen der OeNB  
2018 2019 2020 Einheit
Energie
Stromverbrauch, pro Personalressource2 6,66 6,50 5,57 MWh/PR
Wärmeverbrauch 43 37 38 kWh/m2
Fernkälte 47 43 39 kWh/m2
Energieverbrauch Gebäude gesamt3 15.380 14.249 13.143 MWh
davon erneuerbar 4 8.026 7.837 9.427 MWh
Gesamtenergieverbrauch inkl. Dienstreisen 19.664 16.411 13.842 MWh
Wasser
Wasserverbrauch5 93 87 59 Liter/PR/Tag
Material- und Produktverbrauch
Papierverbrauch gesamt6 50 44 24 kg/PR
Schreib-/Kopierpapierverbrauch 6.318 4.967 4.072 Blatt/PR
Recyclinganteil bei Kopierpapier 54 38 53 %
Reinigungsmittelverbrauch 7 26 16 7 g/m2
CO2-Emissionen, insgesamt8 3,0 2,8 0,7 t/PR
Quelle: OeNB.
1 PR = Personalressource. Jahr 2018=1.079,3; Jahr 2019=1.069,6; Jahr 2020=1,087,5. Dem EMAS-Umweltmanagement unterliegen der Standort Wien (Hauptgebäude,
Otto-Wagner-Platz 3, das Bürogebäude Nord, Rotenhausgasse 4, die der OeNB zugerechneten Bereiche im Geldzentrum, Garnisongasse 15, alle 1090 Wien) und der Standort
OeNB West (Adamgasse 2, 6020 Innsbruck).

2 Alle Energiedaten betreffend Gebäude ab 2018 inklusive Geldzentrum (exklusive OeNB West und Repräsentanz Brüssel, rund 20 PR).

3 Im Jahr 2020 pandemiebedingte Reduktion bei Energieverbräuchen.

4 Seit 2010 OeNB-Bezug von zertifiziertem Ökostrom.

5 Exklusive OeNB West und Repräsentanz Brüssel, pandemiebedingt reduzierter Wasserverbrauch 2020.

6 Der Papierverbrauch enthält Einkaufszahlen und somit auch Lagerware. Gesamtverbrauch 26,124 kg.

7 Pandemiebedingt weniger Verbrauch 2020, Gesamtverbrauch 2020: 697 Liter.

8 Betrieb und Dienstreisen; gesamt 2020: 742 Tonnen, Senkung pandemiebedingt; Umrechnungsfaktoren lt. Umweltbundesamt inkl. indirekter Treibhausgas-Emissionen und
Energieversorger. Einbezogen werden Daten zu Energie für Gebäude, Dienstreisen, Transporte und Notstromaggregate.

Anmerkung: Flächenverbrauch 20.758 m2, Versiegelte Fläche 17.860 m2, Grünfläche 4.520 m2 (inkl. begrünter Dachflächen). Die weiteren, von EMAS vorgesehene Indikatoren
werden mangels Relevanz nicht angeführt: Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen wie z. B. CH4, N2O, HFC, PFC, SF6 bzw. SO2, NOX und Feinstaub.
Tabelle 7: Treibhausgasverursachung der OeNB 2020  
CO2-Äquivalente
in Tonnen
Scope 1
Fuhrpark 60,6
Kältemittel 0,0
Test Notstromaggregat 11,7
Scope 1 gesamt 72,3
Scope 2
Strom 107,9
Fernwärme 91,0
Fernkälte 151,2
Scope 2 gesamt 350,1
Scope 3
Dienstreisen Flug 282,7
Dienstreisen PKW 29,2
Dienstreisen Bahn 0,7
Scope 3 gesamt 312,6
Summe 734,9
Quelle: OeNB.
Tabelle 8: Transportleistungen  
2018 2019 2020
Flug-Dienstreisen, in km 2.791.800 2.609.057 676.192
PKW-Dienstreisen, in km 350.200 356.642 117.300
Bahn-Dienstreisen, in km 288.600 250.200 83.400
Treibstoffe für Transporte,
in Liter
31.028 34.879 20.123
Quelle: OeNB.
Tabelle 9: Abfallaufkommen der OeNB von 2018 bis 2020  
2018 2019 2020
in kg
Nicht gefährliche Abfälle 66.444 72.396 44.390
Nicht gefährliche Abfälle
pro Personalressource1
62 68 40
Gefährliche Abfälle 2.965 28.611 9.322
Gefährliche Abfälle
pro Personalressource2
3 27 8
Altstoffe 116.653 102.210 90.990
Altstoffe pro Personalressource 108 96 83
Abfälle und Altstoffe insgesamt 186.062 203.217 144.702
Quelle: OeNB.
1 Pandemiebedingt reduzierte Abfallvolumina.
2 Steigerung 2019 aufgrund Austausch von Akkumulatoren. Diese werden für unterbrechungsfreie Stromversorgung benötigt.
Tabelle 10: Umweltleistungen bis zum Jahr 2020 und Umweltprogramm 2021  
Termin Status Verantwortlich
Weitere Ökologisierung der Beschaffung
Beauftragung einer neuen Reinigungsfirma mit EMAS-Zertifikat 2021 Fortsetzung Fachabteilung
Büroartikelbestellung mit ökologischen Kriterien 2021 Fortsetzung Fachabteilung
Installation einer Dokumentenmanagementsystes, u.a. auch zur Papiereinsparung 2020 Realisiert Fachabteilung
Sorgsamer Umgang mit Ressourcen, Verringerung der Emissionen,
weitere Reduktion des Stromverbrauchs um 2% gegenüber dem Jahr 2014
Bedarfsabhängiges Beleuchtungskonzept bei Arbeitslampen 2021 Fortsetzung Fachabteilung
Weiterentwicklung des Mobilitätskonzeptes 2021 Fortsetzung Umweltteam
Evaluation der Kältemittel im Gebäudemanagement-Einsatz 2021 Realisiert Fachabteilung
Projekte zur Einsparung von elektrischem Strom
Umrüstung auf LED-Beleuchtung in Technikgeschoßen in OeNB I und BGN 2021 Fortsetzung Fachabteilung
Erneuerung von Sanitär-, Kälte- und Heizungsleitungen 2021 Fortsetzung Fachabteilung
Lichtabschaltung Aufzüge 2020 Realisiert Fachabteilung
Beleuchtungstausch Sanitäranlagen HG 2021 Geplant Fachabteilung
Beleuchtungstausch Drucksaal und Erdgeschoß BGN 2022 Geplant Fachabteilung
Stärkung des Umweltbewusstseins, Schulungen
Förderung umweltfreundlicher Mobilität (Fahrrad, Verleihsystem „City Bike" ) 2021 Fortsetzung Fachabteilung
Schulung neu eingetretener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2021 Geplant Umweltteam
Urban Gardening, Information: Pflanzen im Stadtgebiet 2021 Fortsetzung Fachabteilung
Vernetzung und Kommunikation
Green Finance Mitgliedschaft beim Networking for greening the financial system (NGFS) 2021 Fortsetzung Umweltteam
Informationsinitiative z. B. mit Vorträgen, Erweiterung der Intranetinformationen 2021 Fortsetzung Umweltteam
Kooperationen mit Umweltpartnern wie Club of Rome, WWF, ÖGUT 2021 Fortsetzung Umweltteam
Audit bei Entsorger 2021 Geplant Abfallbeauftragte
Weitere Ökologisierung des Lebensmittelangebots, Reduktion von Plastik 2021 Fortsetzung Umweltteam
Quelle: OeNB.

Gültigkeitserklärung

Die vorliegende aktualisierte Umwelterklärung der Oesterreichischen Nationalbank, Otto-Wagner-Platz 3, A-1090 Wien, wurde im Rahmen einer Begutachtung nach EMAS-VO vom TÜV SÜD Landesgesellschaft Österreich GmbH, Franz-Grill-Straße 1, Arsenal Objekt 207, A-1030 Wien, Österreich, AT-V-0003 geprüft.

Der leitende Gutachter vom TÜV SÜD bestätigt hiermit, dass die Umweltpolitik, das Umweltprogramm, das Umweltmanagementsystem, die Umweltprüfung und das Umweltbetriebsprüfungsverfahren der Organisation mit der Verordnung (EG) Nr.1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Nov. 2009 (EMAS-VO) in der Fassung EU-VO 2026/2018 übereinstimmen und erklärt die relevanten Inhalte der Umwelterklärung nach Anhang IV Abschnitt B, Buchstaben a – h, für gültig.

Wien, im Jänner 2021

Unterschrift Dipl.-Ing. Dr. Kurt Kefer, Leitender Umweltgutachter

Dipl.-Ing. Dr. Kurt Kefer, Leitender Umweltgutachter

Die nächste Umwelterklärung wird im Frühjahr 2022 publiziert.

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