Geschäftsbericht 2021
Vorwort des Präsidenten
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die COVID-19-Pandemie bestimmte auch im abgelaufenen Jahr 2021 das gesellschaftliche und wirtschaftliche Geschehen in Österreich. Die Verfügbarkeit von Impfstoffen und anhaltend expansive staatliche Maßnahmen stützten in dieser Situation den wirtschaftlichen Aufschwung. Im Jahr 2021 ist die österreichische Wirtschaft mit 4,7 % kräftig gewachsen, auch für 2022 sind die Prognosen gut. Die Omikron-Welle und mögliche neue Virusvarianten stellen allerdings ein Abwärtsrisiko dar. Zudem hat die Pandemie einen Arbeitskräftemangel in bestimmten Branchen ausgelöst und zu einem Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage am österreichischen Arbeitsmarkt geführt. Die Gewährleistung von Preisstabilität war im Jahr 2021 für die OeNB und das Eurosystem besonders fordernd: Nachholeffekte nach dem Ende der Lockdown-Maßnahmen, globale Lieferengpässe sowie die markante Zunahme der Energiepreise führten europaweit zu einem deutlichen Anstieg der Inflation. In Österreich stieg die Teuerung gegen Ende des Jahres auf über 4 % an.
Dank der wirtschaftlichen Erholung, der vielfältigen Unterstützungsmaßnahmen zur Abfederung der Pandemieeffekte sowie des anhaltenden Kreditwachstums verbesserte sich die Gewinnsituation des österreichischen Bankensektors 2021 deutlich. Auch die Kreditqualität ist weiterhin gut, jedoch deuten Vorlaufindikatoren auf eine potenzielle Verschlechterung in manchen Bereichen hin. Analysen der OeNB zeigen, dass die starke Dynamik auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt 2021 unvermindert anhielt. Die OeNB hat in der Vergangenheit bereits verstärkt auf die Bedeutung der Einhaltung nachhaltiger Kreditvergabestandards hingewiesen und vor potenziellen negativen Folgen für die Finanzmarktstabilität gewarnt.
Die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Bargeld erfüllt die OeNB gemeinsam mit ihren Tochtergesellschaften – der Oesterreichischen Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH, der Münze Österreich AG und der GELDSERVICE AUSTRIA – zuverlässig. Auch in der Pandemie war dies zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Bargeld ist das beliebteste Zahlungsmittel der Österreicherinnen und Österreicher. Es bietet Sicherheit, Anonymität und gesellschaftliche Fairness durch den gleichen Zugang für alle. Das Jubiläum von 20 Jahre Euro-Bargeld bietet für die OeNB einen Anlass, in unterschiedlichen Kommunikationsaktivitäten auf die Vorteile des Euro hinzuweisen. Gleichzeitig schreitet auch die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs auf europäischer und nationaler Ebene stetig voran. Die OeNB hat mit der Gründung der OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH und der Entwicklung einer neuen Bargeld- und Zahlungsverkehrsstrategie in diesem Bereich wesentliche Weichen für die Zukunft gestellt.
Die Veranlagungsstrategie der OeNB trug den Entwicklungen auf den Finanzmärkten im Jahr 2021 Rechnung und war durch eine umfassende Neuausrichtung gekennzeichnet. Im Rahmen des Risikomanagements werden bereits seit vielen Jahren spezifische Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. Der Klimawandel wird von der OeNB im Rahmen der vom Eurosystem initiierten Maßnahmen sehr ernst genommen. Darüber hinaus strebt die OeNB an, bis zum Jahr 2040 ein klimaneutrales Unternehmen zu werden. Die OeNB nimmt neben der Erfüllung ihrer Kernaufgaben auch ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr und fördert Forschung, Wirtschaft, Kunst und Kultur. Im Jahr 2021 ist die bisherige Basisfinanzierung für österreichische Wirtschaftsforschungsinstitute durch ein neues transparentes System reformiert worden.
Mein expliziter Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der OeNB und ihrer Tochtergesellschaften sowie den Mitgliedern des Direktoriums und des Generalrats für die ausgezeichnete Zusammenarbeit im Jahr 2021.
Wien, im März 2022
Harald Mahrer, Präsident
Vorwort des Gouverneurs
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das reale Bruttoinlandsprodukt des Euroraums stieg nach dem pandemiebedingten Krisenjahr 2020 vor allem durch ein Wiedererstarken des privaten Konsums deutlich um 5,2 %. Die Inflation begann insbesondere im zweiten Halbjahr 2021 ebenfalls rasch zu steigen. Der Anstieg der Verbraucherpreise lag laut dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) im Jahr 2021 bei 2,6 % im Euroraum. In Österreich zeigte sich ein vergleichsweise ähnliches Bild mit einem Wachstum des BIP um 4,7 % und einem HVPI-Anstieg von 2,8 %.
Das Eurosystem reagierte auf diesen Anstieg der Inflation mit einem Beschluss über das plangemäße Auslaufen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) mit März 2022. Das erweiterte Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Expanded Asset Purchase Programme – APP) wird mit dem Auslaufen des PEPP zunächst auf 40 Mrd EUR pro Monat erhöht und danach schrittweise reduziert, sodass ab Oktober 2022 wieder ein monatliches Volumen von 20 Mrd EUR angekauft wird.
Gemäß der EZB-Prognose vom Dezember 2021 wird die Inflation im Euroraum im Jahr 2022 3,2 % erreichen, aber bereits Ende 2022 auf knapp unter 2 % sinken und in den beiden Folgejahren dort verharren. Somit würde das geldpolitische Ziel einer Inflation von 2 % innerhalb der nächsten beiden Jahre nicht ganz erreicht. Falls sich die Inflation jedoch trotz des Auslaufens von Einmaleffekten als hartnäckiger erweisen sollte, verfügt die Geldpolitik über genügend Instrumente, um effektiv gegenzusteuern. Das Eurosystem ist bereit jederzeit geldpolitisch aktiv zu werden, sollte es die aktuelle Situation erfordern.
Darüber hinaus stand das Jahr 2021 auch im Zeichen entscheidender strategischer Weichenstellungen. So wurde die erste neue geldpolitische Strategie der EZB seit 18 Jahren – mit einem symmetrischen Inflationsziel von mittelfristig 2 % – beschlossen. Ein weiteres Thema, das 2021 im Vordergrund stand und uns noch länger begleiten wird, ist der Kampf gegen den Klimawandel. Die OeNB verfügt über eine ausgezeichnete Expertise in diesem Bereich und konnte im vergangenen Jahr für eine international hochrangig besetzte Konferenz mit Lord Nicholas Stern einen der weltweit führenden Experten zu diesem Thema gewinnen.
Neben der Wahrung der Preisstabilität und den Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ist in den kommenden Jahren die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zentral für ein höheres Produktivitätswachstum. Die Entwicklung und der Einsatz neuer, klimafreundlicher Technologien bietet dafür Chancen. Eine höhere Produktivität sollte zu einem steigenden (realen) Gleichgewichtszinssatz beitragen, was wiederum der Geldpolitik mehr Gestaltungspielraum bieten würde.
Alles in allem bin ich optimistisch, auch wenn uns die Pandemie und die Inflation noch einige Zeit begleiten werden. Die Expertinnen und Experten der OeNB leisten mit ihrem herausragenden Know-how einen wichtigen Beitrag, um die richtigen Weichen für eine nachhaltige zukünftige Wirtschaftsentwicklung zu stellen.
An dieser Stelle möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dem Präsidium, dem Generalrat und dem Direktorium meinen herzlichen und aufrichtigen Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und den außerordentlichen Einsatz während der Pandemie aussprechen. Dadurch konnte die OeNB auch im Jahr 2021 − unter weiterhin erschwerten Bedingungen − ihre zentralen und wesentlichen Aufgaben zuverlässig erfüllen und ihren Beitrag zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise leisten.
Wien, im März 2022
Robert Holzmann, Gouverneur
Mitglieder des Generalrats der OeNB
Stand 31. Dezember 2021
Dr. Harald Mahrer
Präsident
Aktuelle Funktionsperiode:
1.9.2018 – 31.8.2023
Dr. Barbara Kolm
Vizepräsidentin
Aktuelle Funktionsperiode:
1.9.2018 – 31.8.2023
Mag. Bettina
Glatz-Kremsner
Generaldirektorin der
Casinos Austria AG und der Österreichischen Lotterien Ges.m.b.H.
Aktuelle Funktionsperiode:
1.3.2018 – 28.2.2023
Mag. Erwin Hameseder
Präsident der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien reg. Gen.m.b.H.
Aktuelle Funktionsperiode:
6.3.2020 – 5.3.2025
Dr. Stephan Koren
Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Wohnungswirtschaft reg. Gen.m.b.H.
Aktuelle Funktionsperiode:
8.9.2018 – 7.9.2023
Franz Maurer
Partner bei LIVIA Group
Aktuelle Funktionsperiode:
23.5.2018 – 22.5.2023
Dr. Susanne Riess
Bausparkasse Wüstenrot AG
Aktuelle Funktionsperiode:
6.3.2020 – 5.3.2025
Mag. Peter Sidlo
Aktuelle Funktionsperiode:
1.3.2018 – 28.2.2023
Mag. Christoph Traunig, MBA
Geschäftsführender Gesellschafter bei St. Stephan Capital Partners
Aktuelle Funktionsperiode:
1.9.2018 – 31.8.2023
Univ.-Prof. Dr. Brigitte Unger
Lehrstuhl für Finanzwissenschaften an der Universität Utrecht
Aktuelle Funktionsperiode:
6.3.2020 – 5.3.2025
Staatskommissär
Sektionschef
Mag. Harald Waiglein
Leiter der Sektion für Wirtschaftspolitik und Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen
Aktuelle Funktionsperiode:
seit 1.7.2012
Staatskommissär-Stellvertreter
Mag. Alfred Lejsek
Gruppenleiter
Gruppe III/B Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen
Aktuelle Funktionsperiode:
seit 1.4.2016
Gemäß § 22 Abs. 5 NBG wurden vom Zentralbetriebsrat zu den Sitzungen des Generalrats als Vertreterin Mag. Birgit Sauerzopf und als Stellvertreter Mag. Christian Schrödinger entsendet.
Mag. Birgit Sauerzopf
Vorsitzende des Zentralbetriebsrats
Mag. Christian Schrödinger
Stellvertretender Vorsitzender des
Zentralbetriebsrats
Eigentümer und Organe
Eigentümer der OeNB
Die OeNB ist eine Aktiengesellschaft. Ihr Grundkapital von 12 Mio EUR steht seit Juli 2010 zur Gänze im Eigentum des Bundes. Die Aktionärsrechte des Bundes werden vom Bundesminister für Finanzen ausgeübt.
Generalrat
Aufgaben
Der Generalrat ist das Aufsichtsorgan der OeNB und überwacht jene Geschäfte, die nicht in den Aufgabenbereich des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) fallen. Der Generalrat hat das Direktorium in Angelegenheiten der Geschäftsführung und der Währungspolitik zu beraten und wird in der Regel einmal im Monat vom Präsidenten einberufen. Gemeinsame Sitzungen des Generalrats und des Direktoriums haben mindestens einmal im Vierteljahr stattzufinden (§ 20 Abs. 2 NBG).
Für eine Reihe von Agenden der Geschäftsführung ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Dazu zählen die Neuaufnahme oder Auflassung von Geschäftszweigen, die Errichtung oder Auflassung von Zweiganstalten sowie der Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen und Liegenschaften (§ 21 Abs. 1 NBG).
Des Weiteren ist die Zustimmung des Generalrats bei der Besetzung von Aufsichtsräten und des Managements von Unternehmen, an denen die OeNB beteiligt ist, einzuholen. Auch bei der Ernennung der Funktionäre der zweiten Führungsebene der OeNB ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Ebenfalls der Beschlussfassung durch den Generalrat vorbehalten sind u. a. die Erstattung von unverbindlichen Dreiervorschlägen an die Bundesregierung für die Ernennung der Mitglieder des Direktoriums durch den Bundespräsidenten, die Festlegung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik in Nicht-ESZB-Angelegenheiten und die Genehmigung des Jahresabschlusses zwecks Vorlage an die Generalversammlung sowie die Genehmigung der Plankostenrechnung und des Investitionsplans für das nächste Geschäftsjahr (§ 21 Abs. 2 NBG).
Zusammensetzung
Der Generalrat besteht aus dem Präsidenten, der Vizepräsidentin und acht weiteren Mitgliedern. Die Mitglieder müssen österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sein. Sie sind von der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren ernannt; eine Wiederernennung ist zulässig. Weitere Bestimmungen zum Generalrat finden sich in den §§ 20 bis 30 NBG.
Direktorium
Das Direktorium leitet den gesamten Dienstbetrieb und führt die Geschäfte der OeNB. Bei der Verfolgung der Ziele und Aufgaben des ESZB handelt das Direktorium entsprechend den Leitlinien und Weisungen der EZB. Das Direktorium führt die Geschäfte in der Weise, dass die OeNB die nach dem AEUV, nach dem ESZB/EZB-Statut, nach den auf Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften sowie sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Aufgaben erfüllt.
Das Direktorium besteht aus dem Gouverneur, dem Vize-Gouverneur und zwei weiteren Mitgliedern. Alle Mitglieder des Direktoriums werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Die Ernennung erfolgt jeweils für die Dauer von sechs Jahren; eine Wiederernennung ist zulässig. Der Gouverneur ist Mitglied des EZB-Rats und des Erweiterten Rats der EZB. Er und sein Vertreter sind bei Wahrnehmung dieser Funktionen weder an Beschlüsse des Direktoriums noch an solche des Generalrats gebunden und unterliegen auch sonst keinerlei Weisungen.
Weitere Bestimmungen zum Direktorium finden sich in den §§ 32 bis 36 NBG. Für weitere Informationen zum Direktorium der OeNB siehe auch www.oenb.at .