Statistiken – Daten und Analysen Q2-22
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser!
Im einleitenden Artikel dieser Publikation beschäftigen sich Thomas Pöchel und Jun Chao Zhan mit dem aufgrund der hohen Inflationsrate historisch tiefen Realzinsniveau bzw. dessen Auswirkungen auf den Einlagenbestand des heimischen Bankensektors. So betrug der nominelle Zinssatz für täglich fällige Spareinlagen im Februar 2022 0,07 %, während die negative Realverzinsung bei –5,8 % lag. Trotzdem wuchsen die Bankeinlagen der heimischen Haushalte weiter an. Die Autoren kommen aber auch zum Schluss, dass Investmentfonds aufgrund ihrer höheren Renditechance eine zunehmend gesuchte Veranlagungsalternative waren. Private Haushalte investierten dabei vor allem in inländische nachhaltige Investmentzertifikate.
Wie gewohnt werden Ihnen die aktuellen Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft bei einer Auswahl an Banken von Gerald Hubmann präsentiert. Daraus ist ableitbar, dass der Krieg in der Ukraine zu erhöhtem Liquiditätsbedarf bei österreichischen Unternehmen führt. Als Hauptgrund wird die Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln genannt. Für das zweite Quartal 2022 wird von den befragten Banken ein weiteres Anziehen der Kreditnachfrage erwartet.
Predrag C´etkovic´, Lisa Reitbrecht und Patricia Walter analysieren die Entwicklung von Österreichs Außenwirtschaft im zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie. So ergibt Österreichs Leistungsbilanzsaldo im Jahr 2021 in erster Berechnung erstmals seit dem Jahr 2001 ein Defizit. Der weiterhin stark beeinträchtigte Reiseverkehr war dafür ebenso entscheidend wie die durch gestiegene Energiepreise beeinflusste negative Güterbilanz.
Zwei Kurzberichte sowie eine Auswahl von 13 Tabellen ergänzen das vorliegende Statistiken-Heft.
Kurzberichte
Zahlungskartentransaktionen erreichen neue Höchststände
Patrick Thienel 1
In Österreich waren Ende 2021 16,2 Millionen Zahlungskarten im Umlauf. 66,3% dieser Karten waren Debitkarten 2 , 15,1% Delayed Debitkarten 3 , 11,1% E-Geld-Karten 4 und 7,5% Kreditkarten 5 . Die Verteilung der Karten hat sich in den letzten vier Jahren über den Zeitverlauf nur geringfügig (um 3 Prozentpunkte von E-Geld-Karten hin zu Kreditkarten) verändert. Bei Betrachtung des Kartenschemas teilen sich Mastercard/Maestro und VISA/„V Pay“ den Großteil des österreichischen Marktes auf. Sonst sind noch Diners Club International und American Express in Österreich vertreten.
Mit diesen Karten wurden zuletzt (im vierten Quartal 2021) 341,5 Millionen Transaktionen im Wert von 15 Mrd EUR getätigt. Davon entfielen 280,8 Millionen Transaktionen auf das Inland (Wert: 11,6 Mrd EUR) und 60,7 Millionen auf das Ausland (Wert: 3,4 Mrd EUR). Damit erreichten die Zahlungskartentransaktionen neue Höchststände.
Im Vergleich dazu ist die Bargeldnutzung während der COVID-19-Pandemie im Vergleich zu 2019 6 um 13 Prozentpunkte zurückgegangen. Trotz der rückläufigen Bargeldnutzung und dem sehr hohen Zahlungskartenbesitz bleibt Bargeld in Österreich weiterhin mit 66 % aller Transaktionen am Point-of-Sale (POS) das beliebteste Zahlungsmittel der in Österreich lebenden Personen.
Der Anteil (bezogen auf die Anzahl) der kontaktlosen Kartenzahlungen 7 (mit und ohne PIN-Eingabe) lag im vierten Quartal 2021 bei 88,6% (bzw. 79,4%, bezogen auf den Wert der Transaktionen), während dieser zu Beginn der statistischen Erhebung (Ende 2014) noch 4,8% (Anzahl) bzw. 1,8% (Wert) betragen hatte. Zum kontaktlosen Bezahlen ist es notwendig, dass sowohl die Zahlungskarte als auch das Kartenlesegerät mit der entsprechenden Funktion ausgestattet sind. Aktuell ermöglichen 98,5% der Terminals bzw. 81,1% der Karten eine solche Zahlung. Der Vorteil der kontaktlosen Kartenzahlungen ist, dass die Bezahlvorgänge potenziell beschleunigt werden.
Wie anhand der beiden Grafiken erkennbar, nahmen die Kartenzahlungen stetig zu, wobei natürlich saisonale Effekte zu beobachten sind (z. B. bedingt durch Weihnachtseinkäufe oder Urlaube). Weiters ist erkennbar, dass Fernabsatzzahlungen in Österreich kaum eine Rolle spielen (viertes Quartal 2021: 4,9% der Anzahl bzw. 8,2% des Werts der im Inland getätigten Zahlungen), aber den Großteil der Kartenzahlungen im Ausland ausmachen (viertes Quartal 2021: 71,3% bzw. 71,7% der Anzahl bzw. des Werts der im Ausland getätigten Zahlungen).
Deutlich sind in den Daten auch die Auswirkungen der Reiseverkehrsbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie auf die grenzüberschreitenden Kartenzahlungsverkehrstransaktionen von österreichischen Kartenhalterinnen und -haltern zu erkennen. So gingen deren Vor-Ort-Zahlungen im Ausland seit Ausbruch der Pandemie zurück. Im vierten Quartal 2020 verringerte sich ihr Wert im Vergleich zum Vorjahr um –54,7% auf 471,5 Mio EUR. Im zweiten Quartal 2020 fiel der entsprechende Rückgang noch deutlicher aus (–73,6%), während er im dritten Quartal –41,2% betrug. Bemerkenswert ist, dass im Sommer 2021 bei Vor-Ort-Zahlungen im Ausland ein ähnlich hohes Niveau erreicht wurde wie im Vor-Corona-Sommer 2019 (drittes Quartal 2021: 25,0 Millionen Transaktionen bzw. 1,5 Mrd EUR; drittes Quartal 2019: 23,2 Millionen Transaktionen bzw.
1,6 Mrd EUR).
1 Oesterreichische Nationalbank, Abteilung Statistik – Außenwirtschaft, Finanzierungsrechnung und Monetärstatistiken, patrick.thienel@oenb.at .
2 Damit wird Inhaberinnen und Inhabern einer solchen Karte ermöglicht, dass ihre Konten direkt und unmittelbar mit ihren Käufen oder Bargeldbehebungen belastet werden. Neben den klassischen Maestro- und „V Pay“-Karten sind Debit Mastercard und Debit VISA ebenfalls Debit-Karten, mit denen auch online bezahlt werden kann.
3 Damit wird Inhaberinnen und Inhabern einer solchen Karte ermöglicht, dass ein Konto beim Kartenemittenten mit Käufen oder Bargeldbehebungen bis zu einer genehmigten Grenze belastet wird. Der Saldo auf diesem Konto wird regelmäßig am Ende eines im Voraus festgelegten Zeitraums (zumeist monatlich) vollständig beglichen (verzögerte Abbuchung).
4 Eine Karte, die E-Geld-Transaktionen ermöglicht. Darunter fallen auch Karten, auf denen E-Geld direkt gespeichert werden kann und Karten mit Zugang zu einem E-Geld-Konto. E-Geld ist ein elektronisch oder auch magnetisch gespeicherter monetärer Wert in Form einer Forderung gegen den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrages ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge durchführen zu können.
5 Damit wird Inhaberinnen und Inhabern einer solchen Karte ermöglicht, dass ein Konto beim Kartenemittenten mit Käufen oder Bargeldbehebungen bis zu einer genehmigten Grenze belastet wird. Bei der Rückzahlung des Saldos auf diesem Konto kann dabei die Person, die die Karte hält, zwischen der vollständigen Rückzahlung zu den standardmäßig vorgesehenen Terminen und der Rückzahlung per Ratenzahlung innerhalb eines festzulegenden Zeitraumes wählen. Allerdings werden für diese Form der Ratenkreditgewährung in der Regel Zinsen seitens des Kartenemittenten verrechnet.
7 Über alle Kartenarten (Debit-, Delayed Debit-, Kredit- und E-Geld-Karten).
Ergebnisse des nichtfinanziellen Unternehmenssektors für 2021 wieder auf Vor-Pandemie-Niveau
Stefan Wiesinger 8
Der Beitrag des nichtfinanziellen Unternehmenssektors am BIP (Bruttowertschöpfung) betrug im Jahr 2021 222,4 Mrd EUR und liegt somit nach dem Einbruch 2020 (205,3 Mrd EUR) wieder auf einem ähnlichen Niveau wie vor der COVID-19-Pandemie (2019: 219,3 Mrd EUR). Die vom österreichischen Unternehmenssektor erzielte Reinvermögensänderung 9 umfasste – nicht zuletzt bedingt durch eine konjunkturelle Erholung, verringerte Ausschüttungen sowie weitreichende staatliche Subventionen – 72,9 Mrd EUR. Verglichen mit dem Wert aus 2019 (54,0 Mrd EUR) zeigte sich, dass der Unternehmenssektor deutlich mehr finanzielle Mittel zu Veranlagung zur Verfügung hatte als noch vor der Pandemie.
Die realwirtschaftlichen Investitionen 10 des Unternehmenssektors 2020 (Vergleich zu 2019: –9%) wurden im Jahr 2021 wieder deutlich erhöht: Verglichen mit dem Jahr 2019 wurde sogar um 6% mehr investiert. Die finanziellen Investitionen (=Geldvermögensbildung) des nichtfinanziellen Unternehmenssektors zeigten für das Jahr 2021, dass 31,2 Mrd EUR veranlagt wurden. Der außergewöhnlich hohe Einlagenaufbau 2020 (15,5 Mrd EUR) reduzierte sich 2021 zwar wieder auf 5,8 Mrd EUR, lag aber noch immer weit über dem 5-Jahresdurchschnitt der Periode vor der COVID-19-Pandemie (2015–2019: 2,1 Mrd EUR). Dabei floss in den Pandemiejahren 2020 und 2021 genauso viel Kapital auf Unternehmenskonten wie in den fünf Jahren zuvor (20,0 Mrd EUR). Eine für den Unternehmenssektor ebenfalls interessante Entwicklung zeigte sich in den Wertpapierkäufen: 2021 wurden netto 4,4 Mrd EUR in handelbare Wertpapiere 11 investiert (2020: 2,4 Mrd EUR). Diese durchaus ungewöhnliche Entwicklung der Geldvermögensbildung des nichtfinanziellen Unternehmenssektors spiegelt sich auch im internationalen Vergleich wider. Grafik 1 zeigt Investitionen in Wertpapiere sowie den Einlagenaufbau seit 2006 im internationalen Vergleich, wobei die Pandemiejahre 2020 und 2021 von besonderem Interesse sind. Deutschland, Italien sowie der Euroraum in Summe zeigten einen deutlichen Anstieg der Unternehmenseinlagen. Bei Wertpapierinvestitionen lässt sich allerdings eine unterschiedliche Entwicklung herauslesen. Während österreichische sowie italienische nichtfinanzielle Unternehmen während der Pandemie tendenziell Wertpapiere erworben haben, reduzierten deutsche Unternehmen ihre Wertpapierbestände. Dies ist allerdings wenig überraschend, wenn man berücksichtigt, dass in den Jahren davor von Deutschland verstärkt in Wertpapiere investiert wurde.
Neben den bereits erwähnten Investitionen in Einlagen und Wertpapiere spielte auch die konzerninterne Finanzierung über Kredite eine bedeutende Rolle bei der Geldvermögensbildung des Unternehmenssektors. Während im Vorjahr 2020 die Kreditvergabe auf 2,1 Mrd EUR gesunken ist (2019: 11,4 Mrd EUR), erholte sich die Unternehmenskreditvergabe 2021 wieder und lag bei 13,6 Mrd EUR. Einen ähnlichen Verlauf zeigte die Gewährung von Handelskrediten, die 2021 mit 2,8 Mrd EUR wieder vermehrt aufgebaut wurden (2020: –2,7 Mrd EUR).
Österreichische nichtfinanzielle Unternehmen finanzierten sich 2021 mit 32,0 Mrd EUR. Verglichen mit dem ersten Pandemiejahr (2020: 7,3 Mrd EUR), lässt sich, ähnlich der realwirtschaftlichen Seite, eine Erholung bzw. sogar ein gewisser Nachholeffekt erkennen. Der 5-Jahresdurchschnitt der gesamten Finanzierung des Unternehmenssektors betrug nämlich 21,5 Mrd EUR und liegt somit um 33% unter dem Wert aus 2021. Der Löwenanteil (30,4 Mrd EUR) der Gesamtfinanzierung stammte 2021 aus Krediten, wobei die Hälfte davon vom heimischen Bankensektor gewährt wurde. Die Relevanz der Kapitalversorgung via Kredite des Bankensektors verdeutlicht die Grafik 2. Seit 2017 ist die österreichische Bankkreditfinanzierung für nichtfinanzielle Unternehmen ein stabiler Faktor geworden. Besonders seit Beginn der COVID-19-Pandemie blieb der Bankensektor ein verlässlicher Partner für die Unternehmen. Andere Kredite 12 hingegen entwickelten sich pandemiebedingt weitaus volatiler. Generell lässt sich anhand der Grafik ableiten, dass die Finanzierung über andere Kreditgeber besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten ein volatiles Muster aufweist.
8 Oesterreichische Nationalbank, Abteilung Statistik – Außenwirtschaft, Finanzierungsrechnung und Monetärstatistiken, stefan.wiesinger@oenb.at .
9 Die Reinvermögensänderung umfasst das unternehmerische Sparen sowie Vermögenstransfers.
10 Realwirtschaftliche Investitionen umfassen hauptsächlich Bruttoanlageinvestitionen, aber auch Vorratsveränderungen sowie den Nettozugang an Wertsachen und nichtproduzierten Vermögensgütern.
11 Darunter fallen Anleihen, börsennotierte Aktien sowie Investmentzertifikate.
12 Dazu zählen hauptsächlich Konzernkredite, Finanzierungsleasing sowie Kredite ausländischer Banken.
Analysen
Executive Summaries
Current developments in the financial sector: historically low interest rate level spurred demand for mutual funds in 2021
Real interest rates on deposits held by households, which have been negative for some time, dropped again significantly in the past few months as inflation accelerated markedly amid surging energy prices. Real interest rates on overnight savings deposits was –5.8% in February 2022, their lowest level since the oil crisis of the early 1970s (at the height of which the level was –6.2% in April 1974). The corresponding nominal interest rate was 0.07%. While in Austria, the Supreme Court of Justice has ruled that negative interest rates on savings deposits must not fall below zero, in some euro area countries, aggregate interest rates on overnight deposits held by households were negative for the first time in 2021 (e.g. –0.01% in Germany and Belgium in December 2021). In contrast, interest rates on deposits held by firms have been negative in many euro area countries, and also in Austria for some time.
Mutual funds have become an increasingly popular investment option in the current low interest rate environment given the potentially higher yields they offer. Households’ net investment in mutual fund shares reached EUR 9.5 billion in 2021, a historically high level that came close to the net increase in deposits over the same period (EUR 10.9 billion). Households invested above all in sustainable domestic mutual fund shares certified with the Austrian Ecolabel for green investment products (UZ 49). These products accounted for more than half (54% or EUR 3.0 billion) of households’ total net investment in domestic funds (EUR 5.6 billion). As regards Austrian households’ net investment in foreign mutual fund shares, exchange-traded funds have been playing an increasingly dominant role in recent years.
Residential construction loans accounted for a considerable part of overall lending, contributing significantly to the annual growth rate of loans to both households (5.3% in December 2021) and nonfinancial corporations (8.5%).
War in Ukraine increases liquidity demand from Austrian companies.
Austrian results of the euro area bank lending survey of April 2022
According to the results of the most recent bank lending survey, corporate demand for loans has been rising since the second quarter of 2021. In the fourth quarter of 2021 and the first quarter of 2022, the increase was particularly pronounced for short-term loans. Companies’ demand for loans is expected to accelerate further in the second quarter of 2022. The survey results suggest that companies’ higher liquidity demand in the past two quarters is primarily attributable to financing needs for inventories and working capital.
In the latest survey round, banks were also asked in what ways the war in Ukraine had been and would be affecting the lending business. Banks expect firms to be more cautious about investments given the uncertain situation, and hence anticipate dampening effects on the demand for long-term loans for investment financing. In contrast, demand for short-term loans for financing inventories and working capital is likely to gather even more momentum. The war has been and will be adding to existing problems in supply chains and the surge in commodity and energy prices. The ongoing disruption in supply chains has also led firms to step up precautionary stockbuilding.
On the supply side, the war has prompted banks to enhance their risk analysis activities, which may imply a tightening of lending standards for companies or sectors affected by the war. Some tightening already took place in March. The implications of the war for the entire economy could result in a general tightening of banks’ lending policies.
Trends in Austria’s external sector two years into the COVID-19 pandemic
The restrictions on economic activity imposed in response to the COVID-19 pandemic have, for the first time in 20 years, caused a shortfall (of EUR 2.1 billion) on Austria’s current account in 2021. Tourism, which continues to be severely affected, was the key driver of this development and could not offset the negative goods trade balance, which was influenced by rising energy prices. By contrast, foreign demand for Austrian technology services has been on the rise. This means that this sector has replaced tourism as Austria’s most important export sector at least for the time being. As regards cross-border financial transactions, domestic investors significantly expanded their exposure in the form of securities and equity investments while profiting from high valuation gains at the same time. Next to the current account deficit, this expansion of exposure was a key factor in driving up liabilities related to payment services. Unlike in previous years, the net issuance of government debt hardly played a role in the development of total liabilities in 2021.
Übersicht
Aktuelle Entwicklungen im Finanzsektor: Historisch tiefes Zinsniveau förderte Nachfrage nach Investmentfonds im Jahr 2021
Die bereits seit längerem negativen Realzinssätze von Einlagen privater Haushalte gingen in den vergangenen Monaten – aufgrund der stark steigenden Inflationsrate im Zuge beträchtlich anziehender Energiepreise – nochmals deutlich zurück. Hinsichtlich täglich fälliger Spareinlagen, für die der nominelle Zinssatz im Februar 2022 0,07% betrug, lag die negative Realverzinsung bei –5,8% und somit auf dem höchsten Negativwert seit der ersten Ölpreiskrise (am Höhepunkt –6,2% im April 1974). Während in Österreich Negativzinsen bei Spareinlagen aufgrund eines OGH-Urteils nicht möglich sind, waren im Jahr 2021 erstmals negative Aggregatszinssätze bei täglich fälligen Einlagen privater Haushalte in einzelnen Ländern des Euroraums (z. B. Deutschland und Belgien mit jeweils –0,01% im Dezember 2021) zu beobachten. Negative Zinssätze bei Unternehmenseinlagen sind hingegen im Euroraum weit verbreitet und traten auch in Österreich schon seit längerem auf.
Investmentfonds waren aufgrund ihrer höheren Renditechance in Zeiten des Niedrigzinsumfeldes eine zunehmend gesuchte Veranlagungsalternative. Nettoinvestitionen privater Haushalte in Investmentzertifikate erreichten im Jahr 2021 mit 9,5 Mrd EUR ein historisch hohes Niveau, welches annähernd dem Nettozuwachs an Einlagen während desselben Zeitraums (10,9 Mrd EUR) entsprach. Private Haushalte investierten vor allem in inländische nachhaltige Investmentzertifikate, welche mit dem UZ 49-Gütesiegel zertifiziert sind. Mehr als die Hälfte (54% bzw. 3,0 Mrd EUR) aller Nettoinvestitionen von privaten Haushalten (5,6 Mrd EUR) in inländische Fonds ging in entsprechende Produkte. Nettoinvestitionen österreichischer Haushalte in ausländische Investmentzertifikate wurden in den letzten Jahren zunehmend von Exchange Traded Funds (ETFs) geprägt.
Bei der Kreditvergabe standen sowohl im Sektor der privaten Haushalte als auch in jenem der nichtfinanziellen Unternehmen weiterhin Wohnbaukredite im Fokus, welche die Jahreswachstumsraten (Dezember 2021) von 5,3% (private Haushalte) bzw. 8,5% (nichtfinanzielle Unternehmen) maßgeblich beeinflussten.
Krieg in der Ukraine führt zu erhöhtem Liquiditätsbedarf bei österreichischen Unternehmen.
Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom April 2022
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten steigt laut den Umfrageergebnissen bereits seit dem zweiten Quartal 2021. Im vierten Quartal 2021 und im ersten Quartal 2022 zeigte sich diese Entwicklung besonders bei kurzfristigen Krediten. Für das zweite Quartal 2022 wird ein weiteres Anziehen der Kreditnachfrage erwartet. Den Umfrageergebnissen ist zu entnehmen, dass der Hauptgrund für den gestiegenen Liquiditätsbedarf der Unternehmen in den letzten beiden Quartalen in der Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln liegt.
Die Banken wurden auch zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf das Kreditgeschäft befragt. Aufgrund der unsicheren Situation erwarten sie eine vorsichtigere Investitionstätigkeit der Unternehmen und dementsprechend dämpfende Effekte auf die Nachfrage nach langfristigen Krediten zur Investitionsfinanzierung. Die Nachfrage nach kurzfristigen Krediten zur Finanzierung von Betriebsmitteln und Lagerhaltung soll jedoch verstärkt steigen. Die Folgen des Kriegs intensivieren die bereits bestehenden Lieferkettenprobleme sowie den Preisauftrieb bei Rohstoffen und Energie. Die Lieferkettenprobleme veranlassen Unternehmen auch, vorsorglich ihre Lagerbestände aufzubauen.
Angebotsseitig führt der Krieg zu genaueren Risikoanalysen durch die Banken, die eine verschärfte Angebotspolitik für Unternehmen bzw. Branchen, die von den Auswirkungen des Kriegs betroffen sind, zur Folge haben können. Teilweise kam es bereits im März zu diesbezüglichen Verschärfungen. Über die gesamtwirtschaftlichen Folgen des Kriegs könnte sich eine generelle Verschärfung der Angebotspolitik der Banken ergeben.
Entwicklung der Außenwirtschaft Österreichs im zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie
Die mit der globalen COVID-19-Pandemie verbundenen wirtschaftlichen Einschränkungen haben erstmals seit 20 Jahren zu einem Leistungsbilanzdefizit Österreichs in Höhe von 2,1 Mrd EUR geführt. Der weiterhin stark beeinträchtigte Reiseverkehr war dafür ebenso entscheidend wie die durch gestiegene Energiepreise beeinflusste negative Güterbilanz. Österreichische Technologiedienstleistungen stießen im Ausland auf wachsende Nachfrage und lösten den massiv eingebrochenen Tourismus als wichtigste Exportbranche im Dienstleistungssektor vorerst ab. Im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr bauten heimische Investoren ihre Forderungen in Form von Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen deutlich aus und profitierten gleichzeitig von hohen Bewertungsgewinnen. Der Aufbau dieser Forderungen hatte neben dem Leistungsbilanzdefizit einen bedeutenden Einfluss auf den Anstieg der mit dem Zahlungsverkehr in Verbindung stehenden Verpflichtungen, während staatliche Netto-Emissionen, im Gegensatz zum Vorjahr, in der Jahresbetrachtung kaum eine Rolle spielten.
Aktuelle Entwicklungen im Finanzsektor: Historisch tiefes Zinsniveau förderte Nachfrage nach Investmentfonds im Jahr 2021
Thomas Pöchel, Jun Chao Zhan 13
Die bereits seit längerem negativen Realzinssätze von Einlagen privater Haushalte gingen in den vergangenen Monaten – aufgrund der stark steigenden Inflationsrate im Zuge beträchtlich anziehender Energiepreise – nochmals deutlich zurück. Hinsichtlich täglich fälliger Spareinlagen, für die der nominelle Zinssatz im Februar 2022 0,07 % betrug, lag die negative Realverzinsung bei –5,8 % und somit auf dem höchsten Negativwert seit der ersten Ölpreiskrise (am Höhepunkt –6,2 % im April 1974). Während in Österreich Negativzinsen bei Spareinlagen aufgrund eines OGH-Urteils nicht möglich sind, waren im Jahr 2021 erstmals negative Aggregatszinssätze bei täglich fälligen Einlagen privater Haushalte in einzelnen Ländern des Euroraums (z. B. Deutschland und Belgien mit jeweils –0,01% im Dezember 2021) zu beobachten. Negative Zinssätze bei Unternehmenseinlagen sind hingegen im Euroraum weit verbreitet und traten auch in Österreich schon seit längerem auf.
Investmentfonds waren aufgrund ihrer höheren Renditechance in Zeiten des Niedrigzinsumfeldes eine zunehmend gesuchte Veranlagungsalternative. Nettoinvestitionen privater Haushalte in Investmentzertifikate erreichten im Jahr 2021 mit 9,5 Mrd EUR ein historisch hohes Niveau, welches annähernd dem Nettozuwachs an Einlagen während desselben Zeitraums (10,9 Mrd EUR) entsprach. Private Haushalte investierten vor allem in inländische nachhaltige Investmentzertifikate, welche mit dem UZ 49-Gütesiegel 14 zertifiziert sind. Mehr als die Hälfte (54 % bzw. 3,0 Mrd EUR) aller Nettoinvestitionen von privaten Haushalten (5,6 Mrd EUR) in inländische Fonds ging in entsprechende Produkte. Nettoinvestitionen österreichischer Haushalte in ausländische Investmentzertifikate wurden in den letzten Jahren zunehmend von Exchange Traded Funds (ETFs) 15 geprägt.
Bei der Kreditvergabe standen sowohl im Sektor der privaten Haushalte als auch in jenem der nichtfinanziellen Unternehmen weiterhin Wohnbaukredite im Fokus, welche die Jahreswachstumsraten (Dezember 2021) von 5,3% (private Haushalte) bzw. 8,5% (nichtfinanzielle Unternehmen) maßgeblich beeinflussten.
Steigende Preise lassen Realzinssätze weiter sinken
Im Jahr 2021 erfolgte ein kräftiger Aufschwung der Weltwirtschaft nach dem pandemiebedingten Einbruch im Jahr 2020. Die Erholung wurde jedoch zusehends durch Lieferengpässe und starke Preisanstiege bei Rohstoffen und Energie gebremst, welche zu einer stark steigenden Inflation im Jahresverlauf führten. Misst man die Inflation anhand der Wachstumsraten des Verbraucherpreisindex (VPI 66), so beschleunigten sich die jährlichen Preisanstiege von 1,9% im April 2021 auf 4,3% im Dezember 2021 bzw. auf mittlerweile 5,9% im Februar 2022 (Grafik 1). Die stark steigende Inflation – bei weiterhin auf sehr niedrigem Niveau stagnierenden Einlagenzinssätzen – führte zu einem starken Anstieg der (bereits seit Ende 2009 durchgehend) negativen Realverzinsung. Hinsichtlich täglich fälliger Spareinlagen (für welche der nominelle Zinssatz 0,07% betrug), stieg die negative Realverzinsung im Februar 2022 auf –5,8% und somit den höchsten Negativwert seit der ersten Ölpreiskrise (am Höhepunkt 6,2% im April 1974). Gleichzeitig ist zu beobachten, dass auch Spareinlagen mit Bindung nur mehr marginale Zinsaufschläge im Vergleich zu täglich fälligen Einlagen bieten. Der Zinssatz von Spareinlagen mit vereinbarter Laufzeit im Neugeschäft betrug im Dezember 2021 0,21%, was einem Zinsaufschlag von lediglich 0,14 Prozentpunkten gegenüber täglich fälligen Spareinlagen (0,07%) entsprach. Die Zinsaufschläge gebundener Spareinlagen waren in der Vergangenheit deutlich höher ausgeprägt. So war der entsprechende Aufschlag von neuen Spareinlagen mit vereinbarter Laufzeit (2,11%) gegenüber täglich fälligen Spareinlagen (0,72%) im Dezember 2011 noch bei 1,39% gelegen.
Starke Verbreitung negativer Zinssätze bei Unternehmenseinlagen und vereinzelt bereits auch bei privaten Haushalten im Euroraum
Während in Österreich Negativzinsen bei Spareinlagen aufgrund eines OGH-Urteils nicht möglich sind, waren im Jahr 2021 erstmals negative Aggregatszinssätze bei täglich fälligen Einlagen 16 privater Haushalte in einzelnen Euroraum-Ländern zu beobachten. So lag der kapitalgewichtete Aggregatszinssatz in diesem Segment im Dezember 2021 in Deutschland (–0,01%) und Belgien (–0,01%) unter der Null-Prozent-Schwelle, während dieser im Euroraum gesamthaft noch knapp positiv war (0,01%) und in Österreich mit 0,06% den höchsten Wert im Währungsraum-Vergleich darstellte (Grafik 2). 17 Auch bei gebunden Einlagen war, sowohl in Österreich als auch im Euroraum, kein nennenswerter Zinsaufschlag zu beobachten. Beim Einlagenneugeschäft mit vereinbarter Laufzeit betrug der Zinssatz in Österreich im Dezember 2021 0,19% und lag damit geringfügig unter jenem des Euroraum-Aggregates (0,23%).
Während im Haushaltssegment die Zinssätze im Inland noch durchwegs positiv waren, zeigte sich im Unternehmenssektor bereits seit längerem eine starke Verbreitung von negativen Einlagenzinssätzen (Grafik 3). Dies betraf insbesondere neu veranlagte Einlagen mit (meist kurzfristiger) vereinbarter Laufzeit, welche im Dezember 2021 im Inland ein Zinsniveau von –0,63% erreichten, das von Veranlagungen großer, international agierender Konzerne geprägt wurde. Eine ähnlich starke Negativverzinsung war im Euroraum (–0,31%) bzw. insbesondere auch in Deutschland (–0,55%) zu beobachten. Auch täglich fällige Einlagen des Unternehmenssektors waren mit –0,02% im Dezember 2021 in Österreich bereits seit mehreren Monaten durchgehend negativ verzinst.
Private Haushalte bauen – trotz stark negativer Realzinssätze – weiterhin Bankeinlagen auf
Trotz stark negativer Realzinssätze wuchsen die Bankeinlagen der heimischen Haushalte auch im Jahr 2021 weiter. Nach dem starken Anstieg im Jahr 2020 (welcher auch in pandemiebedingten Konsumeinschränkungen begründet war) zeigte sich im Folgejahr jedoch eine deutlich geringere Dynamik. Während der Nettozuwachs von Haushaltseinlagen 2020 noch 17,1 Mrd EUR betragen hatte, belief sich dieser im Jahr 2021 nur noch auf 10,9 Mrd EUR und entsprach damit in etwa dem Vorkrisen-Niveau (2018: 11,7 Mrd EUR). Diese Entwicklung zeigte sich auch anhand der deutlich rückläufigen Wachstumsrate 18 , welche im März 2021 noch 6,7% betrug und im Dezember 2021 auf 3,8% sank. Dies könnte einerseits in den wieder zur Verfügung stehenden Konsummöglichkeiten (durch die Rücknahme der den Handel einschränkenden Maßnahmen) begründet sein, andererseits jedoch auch darauf hindeuten, dass Haushalte zunehmend alternative Veranlagungsformen in Erwägung ziehen. Eine ähnliche Entwicklung ist im Euroraum-Vergleich zu erkennen, wobei die Wachstumsraten hier seit einiger Zeit konstant über dem Inlandsniveau liegen (im Dezember 2021 betrug diese im Euroraum 4,9% im Vergleich zu 3,8% in Österreich). Dass die heimischen Einlagenbestände trotz historisch niedriger Zinsniveaus weiterhin wuchsen, liegt dabei ausschließlich an täglich fälligen Einlagen, welche im Jahr 2021 eine Wachstumsrate von 8,0% aufwiesen. Einlagen privater Haushalte mit vereinbarter Laufzeit sind hingegen schon seit Jahren rückläufig und wiesen im Jahr 2021 eine negative Wachstumsrate in Höhe von –5,2% auf.
Österreichische Investmentfonds profitierten 2021 vom günstigen Umfeld
Investmentfonds waren aufgrund ihrer höheren Renditechance in Zeiten des Niedrigzinsumfeldes eine zunehmend gesuchte Veranlagungsalternative, was sich 2021 in historisch hohen Nettomittelzuflüssen in Höhe von 15,2 Mrd EUR niederschlug. Inländische Investmentfonds konnten im Jahr 2021 – vor den negativen Auswirkungen der Ukrainekrise auf die Finanzmärkte und in einem damals noch wesentlich günstigeren Börsenumfeld – eine Rendite von 7,3 % erzielen. Sie waren im Jänner 2022 mit 68,5 % ihres Wertpapierportfolios (verzinsliche Wertpapiere, Anteilsreche, Investmentzertifikate) an Wertpapieren aus dem Euroraum und mit 13,3 % an US-Wertpapieren beteiligt, sodass das zukünftige Renditepotenzial stark von weiteren Entwicklungen auf diesen Märkten beeinflusst wird. Russische bzw. ukrainische Wertpapiere wurden von inländischen Fonds nur in geringem Umfang (0,7 Mrd EUR bzw. 0,3 % des Wertpapierportfolios) direkt gehalten.
Während in der historischen Betrachtung die Jahreswachstumsraten inländischer Investmentzertifikate deutlich unter jenen des Euroraumes lagen, verringerte sich die Differenz ab dem ersten Quartal 2020 zunehmend und im Jahr 2021 lag die um Kurseffekte bereinigte Jahreswachstumsrate österreichischer Investmentzertifikate mit 7,1% erstmals über dem Vergleichswert des Euroraum-Aggregates von 6,5% (Grafik 4). Investmentzertifikate aus Deutschland erzielten im Vergleich dazu eine Jahreswachstumsrate von 6,2%, während Investmentzertifikate aus Luxemburg 19 mit einer Jahreswachstumsrate von 9,5% die Entwicklung im Euroraum deutlich positiv beeinflussten.
Dezember 2021 | Österreich | Euroraum |
---|---|---|
in % | in % | |
Aktienfonds | 8,3 | 7,9 |
Rentenfonds | 2,7 | 4,6 |
Mischfonds | 9,8 | 6,7 |
Immobilienfonds | 8,9 | 1,9 |
Hedgefonds | 5,1 | 9,4 |
ETFs | nicht ansässig | 16,3 |
GESAMT | 7,1 | 6,6 |
Quelle: OeNB, EZB. |
Bei einer Betrachtung nach Fondskategorien lässt sich insbesondere die Entwicklung inländischer Immobilienfonds hervorheben (Tabelle 1). Inländische Immobilienfonds verzeichneten im Dezember 2021 ein Fondsvolumen von 11 Mrd EUR 20 und eine Jahreswachstumsrate von 8,93%, welche über dem Durchschnittswert des gesamten inländischen Fondssektors (7,1%) lag. Während österreichische Immobilienfonds im Jahr 2021 überdurchschnittlich beliebt waren, stiegen Immobilienfonds aus dem Euroraum im Jahresvergleich um lediglich 1,95% an. Österreichische Immobilienfonds investierten in den Jahren 2018 bis 2021 netto zusätzlich 2,1 Mrd in Immobilienwerte und wiesen im Jahr 2021 ein Immobilienvermögen in Höhe von 8,5 Mrd EUR auf, wovon inländische Immobilien 6,4 Mrd EUR ausmachten.
Private Haushalte legen stärkeren Fokus auf Investmentzertifikate
Die um Kurseffekte bereinigte Jahreswachstumsrate der von privaten Haushalten gehaltenen Investmentzertifikate stieg ab dem Jahr 2018 stetig an und lag im Jahr 2021 aufgrund sehr hoher Nettoinvestitionen mit 13,0 % sogar deutlich über jener der Bankeinlagen (3,8%; Grafik 5). Der Bestand an Investmentzertifikaten im Besitz privater Haushalte stieg im Jahr 2021 auf 89,3 Mrd EUR, wobei 59,5 Mrd EUR auf inländische und 29,8 Mrd EUR auf ausländische Fonds entfielen. Nettoinvestitionen privater Haushalte in Investmentzertifikate erreichten im Jahr 2021 mit 9,5 Mrd EUR ein historisch hohes Niveau, welches annähernd dem Nettozuwachs der Einlagen (10,9 Mrd EUR) entsprach.
Private Haushalte investierten ab 2019 netto wieder mehr in inländische als ausländische Investmentzertifikate, wobei die entsprechenden Nettoinvestitionen im Jahr 2021 bei 5,6 Mrd EUR (inländische) bzw. 3,9 Mrd EUR (ausländische) lagen (Grafik 6). Bei Veranlagungen in ausländische Investmentfonds legten private Haushalte seit 2019 ein verstärktes Augenmerk auf Exchange Traded Funds (ETFs) 21 . Im Jahr 2021 entfielen bereits 42,5% (1,7 Mrd EUR) aller Nettoinvestition privater Haushalte in ausländische Investmentzertifikate auf ETFs. Der Bestand privater Haushalte an ausländischen ETFs stieg damit gegenüber dem Vorjahreswert von 3,4 Mrd EUR auf 5,8 Mrd EUR, was einem kräftigen Wachstum in Höhe von 48,9% entsprach. Seit 2018 erhöhte sich somit der Anteil von ETFs am Gesamtvolumen ausländischer Investmentzertifikate (29,7 Mrd EUR) von 10,2% im Jahr 2018 auf 19,6% im Jahr 2021.
Haushalte investieren vor allem in nachhaltige inländische Fonds
Bei der Veranlagung in inländische Investmentzertifikate interessierten sich die privaten Haushalte insbesondere für nachhaltige Fonds. In Österreich ist bei nachhaltigen Investmentzertifikaten das UZ 49-Gütesiegel 22 von Bedeutung, welches von der Zertifizierungsstelle des Klimaschutzministeriums an besonders nachhaltige Finanzprodukte auf Basis von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) vergeben werden kann.
Private Haushalte investierten im Jahr 2021 netto 3 Mrd EUR in inländische nachhaltige Investmentzertifikate, was mehr als der Hälfte (54%) aller Nettoinvestitionen in inländische Fonds (5,6 Mrd EUR) entsprach. Der Bestand nachhaltiger inländischer Investmentzertifikate, welcher von privaten Haushalten gehalten wird, erhöhte sich auf 9,8 Mrd EUR im Jahr 2021. Die hohe Dynamik der Veranlagungen privater Haushalte in zertifizierte Fonds zeigt sich insbesondere an der um Kurseffekte bereinigten Jahreswachstumsrate in Höhe von 54,5%, während die Jahreswachstumsrate der nicht-zertifizierten Fonds 2021 bei lediglich 5,6% lag. Aufgrund der dynamischen Entwicklung waren im Jahr 2021 bereits 16,5 % (9,8 Mrd EUR) aller von privaten Haushalten gehaltenen inländischen Investmentzertifikate (59,5 Mrd EUR) mit einem UZ 49-Gütesiegel zertifiziert, während dieser Anteil im Jahr 2019 lediglich 7 % betragen hatte.
Bau- und Wohnungswesen dominiert Kreditwachstum bei privaten Haushalten und bei Unternehmen
Wohnimmobilien stellen neben Bankeinlagen und Investmentzertifikaten einen großen Vermögensbestandteil des heimischen Haushaltssektors dar. 23 Diese werden oftmals kreditfinanziert und sind für einen großen Teil des von Banken vergebenen Kreditvolumens an private Haushalte verantwortlich. Betrachtet man die Kreditentwicklung privater Haushalte, so standen weiterhin Kredite für die Schaffung und Erhaltung von Wohnbau im Fokus. Das Kreditwachstum privater Haushalte in Höhe von 5,2% (Dezember 2021) wurde fast ausschließlich von Wohnbaukrediten (+6,9%) getrieben, während sich Konsum- bzw. sonstige Kredite privater Haushalte im Jahresvergleich mit 1,0% bzw. 1,7% nur schwach veränderten. Die Entwicklung des Kreditvolumens im Euroraum insgesamt (+4,2%) war durchaus mit jener in Österreich vergleichbar, wenn auch die Dynamik bei Wohnbaukrediten im Euroraum mit 5,4% etwas geringer ausgeprägt war. Konsumkredite bzw. sonstige Kredite wiesen im Euroraum Wachstumsraten in Höhe von 1,5% bzw. –0,5% auf.
Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie hatte auf das Kreditwachstum von nichtfinanziellen Unternehmen in Österreich insgesamt einen geringeren Einfluss als im Euroraum insgesamt. Am aktuellen Rand (Dezember 2021) lag das Kreditwachstum in Österreich mit 8,5% deutlich über dem Euroraum-Durchschnitt von 4,3%. In Österreich leisteten zusätzlich alle Laufzeitenbänder einen positiven Beitrag zum Kreditwachstum nichtfinanzieller Unternehmen, wenngleich der größte Beitrag auf langfristige Kredite (+4,8 Prozentpunkte) mit einer Laufzeit von über fünf Jahren entfiel. Der Großteil des Kreditwachstums nichtfinanzieller Unternehmen kam ebenfalls aus dem Wohnbau im weitesten Sinne. Die größte Dynamik war hier in den Wirtschaftsbereichen Grundstücks- und Wohnungswesen bzw. Bau zu beobachten. Betrachtet man die Nettotransaktionen der beiden genannten Branchen im Jahr 2021, so lag deren Anteil bei über 57% an den gesamten Transaktionen des Unternehmenssektors. Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie hatte auf das Kreditwachstum im Wohnbausegment bei Unternehmen kaum einen Einfluss.