Violine, Jacob Stainer, Absam, 1671

Handschriftlicher Zettel: „Jacobus Stainer in Absom / prope Oenipontum mp. 1671“

Bis ins späte 18. Jahrhundert zählten die Violinen von Stainer und Nicolò Amati zu den begehrtesten und auch teuersten Instrumenten. Ihr heller, silbriger Klang entsprach dem Ideal der Barockmusik und auch der Wiener Klassik, die auf Transparenz und Durchsichtigkeit angelegt war. Stainers Violine aus dem Jahr 1671 weist alle Merkmale auf, die den Meister aus Absam auszeichnen: der typische Korpusumriss, die sehr harmonisch verlaufende hohe Wölbung, die F-Löcher und die Schnecke. Nur im hochauflösenden CT-Scan sichtbar sind fünf kleine konische Bohrungen, die Stainer in der Mittelachse des Bodens anbrachte. Diese Markierungen, die Stainer vermutlich als Hilfe beim Ausdünnen des Bodens verwendete, sind in dieser Form nur in seinen Instrumenten zu finden und bilden so ein Identifikationsmerkmal. Die zweiteilige Decke weist sehr feine und regelmäßig verlaufende Jahresringe auf. Die beiden Deckenhälften sind stammgleich, als jüngster Jahresring konnte 1534 ermittelt werden. Die intensiven, engen Flammen des zweiteiligen, im Spiegel geschnittenen Bodens, verlaufen leicht v-förmig. Diskantseitig ist im Unterbügel ein schmaler Flügel angesetzt. Die Zargen sind ebenfalls im Spiegelschnitt und entsprechen in der Struktur dem Boden. Die Wölbungen von Decke und Boden setzen unmittelbar nach der schmalen Hohlkehle an und verlaufen äußerst harmonisch. Typisch für Stainer sind die aufrecht stehenden F-Löcher mit ihren kreisrunden Kugeln. Die Randeinlage sitzt knapp am Rand und ist, wie für Stainer typisch, äußerst regelmäßig und präzise gearbeitet. Die sehr sauber geschnitzte Schnecke besitzt tief geschnittene Voluten und präzise, scharfkantige Ränder. Stainers Lack zeichnet sich durch weiche, gelbbräunliche Farbtöne aus. Der Lack ist transparent und lässt das attraktive Holz gut zur Geltung kommen. Der Gesamtzustand des Instruments ist sehr gut.

Über die Geschichte dieser Violine ist nur wenig bekannt. Unter dem Bodenblättchen befindet sich ein Brandstempel, der vermutlich von einem bisher nicht identifizierten Vorbesitzer stammt.

            

Vesna Stankovic-Moffat, Violine (Jacob Stainer, Absam, 1671); Ilan Rogoff, Klavier; Solisten des Wiener Kammerorchesters.