Banken erwiesen sich als krisensicher, aber Nachhaltigkeit der Wohnimmobilienkredite verstärkt im Fokus

(, Wien)

Präsentation des 41. Financial Stability Report der OeNB

Der österreichische Bankensektor musste in der COVID-19-Pandemie einen signifikanten Gewinneinbruch hinnehmen, hat jedoch seine Krisensicherheit bewiesen. Die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen und privaten Haushalte wurde auch von staatlichen Maßnahmen unterstützt, wovon die Banken indirekt profitierten. Die Verschuldung von Unternehmen und Haushalten ist dabei allerdings gestiegen. Hier rückt insbesondere die Nachhaltigkeit der Immobilienkreditvergabe in den aufsichtlichen Fokus.

Sowohl auf internationaler Ebene als auch in Österreich hielt die Beeinträchtigung der Wirtschaftsaktivität durch die COVID-19-Pandemie bis zuletzt an, auch wenn die jüngsten Konjunktursignale als Folge nachlassender Inzidenzen und der Lockerung der pandemiebedingten Einschränkungen überwiegend positiv waren. „Mit ihren umfassenden geldpolitischen Maßnahmen dämpft die Geldpolitik des Eurosystems die Renditeentwicklung auf den Finanzmärkten und unterstützt die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte“, sagte Gouverneur Robert Holzmann anlässlich der Präsentation der 41. Ausgabe des Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).

Ein zentrales Element zur Aufrechterhaltung der Finanzierung der Unternehmen bildete die durch geldpolitische Maßnahmen des Eurosystems sowie durch nationale Zahlungsmoratorien und staatliche Garantien unterstützte Kreditvergabe der Banken. Die jährliche Wachstumsrate der Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen blieb bis zuletzt hoch. Die anhaltend starke Inanspruchnahme von Krediten ließ die Verschuldung des Unternehmenssektors ansteigen. Diese ging jedoch mit einem starken Aufbau liquider Mittel (Bargeld und Einlagen) einher. Überdies verminderte sich dank umfangreicher staatlicher Unterstützungsmaßnahmen der Bruttobetriebsüberschuss der nichtfinanziellen Unternehmen im Jahr 2020 nur geringfügig.

Die Verschuldungsquote der privaten Haushalte verzeichnete im Zuge der Pandemie den stärksten Zuwachs seit 15 Jahren. Die Zunahme ging sowohl auf eine höhere Kreditaufnahme als auch auf gesunkene Einkommen zurück. Während die Konsumkredite im Einklang mit dem rückläufigen Konsum langlebiger Konsumgüter erheblich zurückgingen, blieb das Wachstum der Wohnbaukredite angesichts günstiger Finanzierungsbedingungen und der anhaltenden Nachfrage nach Wohnraum bis zuletzt hoch.

Der österreichische Bankensektor hat die Realwirtschaft trotz des herausfordernden Umfelds im Jahr 2020 verlässlich begleitet. Die in den letzten Jahren aufgebauten makroprudenziellen Kapitalpuffer sowie die aufsichtliche Empfehlung zur Gewinneinbehaltung führten zu einer höheren regulatorischen Kapitalquote der Banken, die eine unterstützende Funktion des Bankensektors auch in der Aufschwungsphase ermöglicht. Zusammen mit öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen konnten daher auch während der Pandemie die Finanzmarktstabilität und das Vertrauen von Marktteilnehmern und internationalen Ratingagenturen in den österreichischen Finanzplatz gestärkt werden. Die Banken bildeten im Jahr 2020 bereits früh Wertberichtigungen für Kreditrisiken aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Allerdings hat diese vorausschauende Geschäftspolitik auch den Gewinn des österreichischen Bankensektors im vergangenen Jahr signifikant geschmälert.

Obwohl manche Unterstützungsmaßnahmen bereits ausgelaufen sind, zeigt die Kreditqualität bei den österreichischen Banken derzeit noch keine Verschlechterung. Das historisch niedrige Zinsumfeld, aber auch die geänderten Ansprüche an das Wohnen als Folge der Pandemie, haben eine starke Kredit- und Preisdynamik im Wohnimmobilienbereich hervorgerufen. Dabei ist ein signifikanter Anteil der neu vergebenen Kredite weiterhin variabel verzinst. Die aktuellen Vergabestandards für Wohnimmobilienkredite überschreiten zunehmend die Kriterien für nachhaltige Immobilienkreditvergabe des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG). „Bereits mehr als die Hälfte der Neukredite wird mit weniger als 20% eigenen Mitteln finanziert und bei einem Fünftel macht der Schuldendienst mehr als 40% des Nettoeinkommens aus“, merkt Vize-Gouverneur Gottfried Haber an. Diese Entwicklungen erfordern eine erhöhte Aufmerksamkeit, um potenziell systemische Stabilitätsrisiken aus der Immobilienkreditvergabe frühzeitig hintanzuhalten.

Zur Sicherung der Finanzmarktstabilität in diesen herausfordernden Zeiten empfiehlt die OeNB den österreichischen Banken:

  • das Augenmerk auf eine solide Kapitalbasis zu legen, d. h. in Übereinstimmung mit europäischen Empfehlungen Abstand von Aktienrückkäufen zu nehmen und Gewinnausschüttungen sorgfältig abzuwägen,
  • sich auf das Auslaufen von Zahlungsmoratorien und staatlichen Garantien für Kredite vorzubereiten und die Transparenz bezüglich der Qualität ihres Kreditportfolios sicherzustellen,
  • nachhaltige Kreditvergabestandards einzuhalten, insbesondere bei Wohnimmobilien­krediten gemäß der quantitativen Leitlinie des FMSG,
  • auch in herausfordernden Zeiten die Effizienz weiter zu steigern, um eine nachhaltige Profitabilität zu sichern, und
  • geeignete Strategien zum Umgang mit Herausforderungen aufgrund neuer Informationstechnologien und des Klimawandels zu entwickeln und umzusetzen.

Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB analysiert finanzmarktstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilität.