Erholung im Reiseverkehr sorgt für positive Leistungsbilanz Österreichs im Jahr 2022

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Aktuelle Daten der Zahlungsbilanz zeigen trotz inflationärem Umfeld ein positives Ergebnis

Im Jahr 2022 betrug die Leistungsbilanz Österreichs gegenüber dem Ausland (saldiert) nach erster Berechnung rund 3 Mrd EUR oder 0,7 % des BIP. Das ist ein deutlich positiveres Ergebnis als noch im Jahr 2021 (1,4 Mrd EUR bzw. 0,4% des BIP) und vor allem der Erholung im Reiseverkehr geschuldet, der einen Einnahmenüberschuss in Höhe von 7,2 Mrd EUR ergab. Dem gegenüber weitete sich das Defizit aus dem internationalen Güterhandel aus (–0,6 Mrd EUR). Die Netto-Vermögensposition Österreichs gegenüber dem Ausland ist im Jahr 2022 um 9% auf 65,3 Mrd EUR gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das Jahr 2022 war stark von Bewertungsänderungen charakterisiert, wobei die veränderte Zinslandschaft, die Kursentwicklung bei Wertpapieren sowie die Abwertung des Euro eine Rolle spielten.

Obwohl Österreichs Außenwirtschaft im Jahr 2022 vor großen Herausforderungen stand, insbesondere einer fortgesetzten Unterbrechung von Liefer- und Produktionsketten und rasch steigenden Energiepreisen, ergeben die vorläufigen Zahlen einen positiveren und höheren Beitrag aus dem Handel mit Gütern und Dienstleistungen zum Wirtschaftswachstum als noch im Jahr 2021 erzielt wurde, nämlich 6,4 Mrd EUR oder 1,4 % des BIP.

Die gesamte Leistungsbilanz Österreichs, einschließlich Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie laufenden Transfers vis-a-vis der übrigen Welt (Primär- und Sekundäreinkommen), bilanzierte deutlich positiv im Ausmaß von 3,1 Mrd EUR oder 0,7 % des BIP.

Der Güterhandel ergab laut Zahlungsbilanzstatistik der OeNB ein Einnahmendefizit in Höhe von –0,6 Mrd EUR. Die Differenz zwischen dem Wachstum der Importe und jenem der Exporte hat sich zwar im Vergleich zum Jahr 2021 verringert, weiterhin wuchsen die Importe aber unter dem Eindruck steigender Preise für Energie- und Brennstoffe stärker. Gegenüber dem Jahr 2019, als Maßstab für die nominellen Werte vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie und des Russland-Ukraine-Kriegs, bedeutet das ein Wachstum der Importe um rund 35% bzw. der Exporte um rund 31%. Positiv auf die Güterhandelsbilanz ausgewirkt haben sich vor allem die Transithandelserträge (11,6 Mrd EUR) sowie jene Erträge, die aus dem Warenverkehr im Zuge internationaler Produktionsketten stammen (5,2 Mrd EUR)1.

Die Reiseverkehrseinnahmen2 Österreichs betrugen im Jahr 2022 nach erster Schätzung 18,2 Mrd EUR. Das stellt eine enorme Erholung im Vergleich zum Jahr 2021 dar (8,4 Mrd EUR), das noch von Schließungsmaßnahmen im Zuge der Eindämmung der COVID-19-Pandemie geprägt war, entsprach gegenüber dem Jahr 2019 aber noch immer einem Rückgang um rund 11%. Der Hauptanteil der Einnahmen kam von Gästen aus dem Nachbarland Deutschland, deren Marktanteil knapp 50 % betrug. Die Durchschnittsausgaben ausländischer Gäste in Österreich (gesamte Reiseverkehrsausgaben pro gezählte Übernachtung) lagen mit rund 186 EUR um 2 % über jenen des Jahres 2019. Unter Berücksichtigung des Preisauftriebs in Beherbergung und Gastronomie3 hat sich allerdings das Ausgabeverhalten im Reiseverkehr in realer Betrachtung deutlich verringert.

Die Vermögensposition Österreichs gegenüber dem Ausland hat sich im Vergleich zum Jahr 2021 um etwa 9% auf 65,3 Mrd EUR erhöht, die Entwicklung von Direktinvestitionen und Investitionen in grenzüberschreitende Wertpapiere wurde insbesondere durch Preisentwicklungen getrieben.

Die vorläufigen Daten für das Jahr 2022 lassen bei Direktinvestitionen eine deutliche Abkühlung der Dynamik gegenüber dem Rekordjahr 2021 erwarten. Die Bestände bei aktiven Direktinvestitionen (ADI) betrugen zum Jahresultimo 238,4 Mrd EUR (+4,1%), jene der passiven (PDI) 191,2 Mrd EUR (+1,7%). Der Zuwachs ist jedoch zum überwiegenden Teil auf Bewertungseffekte, verursacht durch Preiseffekte bei börsennotierten Unternehmen sowie einen schwachen Euro, zurückzuführen.

Bei Transaktionen war eine differenzierte Entwicklung zu beobachten: Während Eigenkapitaltransaktionen und reinvestierte Gewinne stagnierten beziehungsweise leicht negativ waren, wurden vermehrt Finanzierungen innerhalb von Konzernen vergeben (ADI: +2,7 Mrd EUR; PDI: +5,7 Mrd EUR). Ein Grund dafür könnten teurere Bankkredite aufgrund der Zinswende sein.

Der Stand der grenzüberschreitenden Investitionen in Wertpapiere ist insbesondere in den ersten drei Quartalen 2022 aufgrund von Bewertungseffekten deutlich zurückgegangen, im vierten Quartal konnte eine Erholung der Märkte beobachtet werden. Die negativen Preiseffekte in den ersten drei Quartalen des Jahres sind dabei einerseits auf die sinkenden Marktpreisbewertungen von verzinslichen Wertpapieren aufgrund der Zinspolitik sowie andererseits auf die Verluste auf den Börsen, zurückzuführen. Über das ganze Jahr betrachtet gingen die Verbindlichkeiten stärker als die Forderungen zurück, was einen positiven Effekt (+5,5 Mrd EUR) auf die Nettovermögensposition Österreichs hatte.  Der Trend der Haushalte in vermehrte Investitionen ausländischer Wertpapiere setzte sich auch im turbulenten Jahr 2022 fort. Der private Haushaltssektor hat in ausländische verzinsliche Wertpapiere iHv 0,9 Mrd EUR, in Aktien iHv 1,8 Mrd EUR und 2,9 Mrd EUR in Investmentfonds-Anteilen investiert.

1Käufe von Vorleistungen und Verkäufe von Endprodukten, die von österreichischen Unternehmen über Drittstaaten organisiert werden.
2Reiseverkehrseinnahmen beinhalten alle Ausgaben für Übernachtung, Gastronomie, Transport innerhalb des Landes sowie alle touristischen Nebenausgaben der ausländischen Gäste in Österreich.
3Der Exportpreisindex des Wifo für den Tourismus ergibt für das Jahr 2022 eine Erhöhung um 11,2 %.

Zahlungsbilanz
  2019 2020 2021 2022
  Salden in Mio EUR  
Leistungsbilanz 9.471 11.345 1.439 3.075
Güter 4.369 3.394 -337 -645
Dienstleistungen 9.655 8.048 2.449 7.057
Primäreinkommen -1.137 3.379 1.826 -1.092
Sekundäreinkommen -3.415 -3.476 -2.499 -2.245
 
Vermögensübertragungen -67 -410 106 636
 
Kapitalbilanz 14.691 4.494 -4.048 -8.539
Direktinvestitionen 4.650 10.729 7.302 -1.000
Portfolioinvestitionen -3.414 -13.258 9.878 -2.793
Sonstige Investitionen 12.247 4.433 -25.964 -6.411
Finanzderivate 1.398 1.105 583 1.093
Währungsreserven -190 1.484 4.153 572
 
Statistische Differenz 5.287 -6.441 -5.593 -12.249
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