Gouverneur Nowotny – Interview mit Money.at und Österreich

18. Dezember 2013, Wien

Nowotny: „Österreich hat die Krise überwunden“

Money: Herr Gouverneur, es heißt, die Rezession ist überwunden. Ist das wirklich so?
Ewald Nowotny: Ja, die Rezession ist vorbei, in dem Sinne, dass auf europäischer Ebene voraussichtlich mit Ausnahme von Slowenien und Zypern alle Staaten positive Wachstumsraten für 2014 haben werden.

Money: Haben wir damit nun auch die Krise überwunden?
Nowotny: Die Krise hat viele Facetten. Wir sind einmal aus dem negativen Konjunkturbereich heraußen. Allerdings haben viele Staaten noch nicht das Pro-Kopf-Einkommen erreicht, das es vor Beginn der Krise gegeben hat. In Österreich ist die Situation anders: Wir haben ein überdurchschnittliches Wachstum und sind bereits über dem Pro-Kopf-Einkommen, das wir vor der Krise hatten. Für Österreich kann man also sagen, dass die Krise überwunden ist. Wir werden 2014 nach Deutschland das höchste Wachstum der alten EU-Mitgliedstaaten haben. Da profitieren wir natürlich davon, dass Deutschland unser größter Markt ist. Und es ist schon auch so, dass wir in Österreich eine vergleichsweise vernünftige Politik gemacht haben. Ich nenne das „Konsolidierung mit Augenmaß“.

Money: Wie ist Ihr Ausblick für 2014?
Nowotny: Für die Eurozone erwarten wir für 2014 eine Wachstumsrate von 1,1 %. Das ist nur ein sehr schwacher Aufschwung. In Österreich sieht es besser aus: Hier erwarten wir für 2014 1,6 % Wachstum und 2015 werden es 1,9 % sein.

Money: Wie schätzen Sie die Situation am Finanzplatz Österreich ein? Stichwort „Hypo“.
Nowotny: Die große Herausforderung für die Banken besteht darin, nächstes Jahr den Übergang zur einheitlichen Bankenaufsicht zu vollziehen. Die Banken müssen ihre Eigenkapitalquoten erhöhen und zum Teil natürlich auch ihre Aktivseite zurückfahren. Damit könnte sich unter Umständen auch die Kreditversorgung in manchen Bereichen erschweren. Aber insgesamt sind die großen Banken gut gerüstet. Die Hypo hat hingegen erhebliche Probleme vor sich, dort gibt es ja Vereinbarungen mit der EU-Kommission, wie die Bank abzuwickeln ist. Eine Abwicklung ist zwar eine teure Lösung aber immer noch die kostengünstigste.

Money: Viele Sparer sind frustriert wegen des niedrigen Zinsniveaus.
Nowotny: Das Zinsniveau wird aufgrund der Wirtschaftslage auch weiterhin niedrig bleiben, weil es im gesamtwirtschaftlichen Interesse ist, dass sich dadurch das Wachstum und die Beschäftigung unterstützen lässt. Das ist aber keine neue Problematik. Wir hatten in Zeiten des Wirtschaftswunders und auch in den 70er Jahren, Perioden mit hohen Inflationsraten bis hin zu 10 % und gleichzeitig Einlagezinsen von 5 %. Es gab auch damals negative Realverzinsungen. Das ist in gewissen Konjunkturphasen nicht vermeidbar. Der einzelne Anleger sollte sich überlegen, ob er statt ins kurzfristige Sparbuch nicht in ertragreichere Anlagen umschichtet.

Money: Was für eine Entwicklung sehen Sie bei der Inflationsrate?
Nowotny: So wie ich schon vor längerer Zeit angekündigt habe, wird die Inflation deutlich niedriger sein. Auf der Euroebene wird sie 2013 1,4 % betragen und im Jahr 2014 nur mehr bei 1,1 % liegen. Für Österreich werden wir heuer bei knapp 2 % sein und dann im kommenden Jahr bei rund 1,7 %. Auf jeden Fall werden wir in den kommenden Jahren jeweils unter 2 % liegen. Das heißt, unter dem Wert, den die Europäische Zentralbank als Preisstabilität definiert.