Gouverneur Nowotny – Interview mit der Steirischen Wirtschaft

17. Jänner 2014

Der Euro hat sich auf jeden Fall bewährt

Steirische Wirtschaft: In der Öffentlichkeit ist die Währung nicht immer gut angeschrieben: Der Euro wird sehr oft als Teuro wahrgenommen. Was ist an diesem Volksglauben wirklich dran?
Ewald Nowotny: Die EZB hat als primäres Ziel die Sicherung der Preisstabilität, das mit einer Inflationsrate von unter, aber nahe bei 2 % definiert wird. Dieses Ziel wurde seit der Euro-Einführung im Durchschnitt erreicht. Die Inflationsrate lag von 1999 bis Herbst 2013 bei durchschnittlich 1,9 Prozent.  Das ist eine Punktlandung. Der Euro hat sich als eine sehr preisstabile Währung erwiesen, stabiler als es der Schilling je war.

Steirische Wirtschaft: Wo stünde Österreich, hätten wir uns gegen die Euroeinführung entschieden?
Nowotny: Österreich ist eines der Länder, die am meisten vom Euro profitieren. Gerade für eine kleinere Volkswirtschaft ist es von Vorteil, Teil einer großen Währungsunion und damit eines großen Binnenmarktes zu sein. Die exportorientierte Wirtschaft Österreichs würde ohne den Euro nicht so erfolgreich sein.

Steirische Wirtschaft: Was würde es bedeuten den Euro heute wieder zu zerschlagen?
Nowotny: Ich halte die Rückkehr zu den nationalen Währungen aller oder auch nur einzelner Länder des Euroraumes für ein reines Gedankenspiel. Es gibt auch keinen Grund dafür, denn der Euro hat sich bewährt. Es gab in den letzten Jahren auch keine Eurokrise, sondern eine Bankenkrise und darauf aufbauend eine Schuldenkrise einzelner Euroraumstaaten. An der Lösung dieser Probleme arbeiten wir alle – auf politischer Ebene und auf Ebene der Aufsicht. Und wir sehen bereits viele Zeichen, die auf eine Verbesserung hinweisen.

Steirische Wirtschaft: Wo sehen Sie die größten Schwächen des Euro gegenüber anderen Leitwährungen? Kann man den Euro überhaupt gleichberechtigt mit dem US-Dollar als Weltwährung nennen?
Nowotny: Eine Schwäche der Währungsunion ist wohl das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen einzelnen Mitgliedsstaaten, die nördlichen Länder sind wettbewerbsfähiger. Das ist derzeit ein Faktum. Es geht daher darum, vor allem die Wettbewerbsfähigkeiten der einzelnen Länder zu stärken. Nichts desto trotz kann der Euro sehr wohl als Weltwährung bezeichnet werden. Er spielt international zwar keine so wichtige Rolle wie der Dollar, aber seine Bedeutung wächst stetig. Nach dem US-Dollar hat der Euro bereits den zweitgrößten Anteil an den weltweiten Währungsreserven.

Steirische Wirtschaft: Braucht es eine stärkere politische Konzentration in Brüssel, Stichworte Fiskalunion, Verteidigungsunion, Gemeinsame Außenpolitik und so weiter, also eine im weitesten Sinne stärkere Entmachtung der Nationalstaaten zugunsten der EU, um den Euroraum langfristig gesund zu machen und eine Stabilität zu garantieren?
Nowotny: Wie schon vorhin gesagt, denke ich, dass eine weitere, tiefere Integration der europäischen Länder wichtig und sinnvoll ist. Eine bessere Zusammenarbeit und eine effizientere Art der gemeinsamen Entscheidungsfindung würden sich auf eine Währungsunion natürlich positiv auswirken. Neben der gemeinsamen Geldpolitik ist eine Bankenunion für den Euro von Bedeutung. Mit der Installation einer zentralen, einheitlichen Bankenaufsicht wird hier auch ein erster wichtiger Schritt gesetzt.

Steirische Wirtschaft: Die SEPA-Umstellung ist in aller Munde. Was halten Sie von der eben verkündeten Verschiebung?
Nowotny: Die österreichischen Banken sind für eine Umstellung auf SEPA gut vorbereitet und wir halten einen fristgerechten Start des neuen Zahlungsverkehrsstandards am 1. Februar für realistisch. Die OeNB und das Eurosystem empfehlen auch allen Marktteilnehmern, die Umstellung trotz des Vorschlags einer Fristverlängerung mit 1. Februar zu vollziehen, um eine Parallelphase von nationalen und SEPA-Standards im Zahlungsverkehr zu vermeiden.