Viola, Giovanni Battista Guadagnini, Turin, 1784

Druckzettel: „JO. BAPT. GUADAGNINI / Cremonensis alumnus / ANTONII STRADIVARI / fecit Taurini 1784 [Kreuz sowie Initialen GBG T]“ (1784 handschriftlich)

Bis ungefähr 1700 wurden Violinen, Violen und auch Violoncelli in unterschiedlichen Größen gebaut. Bei den Violinen waren die Differenzen zwischen den großen und kleinen Modellen gering, es handelte sich um wenige Millimeter. Anders bei den Violen und Violoncelli, deren Korpusmaße oft um einige Zentimeter differierten. Für die Ensemblemusik des Barock mit ihren begrenzten technischen Ansprüchen war das ideal. Mit dem Entstehen von virtuosen Solopartien und schwieriger Kammermusik wurden die übergroßen Violen und Violoncelli als unpraktisch empfunden und es setzten sich kleinere Korpusmaße durch. Am Schaffen Stradivaris ist das gut zu beobachten. Ab ca. 1690 entwickelte er einen kleineren Bratschentypus, der meist als Contralto-Modell bezeichnet wird. Dem entspricht auch die Viola von Guadagnini aus 1784, die mit einer Korpuslänge von 40 cm relativ kurz ist. Trotzdem besitzt sie Klangfülle und ist vor allem für Kammermusik bestens geeignet. Bei der Viola handelt es sich um ein typisches Spätwerk Guadagninis aus seiner letzten Schaffensperiode in Turin. Das Modell ist kurz und breit mit einer flachen Wölbung. Die Gestaltung von Schnecke und F-Löchern sowie die Randarbeit sind an Stradivari orientiert. Die geteilte Decke ist in der Mitte von feinjährigem Wuchs, die Breite der Jahresringe nimmt nach außen hin zu. Ein dendrochronologisches Gutachten ergab für den spätesten Jahresring 1769, die beiden Deckenhälften sind stammgleich. Die Datierung der Decke passt gut zur Entstehungszeit des Instruments und es gibt hohe Korrelationen zu anderen Instrumenten Guadagninis. Das Ahornholz des Bodens ist im Spiegel geschnitten, die schwach ausgeprägten Flammen fallen nach außen leicht ab. Auch die Zargen sind im Spiegel geschnitten und entsprechen in der Struktur dem Bodenholz. Die Wölbung ist flach, wobei der Boden stärker gewölbt ist als die Decke. Die Form und die Art der Kehlung der unteren F-Loch-Klappen erinnern an Stradivari, wobei die oberen Kugeln sehr klein sind. Die insgesamt etwas flüchtig geschnittene Schnecke ist groß und wirkt sehr kräftig, wobei die Konturen durch breite, schwarz gefärbte Fasen hervorgehoben werden. Optisch wird das Instrument durch einen leuchtenden, orange-roten Lack geprägt, der noch reichlich vorhanden ist.