Viola, Giovanni Paolo Maggini, Brescia, frühes 17. Jahrhundert

Nicht originaler Druckzettel: „Gio. Paulo Maggini in Brescia“

Violen wurden bis ins 17. Jahrhundert in zwei unterschiedlichen Korpusgrößen gebaut. Beim großen Modell konnte die Korpuslänge bis zu 47 cm betragen. Diese, auch als Tenorviolen bezeichneten Instrumente, hatten ein sehr klangvolles tiefes Register und waren für die Stimmen in Tenorlage gedacht. Der kleinere Typus, später auch als „Contralto“ bezeichnet, wies eine Länge von etwa 40–42 cm auf, besaß einen helleren Klang und war auch leichter zu spielen. Mit dem zunehmenden Schwierigkeitsgrad auch der Mittelstimmen, man denke etwa an die Streichquartette der Meister der Wiener Klassik, setzte sich dieser kleinere Instrumententyp allgemein durch. Maggini fertigte beide Modelle an, das vorliegende Instrument gehört mit einer Korpuslänge von 41 cm zum kleineren Typus. Es dürfte nach 1610 entstanden sein und gehört somit zu seinen frühen Instrumenten.

Das für Maggini typische Korpusmodell weist einen breiten Unterbügel sowie kurze C-Bügel auf und ist hoch gewölbt. Die zweiteilige Decke ist aus Fichtenholz mit regelmäßigem, mittelbreitem Wuchs gefertigt, die Breite der Jahresringe nimmt nach außen hin zu. Die beiden Deckenhälften sind stammgleich, der jüngste Jahresring konnte mit 1607 datiert werden. Der einteilige Boden im Fladerschnitt weist eine wolkige Zeichnung auf. Die Zargen zeigen regelmäßige, breite Flammen. Im Gegensatz dazu sind Wirbelkasten und Schnecke aus ungeflammtem Holz gefertigt. Die Wölbung des Korpus ist sehr hoch, wobei der Boden stärker gewölbt ist als die Decke. Die Wölbung ist weit nach außen gezogen und bricht abrupt ab, bevor sie in eine enge Hohlkehle übergeht. Die für Magginis Stil typischen F-Löcher stehen sehr aufrecht, sind weit geöffnet und lang gestreckt. Die ovalen Kugeln sind oben und unten nahezu gleich groß. Decke und Boden sind mit einer doppelten Randeinlage versehen. Der sehr lang gestreckte Wirbelkasten geht in eine charaktervolle Schnecke über. Deren Voluten verlaufen sehr regelmäßig und sind in horizontaler Richtung tief unterschnitten. Magginis Handschrift ist wegen der gut sichtbaren Werkzeugspuren noch deutlich zu erkennen. Über einem hellbraunen Grund liegt ein dunkler, für die frühen Brescianer Meister typischer Farblack. Der Wert des Instruments ergibt sich sowohl aus seinen klanglichen Qualitäten als auch aus der Rarität von Magginis Arbeiten.