Violine, Giuseppe Guarneri del Gesù, Cremona, 1731, „ex Sorkin“

Druckzettel: „Joseph Guarnerius fecit [Kreuz] / Cremonę anno 1731 IHS“ (31 handschriftlich)

Kurz vor 1730 begann Giuseppe Guarneri del Gesù seine Geigen mit eigenen Zetteln zu versehen. Die „ex Sorkin“ ist dieser frühen Schaffensperiode zuzuordnen. Sie zeigt viele Merkmale, die den persönlichen Stil dieses Geigenbauers auszeichnen und ihn von seinem Vater Giuseppe Guarneri filius Andreae unterscheiden. Da die Ecken bei Guarneri del Gesùs Geigenmodell nur wenig vorspringen, wirken die Mittelbügel sehr offen. Auch bei der Ausformung der Wölbung ging del Gesù eigene Wege. Seine Instrumente sind weniger hoch gewölbt als die seines Vaters und die Wölbungsform zeigt einen anderen Verlauf. Sie setzt nahe am Rand an, sodass die Hohlkehle weniger stark ausgeprägt ist oder fast verschwindet. Dadurch wirkt die Wölbung breiter und voller. Auch sind del Gesùs Böden in der Mitte relativ dick. Es ist anzunehmen, dass die Summe dieser Eigenschaften für die Klangfülle seiner Instrumente verantwortlich ist. Die Decke der Violine von 1731 ist zweiteilig, wobei die Deckenhälften nicht vom selben Stamm genommen sind. Die dendrochronologische Untersuchung ergab 1719 für den spätesten Jahresring. Die Struktur des Deckenholzes ist sehr feinjährig und die Jahresringe sind teilweise etwas unregelmäßig gewachsen. Der zweiteilige Boden im Spiegelschnitt hat relativ enge, v-förmig verlaufende Flammen. Die Zargen sind ebenfalls intensiv geflammt, für den Wirbelkasten und die Schnecke verwendete Guarneri jedoch ungeflammtes Ahornholz. Die mittelhohe Wölbung ist sehr weit nach außen gezogen und geht unvermittelt in die schmal ausgebildete Hohlkehle über. Die F-Löcher erinnern mit ihren kleinen Kugeln an Stradivari, wobei jedoch Größe und Form der Klappen abweichend sind. Vor allem die oberen Klappen sind sehr breit ausgebildet. Die Randeinlage verläuft regelmäßig, ist dünn und wirkt dadurch sehr zart. Wirbelkasten und Schnecke des Instruments wirken gut proportioniert und sind sauber gearbeitet. Im Vergleich zu späteren Arbeiten ist die Schnecke sehr symmetrisch geschnitzt, es finden sich vor allem bei den tief gestochenen Voluten die bei Guarneri häufig anzutreffenden Werkzeugspuren. Der Lackgrund ist goldgelb und weist ein stark ausgebildetes Tiefenlicht auf. Der Farblack findet sich vor allem an den tief liegenden Stellen des Bodens. Auch im Boden dieses Instruments ist das für Guarneri typische konische Bohrloch zu finden.

Als frühester Besitzer der Violine ist der aus der heutigen Ukraine stammende Geiger Mischa Mischakoff nachweisbar, der 1921 aus der Sowjetunion flüchtete und 1927 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Er spielte in verschiedenen Orchestern, von 1937 bis 1952 hatte er unter Arturo Toscanini die Konzertmeisterstelle des NBC Symphony Orchestra in New York inne. Wie aus einem Gutachten der Firma W. E. Hill & Sons hervorgeht, spielte er zu dieser Zeit bereits die Guarneri aus dem Jahr 1731. In den 1960er-Jahren wurde die Geige von Leonardo Sorkin, dem Gründer des Fine Arts Quartet, gespielt. Nach dessen Tod erwarb eine holländische Stiftung das Instrument, um es dem Konzertmeister des Concertgebouworkest in Amsterdam zur Verfügung zu stellen. Ab 1997 war es für kurze Zeit in der Sammlung von Dr. Herbert Axelrod.

Leihnehmer: Alexander Janiczek

     

Anton Sorokow, Violine (Giuseppe Guarneri del Gesù, Cremona, 1731, „ex Sorkin“), Vienna Classical Players, Dirigent Martin Kerschbaum.