Violine, Antonio Stradivari, Cremona, ca. 1725, „ex Smith-Quersin“

Druckzettel: „Antonius Stradiuarius Cremonensis / Faciebat Anno 1714“ (714 handschriftlich)

In den 1690er-Jahren hatte Stradivari ein Korpusmodell entwickelt, dessen Länge einige Millimeter über dem bis dahin verwendeten lag und sehr schmal war. Noch vor 1700 wandte er sich von diesem, als „long pattern“ bezeichneten schlanken Modell ab und baute wieder etwas kürzere Korpusse. Bis zu seinem Lebensende entstanden mehrere Varianten dieser unterschiedlich langen Korpusmodelle, wobei die Unterschiede in den meisten Fällen minimal sind. Die Violine „ex Smith-Quersin“, könnte über einer Innenform gebaut worden sein, die mit den Buchstaben „PG“ markiert und mit 4. Juni 1689 datiert ist (Museo del Violino, Cremona. Inv. Nr. MS 21). Dieses Modell ist relativ lang, hat aber auch breite Ober- und Unterbügel und wirkt dadurch aus ästhetischer Sicht sehr ausgewogen. Es findet sich bei zahlreichen Instrumenten aus Stradivaris „Goldener Periode“ und auch danach. Der Zettel des Instruments gibt als Entstehungsjahr 1714 an. Laut einem dendrochronologischen Gutachten ist der jüngste Jahresring mit 1713 zu datieren, die Entstehung des Instruments ist daher um einige Jahre später anzusetzen. Basierend auf stilistischen Merkmalen geben die Brüder Hill 1727 als Entstehungsjahr an. Die Decke ist zweiteilig mit sehr feinen bis feinen Jahresringen, die regelmäßig verlaufen. Der einteilige Boden im Spiegelschnitt zeigt enge, attraktive Flammen, die zur Diskantseite abfallen. Das Holz der Zargen entspricht in seiner Struktur der des Bodens. Die Wölbung wirkt voll und steigt nach einer nur schwach ausgeprägten Hohlkehle sehr rasch an. Die F-Löcher sind lang gestreckt, ein Merkmal, das typisch für Stradivaris späte Instrumente ist. Die kräftige Schnecke mit ihrer breiten, ursprünglich geschwärzten Fase ist sehr regelmäßig gearbeitet. Über einem goldgelben, leuchtenden Grund liegt ein orangeroter transparenter Farblack mit großer Leuchtkraft.

Die Vorgeschichte des Instruments ist in Jost Thönes Publikation über Stradivari (Bd. 7, S. 130) zusammengefasst. Wegen der zahlreichen Vorbesitzer, des unklaren Entstehungsjahrs und der Tatsache, dass die Violine unter drei verschiedenen Namen in der Literatur aufscheint, ist ihre Geschichte etwas verwirrend. Die Brüder Hill geben in ihrer Monografie über Stradivari Frederick Smith (1849–1914) als Besitzer der Violine an. Dieser Industrielle, der es mit der Herstellung von Draht und Kabel zu Reichtum gebracht hatte, war ein großer Kunst- und Literaturliebhaber, besaß aber auch eine bedeutende Sammlung von Streichinstrumenten. Er erwarb die Violine im Jahr 1889, verkaufte sie allerdings um das Jahr 1905 an den Händler Fridolin Hamma in Stuttgart. Von diesem erwarb sie der Geiger Karl Wendling (1875–1962), der in der Literatur ebenfalls als Namensgeber aufscheint. Wendling war Schüler Joseph Joachims und hatte bedeutende Konzertmeisterstellen in mehreren Orchestern inne. Bekannt wurde er vor allem als Leiter des nach ihm benannten Streichquartetts. Über die Firma W. E. Hill & Sons gelangte das Instrument in die USA. Ungefähr 1930 kaufte es der in Brüssel ansässige Rechtsanwalt Henri Quersin (1863–1944). Das Instrument blieb in Familienbesitz und wurde von der belgischen Geigerin Myriam Quersin (1922–2014), einer Schülerin von Arthur Grumiaux, gespielt.