Violine, Jean-Baptiste Vuillaume, Paris, 1858, „ex Applebaum“

Druckzettel: „Jean Baptiste Vuillaume à Paris / Rue Croix des Petit Champs“ (Zwei konzentrische Kreise, eingeschrieben: „B [Kreuz] V“)

Jean-Baptiste Vuillaume war Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich aber auch jenseits der Landesgrenzen als Hersteller von Streichinstrumenten und Bögen führend. Ebenso dominerte er den Handel mit historischen Instrumenten. Dank seiner genauen Kenntnis der italienischen Instrumente konnte er Stilelemente dieser Meister gut imitieren. Die Mehrzahl dieser Geigen ist nach Modellen von Stradivari oder Guarneri del Gesù gearbeitet, er baute aber auch Instrumente mit Stilmerkmalen von Amati oder Maggini. Vuillaume gab auf seinen Zetteln selten das Entstehungsjahr der Instrumente an, allerdings verwendete er laufende Nummern, die eine Datierung ermöglichen. In diesem Fall ist es die Nummer 2272, was auf eine Entstehung im Jahr 1858 hindeutet. Die Violine ist nach dem Guarneri Modell gebaut, worauf die niedrige Wölbung und vor allem der Schnitt der F-Löcher hinweisen. Diese erinnern stark an die Form der F-Löcher einer Guarneri del Gesù aus dem Jahr 1741, die heute nach dem belgischen Geiger Henri Vieuxtemps benannt ist. Diese Violine Guarneris befand sich 1804 in der Sammlung von Graf Cozio di Salabue. Vuillaume konnte das Instrument 1858 erwerben und verkaufte es schließlich an Henri Vieuxtemps. Es ist gut möglich, dass diese klanglich hervorragende Violine von Guarneri del Gesù Vuillaume als Vorbild für sein 1858 gebautes Instrument diente. Dafür sprechen die Form der F-Löcher und das Design von Wirbelkasten und Schnecke. Abweichungen gibt es bei den Korpusmaßen. Vuillaumes Geige ist nach einem größeren Modell gearbeitet und um zwei Millimeter länger. Auch sind die Ober- und Unterbügel etwas breiter. Die zweiteilige Decke besteht aus Fichtenholz mit mittelbreiten Jahresringen, die beiden Deckenhälften stammen nicht vom selben Stamm. Der jüngste Jahresring konnte mit 1845 datiert werden. Ebenfalls zweiteilig ist der Boden. Er besteht aus attraktivem, stark geflammten Ahorn, wobei die Flammen nach außen leicht v-förmig verlaufen. Die Zargen und der Kopf sind enger geflammt als der Boden. Die relativ flache Wölbung setzt nach einer schmalen Hohlkehle an und verläuft sehr harmonisch. Die F-Löcher sind, ihrem Vorbild entsprechend, sehr schlank und extravagant geformt. Auch die Gestaltung der sehr breiten Ränder sowie die Randeinlage, die gewollte Unregelmäßigkeiten aufweist, sind im Stil Guarneris gearbeitet. Die Proportionen des Wirbelkastens und die tief unterschnittenen Voluten der Schnecke erinnern an die späten Violinen von Guarneri del Gesù. Vuillaumes Geige besitzt noch den originalen Hals. Dieser ist allerdings etwas hochgesetzt worden, um die heute übliche Halslänge und –neigung zu erzielen. Vuillaume verwendet meist einen kräftigen, rötlichen Lack, der auf seiner Geige von 1858 noch reichlich vorhanden ist. In der Mitte des Bodens ist das Abtragungsprofil deutlich zu erkennen.

Das Instrument ist benannt nach dem Geiger und Pädagogen Samuel Applebaum (1904–1986) der in New Jersey geboren wurde und an der Juilliard Music School studierte. Er unterrichtete in New York und verfasste zahlreiche pädagogische Werke.

Leihnehmerin: Laura Gfrerer