Europäischer Stresstest bestätigt für Österreichs Banken die erwarteten Ergebnisse

(, Wien)

Fünf Banken haben selbst unter schärfsten Stressannahmen ausreichende Kapitalpuffer, die Restrukturierung der ÖVAG muss zügig und konsequent vorangetrieben werden.

Mit 4. November 2014 übernimmt die Europäische Zentralbank (EZB) die Aufsicht über die grenzüberschreitend bedeutendsten Kreditinstitutsgruppen im Euroraum. Zur Vorbereitung darauf wurden diese Institute einer umfassenden Prüfung, dem sogenannten Comprehensive Assessment, unterzogen. Die heute veröffentlichten Ergebnisse  zeigen für die österreichischen Banken die erwarteten Resultate. Fünf der sechs geprüften Kreditinstitutsgruppen – Erste Group Bank, Raiffeisen Zentralbank, BAWAG P.S.K., RLB OOE, RLB NOE-W – haben die Prüfung gut bestanden und weisen selbst unter dem schärfsten Stressszenario ausreichende Eigenkapitalpuffer aus. Für die ÖVAG, die sich bekanntermaßen bereits mitten in einem grundlegenden Restrukturierungsprozess befindet, hat der Stresstest die Analysen der nationalen Aufsicht bestätigt, und eine Kapitallücke ohne Restrukturierungsmaßnahmen von € 865 Millionen im Jahr 2016 ausgewiesen. Derzeit erfüllt die ÖVAG aber die regulatorischen Erfordernisse.

Strategie zur Stärkung des Eigenkapitals zeigt Erfolg

„Die Ergebnisse liegen im Rahmen unserer Erwartungen. Auch die Zahlen für die ÖVAG kommen nicht überraschend. Insgesamt zeigt sich aber, dass Österreichs Banken in den vergangenen Jahren krisenfester geworden sind“, kommentierte OeNB-Gouverneur Dr. Ewald Nowotny die Ergebnisse. FMA-Vorstand Mag. Helmut Ettl: „Das Comprehensive Assessment bestätigt, wie wichtig und richtungsweisend die Strategie der nationalen Aufsicht war, die Eigenkapitalbasis der österreichischen Banken über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus zu stärken. Und zwar sowohl was die Höhe des Eigenkapitals, als auch die Verlusttragfähigkeit der Eigenkapitalbestandteile betrifft.“ Vorstandskollege Mag. Klaus Kumpfmüller: „Das Ergebnis zeigt aber auch, wie wichtig es ist, dass die Restrukturierung bei den Österreichischen Volksbanken rasch und konsequent umgesetzt wird.“ „Die heutigen Zahlen bedeuten nicht, dass man nun zufrieden sein kann. Die Banken müssen weitere Maßnahmen treffen, um die Eigenkapitalbasis und die Ertragskraft zu stärken“, sagte OeNB-Vize-Gouverneur Mag. Andreas Ittner.

Strengste und tiefschürfende Prüfung

Das „Comprehensive Assessment“, das von November 2013 bis Oktober 2014 durchgeführt wurde, bestand aus zwei Hauptkomponenten, dem Asset Quality Review (AQR), sowie einem Stresstest. Beim AQR, das von der EZB, gemeinsam mit nationalen Aufsehern und externen Experten durchgeführt wurde, wurde die Aktivseite der Bankbilanzen, insbesondere die Kreditportfolios, aber auch Vermögensveranlagungen, auf Basis einheitlicher europäischer Standards auf Werthaltigkeit geprüft. Beim Stresstest, der in Zusammenarbeit mit der European Banking Authority (EBA) durchgeführt wurde, wurde die Krisenfestigkeit der Banken unter der Annahme einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung („Baseline-Szenario“) und einer sehr negativen Wirtschaftsentwicklung („Adverses Szenario“) einer Prüfung unterzogen. In beiden Szenarien wurden jeweils die Auswirkungen auf die Eigenkapitalbasis untersucht. Der Stresstest setzte dabei erstmals auf den Ergebnissen eines AQR auf. Es ist wichtig zu betonen, dass es sich beim adversen Szenario nicht um eine Prognose, sondern um die hypothetische Annahme einer sehr schweren Rezession handelt.

Die Ergebnisse der österreichischen Banken stellen sich wie folgt dar:

Europäischer Stresstest
Basisszenario CET1-Quote per Ende 2013 Veränderung in Basispunkten CET1-Quote nach AQR Veränderung in Basispunkten CET1-Quote im Stresstest-Basisszenario
Erste Group Bank 11,2% −117 10,0% 117 11,2%
Raiffeisen Zentralbank 10,4% −65 9,7% −22 9,5%
BAWAG P.S.K. 14,5% −21 14,3% −244 11,9%
OeVAG 11,5% −115 10,3% −308 7,2%
RLB OOE 11,4% −112 10,3% 101 11,3%
RLB NOE−W 17,5% −67 16,9% 26 17,2%
Risikogewichteter Durchschnitt 11,5% −91 10,5% 4 10,6%
 
Adverses Szenario CET1-Quote per Ende 2013 Veränderung in Basispunkten CET1-Quote nach AQR Veränderung in Basispunkten CET1-Quote im adversen Stresstestszenario
Erste Group Bank 11,2% −117 10,0% −242 7,6%
Raiffeisen Zentralbank 10,4% −65 9,7% −193 7,8%
BAWAG P.S.K. 14,5% −21 14,3% −576 8,5%
OeVAG 11,5% −115 10,3% −824 2,1%
RLB OOE 11,4% −112 10,3% −237 7,9%
RLB NOE−W 17,5% −67 16,9% −509 11,8%
Risikogewichteter Durchschnitt 11,5% −91 10,5% −310 7,4%
 


Anmerkung: CET1 = Common Equity Tier 1 = hartes Kernkapital.

Anmerkung: Ausgangsbasis sind die CET1-Quoten (Spalte 1) per 31. Dezember 2013. Die Spalte 3 „CET1-Quote nach AQR“ gibt die jeweils erreichte Kernkapitalquote nach dem AQR wider. 8 % wurden hier als Hürde angesetzt. In der Spalte 5 sind die CET1-Quoten im Stressszenario angeführt. Für das Basisszenario war eine CET1-Quote von mindestens 8 % und für das „adverse Szenario“ eine CET1-Quote von mindestens 5,5 % erforderlich.

Die Tabelle zeigt, dass alle österreichischen Banken die erforderlichen acht Prozent CET1 nach dem AQR erreicht haben. Im Stresstest erreichen fünf Banken die erforderlichen Eigenkapitalquoten von acht Prozent CET1 im Basisszenario bzw. von 5,5 Prozent im adversen Szenario. Alle Berechnungen basieren auf der Bilanz 2013, das bedeutet Kapitalmaßnahmen – Kapitalerhöhungen, oder die Abschichtung von staatlichem PS-Kapital – sind hier nicht berücksichtigt.

Mit diesen Ergebnissen liegen die österreichischen Banken, vor allem aufgrund ihrer im Vergleich niedrigeren Ausgangskapitalisierung, etwas unter dem Euroraum-Durchschnitt.

Restrukturierung der ÖVAG ist konsequent voranzutreiben

Für die ÖVAG ist festzuhalten, dass die derzeit gültigen regulatorischen Anforderungen erfüllt werden. Im Stresstest zeigt sich jedoch, dass die ÖVAG sowohl im Baseline-Szenario, als auch im adversen Szenario ohne ausreichende Restrukturierungsmaßnahmen 2016 einen zusätzlichen Kapitalbedarf von bis zu € 865 Millionen hat. Um diese Kapitallücke  zu vermeiden, arbeitet die ÖVAG seit Wochen an Plänen zur völligen Neustrukturierung des gesamten Volksbanken-Sektors. Diese Pläne werden derzeit intensiv zwischen den Eigentümern, der Bank und der Aufsicht (EZB, OeNB und FMA) diskutiert.

„Mit dem Comprehensive Assessment sind wir dem Ziel, das Vertrauen von Menschen und Märkten in den Bankensektor wieder zu stärken, sowie für mehr Transparenz und Stabilität zu sorgen, ein gutes Stück näher gekommen“, fasst OeNB-Gouverneur Nowotny zusammen. Und FMA-Vorstand Ettl ergänzt: „Das Comprehensive Assessment, diese umfassendste Analyse der großen europäischen Banken, die es je gegeben hat, ist das feste Fundament, auf dem wir als nationale Aufseher gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank den neuen einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus aufbauen können.“

Das Comprehensive Assessment war für die EZB und die nationalen Aufsichtsbehörden – in Österreich OeNB und FMA – eine sowohl in Prüfintensität als auch Prüfumfang unvergleichliche Herausforderung. Allein für die österreichischen Kreditinstitute wurden in Österreich und sieben Ländern Mittel- und Osteuropas über 8000 einzelne Kreditfälle geprüft, was einem gesamten Kreditvolumen von € 57 Milliarden entspricht. Neben den Prüfteams der OeNB, die vor allem auf die Qualitätssicherung zu achten hatte, waren noch vier international tätige Wirtschaftsprüfungskanzleien sowie das internationale Beratungsunternehmen Oliver Wyman mit Prüfungen und Analysen betraut.  In Spitzenzeiten waren daher mehr als 300 Prüfer und Analysten im Einsatz.

Die Daten für jedes einzelne Institut können auf den Internetseiten von EZB und EBA abgerufen werden.