Reale Einkommenseinbußen bremsten den Finanzvermögenszuwachs der Haushalte

(, Wien)

OeNB veröffentlicht Daten zum Finanzverhalten der privaten Haushalte im Jahr 2015

Das Finanzvermögen der Österreicher stieg im Jahr 2015 um 2,2 % auf knapp mehr als 600 Mrd EUR an. In den letzten zehn Jahren war die Zuwachsrate nur 2008 und 2011 geringer als jene des Jahres 2015. Ein realer Einkommensverlust (-0,6 %) im Jahr 2015 erlaubte keine großen Zuflüsse  an zusätzlichen Finanzveranlagungen, der mit rund 10,6 Mrd EUR ähnlich hoch ausfiel wie 2014. Nach einem turbulenten Jahr auf den Aktien- und Rentenmärkten erhöhte sich das Portfolio der Haushalte durch Bewertungseffekte per saldo lediglich um 2,2 Mrd EUR. Jeder fünfte Euro des Finanzvermögens war in Bargeld und täglich fälligen Einlagen veranlagt, das entspricht rund 70 % der Konsumausgaben des Jahres 2015.

Gemäß den Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung (GFR), der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) erhöhten die privaten Haushalte im Jahr 2015 ihr Finanzvermögen durch zusätzliche Veranlagungen um 10,6 Mrd EUR (Jahreswachstum zum Endstand 2014: 1,8 %). Der Zuwachs lag nominell auf dem Niveau des Vorjahreswertes (2014). Die im Jahr 2015 - im Vergleich zum Vorjahr - fast halbierte Inflationsrate führte real zu einer leicht höheren Wachstumsrate. Die Erhöhung fand vor dem Hintergrund realer Einkommenseinbußen von -0,6 % und einer leichten Erhöhung der Konsumausgaben statt, die zu einer Sparquote (Quelle: Statistik Austria) von 6,9 % führte (2014: 7,8 %).

Wie in den Vorjahren beeinflusste der weiter abnehmende Abstand der Neugeschäftszinsen aus täglich fälligen Einlagen gegenüber den Zinsen aus gebundenen Geldern die Umschichtungen in den Vermögensbeständen der Haushalte. Fast eine Milliarde Euro bzw. mehr als 13,7 Mrd EUR flossen zusätzlich in Bargeldbestände bzw. in täglich fällige Einlagen, die im Jahr 2015 nur mehr mit 0,26 % von den Banken verzinst wurden. Ein nicht unwesentlicher Teil wurde von gebundenen Einlagen umgeleitet. Der Rückgang an Einlagen mit Bindungsfrist betrug im Jahr 2015 mehr als 7,2 Mrd EUR.

Eine zweite Form der Umschichtung – ebenfalls schon in den Vorjahren beobachtet – fand zwischen Bankanleihen und Investmentzertifikaten statt. Die anhaltende Tilgungspolitik der Banken reduzierte das Angebot an Bankemissionen, die sich auch auf das Wertpapierportfolio der Haushalte auswirkte (14 % aller ausstehenden Emissionen). Verkäufe und die Tilgungsmaßnahmen der Banken ergeben einen Rückgang von rund 2,5 Mrd EUR im Jahr 2015. Zusätzlich verkauften Haushalte auch Anleihen anderer Emittenten, wodurch es insgesamt zu einer Verringerung um 3,5 Mrd EUR kam. Private Wertpapierinvestoren schichteten zum Teil die freiwerdenden Mittel in Investmentzertifikate um. Die Nettokäufe betrugen im Jahr 2015 3,9 Mrd EUR, mehr als jeder zweite Euro floss dabei in inländische Fonds. Haushalte investierten vorwiegend in Zertifikate inländischer gemischter Fonds und Immobilienfonds.

Die Zuwächse in Bargeldbestände, täglich fällige Einlagen und Investmentzertifikate abzüglich der Rückgänge der gebundenen Einlagen und verzinslichen Wertpapiere erklären 8,7 von 10,5 Mrd EUR der gesamten Finanzinvestitionen der Haushalte im Jahr 2015. Der Löwenteil der verbleibenden Finanzmittel floss in kapitalgedeckte Pensionsreserven (0,8 Mrd EUR) bzw.in Ansprüche gegenüber betrieblichen Vorsorgekassen (1,0 Mrd EUR).

Die in den letzten Jahren feststellbaren Umschichtungen, einerseits zwischen den Einlagenkategorien und andererseits zwischen verzinslichen Wertpapieren und Investmentzertifikaten, führten zu einer anhaltenden Strukturverschiebung in den Portfolios des Haushaltssektors. Rund 127 Mrd EUR (21 %) des Finanzvermögens bestanden aus Bargeld bzw. täglich fälligen Einlagen. Damit könnten rund 70 % der Konsumausgaben des Jahres 2015 finanziert werden. Rund 119 Mrd EUR (20 %) waren Ende 2015 in gebundenen Einlagen veranlagt. Einlagen mit einer Bindungsfrist über zwei Jahre machten davon 32 Mrd EUR aus. Die traditionell beliebten Bauspar- und Sparbucheinlagen hatten zu diesem Zeitpunkt lediglich Anteile von 21 % bzw. 3,3 % (gleichauf mit dem Aktienbesitz) am gesamten Finanzvermögen der Österreicher.

Das niedrige Zinsumfeld beeinflusste auch das Einkommen aus dem bestehenden Finanzvermögen. Betroffen waren sowohl Einlagen (inkl. Kredite) als auch verzinsliche Wertpapiere, die mit insgesamt 263 Mrd EUR 44 % des gesamten Finanzvermögens darstellten. Der Ertrag aus diesen Finanztiteln ergab im Jahr 2015 rund 0,7 % p.a. vor Abzug der KEST und ohne Berücksichtigung der Inflationsrate in Höhe von 0,8 %.

Dem Finanzvermögen der Haushalte standen offene Kredite – vor allem aus Wohnbaufinanzierungen ‑ in Höhe von 175 Mrd EUR gegenüber. Die Nettofinanzposition von rund 430 Mrd EUR entspricht dem rund 2,2 fachen des netto verfügbaren Einkommens im Jahr

Geldvermögen und Verbindlichkeiten der Haushalte
  Ultimo 2014 Ultimo 2015 2015
  Bestände Bestände Transaktionen Jahreswachstumsrate
  Mrd EUR Anteil in % Mrd EUR Anteil in %
Bargeld 20,6 21,5 3,6 0,9 0,2
Täglich fällige Einlagen 91,7 105,5 17,4 13,7 2,3
Sonstige Einlagen 126,2 118,9 19,7 −7,3 −1,2
Kurzfristige Kredite 0,9 1,7 0,3 0,8 0,1
Langfristige Kredite 0,7 0,7 0,1 0,1 0,0
Handelskredite 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0
Kurzfristige verzinsliche Wertpapiere 1,0 1,0 0,2 0,0 0,0
Langfristige verzinsliche Wertpapiere 39,5 35,5 5,9 −3,5 −0,6
Börsennotierte Aktien 18,4 19,6 3,2 0,0 0,0
Nicht−börsennotierte Aktien 2,9 2,9 0,5 −0,1 0,0
Investmentzertifikate 47,8 51,3 8,5 3,9 0,7
Sonstige Anteilsrechte 104,2 105,8 17,5 0,0 0,0
Lebensversicherungsansprüche 72,7 72,3 12,0 −0,3 0,0
Nicht−Lebensversicherungsansprüche 11,8 12,0 2,0 0,2 0,0
Kapitalgedeckte Pensionsansprüche 38,1 39,6 6,5 0,8 0,1
Sonstige Forderungen und Finanzderivate 15,2 16,4 2,7 1,2 0,2
Geldvermögen (Finanzvermögen) 591,6 604,7   10,6 1,8
Veränderung des Geldvermögens in %   2,2      
  hievon aus Transaktionen in %   1,8      
 
Wohnbaukredite, kurzfristig 2,3 2,6 1,5 0,2 0,1
Wohnbaukredite, langfristig 114,4 120,2 68,6 3,7 2,2
Konsumkredite, kurzfristig 5,0 4,7 2,7 −0,3 −0,1
Konsumkredite, langfristig 15,2 14,7 8,4 −0,4 −0,2
Sonstige Kredite, kurzfristig 5,2 4,9 2,8 −0,4 −0,2
Sonstige Kredite, langfristig 25,9 26,2 15,0 −0,5 −0,3
Handelskredite 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0
Sonstige Verbindlichkeiten und Finanzderivate 1,8 2,0 1,1 0,2 0,0
Verpflichtungen 169,7 175,3   2,6 1,5
Veränderung der Verpflichtungen in %   3,3      
  hievon aus Transaktionen in %   1,5      
 
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      Pressesprecher (OeNB)
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