Nachfrage nach Unternehmenskrediten durch Covid-19 stark gestiegen

(, Wien)

Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom April 2020

Die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie bringen eine plötzliche Umkehr von zuvor schon länger bestehenden Trends im Kreditgeschäft mit sich. Im ersten Quartal kam es vor allem zu einer deutlich stärkeren Nachfrage nach Unternehmenskrediten. Das zeigen die Ergebnisse der vierteljährlichen Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum, in der führende Banken nach ihren Einschätzungen gefragt werden. Die Umfrage wurde in der zweiten Märzhälfte 2020 durchgeführt. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie waren zu dieser Zeit bereits in Kraft, erste wirtschaftliche Folgen schon spürbar.

Der massive Bruch mit den bisherigen Entwicklungen zeigt sich am deutlichsten bei der Nachfrage nach Unternehmenskrediten. Nachdem diese im Jahr 2019 stabil geblieben war, nahm sie im ersten Quartal 2020 signifikant zu. Der Grund hierfür liegt im starken Kreditbedarf der Unternehmen zur Deckung der Lagerhaltungskosten und zur Finanzierung von Betriebsmitteln sowie in ihrem Bedarf an Refinanzierung, Umschuldung und Neuverhandlung von Krediten. Für das zweite Quartal wird vonseiten der befragten Banken ein noch stärkeres Anziehen der Nachfrage erwartet.

Nach vier Jahren mit Reduktionen bei den Margen für durchschnittlich risikoreiche Unternehmenskredite, die mit der Wettbewerbssituation begründet worden waren, und weitgehend unveränderten Margen bei risikoreicheren Unternehmenskrediten kam es im ersten Quartal 2020 zu kurzfristigen Steigerungen der Margen im Allgemeinen, die mit einer geänderten Risikoeinschätzung sowie mit höheren Refinanzierungskosten und bilanziellen Restriktionen begründet wurden. Die mit staatlichen Garantien besicherten neuen Finanzierungsinstrumente waren im Erhebungszeitraum größtenteils noch nicht verfügbar und sind in ihren Auswirkungen auf Angebot, Nachfrage und Kreditrisiko daher weitgehend noch unberücksichtigt.

Die Entwicklungen im Privatkundengeschäft waren im ersten Quartal 2020 hingegen moderat. Aber auch hier zeigt sich eine restriktivere Risikoeinschätzung mit potenziellen Auswirkungen auf die Kreditvergabepolitik der Banken. Für das zweite Quartal 2020 erwarten die Banken einen deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Wohnbaukrediten, die bisher einem langjährigen expansiven Trend gefolgt war, der vor allem auf das niedrige Zinsniveau zurückgeführt wurde.

Die Refinanzierungssituation der Banken hat sich im ersten Quartal 2020 eingetrübt. Verschlechterungen gab es bei den langfristigen Einlagen, am kurzfristigen Geldmarkt (Laufzeit von über einer Woche) und bei der Refinanzierung über mittel- bis langfristige Schuldtitel. Zuvor war es über vier Jahre hinweg hauptsächlich zu Verbesserungen gekommen. Für das zweite Quartal 2020 werden weitere Verschlechterungen erwartet.

In dieser Umfragerunde wurden die Banken auch zu den Auswirkungen der seit Herbst letzten Jahres beschlossenen geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems befragt. Das Ankaufprogramm hat – den Ergebnissen zufolge – positive Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen der Banken, aber negative Effekte auf ihre Ertragslage. Der negative Einlagensatz wird als deutliche Belastung der Ertragslage wahrgenommen. Das mit 30. Oktober 2019 eingeführte zweistufige System für die Verzinsung von Überschussliquidität mildert die dämpfenden Effekte auf die Ertragslage jedoch ab. Die Neuauflage der gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte wird von den Banken aufgrund der attraktiven Bedingungen positiv beurteilt. Die dadurch verfügbaren Mittel werden – den Zielsetzungen des Maßnahmenpakets entsprechend – für die Kreditvergabe verwendet.

Es bleibt anzumerken, dass die allgemeine Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems, die auf den Euroraum insgesamt abzielen, nicht anhand der hier präsentierten nationalen Effekte besprochen werden kann.
 

Die Zentralbanken des Euroraums – in Österreich die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) – führen gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über das Kreditvergabeverhalten der Banken, die Kreditnachfrage von Unternehmen und privaten Haushalten, sowie sonstige die Geldpolitik betreffende Themen zu verbessern. Dabei wurden zuletzt 142 führende Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht Institute aus Österreich.

Eine ausführliche Darstellung der österreichischen Ergebnisse wird in Statistiken – Daten & Analysen Q2/2020 und vorab auf der OeNB-Website veröffentlicht. Dort finden sich auch weitere Informationen und Daten zu den Österreich-Ergebnissen der Umfrage. 

Die Resultate für den Euroraum werden von der EZB auf ihrer Website publiziert.