Vermehrt negative Zinssätze bei Unternehmenseinlagen

(, Wien)

Aktuelle OeNB-Zahlen zu Zinssätzen, Krediten und Einlagen von Unternehmen im Jahr 2020

Die in Reaktion auf die Folgen der COVID-19-Pandemie stark expansive Geldpolitik des Eurosystems führte im Jahr 2020 zu sinkenden Geldmarktzinssätzen, was auch bei kurzfristigen Unternehmenseinlagen in Österreich und im Euroraum für negative Zinssätze sorgte. Dennoch stiegen Unternehmenseinlagen bei Banken im Jahr 2020 sprunghaft an. Das Kreditwachstum nichtfinanzieller Unternehmen stieg mit Ausbruch der Pandemie – nicht zuletzt aufgrund von zahlreichen Hilfsmaßnahmen – auf bis zu 7,2 % im April 2020 und sank im weiteren Jahresverlauf bis Dezember auf 5,0 % und damit auf das Level vor der Pandemie. Zusätzlich unterstützte der österreichische Bankensektor die inländischen Unternehmen mit Kreditstundungen in Milliardenhöhe.

Im Jahr 2020 war sowohl in Österreich als auch im Euroraum ein verstärktes Aufkommen negativer Zinssätze bei Unternehmenseinlagen zu beobachten. Im Dezember 2020 lag der kapitalgewichtete Durchschnittszinssatz für täglich fällige Unternehmenseinlagen erstmals in Österreich mit –0,002 % im negativen Bereich. Der Zinssatz für kurzfristig neu veranlagte Einlagen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr war bereits in der Vergangenheit negativ und wies im Dezember 2020 –0,14 % auf. Das Phänomen negativer Einlagenzinssätze war im Euroraum insgesamt sehr weit verbreitet. So lag der kapitalgewichtete Durchschnittszinssatz täglich fälliger Unternehmenseinlagen im gesamten Euroraum bei –0,01 %, jener von Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bei –0,20 %. In Deutschland schlugen sich negative Zinssätze bei kurzfristig neu vergebenen Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu einem Jahr nicht nur bei Unternehmen (–0,42 %), sondern erstmals auch bei privaten Haushalten (–0,01 %) auf den kapitalgewichteten Durchschnittszinssatz in dieser Kategorie durch. Trotz stärkerer Verbreitung von negativen Zinssätzen stiegen Unternehmenseinlagen bei Banken im Jahr 2020 sowohl in Österreich (19,7 %) als auch im Euroraum (19,4 %) sprunghaft an, wofür nicht zuletzt aufgeschobene Investitionen ein maßgeblicher Grund sein dürften.

In Österreich sind negative Einlagenzinssätze auf Spareinlagen privater Haushalte aufgrund eines OGH-Urteils nicht möglich, der Zinssatz für neue Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu einem Jahr wies im Dezember 2020 einen Wert von 0,23 % auf, der Euroraum-Vergleichswert lag bei 0,16%. Ob und in welchem Ausmaß sich aktuelle Marktentwicklungen (Rückzug aus dem Privatkundengeschäft einer großen Direktbank) in den Aggregaten niederschlagen, werden die Daten für März zeigen.

Hilfsmaßnahmen unterstützen Kreditwachstum bei Unternehmen
Die Kreditentwicklung nichtfinanzieller Unternehmen wurde im Jahr 2020 deutlich vom Ausbruch der COVID-19-Pandemie und den daraus folgenden Unterstützungsmaßnahmen beeinflusst. Sowohl in Österreich als auch im Euroraum kam es dadurch zu einer deutlichen Ausweitung des Kreditwachstums bei Unternehmen. Dieses erreichte in Österreich im April 2020 7,2 %, nachdem es im Februar 2020 noch bei 5,4 % gelegen war. In weiterer Folge sank das Kreditwachstum in Österreich im Dezember 2020 auf 5,0 % und damit auf das Level vor der Pandemie. Im Euroraum hingegen war die Dynamik, die das Kreditwachstum durch die Pandemie bekommen hat, noch höher. Das entsprechende Kreditwachstum stieg – getrieben vor allem durch die Entwicklungen in Spanien, Italien und Frankreich – von 3,0 % (Februar 2020) auf 7,4 % im Mai 2020 und blieb auch in den Folgemonaten auf diesem Niveau bestehen (Dezember 2020: 7,1 %). Die Abschwächung des Kreditwachstums in Österreich war insbesondere auf geringere Neukreditvergaben bei kurzfristigen Großkrediten über 1 Mio EUR zurückzuführen.

Dass die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen bei den Unternehmen angekommen sind, zeigte sich an den – im Vergleich zum Vorjahr – deutlich höheren Neukreditvergaben bis 1 Mio EUR. Speziell in der Kategorie mit einer Laufzeit von ein bis fünf Jahren – in diese Kategorie fallen Kredite mit staatlichen Überbrückungsgarantien bis 500 Tsd EUR, einer Laufzeit von maximal fünf Jahren und einem Zinssatz von 0,0 % – waren die Neukreditvergaben mit fast 3 Mrd EUR besonders hoch (2019: 1,4 Mrd EUR). In Summe wickelten österreichische Banken im Jahr 2020 Kredite mit Garantien in Höhe von 6,8 Mrd EUR ab.

Neben der Mitwirkung an den staatlichen Garantieprogrammen stundete der österreichische Bankensektor Unternehmen und Haushalten Kredite in Milliardenhöhe. Der Anteil der im Zuge der Pandemie gestundeten Kredite am gesamten aushaftenden Kreditvolumen privater Haushalte und nichtfinanzieller Unternehmen erreichte im Juni 2020 seinen Höchstwert bei rund 9 %. Dabei wurden rund 206.000 Kredite von österreichischen Banken mit einem Kreditvolumen von rund 30,6 Mrd EUR gestundet. Bis Jahresende ging das gestundete Kreditvolumen auf 14,1 Mrd EUR zurück, wobei 5,6 Mrd EUR auf Kredite an den Unternehmenssektor und 8,5 Mrd EUR auf Kredite an private Haushalte entfielen.

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