Schaffe, schaffe, Wohnung baue

14.03.2024

Mathias Moser, Lukas Reiss

Der Traum von der eigenen Wohnung oder dem Haus im Grünen ist für viele im letzten Jahr relativ abrupt geplatzt. Steigende Lebenserhaltungskosten gepaart mit hohen Zinsen haben nicht nur dem Wohnungsmarkt, sondern auch dem Bausektor mehr als nur eine kleine Abkühlung gebracht. Besonders problematisch ist, dass sich dieser Wirtschaftsbereich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt hat und Firmen viele Kapazitäten aufgebaut haben, die nun brachzuliegen drohen.

Wobei man unterscheiden muss: Speziell im Tiefbau ist die Lage weit weniger trist. Große Investitionen im Bereich der Bahn wie die Tunnelprojekte Semmering, Brenner und Koralm führen dazu, dass kaum ein Abschwung zu merken ist.

Die Bundesregierung versucht daher nun speziell im Hochbau, konkret dem Wohnungsbau, Anreize zu setzen. Wie? Durch ein Bündel von Maßnahmen (siehe Tabelle 1): Die Schwerpunkte liegen dabei eindeutig auf Neubau und Sanierungen, aber auch Energieeffizienz und leistbares Wohnen sind Teil des Paketes. In Summe geht es um budgetäre Kosten von ungefähr 2,5 Mrd EUR, die nach unserer Einschätzung ein zusätzliches Investitionsvolumen von schätzungsweise 4,5 Mrd EUR erzeugen. Wie wir zu diesem Effekt auf die Investitionen kommen und wie dies auf die Beschäftigung wirkt, zeigt dieser Beitrag.

Übersicht Bau-Konjunktur-Maßnahmenpaket  
Maßnahme Zielgruppe Umsetzung Volumen
 
Wohnraum-Bau-Offensive Gemeinnützige Bauträger Länder-Wohnbauförderung 1.000 Mio EUR
Günstige verzinste Förderdarlehen Haushalte Länder-Wohnbauförderung 500 Mio EUR (Kredite 2024–25)*
Erhöhte Abschreibung von Gebäuden und Sanierungen Vermieter:innen 3-fache Abschreibung für 3 Jahre 400 Mio EUR (2024–26)
Ökozuschlag Mietgebäude Vermieter:innen Steuerbegünstigung Investitionen 300 Mio EUR (2024–25)
Thermisch-energetische Sanierung Vermieter:innen Aufstockung Energieeffizienztopf 240 Mio EUR (2024–25)
Wohnschirm III Haushalte Aufstockung Wohnschirm (Bund) 60 Mio EUR (nur 2024)
Senkung Nebengebühren Haushalte Grundbuchgebühren (gedeckelt) keine Angabe (2024–25)
„Handwerkerbonus PLUS“ Haushalte 20 % der Kosten, max. 2.000 EUR keine Angabe (2024–25)
 

Wait a minute – es gibt doch bereits eine großzügige Wohnbauförderung!
Grundsätzlich ja. Das österreichische System der Wohnbauförderung ist bzw. war lange Zeit eine der Stützen des Hoch- bzw. Wohnbaus und kann als Ländermaterie flexibel auf unterschiedliche regionale Anforderungen reagieren. Analog dazu wurde die Finanzierung – der sogenannte Wohnbauförderungsbeitrag – 2018 auch auf eine Landesabgabe umgestellt. Die Länder können daher theoretisch sogar selbst die Höhe der Fördermittel festlegen (Stichwort Steuerwettbewerb, analog zu Schweizer Kantonen), machen davon aber derzeit keinen Gebrauch. Da der Wohnbauförderungsbeitrag an der Lohnsumme hängt, steigt das vorhandene Budget derzeit aber ohnehin kräftig.

Warum braucht es dann trotzdem eine Finanzspritze des Bundes? Im aktuellen System gibt es zwei Baustellen: Erstens ist der Wohnbauförderungsbeitrag nicht zweckgebunden. Das heißt, dass nur ein Teil dieser Abgabe wirklich in den Wohnbau fließt, der Rest landet im allgemeinen Landesbudget. Zweitens ist die Wohnbauförderung ebenfalls von steigenden Zinsen betroffen. Länder, die stark auf Zuschüsse gesetzt haben (sogenannte Annuitätenzuschüsse), übernehmen z. B. einen Teil des Zinsrisikos und müssen nun Teile der Wohnbauförderung für (zukünftige) Zinskosten von bestehenden Förderungen zurückhalten. Dieses Geld fehlt folglich für neue Projekte. Zudem verteuert sich die Refinanzierung zinsbegünstigter Darlehen.

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Hier versucht nun die Bundesregierung auszuhelfen und startet zwei Maßnahmen im Bereich der Wohnbauförderung. Mit 1 Mrd EUR sind Zuschüsse für gewerbliche Bauträger und Genossenschaften zur Errichtung und Sanierung von Wohnungen der größte Posten des Programms, gefolgt von verzinsten Krediten für private Haushalte (1,5 % bis max. 200.000 EUR) mit einem Gesamtvolumen von maximal 500 Mio EUR. Hinzu kommen insbesondere noch befristete steuerliche Vergünstigungen für Wohnungsneubauten und -sanierungen. Österreichweit erhöhen sich die Mittel für Wohnbauförderung damit um rund ein Fünftel.

Das bringt das Paket für Konjunktur und Beschäftigung
Aber wie wirken sich solche Pakete auf die Wirtschaft – und speziell auf den Bausektor – aus? Hierfür müssen wir noch ein paar Faktoren berücksichtigen:

Einerseits sind die Maßnahmen „Kofinanzierungen“, das heißt, der Staat regt durch diese Zuschüsse Bautätigkeit in einem viel größeren Ausmaß an (sogenannte „Hebeleffekte“). Sehr anschaulich lässt sich dies anhand des „Handwerkerbonus PLUS“ erklären: Der Staat übernimmt hier ein Fünftel der Kosten, die wahren Investitionen der Haushalte sind aber fünfmal so hoch.

Kleine Zuschüsse könnten daher Großes auslösen – wäre da nicht das Problem der „Mitnahmeeffekte“, da viele Investitionen auch ohne zusätzliche Förderung durchgeführt worden wären und daher nicht zu zusätzlichen wirtschaftlichen Effekten führen. Dies ist speziell ein Problem bei Projekten mit langen Vorlaufzeiten, etwa im Wohnungsneubau. Deutlich geringer ist dieses Problem bei Sanierungsmaßnahmen, weil sie z. B. weniger aufwendige Genehmigungs- oder Planungsverfahren brauchen. Diese beiden Effekte führen unserer Einschätzung nach dazu, dass durch budgetäre Kosten von etwa 2,5 Mrd EUR ein zusätzliches Volumen an Wohnbau-Investitionen von etwa 4,5 Mrd EUR generiert wird – das entspricht immerhin einem Investitions-Plus von etwa 3 Prozentpunkten pro Jahr.

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Versucht man all diese Faktoren zu berücksichtigen, so ergibt sich aus dem gesamten Baukonjunkturpaket ein Wachstumsimpuls von je 0,1 Prozentpunkten des BIP in den kommenden Jahren. Etwas anschaulicher ist der Effekt auf die Beschäftigten und somit die Arbeitslosigkeit: Durch das Paket werden über vier Jahre etwas mehr als ca. 32.000 neue Arbeitsplätze (Ganzjahresäquivalente) geschaffen, davon knapp die Hälfte im Bausektor direkt und der Rest in zuliefernden Bereichen (z. B. Maschinenbau, Dienstleistungen von Architekt:innen etc.). Ohne diese Maßnahmen läge die Arbeitslosigkeit gesamt um 0,2 Prozentpunkte und im Bausektor gar um einen halben Prozentpunkt höher.

Noch ein Hilfspaket – war das wirklich notwendig?
Ja und nein. Einerseits wirken solche wirtschaftsfördernden Maßnahmen preistreibend und arbeiten somit gegen das aktuelle Ziel des Eurosystems, die Inflation zu senken. Der Fiskalpolitik muss man hier aber zugutehalten, dass sie versucht, sehr gezielt negative Effekte in einem Sektor abzufedern – im Gegensatz zu den teils ungezielten Unterstützungsmaßnahmen der letzten Jahre.

Auch das „Wie“ ist in diesem Fall positiv hervorzuheben, etwa durch das Verwenden bestehender Mechanismen wie der Wohnbauförderung. Alternative Unterstützungsmaßnahmen, wie der Wiedereinsatz der während der COVID-19-Pandemie stark genutzten Kurzarbeit, hätte ebenfalls signifikante Kosten, würde aber nicht die benötigten Wohnbauinvestitionen auslösen. Einzige Wermutstropfen sind die „Goodies“ des Pakets – Handwerkerbonus und Grundbuchgebühren – die wohl vor allem hohe Mitnahmeeffekte erzeugen. Letztere könnten auch die Immobilienpreise erhöhen und damit den preisdämpfenden Effekt anderer Maßnahmen mindern.

Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen.