Bargeldnutzung in Österreich gesunken, aber kein massiver Einbruch

Helmut Stix

Aktuelle Umfrageergebnisse der OeNB bestätigen, dass es im Zuge der COVID-19-Pandemie zu einem Rückgang in der Bargeldnutzung gekommen ist. Allerdings war der Rückgang keinesfalls massiv und Bargeld bleibt weiterhin ein von vielen Österreicherinnen und Österreichern genutztes Zahlungsmittel.

Die Ergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass am ehesten jene Personen die Nutzung von Bargeld reduziert haben, die vorher überdurchschnittlich viel Bargeld nutzten – z. B. ältere Personen. Insgesamt glaubten im Juni/Juli nur drei von zehn Befragten, dass die Verwendung von Bargeld eine Gefahr in Bezug auf die Ansteckung mit dem Coronavirus darstellt.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) führt in regelmäßigen Abständen eine Umfrage zum Zahlungsverhalten der Österreicherinnen und Österreicher bzw. ihrer Einstellung zu Bargeld durch. Die aktuelle Umfrage wurde von 2. Juni bis 17. Juli 2020 durchgeführt – insgesamt wurden 1.400 in Österreich lebende Personen befragt. Ein Vorteil dieser Umfragen ist, dass die Antworten, mit denen aus früheren Umfragen verglichen werden können. So wurden etliche Fragen bereits im Frühjahr 2018 sowie im Herbst 2019, also vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie, gestellt.

Nachfolgend werden die Hauptergebnisse zusammengefasst:

Bevorzugtes Zahlungsmittel

„Angenommen, Sie tätigen heute einen Einkauf um 10 (20, 50) Euro in einem Supermarkt – Sie haben genug Bargeld eingesteckt und im Supermarkt werden sowohl Kartenzahlungen als auch kontaktlose Zahlungen mit Karte oder Handy akzeptiert. Wie würden Sie am liebsten für diesen Einkauf zahlen?“

  • Mit dieser Frage über einen hypothetischen Einkauf soll eruiert werden, wie die Österreicherinnen und Österreicher am liebsten bezahlen, wenn seitens des Händlers alle Zahlungsmittel akzeptiert werden. Die Frage zielt auf einen Einkauf in einem Supermarkt ab, sodass die Zahlungssituation konstant gehalten wird – z. B. wird in Gasthäusern anders gezahlt als in einem Supermarkt.
  • Grafik 1 zeigt, dass der Anteil der Personen, die am liebsten in bar bezahlen, bei allen drei Zahlungsbeträgen rückläufig ist.
  • Ein Rückgang war allerdings bereits von Frühjahr 2018 (2018/1) auf Herbst 2019 (2019/2) zu beobachten.
  • Kleinere Beträge bis 20 Euro werden von einer Mehrheit der Bevölkerung noch immer am liebsten in bar beglichen.
  • Bei einem Betrag von 50 Euro bevorzugen nur mehr 36 % Bargeld.

Selbsteinschätzung des Zahlungsverhaltens

„Wenn Sie an all Ihre Einkäufe für Lebensmittel, Bekleidung, Freizeit, Tanken usw. während der letzten 2 Wochen denken, auch wenn jemand anderer für Sie eingekauft hat – haben sie betragsmäßig gesehen mehr in bar oder mehr bargeldlos bezahlt (also mit Karte oder Handy)?“

  • Grafik 2 zeigt den Prozentsatz der Bevölkerung, der antwortet, dass sie ausschließlich oder überwiegend in bar bezahlen.
  • Auch bei dieser Frage ist ein Rückgang über die Zeit beobachtbar, wobei der Rückgang nach 2019/2 hier etwas deutlicher ausfällt.
  • Beide Fragen geben nur ein Stimmungsbild wieder – sie können das tatsächliche Zahlungsverhalten nicht abbilden. Die grundlegende Tendenz beider Fragen zum Zahlungserhalten ist jedoch eindeutig:
  • Bargeld wird nun weniger genutzt als vor der Covid-19-Pandemie.
  • Der generell rückläufige Trend in der Bargeldnutzung hat sich beschleunigt.
  • Bargeld bleibt weiterhin häufig genutzt.
  • Diese Ergebnisse werden auch durch Daten zu den Bargeldaus- und -einlieferungen der OeNB sowie den Zahlungskartenumsätzen bestätigt. Der Anteil von Bargeld an der Summe der beiden Komponenten bildet ein ungefähres Maß für die Bargeldnutzung. Vor März hatte Bargeld einen Anteil von ungefähr 60 % bis 65 % an allen Bargeldtransaktionen plus (vor-Ort-)Zahlungskartentransaktionen. Während des Lockdowns sank dieser Anteil auf etwa 50 %. Mittlerweile hat sich die Bargeldnutzung deutlich erholt und liegt im Bereich von über 55 %.

Welche Zahlungsmittel werden verwendet?

„Angenommen, Sie tätigen heute einen Einkauf um 50 Euro in einem Supermarkt – Sie haben genug Bargeld eingesteckt und im Supermarkt werden sowohl Kartenzahlungen als auch kontaktlose Zahlungen mit Karte oder Handy akzeptiert. Wie würden Sie am liebsten für diesen Einkauf bezahlen?“

  • Grafik 3 stellt dar, welche Zahlungsmittel bei einem hypothetischen Einkauf um 50 Euro bevorzugt verwendet werden. Hier zeigt sich, erwartungsgemäß, eine deutliche Verschiebung zu kontaktlosen Kartenzahlungen, während Kartenzahlungen mit PIN-Code deutlich zurückgingen.
  • Der Anteil derer, die es vorziehen, mit dem Handy zu zahlen, ist ebenfalls gestiegen und liegt nun bei 3,9 %.
  • Innerhalb der Gruppe der 14- bis 35-Jährigen liegt der Handy-Anteil bereits bei 7,9 %, bei Personen mit höherer Ausbildung bei 5,2 %.

Welche Personengruppen haben ihr Zahlungsverhalten geändert?

  • Besonders interessant ist die Frage, welche Personengruppen nunmehr weniger Bargeld nutzen.
  • Grafik 5 zeigt für verschiedene sozio-demografische Gruppen, wie sich der Anteil derer, die ausschließlich oder überwiegend in bar bezahlen, von Herbst 2019 auf Sommer 2020 verändert hat.
  • Demnach ist der Anteil besonders bei jenen Personengruppen gesunken, die vor der COVID-19-Pandemie eine besonders hohe Affinität zu Bargeld hatten: tendenziell ältere Befragte, Personen mit niedrigerer Ausbildung, Personen, die in kleineren Gemeinden leben, Personen, die kein Online-Banking verwenden.
  • Wiederum können diese Ergebnisse nur ein Stimmungsbild und keine quantitative Einschätzung über die Verwendung von Bargeld abbilden.

Einschätzung der Gefahr der Ansteckung durch Bargeld

  • Die aktuelle Umfrage von Sommer 2020 beinhaltete eine Frage zur subjektiven Einschätzung der Ansteckungsgefahr durch Bargeld.
  • Insgesamt waren im Sommer 2020 64 % der Österreicher/innen der Meinung, dass die Verwendung von Bargeld (eher) keine Gefahr der Ansteckung birgt. Nur 30 % glaubten daran. 6 % antworteten, dass sie dies nicht wissen.
  • In den oben dargestellten sozio-demografischen Gruppen, hat jeweils die Gruppe, die nicht an eine Ansteckung glauben, eine relative Mehrheit.
  • Welche Bevölkerungsgruppen glauben, dass die Verwendung von Bargeld eine Gefahr der Ansteckung mit dem Corona-Virus birgt?
  • Den höchsten Anteil, die an eine Ansteckungsgefahr glauben, findet sich bei der Gruppe der 14- bis 35-jährigen Befragten.
  • Auffallend ist weiters, dass innerhalb der Gruppe der Personen mit geringerer Ausbildung ein hoher Prozentsatz (16 %) bezüglich der Ansteckungsgefahr unsicher ist.

Einstellung zur Zukunft des Bargelds

In einigen Ländern – z. B. in Schweden – ist Bargeld aus dem Alltag der Menschen fast verschwunden. Dort zahlen fast alle mit der Karte oder mit dem Handy. Auch in Österreich wird über die Zukunft des Bargelds diskutiert. Was davon würden Sie sich wünschen? (die Befragten entscheiden sich für ein Statement).

  • In den letzten Umfragen wurde eine Frage zur Einstellung zur Zukunft des Bargelds gestellt, wobei die Befragten aus einer Liste von vier Statements eines wählen konnten.
  • Hier zeigt sich bis vor der COVID-19-Pandemie, dass eine massive Mehrheit für die Erhaltung von Bargeld war.
  • An diesem Gesamtbild hat sich auch wenig geändert. Allerdings kann sich nunmehr erstmals ein Drittel der Befragten vorstellen, dass Bargeld an Bedeutung verlieren kann. Nur mehr 58 % wünschen sich, dass Bargeld in „der derzeitigen Bedeutung“ erhalten bleibt.

Methode

Stichprobengröße je Umfrage: 1.400 Personen.
Die OeNB-Barometer in den Jahren 2018 und 2019 wurden mittels persönlicher Befragung durchgeführt. Die Umfrage von 2020 wurden pandemiebedingt methodisch anders durchgeführt. Nach telefonischer Kontaktierung gab es für die Befragten die Option, das Interview entweder online oder telefonisch zu geben. Die Änderung der Methode kann Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit der Ergebnisse haben. Aus diesem Grund ist es wichtig, nur die größeren Veränderungen zu analysieren.

Die dargestellten Ergebnisse sind repräsentativ in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bundesland.

Interviewdaten:
2018/1: 11.4.-22.5.2018
2019/2: 1.9.-4.11.2019
2020/1: 2.6.-17.7.2020