Die Erreichbarkeit von Geldausgabeautomaten in städtischen und ländlichen Regionen Österreichs

Helmut Stix

Sind ländliche Regionen in Österreich ebenso gut mit Bargeld versorgt wie städtische Gebiete? Oder anders gefragt: Müssen Verbraucherinnen und Verbraucher auf dem Land weitere Wege zurücklegen bzw. mehr Zeit einplanen, um zum nächsten Geldautomaten zu gelangen, als in der Stadt?

Der vorliegende Beitrag beleuchtet die Erreichbarkeit und räumliche Verteilung von Geldausgabeautomaten in Österreich. Dies ist aus zwei Gründen relevant: Zum einen hat Bargeld österreichweit betrachtet bei alltäglichen Einkäufen sowie als Wertaufbewahrungsmittel nach wie vor eine sehr wichtige Rolle. Der meistgenutzte Bargeldbezugspunkt in Österreich ist der Geldausgabeautomat. Zum anderen ist es eine der zentralen Aufgaben der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), gemeinsam mit ihren Tochterunternehmen die heimische Bevölkerung und Wirtschaft mit Bargeld zu versorgen. Aus diesem Grund sind Informationen über die Bargeld-Infrastruktur essentiell.

Österreich verzeichnet hohe Anzahl an Geldautomaten
Die Situation in Österreich unterscheidet sich von jener in anderen Ländern, in denen die Anzahl an Bargeldbezugspunkten in den letzten Jahren rückläufig war (z. B. Niederlande, Großbritannien). Hierzulande hat sich die Anzahl an Geldautomaten in den vergangenen Jahren erhöht – von etwa 7.400 im Jahr 2005 auf rund 9.000 im Jahr 2019. Zudem zählt Österreich im europäischen Vergleich zu jenen Ländern, die die höchste Anzahl an Geldautomaten, in Relation zur Bevölkerung, aufweisen.

Dies deckt sich auch mit Umfragedaten der OeNB, denen zufolge die heimische Bevölkerung mit der Erreichbarkeit von Geldautomaten im Allgemeinen zufrieden ist. So bewerteten 49 % der Befragten, die ihr Bargeld für gewöhnlich an einem bestimmten Geldautomaten beziehen, die Erreichbarkeit als „sehr gut“, weitere 47 % als „eher gut“. Für nur 4 % ist der üblicherweise genutzte Bankomat „eher schwer“ oder „sehr schwer“ erreichbar. Eine sehr positive Bewertung ließ sich auch in kleineren Gemeinden mit bis zu 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern beobachten, wo insgesamt 95 % der Befragten die Erreichbarkeit als „sehr gut“ bzw. „eher gut“ bezeichneten.

Anzahl an Geldautomaten gibt nur bedingt Auskunft über deren Erreichbarkeit
Während diese Umfrageergebnisse sowie die Informationen über die Anzahl an Geldautomaten einen ersten Eindruck vermitteln, so können sie nur bedingt Auskunft über die Erreichbarkeit von Geldautomaten im gesamten Bundesgebiet geben. Aus diesem Grund wird im vorliegenden Beitrag die geographische Verteilung von Geldautomaten in Österreich genauer untersucht. Damit liegen Ergebnisse darüber vor, innerhalb welcher Wegstrecken bzw. welcher Wegzeiten Geldautomaten im städtischen und ländlichen Raum Österreichs erreichbar sind. Diese Ergebnisse sollen als Information für die breite Öffentlichkeit dienen, aussagekräftige Vergleiche mit anderen Ländern ermöglichen und Richtwerte darstellen, um etwaige zukünftige Entwicklungen bei der Bargeldversorgung evaluieren zu können.

Eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Ergebnisse findet sich in der Studie A spatial analysis of access to ATMs in Austria (Stix, 2020). Nachfolgend sollen die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst werden.

Anmerkungen zur Methode

Welche Geldautomaten wurden erfasst?
Von wenigen Ausnahmen abgesehen wurden alle Geldautomaten, die Ende 2019 in Österreich in Betrieb waren, erfasst (insgesamt 9.058 Geldautomaten). Dabei ist Folgendes zu beachten:

  • Die Anzahl an Geldautomaten variiert je nach Saison. Erfasst wurden auch jene Geldautomaten, die etwa auf Weihnachtsmärkten oder in Skigebieten betrieben wurden.
  • Zudem wurden auch Geldautomaten berücksichtigt, die zwar nicht rund um die Uhr, aber doch über weite Teile des Tages (z. B. in Supermärkten oder Tankstellen) erreichbar waren.
  • Ebenso erfasst wurden jene Geldautomaten, bei denen von den Betreibern Gebühren für die Bargeldbehebung verrechnet wurden.
  • Nicht berücksichtigt wurden Geldautomaten in nicht allgemein zugänglichen Lokalitäten (z. B. in Diskotheken).

Für jeden Geldautomaten wurde der genaue Standort erfasst. Aufgrund der hohen Anzahl an Geldautomaten sind etwaige Ungenauigkeiten im Hinblick auf die exakten Koordinaten jedoch nicht auszuschließen. Dies dürfte die Hauptergebnisse aber nicht maßgeblich beeinflussen, unter Umständen jedoch die Ergebnisse für einzelne Gemeinden. Aus diesen Gründen sollen die Ergebnisse pro Gemeinde nur als ungefähr betrachtet werden. Für Rückmeldungen via unten angegebenen Kontakt über etwaige Datenfehler sind wir dankbar.

Wie wurden die Wegstrecken gemessen?
Für die Messung der Wegstrecken wurde das gesamte Bundesgebiet in Rasterzellen von 100 x 100 m eingeteilt. Davon waren Ende 2019 580.995 Rasterzellen bewohnt. Vom jeweiligen Mittelpunkt dieser Rasterzellen wurde die Route zum nächsten Geldautomaten berechnet, und zwar jeweils zu Fuß und per PKW. Für jede Rasterzelle erhält man somit die Wegstrecke und die Wegzeit für die Fahrt mit dem PKW und den Fußweg. Schließlich wird für jede Rasterzelle jeweils die kürzeste Wegstrecke bzw. die schnellste Wegzeit, egal ob per PKW oder zu Fuß, ausgewählt.

Die derart ermittelten Wegstrecken und Wegzeiten liegen für alle Rasterzellen vor. Um eine durchschnittliche Wegzeit, z. B. pro Gemeinde, zu berechnen, ist es nötig, die Ergebnisse pro Rasterzelle mit der Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnsitz in dieser Rasterzelle zu gewichten. Die Daten zu den Hauptwohnsitzen wurden von der Statistik Austria bezogen.

Nicht zuletzt ist bei den ausgewiesenen Wegzeiten per PKW zu beachten, dass diese nur die reine Fahrzeit wiedergeben. Die Zeiten, die etwa für den Weg zum PKW oder zum Parken benötigt werden, werden nicht berücksichtigt.

Wegstrecken und Wegzeiten erfassen nur eine Dimension der Erreichbarkeit
Es ist wichtig zu betonen, dass die Wegstrecke nur eine – wenngleich zentrale – Dimension für die Beurteilung der Erreichbarkeit von Geldautomaten ist. So kann eine weite Wegstrecke als problemlos empfunden werden, wenn die Strecke ohnehin (z. B. im Rahmen eines Einkaufs) zurückgelegt wird. Umgekehrt kann eine kurze Wegstrecke Schwierigkeiten bereiten, wenn kein PKW oder keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen oder wenn die Mobilität aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist.

Ergebnisse

Durchschnittliche Wegstrecken nach 1 x 1 km-Rasterzellen
Die unten dargestellten Landkarte gibt Auskunft darüber, wie weit der nächste Geldautomat in Österreich im Durchschnitt entfernt ist – konkret werden Rasterzellen in der Größe von 1 x 1 km gezeigt. Je dunkler die Farbe einer Rasterzelle, desto länger ist die Wegstrecke zum nächsten Geldautomat. Weiße Rasterzellen zeigen nicht bewohnte Gebiete an. Der Großteil der Rasterzellen ist blau bis hellorange, was einer durchschnittlichen Wegstrecke von unter 5 km gleichkommt. Dunklere Zellen, d. h. längere durchschnittliche Wegstrecken, können im gesamten Bundesgebiet (außer in Wien) beobachtet werden. Vergleichsweise häufiger sind diese Zellen in Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark zu finden.

Österreich-Karte: Durchschnittliche Distanz zum nächsten Geldautomaten

Anhand dieser Ergebnisse lässt sich ein erster Eindruck über die geografische Verteilung der Wegstrecken in Österreich gewinnen; Aussagen darüber, wie viele Menschen längere Wegstrecken bewältigen müssen, können damit jedoch nicht getroffen werden.

Städtische und ländliche Bevölkerung im Vergleich
Die bevölkerungsgewichteten Ergebnisse zeigen, dass der nächste Geldautomat in Österreich im Durchschnitt 1,2 km entfernt ist. Die mittlere Entfernung (der Median) liegt bei 630 m; das heißt, dass für 50 % der heimischen Bevölkerung die nächste Geldquelle weniger weit entfernt liegt. Zeitlich ausgedrückt sind in Österreich durchschnittlich 2,9 Minuten einzuplanen, um zum nächsten Geldautomaten zu gelangen; der Median liegt bei 2,1 Minuten.

Demnach scheint die Dichte an Geldautomaten in Österreich im Durchschnitt relativ hoch zu sein. Dies dürfte auch für den überwiegenden Anteil der Bevölkerung der Fall sein: 99 % der österreichischen Bevölkerung leben in einem Umkreis von 6,5 km vom nächsten Geldautomat bzw. müssen maximal 13 Minuten (reine Fahrzeit) einplanen, um diesen zu erreichen.

Je größer die Gemeinde, desto weniger Weg muss für die Bargeldbehebung zurückgelegt bzw. desto weniger Zeit muss dafür eingeplant werden. In kleinen Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt die durchschnittliche Entfernung bei 2,1 km. In Wien hingegen ist der nächste Geldautomat im Durchschnitt binnen 390 m erreichbar.

Welcher Anteil der Bevölkerung lebt innerhalb bestimmter Wegstrecken?
Alternativ kann betrachtet werden, welcher Anteil der heimischen Bevölkerung innerhalb bestimmter Wegstrecken bzw. bestimmter Wegzeiten zum nächsten Geldautomaten gelangt. Rund 18 % der Österreicherinnen und Österreicher haben eine Wegstrecke von weniger als 250 m zum nächstgelegenen Geldautomaten. Für 66 % der Bevölkerung liegt die nächstgelegene Geldquelle innerhalb von 1 km ihres Wohnsitzes; für 97 % liegt diese innerhalb von 5 km; ein etwas geringerer Prozentsatz, nämlich 85 %, brauchen weniger als 5 min um diese zu erreichen.

grafik mit anteil der bevölkerung, die innerhalb bestimmter wegstrecken liegt

In der nachfolgenden Abbildung wird dargestellt, wie der Anteil der Bevölkerung, der innerhalb einer bestimmten Wegstrecke zum nächsten Geldautomaten gelangt, je nach Gemeindegröße variiert. In Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern haben etwas weniger als 10 % der Bevölkerung innerhalb von 250 m die Möglichkeit, Bargeld von einem Geldautomaten zu beziehen (siehe blauer Balken). Dieser Anteil erhöht sich auf etwa 25 % in größeren Städten mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und auf 40 % in Wien. Innerhalb eines Umkreises von 1 km erreichen ganze 95 % der in Wien lebenden Bevölkerung den nächsten Geldautomaten; in Gemeinden mit bis zu 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt der entsprechende Anteil bei rund 41 % (siehe jeweilige Summe der blauen, roten und grünen Balken).

Größere Wegstrecken von über 5 km sind anteilsmäßig eher in kleineren Gemeinden zu finden. In Gemeinden mit bis zu 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern trifft dies beispielsweise auf 8,6 % der jeweiligen Bevölkerung zu. In Gemeinden von 10.000 bis 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt dieser Anteil bei nur mehr 1,9 %.

Wegstrecke zum nächsten Bankomaten nach Gemeindegrößenklassen
grafik mit wegstrecke nach gemeindegrösse

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Zugang zu Bargeld (via Geldautomaten), auch im ländlichen Raum relativ gut ist – im Durchschnitt und für einen hohen Anteil der jeweiligen Bevölkerung.

Wie steht es um die Erreichbarkeit von Geldautomaten in den einzelnen Gemeinden?
Bisher wurden die Ergebnisse nach Gemeindegrößenklassen oder Bundesländern aufgeschlüsselt. Doch wie sieht es mit der Erreichbarkeit von Geldautomaten in den einzelnen Gemeinden Österreichs aus? Konkret wurden für jede der 2.118 österreichischen Gemeinden (die 23 Bezirke Wiens werden als separate Gemeinden gezählt) einige Kennzahlen für die Erreichbarkeit von Geldautomaten berechnet.

Ergebnisse pro Gemeinde

Für jede Gemeinde wurden die durchschnittliche Wegstrecke sowie der Anteil der Bevölkerung mit einer Wegstrecke von über fünf Kilometer in einer interaktiven Karte zusammengefasst.
Anmerkung: Die Zuordnung von Geldautomaten zu Gemeinden kann Fehler aufweisen. Für Rückmeldungen über etwaige Zuordnungsfehler sind wir dankbar (bitte über den unten angegebenen Kontakt). Die Gemeindegrenzen beziehen sich auf das Jahr 2019.

Mit Stande Ende 2019 gab es in Österreich insgesamt 316 Gemeinden (15 % aller österreichischen Gemeinden), in denen kein Geldautomat zur Verfügung stand. Die Verfügbarkeit eines Geldautomaten ist jedoch nicht immer das aussagekräftigste Kriterium, wenn es um die Ermittlung der Wegstrecke geht, die bis zum nächsten Geldautomaten zurückzulegen ist. Zum Beispiel könnte der Weg zur nächstgelegenen Geldquelle im Nachbarort recht kurz sein. Aus diesem Grund soll der Fokus auf die tatsächlichen Wegstrecken gelegt werden; konkret soll für alle Gemeinden ermittelt werden, welcher Anteil der Bevölkerung eine Wegstrecke von über 5 km zu bewältigen hat, um zum nächsten Geldautomaten zu gelangen. Die Ergebnisse zeigen, dass dieser Anteil in 69 Gemeinden bei über 60 % liegt. In weiteren 39 Gemeinden beträgt der entsprechende Bevölkerungsanteil zwischen 40 % und 60 %. Gemäß einer Klassifikation der Statistik Austria werden alle diese 108 Gemeinden als „überwiegend ländlich“ bezeichnet. Es handelt sich in der Regel um eher kleinere Gemeinden mit durchschnittlich etwa 840 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass die Wegstrecken zum nächsten Geldautomaten, im Durchschnitt für die gesamte Bevölkerung, relativ moderat sind. Auch im ländlichen Raum steht für den überwiegenden Teil der Bevölkerung innerhalb von 5 km ein Geldautomat zur Verfügung. Mittels des Rasternetzes ist es möglich, Regionen und Gemeinden zu identifizieren, in denen ein höherer Anteil der Bevölkerung eine weitere Wegstrecke hat. Dies ist hauptsächlich in kleineren Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern der Fall.

Zu beachten ist, dass die Ergebnisse ein erstes – und sicherlich noch unvollständiges – Bild der Erreichbarkeit von Geldautomaten liefern. Da Wegstrecken nicht automatisch mit Erreichbarkeit gleichgesetzt werden können, sollten die Ergebnisse als Basis für weitere Analysen dienen, in denen z. B. auch die Altersstruktur der Bevölkerung oder die Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln berücksichtigt werden. Des Weiteren könnten der Bezug von Bargeld in Geschäften (Cash-Back-Standorte) sowie die zeitliche Erreichbarkeit (Öffnungszeiten) von Bargeldbezugspunkten berücksichtigt werden.

Abschließend soll auf eine weitere Studie verwiesen werden, die die Erreichbarkeit und räumliche Verteilung von Bankfilialen in Österreich beleuchtet. Während die Einbeziehung von Bankfilialen kaum Auswirkungen auf die hier dargestellten Ergebnisse und Aussagen für die Gemeindegrößenklassen und Bundesländer hat, könnten die Ergebnisse für einzelne Gemeinden anders ausfallen.