Bericht der EZB zum Thema „Digitaler Euro“

Martin Summer, Beat Weber

Die zunehmende Popularität und Verbreitung digitaler Bezahlmethoden bei breiten Bevölkerungsschichten im Euroraum bewog das Eurosystem, sich intensiv mit der Frage nach einem digitalen von der Zentralbank bereitgestellten Euro auseinanderzusetzen. Der heute veröffentlichte Bericht einer internen Arbeitsgruppe des Eurosystems diskutiert Vor- und Nachteile, die sich für den Euroraum ergeben könnten, wenn die Europäische Zentralbank den Konsumentinnen und Konsumenten im Euroraum zusätzlich zu den bestehenden Bezahlmöglichkeiten (Bargeld und Banküberweisungen) eine weitere in Form eines digitalen Euro anbieten würde.

Ein digitaler Euro, also für alle zugängliches elektronisches Zentralbankgeld, wäre eine Innovation, die den Konsumentinnen und Konsumenten des Euroraums in einer zunehmend digitalisierten Welt ein sicheres digitales Zahlungsmittel zur Verfügung stellen würde. Ein digitaler Euro würde zusätzlich die strategische Autonomie für Europa im Bereich von digitalen Zahlungsmitteln stärken und die Abhängigkeit von internationalen elektronischen Zahlungsanbietern vermindern.

Während der Bericht derzeit keine unmittelbare Notwendigkeit für die Einführung eines digitalen Euro sieht, empfiehlt er dem Eurosystem dennoch, sich für zukünftige Szenarien zu wappnen, bei denen die Einführung eines solchen Instruments vorteilhaft oder sogar notwendig werden könnte. Solche Szenarien wären zum Beispiel ein starker zukünftiger Rückgang der Nachfrage nach Bargeld, eine etwaige zunehmende Popularität ausländischer digitaler Zahlungsmittel im Euroraum oder eine notwendige Erhöhung der Ausfallsicherheit elektronischer Bezahlformen.

Der Bericht geht ebenso auf die zahlreichen Herausforderungen ein, die mit einem solchen Projekt verbunden wären, und kommt zum Ergebnis, dass diese durch die richtigen strategischen, ökonomischen und technologischen Entscheidungen bewältigbar seien. Um diese Entscheidungen gewissenhaft vorzubereiten, ist allerdings nach Ansicht des Berichts noch ein beträchtlicher Analyseaufwand notwendig.

Bisher hat das Eurosystem noch keine Entscheidung getroffen, die eine Weichenstellung hin zur Entwicklung eines digitalen Euro bedeuten würde. Im Einklang mit der bisherigen Haltung der OeNB stellt der Bericht auch klar, dass ein digitaler Euro nicht als Instrument zur unerwünschten Abschaffung von Bargeld konzipiert würde.

Als nächster Schritt ist eine Konsultation der Öffentlichkeit geplant, um zu erfahren, ob ein digitaler Euro gewünscht ist und welche Anforderungen er erfüllen müsste. In technischen Experimenten und weiteren Analysen sollen die Grundlagen geschaffen werden, damit der EZB-Rat Mitte 2021 entscheiden kann, ob er ein konkretes mehrjähriges Entwicklungsprojekt starten will.

Wo liegen die Unterschiede zwischen einem Euro in bar und einem digitalen Euro

  • 1 Euro Bargeld: Zentralbank steht für den Wert gerade, der Nutzer ist für die Aufbewahrung oder Weitergabe (=Bezahlvorgänge) verantwortlich
  • 1 Euro am Bankkonto: Geschäftsbank steht für den Wert gerade (jederzeit 1:1 Behebung in bar), und übernimmt Aufbewahrung und Weitergabe (=Bezahlvorgänge) im Kundenauftrag
  • 1 digitaler Euro: Zentralbank steht für Wert gerade. Nutzer und/oder private elektronische Brieftaschen-Betreiber (z. B. Banken) übernehmen Aufbewahrung und Weitergabe (=Bezahlvorgänge) im Kundenauftrag

Angemessener Schutz der Privatsphäre der Kundinnen und Kunden und jener vor Gesetzesmissbrauch sind über technische und rechtliche Maßnahmen in allen drei Varianten möglich