Green Finance – Unser Beitrag für ein nachhaltigeres Finanzsystem

Andreas Breitenfellner

Die OeNB unterstützt die Finanzwirtschaft beim Umgang mit Risiken und Chancen des Klimawandels

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Die Auswirkungen sind auch in Österreich bereits deutlich spürbar; die Hauptlast tragen jedoch zukünftige Generationen, und das weltweit. Wesentliche Ursache ist ein Marktversagen: Die Effekte der Treibhausgase werden global kaum internalisiert; somit kommen die Verursacher nicht für die entstandenen Umweltschäden auf. Im Pariser Klimaabkommen bekennt sich Österreich, gemeinsam mit fast allen Staaten der Welt dazu, die Erderwärmung auf deutlich unter 2°, bzw. möglichst auf 1,5° Celsius zu beschränken. Dafür muss der Ausstoß an Treibhausgasen bis zur Mitte unseres Jahrhunderts auf null reduziert werden. Das wiederum erfordert eine Ökologisierung des Wirtschaftssystems, insbesondere eine Energiewende.

Für die Finanzwirtschaft stellen Klimawandel und Klimaschutz sowohl Risiken als auch Chancen dar. Die Risiken lassen sich grob in physische Risiken und Übergangsrisiken unterteilen.

  • Physische Risiken des Klimawandels betreffen etwa Naturkatastrophen, wie Dürren oder Überschwemmungen, aber auch Fluchtbewegungen oder Pandemien. Hitzewellen lassen die Produktivität fallen; damit verbundene Investitionen verlieren an Wert. Verluste in Land- und Forstwirtschaft oder Tourismus setzen darüber hinaus Versicherungen unter Stress.
  • Übergangsrisiken entstehen durch abrupte Reaktionen auf den Klimawandel, sei es durch Politik, Technologie oder Konsumverhalten. Die Dekarbonisierung der Wirtschaft lässt die Kurse fossiler Vermögenswerte fallen.

Investoren sitzen also auf Risiken, die nicht nur die Bonität einzelner Banken, Versicherungen oder Investmentfonds beeinträchtigen, sondern auch das gesamte Finanzsystem destabilisieren können. Vielfach sind den Firmen klimabedingte Finanzrisken nicht bewusst, obwohl diese nach geltender Rechtslage im Risikomanagement zu berücksichtigen sind.

Andererseits ergeben sich für die Finanzwirtschaft große Chancen durch den enormen Investitionsbedarf für Klimaschutz, etwa für die dringende Energiewende. Schon in diesem Jahrzehnt müssen allein in Österreich dreistellige Milliardenbeträge in erneuerbare Energieträger und effiziente Energienutzung investiert werden. Und weil das die öffentliche Hand allein nicht stemmen kann, muss privates Kapital mobilisiert werden. Wie überall wächst auch der heimische Markt für Finanzprodukte mit Nachhaltigkeitskriterien (ESG; Environment-Social-Governance) sehr dynamisch, doch er hat noch einen weiten Weg aus seiner Nische in den Mainstream vor sich. Allerdings sind nachhaltige Finanzprodukte noch vielfach unbekannt. Derzeit besteht ein weiteres Problem zudem darin, dass mangelnde Vergleichbarkeit das „Greenwashing“ nicht wirklich nachhaltiger Finanzprodukte erleichtert und somit das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger belastet wird. Es braucht also vor allem mehr Transparenz und eine verpflichtende Offenlegung ökologischer Risiken.

Klimawandel und Klimaschutz betreffen mehrere Aufgaben des gesetzlich festgelegten Mandats des Eurosystems: Preisstabilität, Finanzmarktstabilität und allgemeine Wirtschaftspolitik. Erstens erschweren klimabedingte Inflationsschwankungen sowie Störungen in der geldpolitischen Transmission die Gewährleistung der Preisstabilität. Zweitens gefährden schockartige Wertanpassungen von Investments an Klimarisiken die Finanzmarktstabilität. Drittens soll das Eurosystem seinen Beitrag zum Erreichen der EU-Klimaziele leisten – freilich nur im Rahmen des Möglichen und unbeschadet seines Preisstabilitätsziels.

Die OeNB ist sich ihrer Verantwortung bewusst und macht Green Finance zur Chefsache. Zahlreiche Aktivitäten in allen Ressorts werden durch das Direktorium und über eine hausinterne Plattform gesteuert. Hier einige Beispiele:

  • Die OeNB ist Mitglied des Netzwerks zur Ökologisierung des Finanzsystems (NGFS) dem mittlerweile über 80 Zentralbanken und Aufsichtsorgane angehören. Dort erarbeiten fünf Arbeitsgruppen Leitfäden und Analysen für mikrofinanzielle Aufsicht, makrofinanzielle Analysen, Marktförderstrategien, Datenbereitstellung und Forschung.
  • Die OeNB nimmt an der Überprüfung der geldpolitischen Strategie des Eurosystems teil, u. a. mit dem Ziel dessen Geldpolitik vor Klimarisiken zu bewahren und mit Klimaschutz möglichst marktneutral in Einklang zu bringen.
  • Die OeNB beteiligte sich an der Erstellung des FMA-Leitfadens zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisken. Darin werden alle Akteure am österreichischen Finanzmarkt aufgefordert, solche Risiken zu erkennen, offenzulegen und zu managen bzw. zu reduzieren.
  • Die OeNB bereitet Klimaszenario-Analysen und Klimastresstests für Banken im Rahmen europäischer Finanzaufsichtsorgane (EBA und ESRB) vor.
  • Die OeNB beteiligt sich an der Diskussion sowie Umsetzung des EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums, der beispielsweise für einheitliche Definitionen grüner Finanzprodukte (Taxonomie) und transparente Standards sorgt.
  • Die OeNB ist in die Vorbereitung der „Green Finance Agenda“ der Bundesregierung involviert, durch die nachhaltige Finanzprodukte gefördert werden sollen.
  • Die OeNB treibt die Bereitstellung notwendiger Statistiken zur Messung und Bewertung von Klimarisken in nationalen und internationalen Gremien voran.
  • Die OeNB publiziert und fördert volkswirtschaftliche und finanzmarktspezifische Forschung über die Herausforderungen durch den Klimawandel in Österreich und Europa.
  • Die OeNB geht mit gutem Beispiel voran und veranlagt ihre eigenen (nicht-geldpolitischen) Portfolios zunehmend unter nachhaltigen Gesichtspunkten.
  • Die OeNB unterzieht all ihre eigenen Aktivitäten einem seit Jahrzenten zertifizierten Umweltmanagement. Wir senken laufend den Energie- und Materialverbrauch und streben die effektive CO2-Neutralität im Jahr 2040 an.

Auch wenn wir unseren Einsatz laufend erhöhen, können wir nur begrenzt zur Finanzierung eines geordneten Übergangs zur Klimaneutralität beitragen. In erster Linie sind demokratisch legitimierte Gesetzgeber gefordert, fiskal- und strukturpolitische Weichen zu stellen. Das gelingt am wirksamsten und ohne den Wettbewerb zu verzerren durch eine verursachergerechte und sozial abgefederte Bepreisung von Treibhausgasen. Sofern sie langfristig vorangekündigt sind, schaffen schrittweise steigende CO2-Preise die richtigen Anreize sowie die nötige Planungssicherheit für Wirtschaft und Finanzmarkt.