Immobilienmarktanalyse der OeNB – ein wesentlicher Beitrag gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten

Antje Hildebrandt und Karin Wagner

Immobilien sind eine der wesentlichsten Vermögenskomponenten privater Haushalte, aber auch eine wichtige Besicherungsform privater Verschuldung. Preisentwicklungen auf den Immobilienmärkten beeinflussen über Vermögenseffekte die Konsum- und Investitionsentscheidungen der privaten Haushalte. Weiterhin wird der Kauf einer Wohnimmobilie häufig kreditfinanziert. Veränderungen von Immobilienpreisen wirken sich somit auf die Verschuldungssituation und die Kredittragfähigkeit privater Haushalte aus.

Die COVID-19-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, dass Wirtschaftskrisen – ob sie vom Bankensektor ausgehen wie 2008 oder im Gesundheitswesen ihren Ausgang nehmen wie die aktuelle Krise – immer auch den Immobilienmarkt beeinflussen. Wirtschaftskrisen können sich spürbar auf die Verfügbarkeit, auf die Leistbarkeit, aber auch auf die Finanzierung von Wohnraum deutlich auswirken.

Vor diesem Hintergrund setzt die OeNB mit ihrer Immobilienmarktanalyse einen weiteren Analyseschwerpunkt und liefert dadurch einen wesentlichen Input für den wirtschaftspolitischen Diskurs.

Als Beispiel verweisen wir auf die aktuelle Ausgabe der Reihe „Immobilien aktuell“ mit Analysen zu preis- und finanzmarktstabilitätsrelevanten Entwicklungen auf den Wohnimmobilienmärkten. Wie bereits bei der Sonderausgabe zur COVID-19-Pandemie im März 2020 analysieren wir auch in der aktuellen Ausgabe die Entwicklung und mögliche Auswirkungen der Krise auf den Wohnimmobilienpreisindex.

Aber wie kann ein solcher Index erstellt werden, wenn doch die Immobilien so unterschiedliche Eigenschaften haben? Genau darauf zielen die Modelle zur Berechnung des Wohnimmobilienpreisindex ab, indem sie die Immobilien als Menge ihrer Charakteristika darstellen. Hier können Sie nachlesen, wie wir den Wohnimmobilienpreisindex für Österreich berechnen.  

Die aktuellsten Indexzahlen, die in Kooperation mit der DataScience Service GmbH erstellt werden, zeigen, dass sich der Trend steigender Wohnimmobilienpreise im dritten Quartal 2020 fortsetzte und vor allem Einfamilienhäuser preistreibend wirkten. Dabei verfestigt sich die Vermutung, dass die Preissteigerungen bei Einfamilienhäusern durch die COVID-19-Pandemie (Trend zu Homeoffice) auf den verstärkten Wunsch nach Wohnen im Grünen bzw. mit Garten zurückzuführen sind.

Entscheidend ist, inwieweit Preisanstiege durch Fundamentalfaktoren gerechtfertigt sind. Dazu zählen u. a. demografische Entwicklungen, das allgemeine Wohlstandsniveau, institutionelle Faktoren, die Verfügbarkeit von Grund und Boden, Präferenzen sowie erwartete Erträge oder Zinsen. Steigen Preise infolge eines Anpassungsprozesses an veränderte Fundamentalfaktoren, so liegt keine Blase vor. Erst wenn die Preise über längere Zeit erheblich von den fundamental gerechtfertigten Preisen abweichen, kann von einer Blase gesprochen werden. So berechnet die OeNB mit dem Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien und seinen Teilindikatoren die Abweichung vom langfristigen Trend in Prozent. Die jüngsten Ergebnisse zeigen, dass sich diese Abweichung der Preise von Fundamentalfaktoren beschleunigt hat. Der Indikator für Wien deutet für das dritte Quartal 2020 auf eine Abweichung der Preise von den Fundamentalfaktoren um +24 % hin. Österreichweit liegt dieser Wert bei +17 %.

In der Reihe „Immobilien aktuell“ werden auch die Entwicklung der vergebenen Kredite und die Trends bei der Kreditgewährung analysiert. Die Umfrage zum Kreditgeschäft der Banken im Euroraum (Bank Lending Survey) besteht aus qualitativen Fragen zum vergangenen und zukünftig erwarteten Kreditvergabeverhalten der teilnehmenden Kreditinstitute gegenüber dem privaten nichtfinanziellen Sektor. Es werden auch Fragen gestellt, um Rückschlüsse über die zukünftige Entwicklung der Nachfrage nach Krediten ziehen zu können. Diese Erhebung wird viermal pro Jahr von den nationalen Zentralbanken des Euroraums in Zusammenarbeit mit der Europäischen Zentralbank durchgeführt.

„Immobilien aktuell“ der OeNB erscheint quartalsweise mit Analysen zu preis- und finanzmarktstabilitätsrelevanten Entwicklungen auf den Wohnimmobilienmärkten. Die OeNB hat einen Analyseschwerpunkt zu den Entwicklungen in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE). Daher werden neben den Entwicklungen auf dem heimischen Immobilienmarkt auch Immobilienmärkte in den EU-Mitgliedstaaten mit einem CESEE-Schwerpunkt analysiert. Im Gegensatz zu Österreich – mit weiterhin ungebremst steigenden Wohnimmobilienpreisen seit Beginn der COVID-19-Pandemie – war in den meisten CESEE-Ländern bereits ein deutlicher Rückgang der Preisdynamik im zweiten Quartal 2020 zu beobachten. Es scheint, als hätte sich die COVID-19-Pandemie unmittelbar dämpfend auf die Wohnimmobilienmärkte der CESEE-Region ausgewirkt.

Die OeNB-Immobilienmarktanalyse wird ergänzt um „Immobilienmarktdaten Österreich“ und durch „Immobilienmarktdaten International“. Darin sind Daten zum heimischen Wohnimmobilienmarkt und diverse Zeitreihen für die EU-Mitgliedstaaten im Vergleich zu Österreich enthalten.

Haben wir Sie neugierig gemacht? Dann besuchen Sie die Immobilienseite der OeNB, auf der seit 2014 regelmäßig aktualisierte Daten bereitgestellt werden. Neben weiteren OeNB-Publikationen zum Immobilienmarkt finden Sie dort umfangreiche Datensets auch als Excel-Datenfiles.