Klimaschutz als Konjunkturprogramm nach der Pandemie

Autor: Wolfgang Pointner

Die Bundesregierung hat am 29. April 2020 angekündigt, die Konjunktur nach der COVID-Pandemie ankurbeln zu wollen, indem sie unter anderem zusätzliche Investitionen in den Bereichen Klimaschutz, Digitalisierung und Regionalisierung tätigt. Auch die EU-Kommission setzt in ihrem Vorschlag für ein neues Aufbauinstrument namens „Next Generation EU“ zur Bewältigung der Corona-Krise auf Investitionen in Klimaschutz.

Zur Stärkung der Konjunktur sind öffentliche Investitionen besser geeignet als Steuersenkungen, da sie unmittelbar für mehr Nachfrage sorgen. Die Schwierigkeit besteht oft darin, bei einer unerwarteten Wirtschaftskrise rasch wirkungsvolle Investitionspläne zu erstellen, mit denen nicht nur kurzfristig die Nachfrage gestärkt wird, sondern die auch längerfristig die wirtschaftlichen Strukturen verbessern. Mit dem erst Ende 2019 fertig gestellten nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) liegt so ein Plan vor. Der NEKP sieht für die nächsten zehn Jahre Investitionen bis zu 173 Mrd Euro vor, mehr als die Hälfte davon entfällt auf den Verkehrsbereich, gefolgt vom Energiesektor und thermischen Sanierungen. Im NEKP wird nicht davon ausgegangen, dass diese Investitionen gleichmäßig über alle Jahre verteilt werden, sondern dass sie sukzessive bis 2030 steigen. Um die negativen Wachstumseffekte der Pandemie schnell zu kompensieren, könnten aber einige dieser Investitionen nun vorgezogen werden.

Bauliche Maßnahmen wie der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Errichtung von Windkraftwerken oder die thermische Sanierung haben hohe Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte, ihr Vorziehen ist daher zur Stimulierung der Nachfrage besonders gut geeignet; die Anschaffung von Elektrofahrzeugen eignet sich dazu aufgrund des hohen Importgehalts weniger. Neben dem positiven kurzfristigen Effekt einer Konjunkturbelebung durch Klimainvestitionen ergibt sich daraus auch langfristig eine geringere Anfälligkeit der Wirtschaft für die schädlichen Folgen des Klimawandels; es ist davon auszugehen, dass solche Risiken in den kommenden Jahrzehnten zunehmen werden.

Da die öffentlichen Haushalte nach der Corona-Rezession höhere Schuldenstände aufweisen werden, sind Finanzierungsmodelle für klimafreundliche Investitionen gefragt, die nicht die Staatsschulden erhöhen. In Deutschland finanziert die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) über so genannte Green Bonds den Ausbau erneuerbarer Energie und die Hebung der Energieeffizienz; dadurch erhalten etwa Windparkbetreiber günstige Kreditkonditionen. Seit 2014 wurden Investitionen von über 22 Milliarden Euro auf diese Weise finanziert, allein 2019 wurden Green Bonds um 8 Milliarden Euro begeben. Die KfW befindet sich zwar im Eigentum des Staates, ihre Verbindlichkeiten zählen aber nicht zur Staatsschuld.

Im UK hat die Regierung 2012 eine Green Investment Bank (GIB) gegründet mit dem Ziel, vermehrt privates Kapital für den Klima- und Umweltschutz zu mobilisieren. Die GIB beschäftigte viele technische Experten und konnte daher die Risiken von Klimaschutzprojekten besser einschätzen als herkömmliche Banken, eine Kreditzusage der GIB hatte daher auch für andere Banken eine positive Signalwirkung bei deren Kreditvergabe. Außerdem übernahm die GIB auch riskantere Finanzierungsabschnitte, wodurch das Risiko für andere Investoren sank. 2017 wurde die GIB mit Gewinn privatisiert.

Auch auf europäischer Ebene stehen klimafreundliche Finanzierungen zur Verfügung. Die Europäische Investitionsbank (EIB) beschloss 2019, den Anteil ihrer Finanzierungen für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit bis 2025 auf 50 % anzuheben. Im Rahmen ihres Klimaschutzziels vergab die EIB im November 2019 den europaweit zweiten „Green Loan“ an die Energie Steiermark. Im Jänner 2020 unterzeichnete die EIB mit der Stadt Wien eine Klimapartnerschaft, wonach künftig mehr Klimaprojekte der Stadt auf EIB-Finanzierungsoptionen geprüft werden sollen.