Violine, Antonio Stradivari, Cremona, 1725, „Chaconne“

Druckzettel: „Antonius Stradiuarius Cremonensis / Faciebat Anno 1725“ (25 handschriftlich)

Der Druckzettel weist die Violine als Spätwerk Stradivaris aus, der Meister hatte 1725 bereits sein 80. Lebensjahr überschritten. Seine Schaffenskraft war ungebrochen, auch klanglich stehen diese späten Instrumente den früheren Arbeiten nicht nach. Allerdings lassen sich in gewissen Details der Ausführung Unsicherheiten erkennen, so etwa im Verlauf der Rundungen der F-Löcher. Die heute als „Chaconne“ bekannte Violine entspricht im Umriss der Innenform mit der Bezeichnung „B“ (Museo del Violino, Cremona, Inv. Nr. MS 38). Diese Form ist mit dem 6. Dezember 1692 datiert. Stradivari verwendete zwei Innenformen mit der Bezeichnung „B“, die sich in der Gesamtlänge minimal unterscheiden. Beide sind eher kurz, aber in der Brust sehr breit gehalten. Stradivari blieb diesem Modell durch alle Schaffensperioden treu. Die beiden Deckenhälften weisen mittelfeine Jahresringe auf und sind stammgleich, die Datierung des jüngsten Jahresrings ergab 1715. Die dendrochronologische Untersuchung des Holzes zeigt hohe Übereinstimmungen mit anderen Instrumenten, die Stradivari Mitte der 1720er -Jahre gebaut hat. Es ist anzunehmen, dass das Holz dieser Instrumente vom selben Stamm genommen wurde. Auf der Bassseite der Decke befindet sich ein auffallender Asteinschluss. Der Boden im Spiegelschnitt ist geteilt und zeigt attraktive, leicht nach außen abfallende Flammen. Bei der Mittelfuge wurde im Unterbügel ein kleines, linsenförmiges Stück Holz eingesetzt. Vermutlich wurde hier bereits beim Bau der Violine eine Fehlstelle korrigiert. Die Zargen, Wirbelkasten und Schnecke sind ähnlich geflammt wie der Boden. Die F-Löcher stehen aufrecht, wodurch die Brust des Instruments sehr breit ist. Das bassseitige F-Loch ist etwas länger, dadurch ergibt sich eine sehr charakteristische Asymmetrie. Auch der Verlauf der Hohlkehle ist weniger regelmäßig als dies bei früheren Instrumenten der Fall ist. Typisch für Stradivaris späten Stil sind die kräftig wirkenden Ränder von Decke und Boden. Die Windungen der Schnecke verlaufen regelmäßig und die Voluten sind sauber geglättet. Eine breite, geschwärzte Fase hebt die Kontur hervor.

Während die Namen vieler Instrumente Stradivaris an prominente Vorbesitzer oder Musiker erinnern, ist diese Violine aus dem Jahr 1725 nach einem Musikstück, nämlich dem Schlusssatz aus Bachs zweiter Solopartita, benannt. Ein Schreiben, das Philipp Hammig im Jahr 1952 anlässlich des Verkaufs des Instruments an Fridolin Hamma richtete, gibt Aufschluss über die Geschichte der Violine. Demnach soll sie 1866 von einem deutschen Universitätsprofessor in Frankreich erworben worden sein. Dieser war mit Joseph Joachim bekannt, der das Instrument wiederholt spielte. Da die Violine angeblich besonders gut für die Interpretation von Bachs Chaconne geeignet war, kam es zur Namensgebung, die bis heute beibehalten wurde.  Im Jahr 1920 wurde die Geige an Philip Hammig verkauft, in dessen privater Sammlung sie bis 1954 verblieb. Weitere Verkäufe wurden über Fridolin Hamma und Henry Werro abgewickelt. Später erwarb eine Mäzenin die Geige und stellte sie dem Primarius des Amadeus Quartetts, Norbert Brainin, zur Verfügung. Brainin erwarb die Stradivari schließlich selbst und spielte sie bis zur Auflösung des Quartetts im Jahr 1987.

             

Wiener Philharmoniker mit Rainer Honeck, Violine (Antonio Stradivari, Cremona, 1725, Chachonne).