Violine, Jean-Baptiste Vuillaume, Paris, 1863

Druckzettel: „Jean Baptiste Vuillaume à Paris / 3 rue Demours – Ternes“ (Zwei konzentrische Kreise, eingeschrieben: „B [Kreuz] V“)

Vuillaume war sowohl ein äußerst produktiver Geigenbauer als auch ein ausgewiesener Kenner von altitalienischen Streichinstrumenten. Dank seiner Verbindungen zu Sammlern und Händlern in Norditalien konnte er ab den 1830er-Jahren zahlreiche Instrumente nach Frankreich importieren und an seine Kunden weitergeben. Viele der Instrumente wurden zuvor geöffnet und repariert, was ihm die Gelegenheit bot, bauliche Details der Arbeiten zu studieren. Häufig kopierte Vuillaume jedoch nur optische Details und ließ seine eigenen Erfahrungen als Geigenbauer einfließen. So weist etwa die Violine von 1863 stilistische Merkmale der Geigen von Giuseppe Guarneri del Gesù auf. Jedoch haben dessen Instrumente Korpuslängen im Bereich von 351–354 mm. Vuillaumes Modell liegt mit 357 mm deutlich darüber, auch ist der Korpus breiter als die Instrumente von Guarneri. Es handelt sich somit nicht um eine genaue Kopie sondern um Vuillaumes Neuinterpretation des Guarneri-Modells. Auf dem Zettel, der in einem Gutachten allerdings als jüngeres Faksimile bezeichnet wird, ist als Firmensitz die Rue Demours aux Ternes angegeben. Vuillaume hatte diese Liegenschaft 1858 bezogen. Auf Decke und Boden sind darüber hinaus Vuillaumes Stempel angebracht und die laufende Nummer „2510“ vermerkt. Diese und die handschriftlich am Boden angebrachte Zahl „63“ belegen das Entstehungsjahr 1863.

Die Decke aus Fichtenholz ist zweiteilig und weist mittelbreite Jahresringe auf, die zu den Flanken hin breit werden. Die dendrochronologische Untersuchung ergab keine Datierung. Der Boden aus Ahornholz ist ebenfalls geteilt und zeigt intensive und lebhafte Flammen, die nach außen abfallen. Auch die Zargen und der Kopf sind stark geflammt. Das Instrument ist flach gewölbt, die Gestaltung der Hohlkehle und der Ränder entspricht stilistisch den Arbeiten Guarneri del Gesùs. Dies trifft jedoch nicht auf die Randeinlage zu. Während Vuillaume bei der Anfertigung der Violine aus dem Jahr 1858 noch Guarneris flüchtigen Arbeitsstil überzeugend kopiert hatte, besitzt die Geige aus dem Jahr 1863 eine regelmäßig und sauber gearbeitete, allerdings  etwas steril wirkende Randeinlage. Anklänge an Guarneri finden wir wieder bei der Gestaltung der Schnecke. Die tief unterschnittenen Voluten verlaufen leicht eckig, auch wurden Werkzeugspuren in den Gängen der Voluten nicht geglättet. Die Fasen der Ränder von Wirbelkasten und Schnecke wurden mit schwarzem Lack optisch hervorgehoben. Dieses Merkmal ist sowohl bei Instrumenten von Stradivari als auch von Guarneri zu finden. Die Grundierung des Instruments ist transparent und lässt die Qualität des Holzes gut zur Geltung kommen. Typisch für Vuillaume ist der rötliche, leuchtende Lack, der vermutlich schon in Vuillaumes Werkstatt schattiert wurde.