Österreichischer Bankensektor setzt notwendigen Anpassungsprozess fort

(, Wien)

Präsentation des 31. Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB)

Die internationalen Finanzmärkte waren in den ersten Monaten 2016 von erhöhter Volatilität gekennzeichnet. „Die unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems der letzten Jahre haben jedoch generell dazu beigetragen, das Marktvertrauen auf den Finanzmärkten wiederherzustellen. Gleichzeitig haben sie die Übertragung der Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) in rückläufige Kreditzinsen im gesamten Euroraum erleichtert, was eine wesentliche Voraussetzung für eine günstige Entwicklung der Realwirtschaft ist“, sagte Gouverneur Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny anlässlich der Präsentation der 31. Ausgabe des Financial Stability Reports der Oesterreichischen Nationalbank. Für den Bankensektor stellt das aktuelle Niedrigzinsumfeld allerdings eine Herausforderung dar. Zwar hat sich die Ertragslage der Banken im letzten Jahr erholt, ob diese Entwicklung jedoch fortgeführt werden kann, wird abzuwarten sein. „Die österreichischen Banken sollten daher den begonnenen Anpassungsprozess konsequent fortsetzen und weitere Strukturreformen vorantreiben, damit sich die Erholung ihrer Profitabilität als nachhaltig erweist“, führte Vize-Gouverneur Mag. Andreas Ittner aus.

In Österreich kam seit Mitte vergangenen Jahres die Konjunktur langsam in Schwung. Die parallel dazu einsetzende Erholung der Investitionstätigkeit wurde von einer Ausweitung der Außenfinanzierung des Unternehmenssektors begleitet, die im Jahr 2015 jeweils rund zur Hälfte von Eigen- und Fremdkapital getragen wurde. Die Wachstumsdynamik der Unternehmenskredite blieb bis zuletzt relativ verhalten. Zwar haben die Banken in den vergangenen Jahren ihre Kreditvergabekonditionen verschärft, aufgrund der schwachen Kreditnachfrage der Unternehmen kam es dadurch jedoch zu keiner Beschränkung der Unternehmensfinanzierung in Österreich.

An Dynamik gewonnen haben seit Mitte letzten Jahres die Wohnbaukredite an private Haushalte. Ihre Expansion blieb allerdings hinter dem Anstieg der Immobilienpreise zurück, der sich in der zweiten Jahreshälfte 2015 merklich beschleunigte. In Anbetracht der hohen und weiter steigenden Immobilienpreise, insbesondere in Wien, widmet die OeNB der Wohnbaufinanzierung erhöhte Aufmerksamkeit. In diesem Zusammenhang unterstützt die OeNB die Empfehlung des Finanzmarktstabilitätsgremiums zur präventiven Erweiterung der makroprudenziellen Instrumente im Immobilienkreditbereich. Der Anteil variabel verzinster Wohnbaukredite an private Haushalte ist nach wie vor hoch, auch wenn dieser in den ersten Monaten des laufenden Jahres weiter zurückging.

Die Profitabilität der österreichischen Banken hat sich 2015 deutlich erholt, da die Risikovorsorgen und Abschreibungen geringer ausfielen als im Jahr davor und der Gewinn der CESEE-Tochterbanken wieder anstieg. Das Nettozinsergebnis, einer der Eckpfeiler der Geschäftsmodelle der österreichischen Banken, blieb jedoch unter Druck. In Österreich wurde dessen Rückgang vornehmlich durch den Rückgang der Bilanzsumme getrieben, während in den meisten CESEE-Ländern die Margen gesunken sind. Die Erholung der Profitabilität muss ihre Nachhaltigkeit also erst beweisen, insbesondere da die österreichischen Banken ihre Kostenstrukturen noch nicht ausreichend an das geringere Geschäftsvolumen angepasst haben, was im internationalen Vergleich zu einer ungünstigen Aufwand-Ertrags-Relation führt. Einzelne österreichische Tochterbanken in CESEE haben zudem weiterhin einen hohen Anteil an notleidenden Krediten in ihren Büchern.

Die Kernkapitalquote des österreichischen Bankensystems hat sich im Jahr 2015 durch eine Kombination aus zusätzlichem Kapital und verringerten risikogewichteten Aktiva weiter verbessert. Der Anstieg fiel dabei sogar stärker aus als bei vergleichbaren europäischen Instituten. Allerdings sind weitere Anstrengungen notwendig, um die nach wie vor bestehende Kapitallücke gegenüber vergleichbaren ausländischen Instituten weiter zu schließen. Zudem müssen sich die Banken darauf vorbereiten, die über die kommenden Jahre (schrittweise) wirksam werdenden neuen regulatorische Vorgaben – wie z.B. die Mindestliquiditätsquote, den Systemrisikopuffer oder den Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten – zu erfüllen.

Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB berichtet über finanzmarktstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld. Daneben werden Spezialthemen im Zusammenhang mit der Stabilität der Finanzmärkte analysiert.

 

Fragen und Antworten zum 31. Finanzmarktstabilitätsbericht der OeNB

Andreas Greiner,BA, Mitarbeiter in der Abteilung für Finanzmarktstabiltät und Makroprudenzielle Aufsicht, beantwortet Fragen zum aktuellen 31. Finanzmarktstabilitätsbericht der OeNB.