Geringes Risiko ist für Österreichs Privathaushalte wichtiger als Erträge

(, Wien)

Aktuelle Entwicklungen des Finanzverhaltens privater Haushalte

Das Finanzvermögen der österreichischen Haushalte ist trotz des für Anlegerinnen und Anleger schwierigen Umfelds seit 2010 geringfügig gewachsen. Der Großteil der Neuveranlagung floss in täglich fällige Einlagen. Auch in jüngster Zeit geben private Haushalte ungeachtet des Zinsniveaus nahe dem Nullpunkt sicheren Anlagen den Vorzug gegenüber den mit höherem Verlustrisiko verbundenen Wertpapieren. Das Immobilienvermögen stieg seit 2010 um fast ein Drittel und damit deutlich stärker als das Finanzvermögen.

„Die österreichischen Haushalte agierten in Finanzfragen ausgesprochen vorsichtig und hielten Ende Juni 2016 ein Fünftel ihres Vermögens in hochliquiden Anlagen wie Bargeld in der Höhe von 22 Mrd EUR oder täglich fälligen Einlagen in der Höhe von 112 Mrd EUR“, erklärte Dr. Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik, im Rahmen einer Pressekonferenz in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). „Finanzmittel sollen einerseits rasch verfügbar bleiben, andererseits bieten die geringen Einlagenzinssätze aller Laufzeiten auch gar keinen ausreichenden Anreiz, um sich finanziell zu binden“, so Turner.

Das Finanzvermögen der privaten Haushalte betrug Ende Juni 2016 rund 610 Mrd EUR. Das entspricht etwa dem Dreifachen des netto verfügbaren Einkommens. Das geschätzte Immobilienvermögen der Haushalte belief sich auf rund 781 Mrd EUR.

Dem stehen Kredite und sonstige Verbindlichkeiten in Höhe von 177 Mrd EUR gegenüber, wovon 125 Mrd EUR auf Wohnbaukredite entfallen.

„Mäßige nominelle Einkommenszuwächse und eine damit verbundene geringe Sparquote sowie schwache Erträge infolge des tiefen Zinsniveaus ließen das Geldvermögen seit 2010 nur um 16 % ansteigen“, ergänzte Turner. Angesichts einer Zunahme der Verbraucherpreise um 11 % fiel der reale Gewinn äußerst bescheiden aus.

Immobilienvermögen – verteilt auf rund die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher – verzeichnete dagegen im selben Zeitraum Wertsteigerungen um fast ein Drittel. Das ausstehende Volumen an Wohnbaukrediten stieg – teilweise infolge von Währungskurseffekten – seit 2010 um ein Fünftel an.

Mit rund 230 Mrd EUR sind die Einlagen eine dominante Größe im Finanzvermögen der Haushalte. Fast die Hälfte davon ist täglich fällig. Der Anteil der Bauspareinlagen lag seit 2010 relativ konstant bei rund 10 % an den gesamten Einlagen. Weitere 106 Mrd EUR (17 % des Finanzvermögens) waren in handelbare Wertpapiere investiert, 111 Mrd EUR (18 %) entfielen auf Lebensversicherungen und kapitalgedeckte Pensionsansprüche.

Investmentfondsanteile gewinnen im Portfolio der österreichischen Privatanlegerinnen und -anleger an Bedeutung. Aktuell sind rund 52 Mrd EUR (9 % des Finanzvermögens) investiert. Dominant sind bei inländischen Anteilen sowohl Rentenfonds als auch gemischte Fonds. Immobilienfonds sind nicht zuletzt aufgrund der positiven Preisentwicklung stark gefragt (4,6 Mrd EUR bzw. fast 10 % des gesamten Bestands an Investmentzertifikaten). Der Besitz von verzinslichen Wertpapieren summiert sich auf 36 Mrd EUR (5 % des Finanzvermögens) und wird durch inländische Banktitel (rund 20 Mrd EUR) dominiert. Der Aktienbesitz ist in Österreich mit etwa 20 Mrd EUR traditionell sehr gering ausgeprägt.

Nur ein Zehntel aller österreichischen Haushalte ist im Besitz von Investmentfondsanteilen, 4 % halten verzinsliche Wertpapiere und
rund 5 % besitzen Aktien.

Nennenswerte Erträge konnten seit 2010 nur mit Wertpapieren – sowohl direkt gehaltene als auch jene im Deckungsstock von Lebensversicherungen und Pensionskassen ‑ erzielt werden.

Interview mit Mag. Dr. Johannes Turner (Direktor der Hauptabteilung Statistik)

Der Direktor der Hauptabteilung Statistik erläutert die aktuellen Entwicklungen des Finanzverhaltens privater Haushalte in Österreich.