Rückläufige Risikovorsorgen stützen Gewinne der Banken

(, Wien)

Präsentation des 33. Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB)

Der österreichische Bankensektor hat in den vergangenen Jahren – unterstützt durch aufsichtliche Maßnahmen – seine Widerstandsfähigkeit verbessert. Trotz schwächerer operativer Erträge und anhaltend hoher Kosten gestaltete sich die Gewinnsituation der Banken dank rückläufiger Risikovorsorgen günstig. Das niedrige Zinsniveau und der hohe Anteil an variabel verzinsten Krediten unterstützen aktuell die Schuldentragfähigkeit der österreichischen Unternehmen und Haushalte, bergen aber gleichzeitig ein beträchtliches Zinsänderungsrisiko.

Nicht zuletzt infolge der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken haben sich im Jahr 2017 die makrofinanziellen Rahmenbedingungen in den Industrieländern verbessert. Auch im Euroraum setzte sich der konjunkturelle Aufschwung fort. „Die expansive Geldpolitik des Eurosystems hat die Kreditzinsen im gesamten Euroraum gesenkt. Dies verringert die Finanzierungskosten der Realwirtschaft und trug dazu bei, die Kreditvergabe im Euroraum anzukurbeln“, sagte Gouverneur Ewald Nowotny anlässlich der Präsentation der 33. Ausgabe des Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank.

Auch in Österreich hat sich im Zuge der konjunkturellen Erholung die Kreditdynamik an Unternehmen im bisherigen Jahresverlauf merklich beschleunigt: Im Mai 2017 lag ihre Jahreswachstumsrate bei 2,9 %. Insbesondere Kredite mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, die für die Investitionsfinanzierung relevant sind, expandieren deutlich. Demgegenüber erfolgte die kurzfristige Unternehmensfinanzierung zuletzt verstärkt durch Handelskredite. Die Jahreswachstumsrate der Wohnbaukredite an private Haushalte stabilisierte sich im Verlauf des laufenden Jahres bei rund 4 %.

Die Schuldentragfähigkeit der Realwirtschaft blieb 2016 stabil. Die Verschuldungsquoten der Unternehmen und der privaten Haushalte liegen weiterhin unter den entsprechenden Euroraum-Werten. Das geringe Verschuldungs- und das niedrige Zinsniveau halten den Zinsaufwand der Realwirtschaft aktuell niedrig. Allerdings tragen Unternehmen und Haushalte angesichts eines immer noch vergleichsweise hohen Anteils variabel verzinster Kredite an den neu vergebenen Krediten – auch wenn dieser zuletzt rückläufig war – in längerfristiger Perspektive ein beträchtliches Zinsänderungsrisiko. Darüber hinaus unterliegen die Haushalte trotz eines weiteren Rückgangs der Fremdwährungskredite nach wie vor einem erhöhten Wechselkursrisiko. Überdies stellen die Deckungslücken bei endfälligen Tilgungsträgerkrediten weiterhin Risiken für die betroffenen Kreditnehmerinnen und -nehmer dar, auch wenn es sich dabei zumeist um einkommensstarke Haushalte handelt.

Die österreichischen Banken haben im Jahr 2016 ihre Strukturreformen weiter vorangetrieben und substanzielle Gewinne erwirtschaftet. Die Ergebnisse wurden dabei insbesondere von einer niedrigeren Dotierung der Kreditwertberichtigungen gestützt, die ihre Nachhaltigkeit allerdings noch beweisen muss. Da das operative Ergebnis (vor Risikovorsorgen) jedoch weiter zurückgegangen ist, müssen die Banken ihre Effizienz erhöhen. „Die momentan gute Gewinnsituation der österreichischen Banken sollte für Zukunftsinvestitionen (Stichwort: „Digitalisierung“) genutzt werden. Gleichzeitig sollten die Bemühungen zur Bewältigung der Herausforderungen im Niedrigzinsumfeld und zur Kostenreduktion nicht nachlassen“, führte Vize-Gouverneur Andreas Ittner aus. Durch die Einbehaltung von Gewinnen sowie infolge von Einmaleffekten aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen konnte das österreichische Bankensystem seine Kapitalausstattung im Jahr 2016 deutlich steigern, gleichzeitig hat sich auch die Kreditqualität in Österreich und Zentral-, Süd- und Südosteuropa (CESEE) weiter verbessert.

Die systemischen Risiken aus der Immobilienfinanzierung bleiben in Österreich weiterhin begrenzt. Wie die Ergebnisse einer OeNB-Umfrage unter den Banken zeigen, erfolgt der Großteil der Hypothekarkreditvergabe unter nachhaltigen Gesichtspunkten. Auch die bisher relativ konservative Kreditvergabe in Österreich hat dazu beigetragen, dass das ausstehende Kreditvolumen eine hohe Qualität aufweist. Um einen Wandel hin zu riskanteren Kreditvergabestandards angesichts des Niedrigzinsumfeldes und der steigenden Immobilienpreise hintanzuhalten, begrüßt die OeNB ausdrücklich den rezenten Nationalratsbeschluss zur Schaffung makroprudenzieller Instrumente zur Begrenzung von Systemrisiken bei der Immobilienfinanzierung. Die Entwicklungen in diesem für die österreichische Finanzmarktstabilität wichtigen Bereich werden von der OeNB weiterhin genau beobachtet.

Durch aufsichtliche Maßnahmen und vermehrte Anstrengungen der Banken wurde die Finanzmarktstabilität in Österreich in den vergangenen Jahren deutlich gestärkt. Dennoch steht der heimische Bankensektor weiterhin vor großen Herausforderungen. Die OeNB empfiehlt den Banken daher unter anderem ihre Profitabilität und Effizienz weiter zu verbessern, eine nachhaltige Immobilienfinanzierung zu gewährleisten, Deckungslücken bei Tilgungsträgerkrediten rechtzeitig zu adressieren und die Kreditqualität und Eigenmittelausstattung weiter zu stärken.

Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB analysiert finanzmarktstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie Spezialthemen im Zusammenhang mit der Stabilität der Finanzmärkte.