OeNB revidiert Inflationsprognose für 2021 auf 2,2 %

(, Wien)

Analyse stellt geringe Übertragungseffekte der Material- und Baukostenanstiege auf Endverbraucherpreise sowie Miet- und Immobilienpreise fest

In ihrer aktuellen Inflationsprognose erwartet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) für Österreich im Jahr 2021 eine am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflationsrate von 2,2 % und damit eine um 0,2 Prozentpunkte höhere Teuerung als in der Projektion vom Juni 2021. Ausschlaggebend dafür ist der überraschend starke Anstieg der Energiepreise, der sich im Frühjahr in entsprechend hohen monatlichen Inflationsraten niederschlug. Diese Entwicklung basiert aber zum Großteil auf den im ersten Lockdown 2020 drastisch gesunkenen Rohölpreisen und wird sich darum laut OeNB nicht fortsetzten. Im Rahmen des Schwerpunktthemas werden die Auswirkungen der stark gestiegenen Bau- und Materialkosten beleuchtet. Die OeNB geht davon aus, dass sich diese Teuerungen künftig kaum in den Verbraucherpreisen sowie Miet- und Immobilienpreisen niederschlagen werden.

OeNB prognostiziert für 2021 einen Anstieg der Inflation auf 2,2 %
In ihrer aktuellen Inflationsprognose erwartet die OeNB für das Jahr 2021 eine HVPI-Inflationsrate von 2,2 %. Dabei handelt es sich um eine Aufwärtsrevision um 0,2 Prozentpunkte gegenüber den letzten Projektionen vom Juni 2021, ausgelöst durch die überraschend hohe Teuerungsrate in den letzten Monaten. Der Hauptgrund für den Anstieg der Inflationsrate im Jahr 2021 ist die Verteuerung von Erdölprodukten. In den Jahren 2022 und 2023 wird sich die Inflationsrate auf 2,0 % und 1,8 % verringern. Die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflationsrate steigt von 1,9 % im Jahr 2021 auf jeweils 2,1 % in den Jahren 2022 und 2023 an, da mit dem Auslaufen der Lockdown-Maßnahmen eine kräftige wirtschaftliche Erholung erwartet wird. In der Folge entspannt sich auch die schwierige Arbeitsmarktlage, wodurch das Lohnstückkostenwachstum ansteigt. In ihrer Prognose geht die OeNB davon aus, dass die Preise von energetischen und nichtenergetischen Rohstoffen entsprechend den Terminnotierungen wieder sinken werden. Die in den letzten Monaten stark gestiegenen Material- und Rohstoffkosten sollten sich deshalb nur vorübergehend auf die Endverbraucherpreise übertragen, wobei die Kostenüberwälzung in erster Linie im Energiesektor erfolgt.

Sprunghafter Anstieg der HVPI-Inflationsrate auf 3,0 % im Mai 2021
Die österreichische HVPI-Inflationsrate ist von 1,1 % im Jänner 2021 auf 3,0 % im Mai 2021 angestiegen. Im Juni 2021 ging die HVPI-Inflationsrate laut Schnellschätzung von Statistik Austria auf 2,8 % zurück. Die bis Mai 2021 vorliegenden Detailergebnisse zeigen, dass für den seit Jahresbeginn beobachteten Inflationsanstieg zu zwei Drittel die Energiepreise verantwortlich waren, da die Rohölpreise nach einem Preisverfall im Jahr 2020 in den letzten Monaten stark zulegten. Auch die Nahrungsmittelpreise stiegen zuletzt sprunghaft an und erklären ein Fünftel des Inflationsanstiegs. Basiseffekte führten nicht nur im Energiesektor, sondern auch bei Konsumgütern zu höheren Preissteigerungsraten. Weiters ist davon auszugehen, dass sich die anziehenden Preise nichtenergetischer Rohstoffe sowie aktuelle Liefer- und Materialengpässe, wenn auch in geringem Ausmaß, in den Verbraucherpreisen widerspiegeln. Außerdem trugen pandemiebedingte Sondereffekte, wie Gewichtsveränderungen im HVPI-Warenkorb und Preisimputationen ebenfalls zu den steigenden Inflationsraten der letzten Monate bei.

Auslastung der Produktionskapazitäten verbesserte sich zuletzt
Laut aktuellem WIFO-Konjunkturtest für das zweite Quartal 2021 hat sich die Kapazitätsauslastung in der Konsumgüterindustrie verbessert. Zurückzuführen ist dies auf die gelockerten Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie. Der Auslastungsgrad bei der Produktion langlebiger Konsumgüter war zuletzt höher als vor der Coronakrise, während die Auslastung bei der Produktion kurzlebiger Konsumgüter unter dem langfristigen Durchschnitt lag.

Bau- und Materialkostenanstieg sollten sich kaum auf Endverbraucherpreise sowie Miet- und Immobilienpreise übertragen
Die österreichische Baubranche sah sich in den letzten Monaten aufgrund von Unterbrechungen internationaler Transportketten sowie angesichts Materialmangels steigendem Kostendruck ausgesetzt. Die Materialkostenanstiege im Baukostenindex erreichten zuletzt historische Höchstwerte (18,5 % im Mai 2021), wobei hierfür vor allem der Anstieg einiger Rohstoffpreise (z. B. Rohöl, Eisen und Stahl, Holz) verantwortlich war. Bis zuletzt hatten sich diese Preissteigerungen weder in den Baupreisen noch in den Erzeugerpreisen für Konsumgüter widergespiegelt, die ein wichtiger Indikator für Preisdruck aus den vorgelagerten Produktionsstufen auf die Verbraucherpreise sind. Es ist davon auszugehen, dass sich der derzeitige Kostenanstieg sowohl in den Verbraucherpreisen als auch in den Miet- und Immobilienpreisen auch zukünftig nur in geringem Ausmaß niederschlagen wird: Zum einen, da die internationalen Preise für Holz und Kupfer sowie die Terminnotierungen für Rohöl bereits rückläufig sind. Zum anderen, da die Preissetzung nicht nur von Materialkosten bestimmt wird, sondern auch von zahlreichen anderen Faktoren.


„Inflation aktuell“ ist ein vierteljährlich erscheinender Bericht der Oesterreichischen Nationalbank zur Inflation in Österreich. Darin wird die Inflationsentwicklung der letzten Monate analysiert, die Inflationsprognose der OeNB vorgestellt sowie auf aktuelle Schwerpunktthemen eingegangen.