Industrieschwäche und Konsumzurückhaltung dämpfen Wachstumsaussichten

(, Wien)

Gesamtwirtschaftliche Prognose für Österreich 2024 bis 2027 vom Dezember 2024

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet in ihrer heute veröffentlichten Prognose für 2024 das zweite Jahr in Folge eine sinkende Wirtschaftsleistung (–0,9 %). Im Jahr 2025 wird mit einem positiven, aber nur schwachen Wachstum von 0,8 % gerechnet, bevor der Aufschwung im Jahr 2026 mit 1,6 % seinen Höhepunkt erreichen soll. Die HVPI-Inflation wird 2024 gegenüber dem Vorjahr um mehr als die Hälfte auf 2,9 % fallen. Danach wird mit einem weiteren kontinuierlichen Rückgang gerechnet, wobei das Inflationsziel der EZB von 2 % im Jahr 2027 erreicht werden dürfte. Die lange Schwächephase führt zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit laut AMS-Berechnung auf 7,0 % (2024) bzw. 7,4 % (2025). Der Budgetsaldo verschlechtert sich auf –3,7 % (2024) bzw. –4,1 % (2025) und bleibt auch in den Folgejahren über der 3-Prozent-Grenze.

Die schwache internationale Konjunktur, der Strukturwandel in der europäischen Automobilindustrie und die hohen Energie- und Lohnkosten setzen der österreichischen Industrie stark zu und haben 2024 zu einem Rückgang der Exporte geführt. Die Investitionen leiden unter dem Anstieg der Finanzierungskosten und negativen Absatzerwartungen. Gleichzeitig ist die Verunsicherung der Konsument:innen weiterhin sehr hoch, sodass der private Konsum trotz starker realer Ein­kommenszuwächse leicht zurückge­gangen ist. In der Folge wird das reale BIP im Jahr 2024 um 0,9 % sinken, was den zweiten Rückgang in Folge darstellt (2023: –0,8 %). Da die Konjunkturindi­katoren derzeit keine Signale für einen unmittelbar bevorstehenden Aufschwung geben, wird für das Jahr 2025 nur mit einer schwachen Erholung um 0,8 % gerechnet. Erst für die Jahre 2026 und 2027 wird ein stärkeres zyklisch bedingtes Wachstum von 1,6 % bzw. 1,3 % erwartet.

Angesichts der anhaltenden Konjunkturschwäche erweist sich der Arbeitsmarkt als relativ robust. Durch die Arbeitskräfteknappheit der letzten Jahre und das nur schwache Wachstum des Arbeitskräfteangebots aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Arbeitslosenquote 2024 und 2025 nur auf 7,0 % bzw. 7,4 % steigen. Ab 2026 wird die konjunkturelle Erholung kräftig genug sein, um die Arbeitslosigkeit wieder sinken zu lassen.

Die österreichische HVPI-Inflation hat sich im Jahr 2024 mit 2,9 % gegenüber 2023 (7,7 %) um mehr als die Hälfte verringert. Dies ist vor allem auf die rückläufigen Energiepreise, aber auch auf eine geringe Inflation bei unverarbeiteten Nahrungsmitteln und von Industriegütern ohne Energie zurückzuführen. Die Inflation wird in den Folgejahren 2025 bis 2027 weiter auf 2,4 %, 2,2 % bzw. 2,0 % zurückgehen. Anfang 2025 verhindern das Auslaufen energiepolitischer Maßnahmen und die nach der Aussetzung der Gebührenanpassung im Jahr 2024 wieder steigenden Gebühren einen stärkeren Rückgang der Inflation. Der Inflationsunterschied zum Euroraum reduziert sich deutlich und wird bis zum Jahr 2027 vollständig verschwinden.

Der öffentliche Budgetsaldo verschlechterte sich 2024 auf –3,7 % des BIP, nachdem er 2023 noch bei –2,6 % gelegen war. Im Jahr 2025 wird das Defizit mit 4,1 % noch höher ausfallen. Dies ist in erster Linie auf die verzögerte Anpassung von Pensionen und öffentlichen Gehältern an die Inflation und das schlechte makroökonomische Umfeld zurückzuführen.

Ein wesentliches Abwärtsrisiko stellt eine Reduktion der hohen Defizite zur Erfüllung der europäischen Fiskalregeln dar. Die dadurch notwendigen Konsolidierungsbemühungen könnten das Wachstum in den Jahren 2025–2027 um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte pro Jahr verringern. Ein weiteres Risiko ist die Einführung der vom designierten US-Präsidenten Donald Trump angekündigten US-Importzölle, die das Wachstum 2025 um bis zu 0,2 Prozentpunkte dämpfen würden. Ein Aufwärtsrisiko stellt ein rascherer Rückgang der Sparquote und damit verbunden höhere Konsumausgaben dar – mit einem Wachstumsimpuls von etwa 0,2 Prozentpunkten pro Jahr. Die Inflationsrisiken sind mehrheitlich nach oben gerichtet: Geopolitische Spannungen, ein möglicher Handelskrieg, aber auch eine stärkere und schnellere Erholung der Inlandsnachfrage würde die Inflation erhöhen.

OeNB-Prognose vom Dezember 2024 für Österreich
  2023 2024 2025 2026 2027
 
Wirtschaftliche Aktivität Veränderung zum Vorjahr in % (real)
Bruttoinlandsprodukt  -0,8  -0,9  0,8  1,6  1,3
Privater Konsum  -0,3  -0,3  0,7  1,6  1,4
Öffentlicher Konsum  1,2  0,7  1,1  1,2  0,7
Bruttoanlageinvestitionen  -3,1  -2,8  1,5  1,9  1,1
Exporte insgesamt  -0,5  -3,9  1,3  2,5  2,4
Importe insgesamt  -4,5  -3,0  2,3  2,6  2,2
  in % des nominellen BIP
Leistungsbilanzsaldo  1,3  1,9  2,0  2,3  2,5
 
Preise Veränderung zum Vorjahr in %
Harmonisierter Verbraucherpreisindex  7,7  2,9  2,4  2,2  2,0
 
Einkommen und Sparen Veränderung zum Vorjahr in %
Real verfügbares Haushaltseinkommen  -0,3  3,1  0,5  1,0  1,1
  in % des Haushaltseinkommens
Sparquote  8,7  11,4  11,2  10,6  10,3
 
Arbeitsmarkt Veränderung zum Vorjahr in %
Unselbstständig Beschäftigte  1,1  0,2  0,5  1,0  0,7
Arbeitsstunden (Arbeitnehmer:innen)  1,5  -2,1  0,4  1,1  0,5
  in % des Arbeitskräfteangebots
Arbeitslosenquote gemäß AMS  6,4  7,0  7,4  7,1  6,9
 
Budget in % des nominellen BIP
Budgetsaldo (Maastricht)  -2,6  -3,7  -4,1  -3,6  -3,6
Staatsverschuldung  78,6  81,8  82,6  83,4  84,2
 

                   

Video

Aufzeichnung der Pressekonferenz vom 13.12.2024