Violine, Giovanni Battista Guadagnini, Turin, 1770–1775, „ex Meinel“

Druckzettel: „Joannes Baptista Guadagnini / Cremonensis fecit Taurini / alumnus Antoni Stradivari 17..“ [Kreuz sowie Initialen GBG T] (die beiden letzten Stellen der Jahreszahl unleserlich)

Nach seinem Aufenthalt in Parma übersiedelte Guadagnini 1771 nach Turin, wo er die Bekanntschaft von Graf Cozio di Salabue, einem leidenschaftlichen Sammler von Streichinstrumenten, machte. Dieser verschaffte ihm Zugang zu Werkstattutensilien aus Stradivaris Nachlass und zu einer Vielzahl von Instrumenten des Meisters. Wenn sich Guadagnini auf den Geigenzetteln aus dieser Zeit als Schüler von Stradivari bezeichnet, darf das nur im ideellen Sinn verstanden werden; ein faktisches Lehrverhältnis hatte nie bestanden. Guadagninis Arbeiten aus der Zeit nach 1771 weisen Merkmale Stradivaris auf, sind jedoch nicht als Kopien anzusehen. Guadagninis persönlicher Stil ist immer dominant, außerdem führte sein Drang zum Experimentieren oft zu individuellen Lösungen. Bei mehreren Instrumenten, wie auch dem vorliegenden, versetzte er die Kerben der F-Löcher um einige Millimeter nach unten. Dadurch ergab sich eine Verlängerung der Deckenmensur und auch der schwingenden Saitenlänge. Die Decke aus Fichtenholz weist in der Mitte sehr feine Jahresringe auf, deren Breite zum Rand hin zunimmt. Die beiden Deckenhälften sind nicht stammgleich; als spätester Jahresring konnte 1751 festgestellt werden. Die dendrochronologische Untersuchung ergab sehr hohe Korrelationswerte mit anderen Instrumenten von Guadagnini, die deutlich früher entstanden sind. Möglicherweise hat Guadagnini am Beginn seiner Laufbahn einen Holzvorrat angelegt, von dem er auch noch nach 20 Jahren zehren konnte. Der zweiteilige Boden aus Ahornholz im Spiegelschnitt zeigt leichte, horizontal verlaufende Flammen. Auch die Zargen des Instruments sowie Wirbelkasten und Schnecke sind nur leicht geflammt. Wie auch bei anderen Instrumenten Guadagninis aus dieser Zeit, sind die schwarzen Späne der Randeinlage sehr breit, wodurch diese massig wirkt. An der Schnecke, deren Ränder deutliche Abnützungsspuren zeigen, sind noch Markierungen von Guadagninis Hand zu sehen. Das betrifft sowohl Einstiche am Mittelstab als auch eine Markierung entlang der Mittelrippe an der Rückseite des Wirbelkastens. Vor allem am Boden wird das Lackprofil des Instruments gut sichtbar: Über einem hellgelbem Grund liegt ein etwas dunklerer Farblack, der vor allem im Bereich des Mittelbügels noch vorhanden ist.