Trumps neue Zollpolitik: Wachstumsverlust, Inflation und keine Garantie für eine bessere Handelsbilanz
Clara De Luigi, Wolfgang Lechthaler, Fabio Rumler
Heute am 20. Jänner 2025 tritt Donald Trump seine zweite Amtsperiode als Präsident der USA an. Im Vorfeld war in den Medien schon heftig über mögliche Folgen seiner wirtschaftspolitischen Ankündigungen, allen voran seiner Zollpolitik, spekuliert worden. Die konkrete Umsetzung steht noch weitgehend in den Sternen und ist auch von Abstimmungen im Kongress abhängig. Zudem macht der Umstand, dass die Ankündigungen allesamt im Wahlkampf getätigt wurden, eine Abschätzung der tatsächlichen Auswirkungen schwierig. Dennoch haben wir auf Basis der bisher bekannten Informationen und mithilfe eines globalen Simulationsmodells versucht, mögliche Effekte der Trumpschen Zollpolitik auf die amerikanische und auch auf die europäische Wirtschaft abzuschätzen.
Es zeigt sich, dass Zölle sogar ihr gewolltes Ziel verfehlen: sowohl jene der USA als auch eventuelle Vergeltungszölle dürften keine substanziellen Auswirkungen auf die Handelsbilanzen haben, belasten jedoch den internationalen Handel und dürften zu erheblichen Wachstumseinbußen auf allen Seiten führen.
Warum ist Trump ein Fan von Zöllen?
Donald Trump hat sich häufig ablehnend über die deutlichen Handelsbilanzdefizite der USA geäußert und sieht darin eine Übervorteilung durch deren Handelspartner. Die meisten Ökonom:innen sind sich jedoch einig, dass Handelszölle kein geeignetes Mittel sind, um die Handelsbilanzdefizite eines Landes nachhaltig zu verringern. Diese werden nämlich primär durch makroökonomische Faktoren bestimmt, wie z. B. der Spar- und Konsumneigung und der Investitionstätigkeit. Wenn ein Land mehr Güter verbraucht, als es selbst produziert, muss es die Differenz durch Importe ausgleichen. An diesem Zusammenhang können auch Zölle nichts ändern.
Wie wirken also Zölle auf die Wirtschaft?
Der unmittelbare und direkte Effekt von US-Importzöllen ist die Verteuerung von Importen in die USA. Dabei führt der Zoll in der Regel nicht zu einer proportionalen Erhöhung der Konsument:innenpreise, da Produzenten bzw. Importeure ihre Netto-Preise (vor den Zöllen) verringern können. Ein 10 %-iger Zoll führt also nicht automatisch zu einer 10 %-igen Erhöhung des Konsument:innenpreises. Ob und wie stark sich der Netto-Preis verringert, hängt von den Marktverhältnissen, dem Wettbewerb, und vor allem von der Verfügbarkeit von Alternativen ab. Wenn solche leicht verfügbar sind, müssen die Importeure/Produzenten höhere Preisabschläge akzeptieren.
Sofern amerikanische Alternativen verfügbar sind, wird der Zoll dazu führen, dass die Nachfrage nach Importen zurückgeht und die Nachfrage nach amerikanischen Produkten zunimmt. Wäre hier die Geschichte zu Ende, käme es tatsächlich zu einer Verringerung des US-Handelsbilanzdefizits. Dies ist allerdings aus zwei Gründen nicht der Fall: Einerseits kommt es aufgrund der erhöhten Nachfrage zu einer Verteuerung der heimisch produzierten Produkte. Dies kann dazu führen, dass gerade wieder die Nachfrage nach Importen ansteigt, insbesondere nach Importen aus Ländern, die mit geringeren Zöllen bedacht wurden.
Auf der anderen Seite kommt es zu einer Aufwertung des US-Dollars. Diese Aufwertung macht Importe in die USA billiger und Exporte der USA teurer, was wieder in Richtung einer Verschlechterung der Handelsbilanz wirkt. Am Ende haben sich zwar Importe, aber auch Exporte verringert, die Handelsbilanz insgesamt aber kaum verändert. Diese Wirkungszusammenhänge zeigen, warum Zölle kein geeignetes Mittel zur Reduktion von Handelsbilanzdefiziten sind.
Auch für die EU ist mit gegensätzlichen Effekten zu rechnen. Auf der einen Seite führt der US-Zoll zu einer Verringerung der Nachfrage nach europäischen Exporten. Auf der anderen Seite macht die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar europäische Exporte wieder attraktiver.
Allerdings sind für die EU noch zusätzliche Effekte zu erwarten, die sich über die Verlagerung von Handelsströmen ergeben. So dürfte der deutlich höhere US-Zoll gegenüber China zu einer Verlangsamung des Wachstums in China führen, was die Exportnachfrage nach europäischen Produkten verringert. Gleichzeitig ist in Europa mit vermehrten Importen aus China zu rechnen, weil China weniger in die USA exportieren kann. Es dürfte also zu zusätzlichen negativen Wachstumseffekten in der EU kommen, während die erhöhten chinesischen Importe inflationsdämpfend wirken.
Schließlich gilt es auch noch die Auswirkungen von Gegenmaßnahmen zu bedenken. Sollte die EU auf die Erhöhung der US-Zölle mit einer eigenen Erhöhung ihrer Zölle gegenüber Importen aus den USA reagieren, kommt es in der EU zu ähnlichen Effekten wie für die USA beschrieben. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass mit geringeren Wechselkursreaktionen zu rechnen ist, und der Handel insgesamt noch stärker einbricht. Gerade in diesem Szenario ist also auf beiden Seiten des Atlantiks mit erheblichen Einbrüchen im Handel und im Wirtschaftswachstum zu rechnen.
Wie stark sind diese Effekte?
Wie stark diese Effekte letztendlich ausfallen und welcher Netto-Effekt bei gegenläufigen Effekten dominiert, kann nur mit einem quantitativen Modell abgeschätzt werden. Daher verwenden wir für die Quantifizierung das Global Economic Modell (GEM) von Oxford Economics. Das GEM ist ein sehr großes Modell, das eine Vielzahl an Ländern und deren wirtschaftliche Verknüpfungen detailliert abbildet. Es ist daher gut geeignet für derartige Simulationen.
Es ist unmöglich, genau vorherzusehen, wie hoch und wie umfassend die Zölle tatsächlich sein werden. Es ist denkbar, dass Trump die angekündigten Zölle verwenden wird, um Konzessionen der Handelspartner zu erreichen und dafür geringere oder gar keine Zollerhöhungen durchführt. Andererseits ist jedoch auch ein eskalierender Handelskrieg denkbar, in dem sich Zölle und Gegenzölle gegenseitig hochschaukeln.
Unsere Simulationen sind daher nicht als Prognosen zu verstehen, sondern als Abschätzungen, was unter gewissen Bedingungen passieren könnte. In unserem ersten Szenario unterstellen wir einen 60 %-igen Zoll auf Importe aus China in die USA und einen 10 %-igen Zoll auf alle anderen Importe – dies war die am häufigsten von Trump verkündete Konstellation. In einem weiteren Szenario unterstellen wir, dass die Handelspartner der USA mit Gegenzöllen im gleichen Ausmaß reagieren. Dies wäre innerhalb der Regeln der Welthandelsorganisation erlaubt.
Weniger Wirtschaftswachstum
Die Ergebnisse für das Wirtschaftswachstum in den USA und in der EU werden in der Grafik unten illustriert. Die dargestellten Effekte sind als Abweichung von der hypothetischen Wirtschaftsentwicklung zu verstehen, die ohne Zollerhöhung eintreten würde (Basisszenario). Für die USA impliziert die Verhängung der Handelszölle erhebliche Wachstumseinbußen für 2025. Dabei sind die Auswirkungen der Zölle auf Einfuhren aus China sowie aus dem Rest der Welt in etwa gleich groß. Zusammengenommen bewirken sie eine Reduktion des Wirtschaftswachstums in den USA im Jahr 2025 um ca. 1,2 Prozentpunkte. In unserer Simulation werden die negativen Wachstumseffekte noch dadurch verstärkt, dass sich das Vertrauen in die Wirtschaft eintrübt. Dies erklärt die doch recht deutliche Reduktion des Wirtschaftswachstums. Trotz dieser erheblichen Einbußen im Wirtschaftswachstum sind die Auswirkungen auf die US-Handelsbilanz äußerst gering. Diese verbessert sich gerade mal um 0,2 Prozentpunkte.
Die Wachstumseinbußen, die von den eigenen Zollerhöhungen herrühren, sind allerdings kurzlebig. Bereits 2026 sind diese verpufft. Die Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner hingegen haben langlebigere Auswirkungen und reduzieren das Wirtschaftswachstum sowohl 2025 als auch 2026 um zusätzliche 0,6 Prozentpunkte. Insgesamt ergibt sich für 2025 eine Wachstumseinbuße der US-Wirtschaft von nahezu 2 Prozentpunkten.
Auch für den Euroraum ergeben sich deutliche, wenn auch geringere Wachstumseinbußen. Hier sind es vor allem die eigenen Vergeltungsmaßnahmen, die das Wachstum 2025 belasten. Sie reduzieren das Wirtschaftswachstum 2025 um etwa 0,5 Prozentpunkte. Gemäß den Ausführungen oben haben auch die US-Zölle gegenüber China negative Auswirkungen auf den Euroraum, sodass sich insgesamt ein um 0,8 Prozentpunkte geringeres Wachstum 2025 ergibt.
Inflationsanstieg in den USA
Auch die Auswirkungen auf die Inflation sind für die USA deutlich stärker als für den Euroraum. Gemäß unseren Simulationen würden die US-Zölle in den USA die Inflationsrate 2025 um ca. 0,8 Prozentpunkte erhöhen, wohingegen die Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner praktisch keine Auswirkungen auf die Inflationsrate in den USA haben. Auch für den Euroraum würden die eigenen Zölle (leicht) inflationstreibend wirken. Hier dominieren allerdings die negativen Wachstumseffekte der US-Zölle, welche auf die Inflation dämpfend wirken, sodass es 2025 insgesamt zu einer um 0,2 Prozentpunkte geringeren Inflationsrate kommen würde.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass Zölle, sowohl jene der USA, also auch eventuelle Vergeltungszölle, den internationalen Handel belasten und zu erheblichen Wachstumseinbußen auf allen Seiten (am meisten in den USA) führen dürften, ohne jedoch substanzielle Auswirkungen auf die Handelsbilanzen zu haben.