Violine, Michelangelo Bergonzi, Cremona, um 1740

Druckzettel mit Zierrand: „Michel Angelo Bergonzi / Figlio di Carlo fece / Cremona l'Anno 17..“ (die beiden letzten Stellen handschriftlich und unleserlich)

Es gibt keine Hinweise, bei wem Michelangelo Bergonzi seine Ausbildung erhielt, es spricht jedoch alles dafür, dass sein Vater Carlo auch sein Lehrmeister war. Michelangelo heiratete 1745 und kurz danach zog das junge Paar zusammen mit dem Vater in das Haus der Söhne Antonio Stradivaris. Michelangelo konnte somit als junger Geigenbauer auf die Materialien, den Werkstattbestand und vor allem auf die Erfahrung der Meister des klassischen Cremoneser Geigenbaus zurückgreifen. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1747 war er deren letzter Vertreter.

Die in den 1740er-Jahren entstandene Violine ist nach einem großen, flach gewölbten und sehr eigenständigen Modell gebaut. Die Mittelbügel sind sehr weit offen, und die Ecken springen nur wenig vor. Die geteilte Decke besitzt Jahresringe mittlerer Breite, die Struktur zeigt einen sehr regelmäßigen Verlauf. Interessante Ergebnisse brachte ein dendrochronologisches Gutachten, bei dem der jüngste Jahresring der Decke auf 1719 datiert wurde. Die beiden Deckenhälften weisen symmetrische Struktur auf, und kommen vermutlich vom selben Stamm. Die Chronologie zeigt eine sehr hohe Übereinstimmung mit zwei Instrumenten von Carlo Bergonzi und auch mit Instrumenten aus der späten Schaffensperiode Antonio Stradivaris. Es ist dadurch belegt, dass Michelangelo Bergonzi aus demselben Holzvorrat schöpfen konnte, der den besten Meistern seiner Vorgängergeneration zur Verfügung stand. Der Boden im Spiegelschnitt ist geteilt und weist sehr enge, horizontale Flammen auf. Diskantseitig befindet sich im oberen Bereich ein kleiner Asteinschluss. Die sehr hohen Zargen sind schwach, allerdings eng geflammt. Die F-Löcher sind eigenwillig geformt, stehen schräg und sind sehr weit offen. Die feine Randarbeit kontrastiert mit der breiten Einlage. Die kräftig wirkende Schnecke steht in der Cremoneser-Tradition, die bassseitige Volute sitzt etwas tiefer als ihr Gegenstück. Der Verlauf der Voluten erinnert an die Arbeit seines Vaters Carlo, allerdings ist der Mittelstab wesentlich kürzer. Über dem goldgelben Grund liegt, vor allem am Boden und an den Zargen, ein orangeroter bis hellbrauner Farblack.