Violine, Giovanni Battista Guadagnini, Turin, 1774, „Mantegazza“

Druckzettel: „Joannes Baptista Guadagnini / Cremonensis fecit Taurini. 1774 [Initialen GBG T]“, (1774 handschriftlich)

Guadagnini war im Zuge seiner bemerkenswerten beruflichen Laufbahn in mehreren oberitalienischen Städten tätig; mit Turin erreichte er 1771 seine letzte Station. Hier machte er die Bekanntschaft von Graf Cozio di Salabue, einem leidenschaftlichen Geigensammler und Forscher, der über die Nachkommen von Antonio Stradivari Werkstattutensilien und Instrumente des Meisters angekauft hatte. Guadagnini erhielt Zugang zu diesen Materialien und schloss im Dezember 1773 mit Graf Cozio einen mehrjährigen Vertrag über die Lieferung von über 50 neuangefertigten Instrumenten. Darunter soll sich auch diese mit 1774 datierte Violine befunden haben. Das Instrument ist typisch für Guadagninis späte Arbeiten und besitzt, ähnlich wie die Geige von 1770–1775, sehr tief sitzende F-Loch-Kerben. Die zweiteilige Decke ist sehr breitjährig und leicht gehaselt. Laut einem dendrochronologischen Gutachten sind die beiden Deckenhälften nicht stammgleich. Der späteste Jahresring stammt aus dem Jahr 1767. Der geteilte Boden aus Ahorn weist sehr enge, horizontal verlaufende Flammen auf. Auch die Zargen sowie der Kopf zeigen enge, sehr attraktive Flammen. Dank des außergewöhnlich guten Erhaltungszustands dieses Instruments lassen sich Details der Randarbeit und der Randeinlage gut beobachten. Das Instrument besitzt noch den originalen Hals, der jedoch am Halsfuß angesetzt wurde, um die Neigung zu vergrößern und damit die Halsmensur zu verlängern. Untypisch für Guadagnini ist der goldgelbe, leicht rötliche und sehr gut erhaltene Lack des Instruments. Vieles spricht dafür, dass die Lackierung später und nicht von Guadagnini angebracht wurde. Nachdem um 1780 als Folge von finanziellen Zerwürfnissen die Beziehung zwischen Guadagnini und Graf Cozio abgekühlt war, beauftragte dieser nun die Brüder Mantegazza mit der Reparatur von Instrumenten aus seiner Sammlung. Es wird heute angenommen, dass Guadagnini die Violine von 1774 „weiß“, also in unlackiertem Zustand geliefert hat und diese später von Mantegazza lackiert wurde. Möglicherweise geht auch die Modernisierung mit dem Umbau des Halses auf Mantegazza zurück. Die geringen Gebrauchsspuren des Instruments und die Details seiner − aus Indizien rekonstruierbaren − Geschichte tragen zum Wert dieser außergewöhnlichen Violine bei. In einem im Jahr 1902 von der Firma W. E. Hill & Sons ausgestellten Gutachten wird das Instrument als ein „charakteristisches und perfekt erhaltenes Exemplar“ bezeichnet. Ausgestellt wurde das Attest für Felix Otto Schuster, Esquire, der 1854 in Frankfurt geboren wurde und später nach London übersiedelte, wo er als Bankkaufmann höchste Stellungen innehatte.

                        

Minetti Quartett: Maria Ehmer, Violine (Giovanni Battista Guadagnini, Turin, 1774, „Mantegazza“); Anna Knopp, Violine (Giovanni Battista Guadagnini, Turin, um 1770–1775, „ex Meinel“); Milan Milojicic, Viola; Leonhard Roczek, Violoncello (Giovanni Tononi, Bologna, 1681).