Aktuelles

Geschäftsbericht 2022

Vorwort des Präsidenten

Liebe Leserinnen und Leser,

die Folgen der Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf die Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung sowie Maßnahmen zum Umbau der Energiesysteme und zum Klimaschutz bringen eine Reihe von Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft mit sich. Diesen zentralen Herausforderungen haben sich die Wirtschaftspolitik im Allgemeinen und die Geldpolitik im Speziellen zu stellen. Das Eurosystem – und darin eingebettet die OeNB – haben in diesem schwierigen Umfeld umsichtig agiert und im Verlauf des Jahres 2022 aufgrund der hohen Inflationsdynamik schrittweise den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik eingeläutet, was das Jahresergebnis der OeNB unter Druck brachte.

Die starke Konjunkturdynamik im ersten Halbjahr 2022 hat dazu beigetragen, dass die österreichische Wirtschaft trotz der außergewöhnlichen Rahmenbedingungen im Gesamtjahr ein Wachstum von 4,9 % verzeichnen konnte. Die österreichische Bundesregierung hat in mehreren Schritten umfangreiche fiskalische Maßnahmen beschlossen, um die anhaltenden Preissteigerungen abzufedern. Insgesamt gelte es, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen zu sichern, auch im Hinblick auf den anhaltenden Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel und den Umstieg auf klimafreundlichere Produktionsprozesse. Zudem haben im Lauf des Jahres 2022 die Risiken für die Finanzmarktstabilität deutlich zugenommen. Stresstests der OeNB zeigen jedoch, dass der österreichische Bankensektor eine solide Risikotragfähigkeit aufweist.

Die OeNB und ihre bargeldnahen Tochtergesellschaften haben im Vorjahr mit zahlreichen Aktivitäten dem 20-jährigen Jubiläum des Euro-Bargelds Rechnung getragen. Den österreichischen Bürger:innen ist Bargeld nach wie vor sehr wichtig; geschätzt wird insbesondere der von Barzahlungen gewährleistete Schutz der Privatsphäre. Mit der Etablierung der „Plattform Bargeld“ im September 2022 wird unabhängig von weiteren Innovationen im digitalen Zahlungsverkehr der Erhalt von Bargeld in Österreich konsequent weiter­verfolgt. Als Ergänzung zum Bargeld erwägt das Eurosystem die Ausgabe eines digitalen Euro. Die derzeit laufende zweijährige Analysephase für dessen mögliche Einführung endet voraussichtlich im Oktober 2023. Danach wird der EZB-Rat entscheiden, ob zur Umsetzungsphase übergegangen werden wird.

In der Unternehmensstrategie nimmt Nachhaltigkeit einen immer größeren Stellenwert ein. Umweltorientierung und die Sicherung einer nachhaltigen und wirtschaftlich positiven Entwicklung sind für die OeNB und ihre Tochtergesellschaften unverzichtbare Voraussetzungen für eine zukunftsweisende und erfolgreiche Unternehmensführung.

Ich danke allen Mitarbeiter:innen der OeNB und ihrer Tochtergesellschaften für ihren fachlichen und persönlichen Einsatz im Jahr 2022. Mein Dank gilt auch den Mitgliedern des Direktoriums und des Generalrats für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

Wien, im März 2023

Harald Mahrer, Präsident

Vorwort des Gouverneurs

Liebe Leserinnen und Leser,

politisch und ökonomisch zieht der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 weltweit gravierende Auswirkungen nach sich – und auf menschlicher Ebene zudem unermessliches Leid.

Nachdem die Wirtschaftsentwicklung in Österreich im ersten Halbjahr 2022 von Aufholprozessen nach den Lockdowns aufgrund der COVID-19-Pandemie geprägt war, führten die auf den Angriffskrieg folgende globale Konjunkturabkühlung und die hohe Unsicherheit über die weitere weltpolitische und weltwirtschaftliche Entwicklung ab Jahresmitte 2022 zu einem deutlichen Einbruch der wirtschaftlichen Dynamik. Insgesamt verzeichnete die österreichische Wirtschaft im Gesamtjahr 2022 trotzdem ein sehr starkes Wirtschaftswachstum von knapp 5 % und das Vorpandemieniveau des BIP wurde sogar übertroffen. Für das Jahr 2023 erwartet die OeNB nur ein sehr moderates Wachstum.

Nachdem die Rohstoffpreise bereits angesichts der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie gestiegen waren, führte der Krieg in der Ukraine zu einem weiteren massiven Preisschub auf den internationalen Energie­märkten. Sowohl bei den Rohöl- als auch bei den Gaspreisen ist der Höhepunkt des Preisanstiegs jedoch mittlerweile überschritten. In Summe erwartet die OeNB, dass die HVPI-Inflation von 8,6 % im Jahr 2022 auf rund 6,5 % im Jahr 2023 zurückgehen wird. Die Inflationsrate stieg im Euroraumdurchschnitt im Jahr 2022 deutlich von 5,1 % im Jänner auf 9,2 % im Dezember an und lag damit wesentlich über dem Preisstabilitätsziel von 2 %. Aufgrund der großen Unsicherheit war das Eurosystem in seinen geldpolitischen Reaktionen im ersten Halbjahr 2022 vorsichtig, leitete jedoch ab Jahresmitte eine stärkere Normalisierung ein. In einem ersten Schritt wurden die Nettoankäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) reduziert und im März 2022 beendet. Mit 1. Juli 2022 wurden auch die Nettoankäufe im Rahmen des Programms zum ­Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) eingestellt. In einem zweiten Schritt hob der EZB-Rat seither die drei Leitzinssätze um jeweils insgesamt 300 Basispunkte an und reagierte damit so stark und schnell wie noch nie zuvor seit dem Start der Währungsunion im Jahr 1999. Weitere Zinsanhebungen sind im Verlauf des Jahres 2023 zu erwarten. Im Berichtsjahr erfolgte eine schrittweise Reduktion der Notenbankbilanzsumme im Euroraum, die 2023 fortgeführt und intensiviert wird.

Im Jahr 2022 geriet das geschäftliche Ergebnis der OeNB – wie jenes vieler anderer Notenbanken auch – unter Druck. Dies erklärt sich aus der Kombination der geldpolitischen Krisenmaßnahmen der letzten Jahre, den vom EZB-Rat beschlossenen Leitzinsanhebungen sowie den deutlichen Kursrückgängen und Volatilitäten auf den globalen Finanzmärkten im Jahr 2022. So verursachten insbesondere einige geldpolitische Krisenmaßnahmen hohe Zinsaufwendungen, die Zinserträgen aus fix und niedrig verzinsten Vermögenswerten gegenüberstehen. Die OeNB wird 2022 aufgrund der teilweisen Verwendung ihrer Risikorückstellung und einer sparsamen Geschäftsgebarung dennoch ausgeglichen bilanzieren. Festzuhalten ist jedenfalls, dass geldpolitische Entscheidungen mit dem mittelfristigen Ziel der Gewährleistung von Preisstabilität getroffen werden. Gewinne oder Verluste des Eurosystems, der OeNB und der EZB sind somit ein nachrangiges Ergebnis dieses Mandats und der entsprechenden Geldpolitik.

An dieser Stelle möchte ich allen Mitarbeiter:innen, dem Präsidium, dem Generalrat und den Direktoriumskollegen meinen herzlichen und aufrichtigen Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und den außerordentlichen Einsatz in dem herausfordernden Jahr 2022 aussprechen. Durch den hohen Einsatz und die exzellente Zusammenarbeit wird die OeNB auch künftig ihre Kernaufgaben zuverlässig erfüllen können.

Wien, im März 2023

Robert Holzmann, Gouverneur

Mitglieder des Generalrats der OeNB

Stand 31. Dezember 2022

Dr. Harald Mahrer

Präsident

Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Dr. Barbara Kolm

Vizepräsidentin

Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Mag. Bettina
Glatz-Kremsner

Funktionsperiode:
1.3.2018 – 28.2.2023

Mag. Erwin Hameseder

Präsident der Raiffeisen-­Holding Niederösterreich-­Wien reg. Gen.m.b.H.

Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Dr. Stephan Koren

Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Wohnungswirtschaft reg. Gen.m.b.H.

Funktionsperiode:

8.9.2018 – 7.9.2023

Franz Maurer

Partner bei LIVIA Group

Funktionsperiode:

23.5.2018 – 22.5.2023

Dr. Susanne Riess

Generaldirektorin
Bausparkasse Wüstenrot AG

Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Mag. Peter Sidlo

Funktionsperiode:

1.3.2018 – 28.2.2023

Mag. Christoph Traunig, MBA

Geschäftsführender Gesell­­schafter bei St. Stephan Capital Partners

Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Univ.-Prof. Dr. Brigitte Unger

Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Staatskommissär
Sektionschef

Mag. Harald Waiglein

Leiter der Sektion für Wirtschafts­politik und Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen


Ersternennung: 2012
Funktionsperiode:
1.7.2022 - 30.06.2027

Staatskommissär-Stellvertreter

Mag. Alfred Lejsek

Gruppenleiter

Gruppe III/B Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen


Ersternennung: 2006
Funktionsperiode:
1.4.2022 - 31.03.2027

Gemäß § 22 Abs. 5 NBG wurden vom Zentralbetriebsrat zu den Sitzungen des Generalrats als ­Vertreterin Mag. Birgit Sauerzopf und als Stellvertreter Mag. Christian Schrödinger entsendet:

Mag. Birgit Sauerzopf

Vorsitzende des Zentralbetriebsrats

Mag. Christian Schrödinger

Stellvertretender Vorsitzender des
Zentralbetriebsrats

Eigentümer und Organe

Eigentümer der OeNB

Die OeNB ist eine Aktiengesellschaft. Sie unterliegt im Vergleich zu anderen Aktiengesellschaften aber einer Reihe von speziellen, im Nationalbankgesetz 1984 (NBG) begründeten Regelungen, die sich aus ihrer besonderen Stellung als Zentralbank ergeben. Das Grundkapital von 12 Mio EUR steht seit Juli 2010 zur Gänze im Eigentum des Bundes.

Generalrat

Aufgaben

Der Generalrat ist das Aufsichtsorgan der OeNB und überwacht jene Geschäfte, die nicht in den Aufgabenbereich des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) fallen. Der Generalrat hat das Direktorium in Angelegenheiten der Geschäftsführung und der Währungspolitik zu beraten und wird in der Regel einmal im Monat vom Präsidenten einberufen. Gemeinsame Sitzungen des Generalrats und des Direktoriums haben mindestens einmal im Vierteljahr stattzufinden (§ 20 Abs. 2 NBG).

Für eine Reihe von Agenden der Geschäftsführung ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Dazu zählen die Neuaufnahme oder Auflassung von Geschäftszweigen, die Errichtung oder Auflassung von Zweiganstalten sowie der Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen und Liegenschaften (§ 21 Abs. 1 NBG).

Des Weiteren ist die Zustimmung des Generalrats bei der Besetzung von Aufsichtsräten und des Managements von Unternehmen, an denen die OeNB beteiligt ist, einzuholen. Auch bei der Ernennung der Funktionäre der zweiten Führungsebene der OeNB ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Ebenfalls der ­Beschlussfassung durch den Generalrat vorbehalten sind u. a. die Erstattung von unverbindlichen Dreiervorschlägen an die Bundesregierung für die Ernennung der Mitglieder des Direktoriums durch den Bundespräsidenten, die Festlegung allgemeiner Grundsätze der ­Geschäftspolitik in Nicht-ESZB-Angelegenheiten und die Genehmigung des Jahresabschlusses zwecks Vorlage an die Generalversammlung sowie die Genehmigung der Plankostenrechnung und des Investitionsplans für das nächste Geschäftsjahr (§ 21 Abs. 2 NBG).

Zusammensetzung

Der Generalrat besteht aus dem Präsidenten, der Vizepräsidentin und acht weiteren Mitgliedern. Die Mitglieder müssen österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sein. Sie sind von der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren ernannt; eine Wiederernennung ist zulässig. Weitere Bestimmungen zum Generalrat finden sich in den §§ 20 bis 30 NBG.

Direktorium

Das Direktorium leitet den gesamten Dienstbetrieb und führt die Geschäfte der OeNB. Bei der Verfolgung der Ziele und Aufgaben des ESZB handelt das Direktorium entsprechend den Leitlinien und Weisungen der EZB. Das Direktorium führt die Geschäfte in der Weise, dass die OeNB die nach dem AEUV, nach dem ESZB/EZB-Statut, nach den auf Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften sowie sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Aufgaben erfüllt.

Das Direktorium besteht aus dem Gouverneur, dem Vize-Gouverneur und zwei weiteren Mitgliedern. Alle Mitglieder des Direktoriums werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Die Ernennung erfolgt jeweils für die Dauer von sechs Jahren; eine Wiederernennung ist zulässig. Der Gouverneur ist Mitglied des EZB-Rats und des ­Erweiterten Rats der EZB. Er und sein Vertreter sind bei Wahrnehmung dieser Funktionen weder an Beschlüsse des Direktoriums noch an solche des Generalrats gebunden und unterliegen auch sonst keinerlei Weisungen.

Weitere Bestimmungen zum Direktorium finden sich in den §§ 32 bis 36 NBG. Für weitere Informationen zum Direktorium der OeNB siehe auch www.oenb.at.

Mitglieder des Direktoriums der OeNB

Stand 31. Dezember 2022

Bild: Vize-Gouverneur Univ.-Prof. MMag Dr. Gottfried Haber, 

Gouverneur Univ.-Prof. Mag. Dr. Robert Holzmann, Direktor DDr. Eduard Schock, 

Direktor DI Dr. Thomas Steiner

Von links: Vize-Gouverneur Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber,
Gouverneur Univ.-Prof. Mag. Dr. Robert Holzmann, Direktor DDr. Eduard Schock,
Direktor DI Dr. Thomas Steiner

Organisationsplan der OeNB

Organisation der OeNB

Präsident

Dr. Harald Mahrer; PRÄS

Vizepräsidentin

Dr. Barbara Kolm; VPR



Ressort Notenbankpolitik



Gouverneur Univ.-Prof. Mag. Dr. Robert Holzmann; R G 

Referat des Gouverneurs

DHA Mag. Markus Arpa; REFG

Hauptabteilung Internationales, 

Protokoll und Presse 

DHA Mag. Markus Arpa; HIP

Referat Protokoll Direktorium, Generalrat 

und Generalversammlung

AL Mag. Gabriele Stöffler; REFP

Abteilung für Kommunikation 

AL Dr. Christian Gutlederer; KOMM

Abteilung für EU- und internationale Angelegenheiten

AL DRR Dr. Thomas Gruber; INTA

Repräsentanz Brüssel

AL Doris Rijnbeek, MBA; rePb

Hauptabteilung Volkswirtschaft

DHA Dr. Birgit Niessner; hvw

Referat Geldpolitik 

REFL Dr. Maria Teresa Valderrama; REFGP

Referat Konjunktur 

REFL Dr. Gerhard Fenz; REFKO

Referat Zentral-, Ost- und Südosteuropa 

REFL Priv.Doz. Dr. Julia Wörz; REFCE

Referat International Economics

REFL Dr. Kirstin Hubrich; REFIE

Referat Forschung 

REFL Mag. Dr. Martin Summer; REFFO

Referat Fiskal- und Produktivitätsrat

REFL Mag. Bernhard Grossmann; REFFP

Ressort Finanzmarktstabilität, 

Bankenaufsicht und Statistik

Vize-Gouverneur Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber; rvg

Referat Compliance

AL Mag. Eva Graf, LL.M.; REFC

Innenrevision

AL DRR Mag. Dr. Axel Aspetsberger; rev

Hauptabteilung

Europäische Großbankenaufsicht

DHA Mag. Dr. Karin Turner-Hrdlicka; heg

Abteilung für Europäische Großbankenanalyse

AL DRR DI Dr. Gabriela de Raaij; egba

Abteilung für Europäische Großbankenrevision

AL Mag. Martin Hammer; egrev

Abteilung Europäische Aufsichtsgrundsätze und Strategie

AL Mag. Josef Meichenitsch; egsa

Hauptabteilung

Finanzmarktstabilität und Bankenprüfung

DHA Priv.-Doz. Mag. Dr. Markus Schwaiger; hfb

Abteilung für Bankenanalyse

AL Dr. Matthias Hahold baka

Abteilung für Bankenrevision

AL DI Dr. Roman Buchelt; barev

Abteilung für Finanzmarktstabilität und Makroprudenzielle Aufsicht

AL DRR Dr. Michael Würz; finma

Hauptabteilung Statistik

DHA Mag. Dr. Johannes Turner; hst

Abteilung Statistik – Data Governance, ­Stammdaten ­

und Bankenabwicklung

AL Dr. Alexander Benkwitz; STADA

Abteilung Statistik – Integrierte Meldewesenentwicklung und Datenmanagement 

AL Mag. Ralf Peter Dobringer; sidat

Abteilung Statistik – Außenwirtschaft, Finanzierungs-

rechnung und Monetärstatistiken

AL MMag. Dr. Gunther Swoboda; safim

Abteilung Statistik – Aufsicht, Modelle und Bonitätsanalysen

AL DRR Priv. Doz. Mag. Dr. Gerhard Winkler; samba



AD	Advisor

AL	Abteilungsleiter / Abteilungsleiterin

DHA	Direktor / Direktorin der Hauptabteilung

DRR	Direktionsrat / Direktionsrätin

DZA	Direktor / Direktorin und Leiter / Leiterin der Zweiganstalt

PP	Principal

REFL	Leiter / Leiterin des Referats

SPP	Senior Principal
Ressort Zahlungsverkehr, Finanzbildung, IT und Infrastruktur

Direktor DDr. Eduard Schock; r I

Hauptabteilung Zahlungsverkehr, 

Risikoüberwachung und Finanzbildung

DHA Mag. Petia Niederländer; hZF

Zahlungsverkehrsabteilung

AL DRR Mag. Katharina Selzer-Haas; zv

Referat Zahlungsverkehrsstrategie

AL Mag. Wolfgang Haunold, MA; REFZS

Abteilung Risikoüberwachung

N.N.; RISK

Abteilung für Finanzbildung 

AL DRR Maximilian Hiermann; FIBI

OeNB West

DZA Mag. (FH) Armin Schneider; WEST

Hauptabteilung 

Bargeld, Beteiligungen und Interne Dienste 

DHA Dr. Matthias Schroth, LL.M; hBI

Banknoten- und Münzenkasse

AL DI Stefan Varga; bmk

Abteilung für Beteiligungssteuerung und Bargeldstrategie

AL Mag. Thomas Grafl; bBS

Abteilung für Sicherheits- und Gebäudemanagement

AL Florian Friedrich, BSc MSc; SIGMA

Abteilung für Einkaufs- und Verkaufsmanagement

AL Dr. Christa Mölzer-Hellsberg; EVM

Hauptabteilung

Informationstechnologie und Kundenservice

DHA Christoph Martinek; hit

Abteilung IT-Strategie und Informationssicherheit3,4

AL DRR Ing. Martin Durst; ITS

Abteilung IT-Operations

AL Ing. Jürgen Schwalbe; ito

Abteilung IT-Development

N.N.; itd

Abteilung Informationsmanagement und Services

AL Mag. Bernhard Urban; IMS

Ressort Treasury, Personal und 

Rechnungswesen

Direktor DI Dr. Thomas Steiner; r II

Personalabteilung

AL DRR Mag. Susanna Konrad-El Ghazi; Pers

Rechtsabteilung

AL MMMag. Dr. Stephan Klinger; recht

Hauptabteilung Treasury

DHA Mag. Franz Partsch; htr

Treasury – Markt, Investmentstrategie

und geldpolitische Operationen 

AL Mag. Dr. Daniel Nageler; MARKT

Treasury – Back Office

AL Mag. Reinhard Beck; back

Hauptabteilung Rechnungswesen und 

betriebswirtschaftliche Steuerung

DHA Mag. Rudolf Butta; hRS

Abteilung Bilanzierung und Steuerangelegenheiten

AL Mag. Lenka Krsnakova; BIL

Abteilung für Controlling und Organisation

AL Mag. Anna Cordt; cono

Abteilung Middle Office

AL Mag. Robert Reinwald; MIDO

Abteilung Zentralbuchhaltung

AL Markus Kaltenbrunner; ZB
Die OeNB im Profil



Darstellung der Bilanz (Fokus Geldpolitik):



Das Säulendiagramm zeigt die Aktiva und Passiva der OeNB für die Geschäftsjahre 2018 bis 2022 (in Millarden-Euro-Beträgen), untergliedert in die Sammelposten „Refinanzierungsgeschäfte“, „Wertpapiere für geldpolitische Zwecke“ und „übrige Aktiva“ auf der Aktivseite und „Geldpolitische Einlagen & Mindestreserve“ sowie „übrige Passiva“ auf der Passivseite. Zudem wird pro Geschäftsjahr seit 2018 jeweils durch einen Datenpunkt die Bilanzsumme dargestellt. Letztere betrug 2018 150 Milliarden Euro, 2019 155 Milliarden Euro, 2020 228 Milliarden Euro, 2021 275 Milliarden Euro und 2022 261 Milliarden Euro.



Quelle: Oesterreichische Nationalbank. 



Nettozinseffekt aus der Geldpolitik:



Das Säulendiagramm zeigt den geldpolitischen Anteil am Nettozinsergebnis, das Nettoergebnis aus monetären Einkünften und EZB-Gewinnausschüttung. Zu diesem Zweck werden für die Geschäftsjahre 2018 bis 2022 je eine gestapelte Säule, untergliedert in „geldpolitische Operationen und Einlagen“, „TARGET2“, „Euro-Banknotenumlauf, Währungsreserven“, „EZB-Gewinnausschüttung“ sowie „Nettoergebnis aus monetären Einkünften“ in Millionen-Euro-Beträgen dargestellt. Zudem wird pro Geschäftsjahr jeweils durch einen Datenpunkt der Nettozinseffekt aus der Geldpolitik dargestellt. Letzterer betrug 2018 587 Millionen Euro, 2019 591 Millionen Euro, 2020 387 Millionen Euro, 2021 177 Millionen Euro und 2022 minus 254 Millionen Euro.



Quelle: Oesterreichische Nationalbank.



Risikovorsorgen der Oesterreichischen Nationalbank:



Das Säulendiagramm zeigt die Verwendung der Risikorückstellung im Jahr 2022 zur Abdeckung realisierter Verluste und Abschreibungen. Zu diesem Zweck werden für die Geschäftsjahre 2018 bis 2022 je eine gestapelte Säule, untergliedert in „Mittel zur Verlustabdeckung“, „Risikorückstellung“ sowie „Reserve für ungewisse Auslands- und Wertpapierrisiken“ in Milliarden-Euro-Beträgen dargestellt. Zudem wird pro Geschäftsjahr jeweils durch einen Datenpunkt der Nettozinseffekt aus der Geldpolitik dargestellt. Die gesamte Risikorückstellung betrug 2018 7,7 Milliarden Euro, 2019 7,8 Milliarden Euro, 2020 7,8 Milliarden Euro, 2021 8 Milliarden Euro und 2022 6,1 Milliarden Euro.



Quelle: Oesterreichische Nationalbank.



Mitarbeiter:innen 2022:



Personalstand 1.129.



Frauenanteil am Personalstand 40 Prozent.



Frauenanteil in Führungspositionen 29 Prozent.



Frauenanteil in Fachkarrierepositionen: 35 Prozent.











Der Finanzplatz Österreich



Ausgewählte Kennzahlen zum österreichischen Bankensystem (konsolidierte Zahlen; drittes Quartal 2022 bzw. Dezember 2022):



500 Kreditinstitute in Österreich. 



1.251 Milliarden Euro Bilanzsumme.



5,5 Milliarden Euro Periodenergebnis. 



15,8 Prozent harte Kernkapitalquote (CET1).



5,2 Prozent Jahreskreditwachstum bei Nichtbanken.



1,6 Prozent Quote notleidender Kredite.
Wirtschaftsindikatoren für Österreich



HVPI-Inflation in Österreich, EZB- und Geldmarktzinsen:



Die Grafik beinhaltet drei Linien für folgende Indikatoren im Zeitverlauf vom 1. Jänner 1999 bis Anfang 2023: (1) die HVPI-Inflationsrate für Österreich, (2) den Hauptrefinanzierungssatz der EZB sowie (3) den Dreimonats-Euribor auf Tages- bzw. Monatsbasis. Eine breitere Linie verdeutlicht außerdem (4) die Spanne zwischen der Spitzenrefinanierung und dem Einlagezinssatz. Auffällig sind vor allem der markante Anstieg der HVPI-Inflation in den letzten beiden Jahren, die Ende 2022 bereits bei über 10 Prozent lag sowie die merklichen Anstiege des Hauptrefinanzierungssatzes und des Dreimonats-Euribors seit 2022.



Quelle: Europäische Zentralbank, Macrobond, Statistik Austria.





Reales BIP:



Das Säulendiagramm zeigt die Veränderung des realen BIP im Vergleich zum Vorjahr in Prozent. Die Wachstumsraten sind von 2018 bis 2022 dargestellt. Die Werte lauten: 2,4 Prozent (2018); 1,5 Prozent (2019); minus 6,8 Prozent (2020), 4,7 Prozent (2021) sowie 4,8 Prozent (2022).



Quelle: Statistik Austria; 2021: WIFO.





HVPI-Inflationsrate:



Das Säulendiagramm zeigt die HVPI-Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr in Prozent. Die Wachstumsraten sind von 2018 bis 2022 dargestellt. Die Werte lauten: 2,1 Prozent (2018); 1,5 Prozent (2019); 1,4 Prozent (2020), 2,8 Prozent (2021) sowie 8,6 Prozent (2022).



Quelle: Statistik Austria.













Arbeitslosenquote nach nationaler Definition:



Das Säulendiagramm zeigt die Arbeitslosenquoten in Prozent für den Zeitraum 2018 bis 2022. Die Werte lauten: 7,7 Prozent (2018); 7,4 Prozent (2019); 10,1 Prozent (2020), 8,0 Prozent (2021) sowie 6,3 Prozent (2022).



Quelle: Statistik Austria.





Prognose des gesamtstaatlichen Budgetsaldos:



Das Säulendiagramm zeigt den gesamtstaatlichen Budgetsaldo in Prozent des BIP für den Zeitraum 2018 bis 2022. Die Werte lauten: 0,2 Prozent (2018); 0,6 Prozent (2019); minus 8,0 Prozent (2020), minus 5,9 Prozent sowie minus 2,9 Prozent (2022, laut Prognose der Oesterreichischen Nationalbank vom Dezember 2022).



Quelle: Statistik Austria, Oesterreichische Nationalbank.

Die OeNB im Dienst der Preis- und Finanzmarktstabilität

Der schrittweise Ausstieg aus der expansiven ­Geldpolitik

Inflation – das bestimmende Thema in der Geldpolitik 2022

Nach Jahren sehr niedriger Inflationsraten im Euroraum, die deutlich unter dem Preisstabilitätsziel von 2% blieben 1 , zog die Teuerung im Lauf des Jahres 2021 spürbar an. Dieser Trend setzte sich im Jahr 2022 fort und ließ die Inflationsrate im Euroraumdurchschnitt von 5,1% im Jänner auf einen Höchststand von 10,6% im Oktober steigen. Zunächst war der Preisdruck auf das Wiederhochfahren der Wirtschaft nach den Einschränkungen im Zuge der COVID-19-Pandemiebekämpfung zurückzuführen. Diese Einschränkungen hatten zu Rückgängen in der weltweiten Produktion und damit im Angebot geführt. Mit dem Wiederhochfahren stießen pandemiebedingt aufgestaute Ersparnisse und damit eine hohe Nachfrage auf ein beschränktes Angebot, was die Preise entsprechend steigen ließ. Die zweite Phase des Inflationsanstiegs stand im Zeichen außergewöhnlicher Energiepreisschocks, die durch den Krieg in der Ukraine zusätzlich angeheizt wurden. Dieser Krieg trieb zudem weltweit die Nahrungsmittelpreise in die Höhe und verstärkte – in Verbindung mit den pandemiebedingten wirtschaftlichen Einschränkungen in China – ­bestehende Lieferkettenprobleme mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preise.

Damit stand die Geldpolitik des Eurosystems (wie jene in anderen großen Währungsräumen auch) vor einer großen Herausforderung: Es galt, die Beständigkeit der preistreibenden Schocks richtig einzuschätzen. Vor Beginn des Kriegs in der Ukraine ging man nämlich mehrheitlich davon aus, dass mit keinem anhaltenden Preisdruck zu rechnen sei. Wie stark die Folgen des Kriegs auf die Preisentwicklung im Euroraum wirken würden, und wie sich der Preisdruck in einzelnen Komponenten des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) auf die anderen Güter- und Dienstleistungspreise im HVPI ausweiten würde, war schwer einzuschätzen. Aufgrund der großen Unsicherheit war das Eurosystem in seinen geldpolitischen Reaktionen im ersten Halbjahr 2022 vorsichtig. Es herrschte die Erwartung vor, dass sich die Inflationsdynamik auch ohne nennenswertes geldpolitisches Einschreiten beruhigen würde. Aufgrund der sprunghaft gestiegenen Energiepreise sowie der negativen Vertrauenseffekte im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine war nämlich von einer starken kurzfristigen Dämpfung der Binnennachfrage im Euroraum auszugehen, was die Inflationsdynamik gebremst hätte.

Erst im Jahresverlauf 2022 zeichnete sich ab, dass die Inflationsdynamik wesentlich ausgeprägter und beharrlicher war und die Binnennachfrage weniger stark gebremst wurde als ­erwartet. Folglich wurden die Inflationsprognosen schrittweise nach oben angepasst. Es verdichteten sich die Anzeichen, dass die HVPI-Anstiege auch in den nächsten Jahren über 2% liegen würden. Um die Inflationsdynamik in den Griff zu bekommen, war ein entschiedenes geldpolitisches Vorgehen notwendig.

Von zentraler Bedeutung war, die mittel- bis langfristigen Inflationserwartungen beim Preisstabilitätsziel verankert zu halten. Würde die Geldpolitik ihre Glaubwürdigkeit verlieren – würden die Wirtschaftsakteure also mittel- bis langfristig hohe Inflationsraten erwarten – so wäre zu befürchten, dass über die Lohnverhandlungen eine Lohn-Preis-Spirale in Gang kommt. In der Folge müsste die Geldpolitik verstärkt mit Zinserhöhungen reagieren, damit die Wirtschaft über die Normalisierung der Inflationserwartungen aus dieser Dynamik wieder herauskommt.

Damit diese Situation nicht eintritt und sich die hohen Inflationsraten wieder rasch in Richtung 2-prozentiges Preisstabilitätsziel bewegen, war nach Jahren der äußerst expansiven Geldpolitik eine Normalisierung oberste Priorität. In einem ersten Schritt galt es, die Nettoankäufe im Rahmen der Wertpapierankaufprogramme zu reduzieren und anschließend zu beenden. In einem zweiten Schritt wurde mit der Anhebung der Leitzinsen begonnen. Schließlich folgt seit Herbst 2022 die schrittweise Kürzung der Notenbankbilanzsumme. Ein behutsames Vorgehen ist dabei wichtig, da ein zu rascher Ausstieg aus einer expansiven Geldpolitik Finanzmarktturbulenzen auslösen kann, die wirtschaftliche Kosten verursachen und folglich den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik erschweren.

Ende der Ankäufe im Rahmen der Wertpapierankaufprogramme

Den ersten Schritt in der Normalisierung der Geldpolitik des Eurosystems setzte der EZB-Rat im September 2021 mit dem Beschluss, im vierten Quartal 2021 im Rahmen des Pandemie-­Notfallankaufprogramms ( Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) weniger Wertpapiere anzukaufen als in den Vorquartalen. Das PEPP war im März 2020 geschaffen worden, um den ernsthaften Risiken entgegenzuwirken, die der Ausbruch der Corona-Pandemie für die Wirtschaft des Euroraums darstellte. Die Unsicherheit, die die Pandemie ausgelöst hatte, ließ die Risikoprämien auf den Finanzmärkten im Frühjahr 2020 steigen und damit die Refinanzierungskosten allgemein nach oben klettern. Mit dem Ankauf von Wertpapieren kann eine Notenbank entsprechend gegensteuern. Ohne Einschreiten der Geldpolitik hätten die Finanzmärkte die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft deutlich verstärkt. 2

PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme)

Das Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) ist ein Kriseninstrument des Eurosystems in Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Sein Ziel war es, durch den Ankauf von Vermögenswerten zwischen März 2020 und März 2022 günstige Finanzierungsbedingungen zu schaffen und in weiterer Folge aufrechtzuerhalten sowie eine reibungslose Transmission der ­Geldpolitik zu unterstützen.

Nach über einem Jahr Krisenmodus verbesserten sich über den Sommer 2021 die Marktbedingungen, und der EZB-Rat beschloss, das PEPP-Ankaufvolumen im vierten Quartal 2021 zu reduzieren. Weil die Fortschritte bei der wirtschaftlichen Erholung und im Hinblick auf die Erreichung des mittelfristigen Inflationsziels als ausreichend angesehen wurden, beendete der EZB-Rat schließlich – nach einer weiteren Reduktion der Ankäufe im ersten Quartal 2022 – die Nettoankäufe im Rahmen des PEPP im März 2022.

Die Pandemie hat zu Verwundbarkeiten in der Wirtschaft des Euroraums geführt, die uns noch länger beschäftigen werden. Infolgedessen kann die einheitliche Geldpolitik uneinheitlich auf die nationalen Refinanzierungskosten wirken, womit die geldpolitische Transmission gestört wäre. Um dies zu vermeiden, können die Tilgungsbeträge fällig werdender Wertpapiere im PEPP-Portfolio flexibel reinvestiert werden. D. h. das zu reinvestierende Volumen kann dorthin gelenkt werden, wo ein fundamental nicht gerechtfertigter Anstieg der Risikoprämien zu beobachten ist. Diese Reinvestitionen werden bis mindestens Ende 2024 fortgeführt, wobei diese Flexibilität nur dann genutzt wird, wenn es Anzeichen für pandemiebedingte Verzerrungen auf den Finanzmärkten gibt.

Damit der Rückzug aus dem Markt durch das Ende der PEPP-Nettoankäufe im März 2022 nicht zu neuerlichen Verwerfungen führt, wurde das bestehende Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) kurzfristig ausgeweitet. Im April und Mai 2022 wurden dementsprechend vermehrt APP-Wertpapiere gekauft. Mit 1. Juli 2022 wurden jedoch auch die Nettoankäufe im Rahmen des APP im gesamten Euroraum beendet. Fällig werdende Wertpapiere wurden weiterhin vollumfänglich wiederveranlagt.

Im Rahmen dieser Wiederveranlagungen strebt das Eurosystem eine allmähliche Dekarbonisierung seiner Bestände an Unternehmensanleihen im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens an. Dies ist nur eine Maßnahme von vielen, die der EZB-Rat im
Juli 2022 beschlossen hat, um die klimabedingten Finanzrisiken in der Bilanz des Eurosystems besser zu berücksichtigen und den grünen Wandel der Wirtschaft entsprechend den Zielen der EU zur Klimaneutralität zu unterstützen (siehe auch Abschnitt „Nachhaltiges Investieren gewinnt an Bedeutung“).

APP (Asset Purchase
Programme)

Im Rahmen des erweiterten Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) erwarb das Eurosystem in vier Teilprogrammen zwischen Oktober 2014 und Juni 2022 folgende Wertpapiere:
(1) gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme – CBPP3),
(2) forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset-Backed Securities Purchase Programme – ABSPP),
(3) Anleihen des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme – PSPP) sowie (4) Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme – CSPP). Mit knapp 80% des Volumens umfasst das PSPP den größten Anteil des euroraumweiten APP-Portfolios.

Erhöhung der geldpolitischen Leitzinsen

Die erste Leitzinsanhebung wurde nach dem Ende der Nettoankäufe im Rahmen des APP am 27. Juli 2022 vorgenommen. Ihr folgten im zweiten Halbjahr 2022 bzw. zu Beginn des Jahres 2023 vier weitere Zinsschritte. Insgesamt hob der EZB-Rat ab Mitte 2022 die drei Leitzinssätze der EZB um jeweils 300 Basispunkte an und damit so stark und schnell wie noch nie zuvor seit dem Start der Währungsunion im Jahr 1999. Mit 8. Februar 2023 lagen der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität dementsprechend bei 3,00%, 3,25% bzw. 2,50%.

Leitzinssätze der EZB

Die EZB arbeitet mit drei Leitzinssätzen: (1) dem Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität, (2) dem Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie (3) dem Zinssatz für die Einlagefazilität. Die Menge an Zentralbankliquidität bestimmt dabei, an welchem der drei Zinssätze sich die Geldmarktzinsen orientieren. Aufgrund der bestehenden Überschussliquidität ist derzeit der Zinssatz für die Einlagefazilität die bestimmende Größe für Geldmarktzinsen.

Steigende Leitzinsen verteuern Kredite für Unternehmen und private Haushalte in Österreich

Um mittelfristig eine Stabilisierung der Inflation beim Zielwert von 2% zu erreichen, ist es notwendig, dass Leitzinserhöhungen in der Realwirtschaft und folglich auf der Ebene der Konsument:innenpreise ankommen. Höhere Leitzinsen führen zu steigenden Refinanzierungskosten für das Bankensystem, das diese an Unternehmen und Haushalte weitergibt. Höhere Kundenzinsen verteuern auf der einen Seite Kredite und machen auf der anderen Seite das Sparen attraktiver. Beides ist ein Anreiz weniger zu konsumieren bzw. zu investieren. In der Folge dämpft dies die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen und somit die Produktion, was schließlich den Preisauftrieb drosselt.

Wie Grafik 1 zeigt, stiegen die Geldmarktzinsen (Dreimonats-EURIBOR), die hier als Indikator für die ­Refinanzierungskosten der Banken dienen, in Erwartung bevorstehender Leitzinserhöhungen bereits im Frühjahr 2022 und zogen sowohl die Kreditzinsen als auch die Einlagenzinsen der Österreicher:innen mit nach oben.

Der Gesamtindikator für die Zinskosten für Wohnbaukredite in Österreich (Grafik 1, linke Teilgrafik) lag im Dezember 2022 bei 2,84%, wobei sein Anstieg bereits im Februar 2022 begonnen hatte. Ein ähnliches Bild zeigt sich für den Gesamtindikator der Zinskosten für Unternehmenskredite (Grafik 1, rechte Teilgrafik), die im Dezember bei 2,97% standen. Bei variabel verzinsten Krediten hat der Anstieg des EURIBOR 3 auch bei bestehenden Krediten eine unmittelbare Auswirkung auf die Zinssätze, bei fix verzinsten Krediten steigen nur die Zinssätze für neu abgeschlossene Verträge. Der Verlauf bei den Kreditkosten in Österreich ist vergleichbar mit der Dynamik des Euroraumdurchschnitts (Zinsen für Haushalte im Dezember bei 2,94%, für Unternehmen bei 3,41%). In Deutschland lagen die Kreditkosten im Dezember etwas über jenen in Österreich.

Die Anhebung der geldpolitischen Leitzinsen wirkte ebenso auf die Einlagenzinsen (Grafik 1, täglich fällig bzw. mit vereinbarter Laufzeit) und machten das Sparen wieder attraktiver, insbesondere bei Bindungen mit längeren Laufzeiten. Bei den Einlagen mit vereinbarter Laufzeit waren für Unternehmen in den letzten Jahren im Durchschnitt negative Zinsen zu beobachten, die nun im Einklang mit den Geldmarktzinsen (Dreimonats-EURIBOR) deutlich in den positiven Bereich drehten (1,96% im Dezember 2022). Auch für private Haushalte wurden bei Einlagen mit vereinbarter Laufzeit wieder deutlich höhere Zinsen bezahlt (1,76% im Dezember 2022).

Grafik 1 mit dem Titel „Zinserhöhungen beeinflussen Kundenzinsen“ zeigt zwei Liniendiagramme, die den Zeitverlauf von fünf unterschiedlichen Zinssätzen von Jänner 2021 bis Dezember 2022 in Prozent darstellen. Die Grafik soll veranschaulichen, wie wichtige Kundenzinssätze in Österreich auf eine Erhöhung der Leitzinssätze durch die Europäische Zentralbank reagiert haben. Auf der linken Seite werden Kundenzinsen österreichischer privater Haushalte und auf der rechten Seite österreichischer nichtfinanzieller Unternehmen dargestellt. Der Verlauf folgender Zinssätze wird veranschaulicht: jeweils ein Gesamtindikator der Kreditkosten (links für Wohnbaukredite und rechts für Unternehmenskredite), Zinssätze für Einlagen mit vereinbarter Laufzeit, Zinssätze für täglich fällige Einlagen, der Zinssatz für die Einlagefazilität und der Dreimonats-EURIBOR. Die Entwicklung verhält sich für Zinssätze der privaten Haushalte ähnlich wie für jene nichtfinanzieller Unternehmen. Nur die durchschnittlichen Zinsen für nichtfinanzielle Unternehmen sind geringfügig volatiler als jene der privaten Haushalte. Bis Anfang 2022 verhielt sich das dargestellte Zinsumfeld äußerst stabil. Mit Jänner 2022 konnten die ersten Bewegungen der Zinssätze hin zu höheren Niveaus festgestellt werden. Weitere Informationen können dem Fließtext entnommen werden. Quelle: Europäische Zentralbank.

Bei den Zinssätzen für täglich fällige Einlagen (für Haushalte im Dezember 0,16%, für Unternehmen 0,11%) sind die Leitzinserhöhungen hingegen noch wenig spürbar. Für Haushalte und Unternehmen werden Einlagen mit vereinbarten Laufzeiten somit aufgrund der deutlich höheren Verzinsung wieder attraktiver als in den letzten Jahren. Ein Grund für die unterschiedliche Preisgestaltung der österreichischen Banken bei Einlagenzinsen könnte sein, dass sie stärker auf stabilere Finanzierung setzen und den Kunden Anreize bieten möchten, von den bislang beliebten täglich fälligen Einlagen wegzugehen und verstärkt Einlagen mit vereinbarter Laufzeit zu ­wählen.

Nachdem mit den ersten beiden Zinsschritten im Juli und September 2022 der Zinssatz für die Einlagefazilität wieder einen Wert über null erreicht hatte, war das zweistufige System für die Verzinsung von Überschussreserven, wodurch ein Teil der Überschussreserven von der negativen Verzinsung ausgenommen war, nicht mehr erforderlich. Dementsprechend ­beendete der EZB-Rat die zweistufige Verzinsung. Seit dem 14. September 2022 gibt es wieder nur einen Zinssatz für Überschussreserven (Zinssatz für die Einlagefazilität). Zudem wurde die Verzinsung der Mindestreserve ­geändert. Statt wie bisher mit dem Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte wird die Mindestreserve seit dem 21. Dezember 2022 mit dem Zinssatz für die Einlagefazilität remuneriert. Da sich die Geldmarktzinsen zu dieser Zeit am Zinssatz für die Einlagefazilität orientierten, bedeutet diese Veränderung, dass die Mindestreservehaltung nun keinen Zinsvorteil mehr bringt.

Einführung eines neuen Instruments ­gegen die Fragmentierung im Euroraum

Die rasche und kräftige Anhebung geldpolitischer Leitzinsen birgt insbesondere nach einer langen Negativzinsphase gewisse Risiken. So besteht das Risiko, dass die langfristigen Zinsen in den Ländern des Euroraums unterschiedlich reagieren und folglich die nationalen Finanzierungsbedingungen unterschiedlich stark gestrafft werden könnten. In diesem Fall spricht man von einem Fragmentierungsrisiko, das der Einheitlichkeit der Geldpolitik entgegensteht. Sind derartige Verwerfungen auf den Finanzmärkten auf die Pandemie und ihre Nachwirkungen ­zurückzuführen, dann sind die flexiblen Rahmenbedingungen für die Reinvestitionen des PEPP-Portfolios (wie zuvor beschrieben) das Mittel der ersten Wahl. Für den Fall, dass das Reinvestitionsvolumen jedoch nicht ausreicht oder fundamental nicht gerechtfertigte Marktdynamiken eine andere Ursache als die Pandemie haben, hat der EZB-Rat das Instrument zur Absicherung der Transmission (Transmission Protection Instrument – TPI) geschaffen. Im Rahmen des TPI können unbegrenzt Wertpapiere einzelner Länder gekauft werden, in denen eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen zu beobachten ist, wenn diese nicht durch länderspezifische Fundamentalfaktoren begründet ist. 4 Der Umfang der Ankäufe wird dabei von der Schwere der Marktverwerfungen abhängen. Damit soll eine reibungslose Transmission des geldpolitischen Kurses in allen Ländern des Euroraums und eine effektive Zinsweitergabe sichergestellt werden. Beides sind Voraussetzungen dafür, dass das Eurosystem sein Preisstabilitätsmandat erfüllen kann. Das TPI steht dem EZB-Rat seit Juli 2022 zur Verfügung, es kann jederzeit ­aktiviert werden und ergänzt die anderen geldpolitischen Instrumente. Zum Einsatz kam es im Jahr 2022 nicht.

TPI (Transmission Protection Instrument)

Ein eigenes Instrument soll im Zuge der Normalisierung der Geldpolitik im Euroraum sicherstellen, dass die Transmission des geldpolitischen Kurses in allen Ländern des Euroraums reibungslos erfolgt. Dieses Instrument kann jederzeit aktiviert werden, um mithilfe von Wertpapierankäufen fundamental nicht gerechtfertigten bzw. ungeordneten Marktdynamiken ­entgegenzuwirken.

Grafik 2 mit dem Titel „Straffere Geldpolitik verkürzt OeNB-Bilanz“ ist ein Säulendiagramm und stellt den Verlauf der Volumina der geldpolitischen Instrumente in der Bilanz der Oesterreichischen Nationalbank monatlich von 2015 bis inklusive 2022 in Milliarden Euro dar. Die Grafik zeigt zwei Arten von geldpolitischen Refinanzierungsgeschäften: die wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäfte und längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, die auch TLTROs III und PELTROs umfassen. Die Werte der Spitzenrefinanzierungsfazilität liegen zwischen 0 und 0,25 Milliarden Euro, weshalb sie in der Grafik nicht sichtbar sind. Weiters zeigt sie zwei Wertpapierankaufprogramme: das Asset Purchase Programme, kurz APP, und das Pandemic Emergency Purchase Programme, kurz PEPP. Die Summe der erwähnten geldpolitischen Instrumente in der Bilanz der Oesterreichischen Nationalbank lag im Durchschnitt des Jahres 2015 bei etwa 20 Milliarden Euro und setzte sich Ende 2015 gleichermaßen aus Refinanzierungsgeschäften auf der einen Seite und aus dem APP auf der anderen Seite zusammen. Im Lauf der Jahre kletterte das Volumen von rund 20 Milliarden Euro auf rund 200 Milliarden Euro, wobei der Höhepunkt Mitte 2022 erreicht wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt drehte sich die Aufteilung in Richtung Wertpapierankaufprogramme, wobei APP und PEPP gemeinsam rund 57 % des Volumens der geldpolitischen Instrumente und die Refinanzierungsgeschäfte rund 43 % ausmachten. Weitere Informationen können dem Fließtext entnommen werden. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Reduktion der geldpolitischen ­Operationen in der OeNB-Bilanz

In einem ersten Schritt wurden also im Jahresverlauf 2022 die Nettoankäufe in beiden Wertpapierankaufprogrammen (APP und PEPP) eingestellt. Per Jahresende 2022 schlug das PEPP in der OeNB-Bilanz 2022 mit 37,9 Mrd EUR zu Buche. Das deutlich größere APP-Portfolio lag Ende 2022 bei 75,4 Mrd EUR (Grafik 2). In einem zweiten Schritt folgte der Beginn des Zinsanhebungszyklus. Als logischer nächster Schritt gilt in einem geldpolitischen Normalisierungsprozess der maßvolle Abbau der Notenbankbilanz. Im letzten Jahresviertel 2022 begannen dementsprechend die geldpolitischen Operationen in unserer Bilanz zu schrumpfen (siehe insbesondere die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte in Grafik 2).

Die OeNB versorgt österreichische Banken mit Zentralbankkrediten zu unterschiedlichen Konditionen und Laufzeiten: Zum einen über Hauptrefinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von einer Woche; zum anderen über längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, die ebenfalls zum Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte zur Verfügung gestellt werden, allerdings eine Laufzeit von drei Monaten haben. Darüber hinaus wurden in Reaktion auf die COVID-­19-­Pandemie in den letzten Jahren Kriseninstrumente geschaffen, die Zentral­bankkredite zu günstigeren Bedingungen bzw. längeren Laufzeiten ­anboten: die dritte Generation gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (Targeted Longer-Term Refinancing Operations – TLTROs III) 5 sowie längerfristige Pandemie-Notfallrefinanzierungsgeschäfte (Pandemic Emergency Longer-Term Refinancing Operations – PELTROs).

Im Jahr 2022 konnten Banken keine neuen Kredite im Rahmen von TLTRO III und PELTRO aufnehmen; bereits vergebene Kredite befanden sich jedoch weiterhin in unserer Bilanz. Die PELTRO-Ausleihungen betrugen in Österreich zu Jahresbeginn 2022 245 Mio EUR und schrumpften im Jahresverlauf aufgrund des Laufzeitendes dreier dieser Operationen auf 130 Mio EUR. Die letzte ausstehende PELTRO-­Tranche lief im Jänner 2023 aus, womit diese Position aus der Bilanz verschwand.

Im TLTRO III war der Rückgang deutlicher ausgeprägt: Im Zuge der geldpolitischen Normalisierung beschloss nämlich der EZB-Rat im Oktober 2022, die bisher geltenden Zinskonditionen im TLTRO III mit 22. November 2022 zu beenden. Dieser Beschluss verteuerte TLTROs III ab dem 23. November 2022 und schuf damit Anreize zur vorzeitigen Rückzahlung. Folglich wurden drei zusätzliche Rückzahlungstermine angeboten, falls Banken vorzeitig aus den Krediten aussteigen wollten. ­Einige der österreichischen Banken nützten die Rückzahlungsmöglichkeiten im November und Dezember 2022. Es flossen insgesamt 30,8 Mrd EUR zurück und ließen (gemeinsam mit regulären vorzeitigen Rückzahlungen und Laufzeitenden) das TLTRO III-Portfolio in der OeNB-Bilanz – wie in Grafik 2 zu sehen – mit Jahresende 2022 auf 53,5 Mrd EUR schrumpfen.

TLTROs III (Targeted ­Longer-Term Refinancing Operations III)

Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs) sind besicherte Kreditgeschäfte mit maximal dreijähriger Laufzeit, die Banken zwischen September 2019 und Dezember 2021 mit dem Eurosystem abschließen konnten. Der Zinssatz für das im Rahmen von TLTROs III verborgte Zentral­bankgeld hängt von der Kreditvergabe der jeweiligen Bank ab.

Neben den (vorzeitigen) Rückzahlungen in den längerfristigen Refinanzierungsgeschäften plant der EZB-Rat, die Notenbankbilanz auch durch einen maßvollen Abbau der Wertpapierportfolios zu reduzieren. Da die Flexibilität der PEPP-Reinvestitionen weiterhin gegeben sein soll, werden ab März 2023 zuerst die APP-Bestände verringert: Von März bis Juni 2023 sollen die Tilgungsbeträge von APP-Wertpapieren bei Fälligkeit nur noch teilweise wieder angelegt werden, sodass das euroraumweite APP-Portfolio monatlich im Durchschnitt um 15 Mrd EUR sinken wird. Das Tempo für die Portfolioabschmelzung ab Juli 2023 wird zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt.

Erwartung weiter steigender Leitzinsen

Trotz anhaltend hoher Inflationsraten zur Jahreswende 2022/23 ist laut Prognose des Eurosystems vom Dezember 2022 davon auszugehen, dass sich die Inflationsdynamik im Jahr 2023 im Euroraum abschwächen wird. Dafür sprechen erste Anzeichen von rückläufigen Großhandelspreisen für Strom und Gas, eine schwächer werdende Nachfrage, nachlassende Lieferengpässe sowie staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Energieinflation. Zudem deuten die Entwicklungen bei Termingeschäften auf einen künftigen Rückgang bei Energie- und Lebensmittelrohstoffpreisen hin. Letztlich wird die zuvor beschriebene Normalisierung der Geldpolitik zur Eindämmung des generellen Preisauftriebs beitragen. Bei der Kerninflation (HVPI ohne Energie und Lebensmittel) wird sich die abschwächende Dynamik jedoch erst verzögert zeigen – u. a. aufgrund der höheren Lohnabschlüsse für das Jahr 2023.

Laut Eurosystem-Prognose vom Dezember 2022 dürfte die HVPI-Inflation von durchschnittlich 8,4% im Jahr 2022 auf 6,3% im Jahr 2023 sinken. Anschließend werden weitere Rückgänge auf durchschnittlich 3,4% im Jahr 2024 und 2,3% im Jahr 2025 erwartet. Die Kerninflation dürfte hingegen im Jahr 2023 weiter von 3,9% auf 4,2% ansteigen, ­bevor sie bis 2025 auf 2,4% sinken wird. Gleichzeitig machte die Prognose klar, dass der angenommene Zinspfad – Anstieg des Dreimonats-­EURIBOR auf durchschnittlich 2,9% im Jahr 2023 – nicht ausreichen würde, um bis 2025 das Inflationsziel von 2% zu erreichen. Folglich gab der EZB-Rat im Februar 2023 ­bekannt, dass er beabsichtigt, die Zinssätze bei seiner nächsten geldpolitischen Sitzung im März 2023 um weitere 50 Basispunkte anzuheben. Danach wird er eine Bewertung des weiteren geldpolitischen Pfads vornehmen, ­wobei die Leitzinsbeschlüsse von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung festgelegt werden. Das angestrebte restriktive Zinsniveau wird im Lauf der Zeit mithelfen, die Inflation zu senken, indem es die Nachfrage dämpft. Gleichzeitig wird es dem Risiko vorbeugen, dass sich die mittel- bis langfristigen Inflationserwartungen nach oben verschieben.

Geldpolitik bringt Ergebnis der Gewinn-und-Verlust-Rechnung unter Druck

Die Bilanz der OeNB beinhaltet aktivseitig Gold- und Fremdwährungsreserven sowie geldpolitische Operationen und passivseitig die ausgegebenen Banknoten sowie die durch die geldpolitischen Operationen geschaffenen Reserven (Abbildung 1). Geldpolitische Operationen werden auf der Aktivseite verbucht, weil sowohl die Refinanzierungsgeschäfte als Forderungen gegenüber Geschäftsbanken als auch die aufgebauten Wertpapierportfolios Vermögenswerte darstellen. Der EZB-Rat kann das Volumen der geldpolitischen Operationen (in Abbildung 1 in dunkelblau) nach eigenem Ermessen wählen und verfolgt mit seiner diesbezüglichen Politik ein Ziel, nämlich die Erreichung von Preisstabilität. Früher galt mit großer Selbstverständlichkeit, dass Geldpolitik mit (teilweise ­hohen) Zinserträgen verbunden ist. Dass dies jedoch nicht immer der Fall sein muss, zeigt die aktuelle geldpolitische Konstellation, die hier näher beleuchtet wird.

Abbildung 1 mit dem Titel „Schematische Bilanz der OeNB“ stellt die Bilanz der Oesterreichischen Nationalbank schematisch dar. Auf der linken Seite der Bilanz stehen jeweils in einem Rechteck drei Kategorien der Aktivseite, auf der rechten Seite vier Kategorien der Passivseite, ebenfalls jeweils in einem Rechteck. Die Größe der Rechtecke spiegelt das Größenverhältnis der Kategorien zueinander wider. Die drei Kategorien der Aktivseite und ihr jeweiliges ungefähres Größenverhältnis setzen sich wie folgt zusammen: Gold- und Fremdwährungsreserven 1, geldpolitische Operationen 7 und sonstige Aktiva 2. Auf der Passivseite lauten die vier Kategorien und die Größenverhältnisse folgendermaßen: Banknoten 2, Reserven der Geschäftsbanken 6, sonstige Passiva 4 und Kapital und Reserven 1. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Geht man in einer vereinfachten Betrachtungsweise davon aus, dass alle anderen Bilanzpositionen (in ­Abbildung 1 in hellblau) exogenen Einflussfaktoren unterliegen und von der Geldpolitik nicht aktiv gesteuert werden, so ergibt sich, dass die von Geschäftsbanken bei einer Notenbank gehaltenen Überschussreserven ­gerade so hoch sind, dass die Aktivseite größenmäßig der Passivseite entspricht. Mit anderen Worten, die Menge an Reserven (in Abbildung 1 in weiß), die in einem Währungsraum von Geschäftsbanken (oder anderen Finanzinstitutionen) gehalten wird (oder gehalten werden muss), wird durch die Größe der geldpolitischen Operationen auf der Aktivseite bestimmt. Diese Aussage gilt für das Eurosystem insgesamt, nicht notwendigerweise jedoch für jede einzelne nationale Zentralbank im System, weil sich die Reserven der Geschäftsbanken frei zwischen den Ländern bewegen können.

Die geldpolitischen Operationen auf der Aktivseite und die Reserven der Geschäftsbanken auf der Passivseite einer Notenbankbilanz sind jeweils verzinste ­Geschäfte. Je nach Leitzinshöhe kann es sein, dass eine Notenbank aktivseitig und/oder passivseitig Zinsaufwendungen hat bzw. Zinserträge erwirtschaftet.

Das Jahr 2022 stellt in diesem Zusammenhang ein interessantes Beispiel dar, weil hier in unserer Bilanz beide Konstellationen zu beobachten waren: Die erste Jahreshälfte 2022 war gekennzeichnet durch (1) ein geldpolitisches Wertpapierportfolio (APP und PEPP), das in Zeiten niedriger Zinsen gewachsen war und ­somit niedrige Zinserträge für uns erwirtschaftete,
(2) dreijährige geldpolitische Kreditgeschäfte (TLTROs III), die für die meisten Geschäftsbanken negativ ­verzinst waren (Sonderzinsperiode 6 ) und somit insgesamt für uns Zinsaufwendungen brachten, und (3) Überschussreserven, die auf die unkonventionelle Geldpolitik der letzten Jahre zurückzuführen und negativ verzinst waren 7 , was für uns zu Zinserträgen führte. Das erste Halbjahr 2022 stand somit im Zeichen von hohen Zinsaufwendungen auf der Aktivseite und von Zinserträgen auf der Passivseite der OeNB-Bilanz, wobei die Zinsaufwendungen insgesamt überwogen.

Im Gegensatz dazu war das Zinsergebnis Ende des zweiten Halbjahres 2022 zwar weiterhin von (1) einem niedrig verzinsten Wertpapierportfolio (APP und PEPP) gekennzeichnet, doch in den Bereichen (2) und (3) war die Dynamik aufgrund der Anhebung der EZB-Leitzinsen eine andere. Das Ende der Sonderzinsperiode am
23. Juni 2022 und die Anpassung der Zinskonditionen mit 23. November 2022 im Zuge der Normalisierung der Geldpolitik führten dazu, dass (2) die TLTROs III nunmehr positiv verzinst waren und seither einen Zinsertrag für uns erwirtschafteten, während (3) die bestehenden Überschussreserven aufgrund der schrittweisen Anhebung des Zinssatzes für die Einlagefazilität auf 2% hohe Zinsaufwendungen mit sich brachten. Insgesamt überwogen auch Ende 2022 die Zinsaufwendungen für die OeNB, diesmal allerdings auf der Passivseite.

Die folgende vereinfachte Darstellung verdeutlicht den aktuellen Asset-Liability-Mismatch: Bei einem geldpolitischen Wertpapierportfolio von rund 100 Mrd EUR mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 0,2% würde es – unter der Annahme, dass der Bestand über das gesamte Geschäftsjahr unverändert bleibt – zu einem Zinsertrag von 200 Mio EUR kommen. Stehen dem Portfolio Einlagen der Geschäftsbanken bei der OeNB von ebenfalls 100 Mrd EUR gegenüber, die Ende 2022 mit 2% verzinst wurden, würde es – unter der Annahme, dass auch diese Einlagen für ein gesamtes Geschäftsjahr unverändert bleiben – zu einem Zinsaufwand von 2.000 Mio EUR kommen. In Summe überwiegt in dieser vereinfachten Darstellung der Zinsaufwand und es entsteht ein Verlust in Höhe von 1.800 Mio EUR. Die hohen Zinsaufwendungen aus den geldpolitischen Geschäften ­beeinflussten unsere Gewinn-und-Verlust-Rechnung im Jahr 2022 maßgeblich negativ. Zusammenfassend erklären sich diese Aufwendungen zum einen aus den Krisenmaßnahmen der letzten Jahre und zum anderen durch die vom EZB-Rat beschlossenen Leitzinsanhebungen. Diese Konstellation (Asset-Liability-Mismatch hinsichtlich der Zinsen) wird uns – ebenso wie andere Zentralbanken – voraussichtlich auch in den nächsten Jahren begleiten und die Gewinn-und-Verlust-Rechnung weiterhin belasten. Festzustellen ist allerdings, dass geldpolitische Entscheidungen mit dem Ziel der mittelfristigen Gewährleistung von Preisstabilität getroffen werden. Gewinne oder Verluste des Eurosystems oder der EZB sind somit ein nachrangiges Ergebnis dieses Mandats und der entsprechenden Geldpolitik. Zentralbanken können auch mit einem negativen Eigenkapital arbeiten, ohne dass dies Konsequenzen für ihre Arbeitsfähigkeit und die Effektivität ihrer Geldpolitik hätte.

1 Im Durchschnitt lag die HVPI-Inflationsrate im Euroraum in den Jahren 2009 bis 2020 bei 1,2%.

2 Das PEPP stellt nur eine von vielen Maßnahmen des Eurosystems bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-­Pandemie dar. Zudem gab es eine Reihe fiskalpolitischer Hilfsprogramme in Österreich, wie z. B. Kreditgarantien oder Härtefallfonds.

3 Bei variabel verzinsten Krediten werden die Kreditzinsen oftmals an Geldmarktzinssätze, wie den EURIBOR, gebunden.

4 Bei der Beurteilung der Gründe für die Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen werden Kriterien herangezogen, die zeigen, ob das betroffene Land eine solide und tragfähige Finanz- und Wirtschaftspolitik verfolgt.

5 Das Instrument des TLTRO III stand den Banken im Euroraum bereits seit September 2019 (und damit vor COVID-19) zur Verfügung. Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie wurden seine Konditionen jedoch verändert und es wurde zu einem Kriseninstrument umgebaut.

6 Für den Zeitraum vom 24. Juni 2020 bis zum 23. Juni 2022 galt für Ausleihungen im Rahmen von TLTROs III ein Zinssatz, der gegenüber den sonst geltenden Zinssätzen um 50 Basispunkte abgesenkt wurde. Für Banken, die sämtliche Kreditvergabebedingungen erfüllten, lag der Zinssatz somit bei –1%.

7 Zu Jahresbeginn 2022 (bis 26. Juli 2022) lag der Zinssatz für die Einlagefazilität im Euroraum bei –0,5%.

Österreich: Starkes Wachstum mit hoher Inflation 2022, gefolgt von milder Rezession zum ­Jahreswechsel 2022/23

Unterschiedliche Konjunkturentwicklung im ersten und zweiten Halbjahr 2022

Hohe COVID-19-Infektionszahlen und eine steigende Auslastung in den Krankenhäusern und Intensivstationen führten Ende 2021 erneut zu weitreichenden Lockdown-Maßnahmen. Die ökonomischen Folgen waren zwar weit ­weniger stark ausgeprägt als zu Beginn der ­Pandemie, trotzdem sank die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2021. Im Jahr 2022 mutierte das Virus und die Omikron-Variante verdrängte die bis dahin dominante Delta-­Variante. Die neue Mutation war ansteckender, führte jedoch – auch dank einer höheren Durchseuchungs- und Durchimpfungsrate – zu milderen Krankheitsverläufen. Somit ließ der Druck auf das Gesundheitssystem, trotz nochmals höherer Infektionszahlen, nach und im Jahr 2022 wurden keine weiteren Lockdowns verhängt. Die Wirtschaftsentwicklung im ersten Halbjahr 2022 war infolgedessen von Aufholprozessen geprägt (Grafik 3): (1) Der starke Zuwachs beim privaten Konsum ist eine unmittelbare Konsequenz des lockdownbedingten Konsumrückgangs im vierten Quartal 2021. (2) Die Unternehmen erhöhten ihre Investitionstätigkeit vor dem Hintergrund der weltweiten wirtschaftlichen Erholung. (3) Der Tourismussektor, speziell der Wintertourismus, wurde nicht erneut durch Schließungen gebremst und verzeichnete im Vorjahresvergleich außergewöhnlich hohe Wachstumsraten. (4) Die Industrie profitierte von vollen Auftragsbüchern, die angesichts nachlassender Lieferengpässe nach und nach abgearbeitet werden konnten.

Grafik 3 mit dem Titel „Österreich auch 2022 mit hohem BIP-Wachstum“ zeigt in einem Linien- und Säulendiagramm das BIP-Wachstum in Österreich und dem Euroraum im Vergleich zum Vorquartal zwischen dem ersten Quartal 2019 und dem vierten Quartal 2022. Das BIP-Wachstum Österreichs ist unterteilt in die importbereinigten Wachstumsbeiträge der Inlandsnachfrage, der Exporte sowie der Lager und statistischen Diskrepanz. Die Grafik lässt die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erkennen: Im zweiten Quartal 2020 brach das BIP-Wachstum Österreichs um minus 11,3 % ein, doch bereits im darauffolgenden Quartal folgte ein Anstieg auf 11,3 %. In beiden Quartalen wurde die Entwicklung sowohl von der Inlandsnachfrage als auch von den Exporten getragen. Für das Jahr 2022 verzeichnete Österreich folgendes BIP-Wachstum: erstes Quartal 1,2 %, zweites Quartal 1,9 %, drittes Quartal 0,2 % und viertes Quartal minus 0,7 %. Das BIP-Wachstum in Österreich lag im ersten Halbjahr 2022 über dem BIP-Wachstum im Euroraum und im zweiten Halbjahr unter dem Euroraum-Wert. Quelle: Eurostat und WIFO (Österreich-Werte für das vierte Quartal 2022).

Am 24. Februar 2022 begann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Europäische Union, Großbritannien, die USA und deren Verbündete verhängten umfassende Sanktionen gegen Russland. Die folgende globale Konjunkturabkühlung und die hohe Unsicherheit über die weitere politische und weltwirtschaftliche Entwicklung führten ab Jahresmitte zu einem deutlichen Einbruch der wirtschaftlichen Dynamik in Österreich. Die stark gestiegene Inflation infolge des Energiepreisanstiegs reduzierte die real verfügbaren Haushaltseinkommen und damit die Konsumausgaben der privaten Haushalte. Unternehmen investierten angesichts hoher Unsicherheit und steigender Finanzierungskosten weniger. Das reale Wirtschaftswachstum in Österreich verringerte sich von 1,9% im zweiten Quartal auf 0,2% im dritten Quartal (jeweils im Vergleich zum Vorjahresquartal) und schrumpfte im vierten Quartal um 0,7%. Über den Jahreswechsel 2022/23 wird mit einer technischen Rezession, d. h. mit einem negativen Wachstum in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen, gerechnet. Aufgrund der hohen Konjunkturdynamik im ersten Halbjahr verzeichnete die österreichische Wirtschaft im Gesamtjahr 2022 trotzdem im zweiten Jahr in Folge ein sehr starkes Wirtschaftswachstum (2021: +4,7%, 2022: +4,9%) und konnte damit das Vorpandemieniveau deutlich übertreffen.

Energiepreisschub führt zu breit ­basiertem Anstieg der Inflation 2022/23

Nach dem bereits infolge der Erholung nach der COVID-19-Pandemie einsetzenden Anstieg der Rohstoffpreise führte der Krieg in der ­Ukraine zu einem weiteren massiven Inflationsschub auf den internationalen Energiemärkten. Dieser spiegelt sich in den Rohölpreisannahmen, die den Wirtschaftsprognosen zugrunde gelegt wurden, deutlich wider (Grafik 4). Die Gas- und in weiterer Folge die Strompreise verzeichneten sogar noch stärkere Preissprünge. Mit jeder Aufwärtsrevision der Energiepreise wurde auch die HVPI-Inflationsprognose der OeNB für Österreich angehoben (Grafik 5). Nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine musste nochmals stark nach oben revidiert werden.

Grafik 4 mit dem Titel „Ölpreisprognose kontinuierlich nach oben revidiert“ zeigt in einem Liniendiagramm die Ölpreisannahmen für die Österreichprognosen zwischen dem ersten Quartal 2019 und dem vierten Quartal 2024 für 12 Prognosen in US-Dollar per Barrel Brent. Die Prognosen wurden im März, Juni, September und Dezember der Jahre 2020, 2021 und 2022 erstellt. Die Grafik lässt erkennen, dass die Ölpreise ab dem zweiten Quartal 2020 stiegen und die Ölpreisprognosen mit jeder Prognose nach oben revidiert wurden. Der für den gesamten Beobachtungszeitraum niedrigste Wert wurde mit 27,8 US-Dollar per Barrel Brent im zweiten Quartal 2020 verzeichnet, der höchste mit 115,3 US-Dollar im zweiten Quartal 2022. Für Letzteres wurden im Juni 2020 noch 40,4 US-Dollar und im Juni 2022 bereits 109,5 US-Dollar prognostiziert. Der letzte realisierte Wert liegt bei 105,5 US-Dollar für das dritte Quartal 2022, und der letzte Prognosewert vom Dezember 2022 für das vierte Quartal 2024 bei 78,1 US-Dollar per Barrel Brent. Quelle: Eurosystem und Europäische Zentralbank.
Grafik 5 mit dem Titel „HVPI-Prognoserevisionen nahmen 2022 zu“ zeigt in einem Liniendiagramm die HVPI-Prognosen für Österreich zwischen dem ersten Quartal 2019 und dem vierten Quartal 2024 für 12 Prognosen in Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Prognosen wurden im März, Juni, September und Dezember der Jahre 2020, 2021 und 2022 erstellt. Die Grafik lässt erkennen, dass die HVPI-Inflation ab 2021 stark anstieg und die Prognoserevisionen zunahmen. Der für den gesamten Beobachtungszeitraum niedrigste realisierte Wert wurde mit etwa 1,1 % im zweiten Quartal 2020 erreicht. Der letzte realisierte Wert liegt bei circa 9,9 % für das dritte Quartal 2022. Im Dezember 2022 wurde für das vierte Quartal 2022 mit etwa 11 % die höchste HVPI-Inflation während des gesamten Beobachtungszeitraum prognostiziert. Für das vierte Quartal 2024 liegt der Prognosewert nur noch bei 3,4 %. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.
Grafik 6 mit dem Titel „HVPI-Inflationsrate Ende 2022 deutlich gestiegen“ ist ein Linien- und Säulendiagramm und zeigt die monatliche HVPI-Inflation für Österreich zwischen Jänner 2020 und Dezember 2022 sowie die Kerninflation für Österreich als Linien. Für die HVPI-Inflation werden mittels Säulen die Beiträge der Nahrungsmittel und Energie mit einem Gewicht von 25 % sowie der Dienstleistungen und Industriegüter ohne Energie mit einem Gewicht von 75 % auf Monatsbasis dargestellt. Die HVPI-Inflationsrate in Österreich bewegte sich von Jänner 2020 bis April 2021 zwischen 2,2 % und 1,9 %. Danach stieg sie kontinuierlich an mit einem Höchstwert von knapp 11,6 % im Oktober 2022, wobei etwa 6,7 Prozentpunkte Nahrungsmittel und Energie und etwa 5 Prozentpunkte Dienstleistungen und Industriegütern zuzuschreiben sind. Generell trugen im Jahr 2022 vor allem Energie und Nahrungsmittel zur hohen HVPI-Inflationsrate bei. Quelle: Eurostat und Statistik Austria.

In der Prognose vom September 2022 erfolgte erstmals seit zweieinhalb Jahren eine Abwärtsrevision der Rohstoffpreisannahmen, die im Dezember bestätigt wurde; die HVPI-Inflationsprognose wurde daher gegenüber dem September nahezu unverändert gelassen.

Die hohe Inflation betrifft inzwischen alle wichtigen Subkategorien des HVPI, wenngleich die Hauptpreistreiber im Jahr 2022 Energie und Nahrungsmittel waren (Grafik 6). Im Detail sind 41% des Anstiegs der HVPI-Inflation im Jahr 2022 (im Vergleich zum Jahr 2021) den Energiepreiserhöhungen zuzuschreiben. 24% des Anstiegs entfielen auf Nahrungsmittel, 21% auf Industriegüter ohne Energie, aber vorerst nur 14% auf Dienstleistungen (Grafik 7).

Grafik 7 mit dem Titel „Energiepreise hauptverantwortlich für Inflationsanstieg 2022“ zeigt in einem Tortendiagramm die Beiträge zum Inflationsanstieg im Jahr 2022. Nähere Informationen können dem Fließtext entnommen werden. Quelle: Statistik Austria.

Sowohl bei den Rohöl- als auch bei den Gaspreisen ist der Höhepunkt des Preisanstiegs ­bereits überschritten, und die Terminnotierungen gehen von weiteren Rückgängen aus. Daher werden Energiepreise im Jahr 2023 weniger zur Inflation beitragen, während die Dienstleistungspreise infolge steigender Löhne etwas stärker anziehen werden. In Summe erwartet die OeNB, dass die HVPI-Inflation von 8,6% im Jahr 2022 auf 6,5% im Jahr 2023 bzw. 3,9% im Jahr 2024 zurückgehen wird. 2025 soll die HVPI-Inflation in Österreich wieder knapp unter 3% liegen, damit aber immer noch über dem langfristigen Durchschnitt bleiben. Die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) erreichte 2022 5,0% und steigt – im Gegensatz zur HVPI-Inflation – im Jahr 2023 aufgrund kräftiger Lohnkostensteigerungen sowie indirekter Effekte der Energiepreise weiter auf 5,6% an. Erst 2024 und 2025 wird sie auf 3,5% bzw. 3,1% sinken, bleibt damit aber weiter deutlich über ihrem langfristigen Durchschnitt.

Arbeitsmarkt trotz ­Konjunktureintrübung robust

Im Gegensatz zur konjunkturell zunehmend angespannten Lage der österreichischen Wirtschaft war die Situation am Arbeitsmarkt 2022 überaus stabil. Das Beschäftigungswachstum nahm zwar im Jahresverlauf ab, lag aber auch im zweiten Halbjahr noch immer im langfristigen Durchschnitt. Für das Gesamtjahr wird mit einem Beschäftigungsplus von 2,9% gerechnet, was deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von etwas mehr als 1% liegt. Die Anzahl der Arbeitslosen sank in den ersten beiden Quartalen 2022 weiter und verharrte im zweiten Halbjahr 2022 auf dem Niveau des ersten Quartals. Die gemeldeten offenen Stellen bildeten sich von ihren historischen Höchstständen im ersten Halbjahr zurück, blieben aber auch im zweiten Halbjahr deutlich über dem langfristigen Durchschnitt. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote laut Arbeitsmarktservice (AMS) war über das gesamte Jahr bei weniger als 6,5% stabil; jene nach Eurostat-Definition lag bei durchschnittlich 4,6% und wird auch in den kommenden Jahren unter 5% bleiben. 1 Die Kollektivvertragslöhne werden laut Dezemberprognose der OeNB 2023 um 7,2% und 2024 nochmals um 5,9% steigen. Trotzdem sehen wir vorerst kein Risiko einer Lohn-Preis-­Spirale (siehe Kasten 3 „Schwieriger Lohnfindungsprozess angesichts hoher Inflation und pandemiebedingter Verwerfungen“).

Schwieriger Lohnfindungsprozess angesichts hoher Inflation und pandemiebedingter ­Verwerfungen

Löhne sind eine wichtige makroökonomische Größe. Sie stellen für privaten Haushalte die wesentliche Einkommensquelle und für Unternehmen zumeist die höchste Kostenkomponente dar. Den jährlich stattfindenden Lohnverhandlungen kommt daher eine entscheidende volkswirtschaftliche Rolle zu. Sie haben einen Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zu finden: Einerseits beanspruchen die Arbeitnehmer:innen einen Ausgleich des inflationsbedingten Kaufkraftverlusts und eine Partizipation am gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwachs. Andererseits ist auch auf die Wahrung der Interessen der Arbeitgeber zu achten.

Die Lohnverhandlungen in Österreich orientieren sich traditionell an der „Benya-Formel“, die eine Faustregel für eine produktivitätsorientierte gesamtwirtschaftliche Lohnpolitik darstellt. 2 Als Verhandlungsgrundlage dienen der mittelfristige Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität (reales BIP pro Beschäftigten) und der Anstieg der Verbraucherpreise in den letzten zwölf Monaten. Wenn sich der Verbraucherpreisindex (VPI) ähnlich wie der BIP-Deflator 3 entwickelt, dann impliziert dies ceteris paribus eine konstante Lohnquote (Arbeitnehmer:innenentgelte durch nominelles BIP). Dies stellt ein implizites Ziel des Lohnverhandlungsprozesses dar und bedeutet ein verteilungsneutrales Ergebnis der Lohnverhandlungen.

Diese Vorgehensweise führt in Zeiten niedriger Inflation und positiver Produktivitätszuwächse zumeist zu raschen Verhandlungsergebnissen. Der Interessenausgleich fällt aktuell aufgrund der hohen, schnell ansteigenden, energiepreisgetriebenen Inflation und der wirtschaftlichen Verwerfungen infolge der Corona-Pandemie jedoch schwerer, da die einzelnen Parameter zur Lohnfindung unterschiedliche Signale senden: Der Verbraucherpreisindex, in dem auch die importierten Energiegüter enthalten sind, weist derzeit deutlich stärkere Wachstumsraten als der BIP-Deflator auf. In den Verhandlungen muss somit geklärt werden, welche Anteile des Energiepreisschocks von den Arbeitnehmer:innen und welche von den Arbeitgebern zu tragen sind. Eine weitere Schwierigkeit liegt in der pandemiebedingten Verzerrung der Arbeitsproduktivität. Diese sank im Jahr 2020 wegen des starken BIP-Rückgangs bei nur geringfügig gesunkener Beschäftigung aufgrund der Kurzarbeit, erholte sich aber 2021 und 2022 wieder. Vor diesem Hintergrund sind die schwierigen Lohnverhandlungen für die Anpassung der Löhne im Jahr 2023 zu verstehen, die erstmals seit vielen Jahren in Österreich auch zu Streiks (z. B. der Eisenbahn-Beschäftigten) führten.

Grafik 8 mit dem Titel „Lohnprognose für 2023 orientiert sich am BIP-Deflator“ ist ein Liniendiagramm und zeigt die Ergebnisse beziehungsweise die Prognosen zu den Kollektivvertragslöhnen sowie die Löhne pro Beschäftigten für die Zeiträume 2000 bis 2009 und 2010 bis 2019 sowie jeweils für die Jahre 2019 bis 2024 im Vorjahresvergleich in Prozent. Zusätzlich werden vier unterschiedliche Ergebnisse der Benya-Formel dargestellt: die Summe aus dem BIP-Deflator und der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität über 3 Jahre und über 5 Jahre sowie die Summe aus dem VPI und der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität über 3 Jahre und über 5 Jahre. Weitere Informationen können dem Fließtext entnommen werden. Quelle: Oesterreichische Nationalbank und Statistik Austria.

In Grafik 8 sind die Determinanten der Lohnfindung sowie die Löhne (Kollektivvertragslöhne und Löhne pro Beschäftigten) dargestellt. Als Preisindizes wurden der VPI und der BIP-Deflator (jeweils für das Vorjahr) herangezogen, als Maß für die mittelfristige Produktivität ein Durchschnitt der Arbeitsproduktivität der letzten drei und der letzten fünf Jahre. Links in der Grafik sind die Durchschnitte der letzten zwei Jahrzehnte dargestellt. In dieser Zeit lagen die Preisindizes plus der mittelfristigen Produktivität nahe der erzielten Kollektivvertragssteigerungen. Dies gilt auch für 2020, da die Lohnverhandlungen noch auf Basis von Vorpandemiezahlen stattfanden. Im Jahr 2021 gingen sie dann beträchtlich auseinander, und die Kollektivvertragslöhne lagen am oberen Ende der Indikatoren. ­Darüber hinaus ergab sich eine positive Lohndrift. 4 Für 2022 ergaben sich Lohnabschlüsse, die leicht über den Indikatoren lagen.

Aufgrund der verzögerten Inflationsabgeltung und der stark gestiegenen Inflation kam es 2022 aber zu einem historisch hohen Reallohnverlust von 3,7%. Für 2023 5 liegen die erzielten Kollektivvertragsabschlüsse von 7,2% knapp über den Benya-Formeln auf Basis des BIP-Deflators (6,7% bis 6,9%), aber deutlich unter den Werten bei Heranziehung des VPI (8,6% bis 8,8%). Für das Jahr 2024 wird ebenfalls ein Abschluss am unteren Rand erwartet. Aufgrund des prognostizierten Inflationsrückgangs ergeben sich jedoch Reallohngewinne von 0,7% für 2023 und 2,2% für 2024.

In Grafik 9 ist die Lohnquote dargestellt. Diese wird nach den pandemiebedingten Verwerfungen der Jahre 2020 und 2021 und dem inflationsgetriebenen Rückgang im Jahr 2022 in den Jahren 2023 und 2024 leicht steigen und sich wieder dem Niveau von 2019 nähern. Dies ist – trotz verteilungsneutraler Lohnabschlüsse – auf die rückwärtsgerichtete Ausgestaltung der Benya-Formel zurückzuführen. OeNB-Simulationen zeigen überdies, dass Lohnsteigerungen nach etwa drei Jahren zu einem Anstieg der Inflation im Verhältnis von 1:0,3 führen, d. h. ein um 10% höheres Nominallohnwachstum führt zu einer Inflationserhöhung von (lediglich) 3%. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der österreichische Lohnfindungsprozess auch in der aktuellen herausfordernden Zeit gut funktioniert und sich vorerst kein Risiko für eine Lohn-Preis-Spirale abzeichnet.

Grafik 9 mit dem Titel „Lohnquote steigt ab 2023 wieder an“ ist ein Säulendiagramm und zeigt die Entwicklung der Lohnquote in Prozent. Die Lohnquote ergibt sich aus der Arbeitnehmerentgelte gerechnet durch das nominelle BIP. Folgende Werte werden für die Lohnquote dargestellt: 2000 bis 2009: 46,7 %; 2010 bis 2019: 47,6 %; 2019: 48,5 %: 2020: 50,6 %; 2021: 49,5 %; 2022: 47,5 %; 2023: 48,1 %; 2024: 48,5 %. Quelle: Statistik Austria.

Lohn-Preis-Spirale

Hohe Inflation kann hohe Lohnabschlüsse nach sich ziehen, um den Kaufkraftverlust der Konsument:innen zu kompensieren. Man spricht von einer Lohn-Preis-Spirale, wenn sich über mehrere Jahre Lohn- und Preissteigerungen gegenseitig verstärken.

Budgetdefizit trotz zahlreicher Maßnahmenpakete unter 3% des BIP

2022 verbesserte sich der Budgetsaldo voraussichtlich um etwa 3 Prozentpunkte auf –2,9% des BIP und liegt damit nach zwei Jahren wieder unter der Maastricht-Grenze von 3%. Die konjunkturelle Erholung und ungewöhnlich hohe Steuereinnahmen (insbesondere bei der veranlagten Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer) sind für diese Entwicklung maßgeblich. Das Ausmaß an diskretionären Fiskalmaßnahmen steigt gegenüber den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 sogar etwas an. Während die ökosoziale Steuerreform mit der stufenweisen Reduktion der Einkommensteuertarife 2022 einen relativ geringen Einfluss auf den Budgetsaldo hat, sind die Ausgaben im Zuge der Energiepakete deutlich spürbar. Größte Einzelmaßnahmen zur Kompensation der (Energie-)Inflation waren im Jahr 2022 der erhöhte Klima- und Anti-Teuerungsbonus sowie die Kosten, die durch den Aufbau der strategischen Gasreserve entstanden. Gleichzeitig kommt es zu einem deutlichen Rückgang der fiskalischen COVID-19-Maßnahmen (insbesondere betrifft dies die rückläufigen Ausgaben für Einkommensstützungen wie Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss/Ausfallsbonus und Härtefallfonds). Der starke Rückgang der Schuldenquote um mehr als 5 Prozentpunkte auf 77,2% des BIP im Jahr 2022 ist dem hohen nominellen BIP-Wachstum zuzuschreiben. Das relativ hohe Primärdefizit sowie die positive Differenz zwischen Defizit und Schuldenstandsänderung (Stock-Flow-Adjustment) tragen hingegen – isoliert betrachtet – zu einem Anstieg der Staatschuldenquote bei.

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 9. November 2022 eine „ Mitteilung über Leitlinien für eine Reform des EU-Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung “. Die Mitteilung sieht keine Änderung der grundsätzlichen fiskalischen Referenzwerte (3% Budgetdefizit, 60% Schuldenquote) vor. Neu ist, dass ihre Einhaltung über einen länder­spezifisch angepassten, glaubwürdigen Budgetpfad erreicht werden soll, um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu gewährleisten. Die Europäische Kommission plant die Vorlage dies­bezüglicher Legislativvorschläge nach Abschluss des Diskussionsprozesses. Ebenso wird sie im ersten Quartal 2023 erneut haushaltspolitische Leitlinien herausgeben.

Zentral-, Ost- und Südosteuropa: Krieg in der Ukraine und allgemein erhöhte Unsicherheit dämpften Konjunktur ­deutlich und heizten die Inflation weiter an

Der Krieg in der Ukraine war insbesondere in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE 6 ) der bestimmende Faktor für die Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2022. Das durchschnitt­liche Wirtschaftswachstum in den EU-Mitgliedstaaten in CESEE dürfte von 6,2% im Jahr 2021 auf 4,1% im Jahr 2022 gesunken sein (Grafik 10).

Grafik 10 mit dem Titel „Ukraine-Krieg drückt auf das Wachstum in den CEESE-Ländern“ ist ein Säulendiagramm und vergleicht das reale BIP-Wachstum in Prozent in den Jahren 2021 und 2022. CESEE ist die Abkürzung für Central, Eastern and Southeastern Europe, also Zentral-, Ost und Südosteuropa. Dargestellt sind die Werte für die elf CESEE-Länder, nämlich Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn. Außerdem wird für denselben Zeitraum das aggregierte BIP-Wachstum der genannten CESEE-Länder dem aggregierten BIP-Wachstum des Euroraums gegenübergestellt. Im Jahr 2021 bewegte sich das Wachstum in der CESEE-Region zwischen 3 % in der Slowakei und 13,1 % in Kroatien; der aggregierte Wert für CESEE betrug 6,2 %. Im Vergleich dazu lag das Wachstum im Euroraum bei 5,3 %. Im Jahr 2022 betrug das Wachstum in der CESEE-Region zwischen minus 0,1 % in Estland und 6,2 % in Slowenien; das aggregierte BIP-Wachstum in CESEE lag bei 4,1 %. Die Wachstumsrate im Euroraum betrug 3,2 %. Quelle: Eurostat und Herbstprognose der Europäischen Kommission vom November 2022.

Die Konjunktur zeigte sich allerdings im ersten Halbjahr überraschend robust gegenüber den ersten Auswirkungen des Kriegs. Das BIP-Wachstum wurde in dieser Periode vor allem von der Konsumnachfrage der privaten Haushalte gestützt. Die solide Konsumnachfrage kann auf das vermehrte Sparen während der Lockdown-Phasen und auf die gute Lage auf den Arbeitsmärkten zurückgeführt werden. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote in der Region lag mit 3,9% im Oktober 2022 nur marginal über dem Tiefststand von Ende 2019. Sowohl die Beschäftigungs- als auch die Erwerbsquoten stiegen Mitte des Jahres knapp auf historische Höchststände oder sogar darüber hinaus. Die nominellen Löhne entwickelten sich vor diesem Hintergrund dynamisch. Auch die Investitionstätigkeit lieferte einen stabilen Wachstumsbeitrag, worin sich die hohe Kapazitätsauslastung, hohe Finanzüberschüsse der Unternehmen und zum Teil verstärkter Lageraufbau nach der Wiederherstellung wichtiger Lieferketten widerspiegelten.

Im Jahresverlauf ließ die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine aber merklich nach. Die Vertrauensindikatoren verschlechterten sich bereits ab dem Frühsommer 2022 deutlich, der Indikator für das Konsument:innenvertrauen sank auf ein tieferes Niveau als auf dem Höhepunkt der ­COVID-19-Pandemie. Ab Herbst schwächten sich dann auch die Aktivitätsindikatoren ab. In der Industrie waren fast alle Sektoren vom ­Abschwung betroffen, insbesondere die exportorientierten Industrien, die von Rohstoffen und importierten Komponenten abhängig sind. Im Einzelhandel nahmen die Umsätze durch Güter des täglichen Bedarfs zu, während sich die ­Umsätze durch langlebige Güter und auch Kraftstoffe abschwächten. Auch die Kaufkraftverluste im Zuge der starken Teuerung schlugen sich immer stärker zu Buche. Im dritten Quartal 2022 drehte folglich das quartalsweise BIP-Wachstum in mehr als der Hälfte der CESEE-Länder in den negativen Bereich; die baltischen Länder erfüllten bereits die Kriterien für eine technische Rezession.

Der Krieg in der Ukraine verschärfte die in einigen Bereichen bestehenden Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage, trieb die Preise für Energie und Nahrungsmittel in die Höhe und schwächte (zumindest temporär) den Außenwert einiger CESEE-Währungen deutlich. Das erhöhte den pandemiebedingten Preisdruck aus vorgelagerten Bereichen der Preiskette weiter und trieb die Teuerung nach oben. Mit durchschnittlich 16,4% erreichte die Inflation im November 2022 den höchsten Wert seit Mitte der 1990er-Jahre. Anders als noch 2021 waren im Berichtsjahr nahezu alle Bereiche des Warenkorbs vom Preisauftrieb betroffen, wodurch auch die Kerninflation stark anstieg. Zum Jahresende stabilisierten sich die Inflationsraten allerdings etwas, nachdem niedrigere Weltmarktpreise bei Rohöl und länderspezifische Entlastungspakete bei Haushaltsenergie zu einer niedrigeren Teuerung im Bereich der Energie geführt hatten.

Die steigende Inflation und die damit verbundenen Risiken von Zweitrundeneffekten ­sowie die Gefahr eines unkontrollierten Anstiegs der Inflationserwartungen haben die Zentralbanken der Region ab Mitte 2021 dazu veranlasst ihre Geldpolitik zu straffen. Im Jahr 2022 wurden die Zinsschritte nicht nur fortgesetzt, sondern meist auch verstärkt. Zum Teil wurde damit auf den Druck auf den Devisenmärkten reagiert. Die Leitzinssätze standen zu Jahresende 2022 auf einem langjährigen Höchststand. Die Rahmenbedingungen für die Geldpolitik wurden im Jahresverlauf allerdings zunehmend herausfordernder, da jeder weitere Zinsschritt gegen die erwartete Konjunkturverlangsamung in den kommenden Quartalen abgewogen werden musste. Die polnische und die tschechische Notenbank verzichteten deshalb in den letzten Monaten auf weitere Zinsschritte.

Am 15. Dezember 2022 teilte die EZB mit, dass die bestehenden temporären Euro-Liquiditätslinien (Swap- und Repo-Linien) mit Zentral­banken außerhalb des Euroraums um ein weiteres Jahr, nämlich bis zum 15. Jänner 2024, verlängert werden. Dies betrifft die Repo-Linien an Albanien, Andorra, Nordmazedonien, Rumänien, San Marino und Ungarn sowie den Swap an Polen. Der Umfang und die operativen Parameter der einzelnen Vereinbarungen bleiben unverändert. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Unsicherheit sollen die Repo-Linien Spillover-Effekte auf die Finanzmärkte und Volkswirtschaften des Euroraums verhindern und die reibungslose Übertragung der Geldpolitik der EZB sicherstellen.

Europäischer Integrationsprozess ­schreitet voran: Kroatien ab 2023 ­
20. Euro­raum-Mitglied, drei Länder ­erhalten EU-Beitrittskandidatenstatus

Am 1. Juni 2022 veröffentlichten die EZB und die Europäische Kommission ihre jeweiligen Konvergenzberichte 2022, in denen sie die Fortschritte der EU-Länder außerhalb des Euroraums zur Euro-Einführung festhalten. Behandelt wurden sieben Mitgliedstaaten: Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn. Die Europäische Kommission und die EZB kamen beide zum Ergebnis, dass Kroatien die wirtschaftlichen und rechtlichen Konvergenzkriterien erfüllt. Die finale Beschlussfassung zur Aufnahme Kroatiens in den Euroraum erfolgte im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU (ECOFIN) am 12. Juli 2022. Der Umrechnungskurs der kroatischen Kuna (HRK) wurde auf 7,53450 HRK je Euro festgelegt.

Der Gouverneur der kroatischen Notenbank wurde mit 1. Jänner 2023 stimmberechtigtes Mitglied des EZB-Rats. Somit setzt sich der EZB-Rat nunmehr aus den sechs Mitgliedern des EZB-Direktoriums und den 20 Gouverneur:innen der nationalen Zentralbanken des Euroraums zusammen. Die 2015 eingeführte Rotation der Stimmrechte der Gouverneur:innen im EZB-Rat bleibt nach dem Beitritt Kroatiens weitgehend unverändert. Gemäß Rotationsmodell werden die Euroländer entsprechend der Wirtschaftskraft und Größe des Finanzsektors in zwei Gruppen unterteilt. Die Gouverneure der fünf größten Länder (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande) teilen sich in Gruppe 1 vier Stimmrechte. Wie OeNB-­Gouverneur Holzmann wird der kroatische Notenbank-Gouverneur Boris Vujčić sein Stimmrecht in Gruppe 2 ausüben, in der sich seit Jänner 2023 15 Gouverneur:innen 11 Stimmrechte teilen, die im monatlichen Turnus rotieren. 7 Somit wird beispielsweise der österreichische Gouverneur in den Monaten Mai und Juni 2023 sein Stimmrecht nicht ausüben.

Am 23. Juni 2022 beschloss der Europäische Rat, der Ukraine und der Republik Moldau ­sowie am 15. Dezember 2022 auch Bosnien-Herzegowina den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuzuerkennen. Er folgte damit den Empfehlungen der Europäischen Kommission, die die drei Länder betreffend die Kopenhagener Kriterien bereits positiv bewertet hatte. Diese bestehen aus politischen und wirtschaftlichen Kriterien sowie aus der Fähigkeit des Landes, die Verpflichtungen einer EU-Mitgliedschaft zu erfüllen.

IWF- und EU-Finanzierungen zugunsten der Ukraine

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs erhält die Ukraine sowohl von der EU als auch vom Inter­nationalen Währungsfonds (IWF) Mittel, u. a. im Rahmen der EU-Makrofinanzhilfe (macro-­financial assistance – MFA). Auf EU-Ebene ­beliefen sich die Auszahlungen im Jahr 2022 auf insgesamt 7,2 Mrd EUR. Die Mittel wurden der Ukraine in Form von Darlehen zu sehr günstigen Konditionen und mit längeren Laufzeiten als im Rahmen der regulären MFA zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird der EU-Haushalt die Zinskosten für diese außergewöhnlichen MFA-Darlehen abdecken (zumindest für den aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen).

Am 9. November 2022 schlug die Europäische Kommission das Maßnahmenpaket MFA+ zur Unterstützung der Ukraine im Umfang von bis zu 18 Mrd EUR für 2023 vor. Das Paket sieht Darlehen mit günstigen Konditionen vor, die an Reformen (v. a. betreffend Rechtsstaatlichkeit oder Korruptionsbekämpfung) geknüpft sind. Es soll mit einer regelmäßigen Finanzhilfe dazu beitragen, einen erheblichen Teil des kurzfristigen Finanzierungsbedarfs der Ukraine für 2023 zu decken. Eine erste Auszahlung an die Ukraine in der Höhe von 3 Mrd EUR ist am
17. Jänner 2023 erfolgt. Ab März werden kontinuierlich Zahlungen in der Höhe von 1,5 Mrd EUR pro Monat getätigt, sofern die Auflagen erfüllt sind.

Sonderziehungsrechte (SZR)

SZR sind eine Recheneinheit, die vom IWF 1969 als Währungsreserve geschaffen wurde. Der Wert der SZR basiert auf einem Korb von fünf Währungen (US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen und britisches Pfund). SZR-Bestände zählen zu den Währungsreserven und stellen einen Anspruch auf frei verwendbare Währungen der IWF-Mitgliedstaaten dar, wobei SZR in diese Währungen umgetauscht werden können. SZR können für Transaktionen zwischen IWF-Mitgliedstaaten und mit dem IWF verwendet werden, sind aber selbst keine Währung, da sie nicht als Zahlungsmittel außerhalb des SZR-Systems des IWF nutzbar sind.

Im Frühjahr 2022 genehmigte das IWF-­Exekutivdirektorium eine Notfallfinanzierung an die Ukraine im Rahmen des Rapid Financing Instruments (RFI) in Höhe von 1,0059 Mrd Sonderziehungsrechten (SZR), was rund 1,26 Mrd EUR entspricht (Umrechnungskurs per 31. Dezember 2022). Zusätzlich richtete der IWF einen Administered Account für die bilaterale Finanzierung durch Geberländer ein. Im Rahmen des sogenannten Food Shock Window bewilligte der IWF am 7. Oktober 2022 eine Auszahlung in Höhe von ebenfalls 1,0059 Mrd SZR an IWF-Mitgliedsländer, die mit gestiegenen Kosten von Nahrungsmittelimporten und einer Ernährungsunsicherheit konfrontiert sind. Am 19. Dezember 2022 sprach sich das IWF-Exekutivdirektorium für das neu geschaffene „Program Monitoring with Board involvement“ für die Ukraine aus. Das viermonatige Programm soll Stabilität in der Ukraine und Finanzierungen durch Geberländer fördern. Zudem könnte es den Weg für ein umfassenderes IWF-Programm ebnen.

Neues IWF-Stimm­rechtsgruppen­abkommen

Per 31. Oktober 2022 lief das Abkommen betreffend die Stimmrechtsgruppe, in der Österreich im IWF vertreten ist, nach zehnjähriger Laufzeit aus. Am 1. November 2022 trat ein neues Stimmrechtsgruppenabkommen in Kraft, abermals mit einer zehnjährigen Laufzeit. Die Stimmrechtsgruppe umfasst folgende IWF-Mitgliedstaaten: Türkei, Österreich, Tschechien, Ungarn, Slowakei, Slowenien und Kosovo ­(Länder-Reihenfolge gemäß IWF-Quote). Im Abkommen wurde auch das Rotationssystem vereinbart. Demnach stellt Österreich im Zeitraum 2026–2028 eine:n Exekutivdirektor:in und einen Advisor sowie während der ­gesamten zehnjährigen Periode (außer zwischen 2026 und 2028) einen First Alternate Executive Director.

1 Die Arbeitslosenquote laut AMS liegt aufgrund der Definition der Erwerbstätigkeit sowie der Art der Arbeitssuche über jener nach Eurostat.

2 Mesch, M. 2015. Benya-Formel gleich produktivitätsorientierte Lohnpolitik . In: Wirtschaft und Gesellschaft 41(4). 593–599.

3 Der BIP-Deflator stellt den Preisindex der von den Unternehmen erwirtschafteten Wertschöpfung dar.

4 Die Lohndrift ist als Differenz zwischen den tatsächlichen Löhnen je Beschäftigten und dem Wachstum der Tariflöhne definiert.

5 Werte ab dem vierten Quartal 2022 stammen aus der OeNB-Prognose vom Dezember 2022.

6 Central, Eastern and Southeastern Europe: Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn.

7 Für nähere Infos siehe den Kalender zur Rotation auf der EZB-Website.

Reservemanagement in Zeiten multipler Krisen

Reservemanagement der OeNB ­gekennzeichnet durch Fokus auf ­Kernmärkte

Unsere mittel- bis langfristige Veranlagungsstrategie beruht auf der Veranlagung in den großen und stabilen Weltreservewährungen, die im Sonderziehungsrechte-Währungskorb des IWF abgebildet sind. Die Veranlagung soll zusätzlich bei gegebenem Risikorahmen optimal zur Deckung der operativen Kosten beitragen. Die strategische Veranlagungskomponente (Strategic Asset Allocation – SAA) wird innerhalb des Reservemanagements um eine kurzfristige, taktische Allokation ergänzt, die den Entwicklungen auf den Finanzmärkten im Jahr 2022 Rechnung trug. Diese umfasste risikoreduzierende Maßnahmen, wie eine Verkürzung der Laufzeit bei Staatsanleihen und eine verstärkte Diversifikation bei den Fremdwährungsbeständen.

Die enormen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Pandemie, der Energiepreiskrise und der hohen Inflation haben abermals die Bedeutung einer ausgewogenen Allokation der Bestände im OeNB-Reservemanagement verdeutlicht. Insbesondere die diversifizierende Wirkung der Fremdwährungsveranlagungen hat sich 2022 als wichtige Komponente erwiesen. Während sowohl die Veranlagung in Staatsanleihen als auch jene in Aktien aufgrund der restriktiven Geldpolitik eine negative Performance aufwiesen, profitierten die in US-Dollar denominierten Bestände von einer starken Währungsaufwertung.

Strategic Asset Allocation (SAA)

In der strategischen Veranlagungskomponente wird die grundsätzliche und langfristige Aufteilung der Kapitalanlagen auf die einzelnen Assetklassen und Währungen festgelegt. Dabei dienen die im Vorfeld definierten Anlageziele,
der Anlagehorizont sowie die Risikotragfähigkeit und die Risikoneigung als Leitlinien.

Veranlagungsstrategie der OeNB basiert auf breiter Diversifikation

Die Veranlagung der OeNB-Bestände unterliegt einem umfangreichen Risikomanagement und Kontrollsystem. Dabei wird insbesondere auf hohe Liquidität und Sicherheit geachtet, damit im Bedarfsfall die Mittel für koordinierte Interventionen auf den Finanzmärkten verfügbar sind. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die breite Diversifikation (Grafik 11). Abgesehen von den Goldreserven, die knapp 40% der ­Reserven der OeNB ausmachen, setzen wir auf einen Anlagemix in unterschiedlichen Währungen und Regionen – vor allem Schuldverschreibungen (über 50%), aber auch Aktien (knapp 8%). Dabei dominieren konvertible Währungen von Staaten mit hohen Bonitätsbewertungen sowie Anleihen von Staaten, staatsnahen Agenturen, supranationalen Einheiten und besicherte Schuldverschreibungen. Die Beimischung von weiteren Vermögenswerten wie Unternehmensanleihen und Aktien dient zur Verbesserung des Risiko-Ertrag-Verhältnisses. Diese Strategie hat sich über Jahre als Stabilitätsfaktor bei der Umsetzung der Aufgaben der OeNB innerhalb des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) bewährt.

Grafik 11 mit dem Titel „Ausgewogene Diversifikation innerhalb der OeNB-Reserven“ zeigt in einem Tortendiagramm die Verteilung des Assetklassen-Mix im Reservemanagement. Die größten Teile machen die Goldreserven mit rund 39 % sowie die Staats- und staatsnahen Anleihen mit rund 49 % aus. Auf Aktien entfallen rund 8 % und auf Unternehmensanleihen rund 4 %. Zusätzlich sind in einem zweiten Tortendiagramm die Währungsallokation der Staatsanleihen und staatsnahe Anleihen zu sehen. Bei dieser entfallen 51 % auf den Euro, 31 % auf den US-Dollar, 7 % auf den Japanischen Yen, 6 % auf das Britische Pfund, 4 % auf den Renminbi und 2 % auf sonstige Währungen. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Inflation und geldpolitische Straffung ­belasten die Finanzmärkte

Die Finanzmarktentwicklung 2022 stand ganz im Zeichen diverser Krisen. Neben dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der zu signifikanten wirtschaftlichen Verwerfungen führte, wurde die Entwicklung auf den Finanzmärkten überdies durch die anhaltende Corona-­Pandemie belastet, die insbesondere in China zu wiederholten Lockdowns führte.

Die Kombination aus nach wie vor angespannten Lieferketten und den kriegsbedingt stark gestiegenen Energiepreisen führte schließlich zu rasant steigenden Inflationsraten und einer deutlichen geldpolitischen Straffung. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ­erhöhte ihre Leitzinsen im Jahr 2022 um 4,25 Prozentpunkte und die EZB um 2,50 Prozentpunkte. Darüber hinaus beendeten viele wichtige Notenbanken ihre – in der Corona-Pandemie aufgelegten – temporären Anleihenankaufprogramme. Die Fed und die Bank of England ­begannen damit, ihre Anleihebestände zu reduzieren. Auch die EZB hat ihre Bilanz verkürzt, indem sie Maßnahmen gesetzt hat, welche die Banken veranlassten, vorzeitige Rückzahlungen von langfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTROs) durchzuführen.

Das Ausmaß und Tempo der geldpolitischen Normalisierung führten zu kräftig steigenden Renditen und damit einhergehend zu hohen Kursverlusten bei den – grundsätzlich als sicher geltenden – Staatsanleihen (Grafik 12). So stieg die Rendite auf zehnjährige deutsche Staatsanleihen im Jahresverlauf 2022 um 275 Basispunkte auf 2,57% und die Rendite der zehnjährigen US-Pendants kletterte um 236 Basispunkte auf 3,87%.

Neben den Märkten für festverzinsliche Wertpapiere – die die schwersten Verluste seit Jahrzehnten verzeichneten – kamen auch die Aktienmärkte unter erheblichen Druck. Die Kombination aus sinkenden Anleihe- und Aktienkursen stellt eine Anomalie der üblicherweise negativen Korrelation der beiden Assetklassen dar, die in dieser Ausprägung seit mehreren Jahrzehnten nicht zu beobachten gewesen war.

Grafik 12 mit dem Titel „Geldpolitische Straffung als Belastung für Anleihe- und Aktienmärkte im Jahr 2022“ zeigt in einem Säulendiagramm die Performance ausgewählter Assetklassen im Jahr 2022. Bei den Staatsanleihen der Developed Markets verzeichneten die US-Papiere mit minus 12,5 % die beste Performance. Höhere Verluste verzeichneten die Staatspapiere von Italien mit minus 17,2 %, Deutschland mit minus 17,8 % und Österreich mit minus 21,3 %. Die Wertentwicklung der Schwellenländeranleihen wies in Lokalwährung ein Minus von 12,4 % auf. Auf der Aktienseite verzeichnete der japanische Nikkei mit einem Minus von 9,4 % die beste Entwicklung, gefolgt von der EU mit minus 11,7 %, Österreich mit minus 19 % und den USA mit minus 19,4 %. Auf der Aktienseite wiesen die Schwellenländer mit minus 22,4 % die schwächste Performance auf. Bei den Rohstoffen in US-Dollar verzeichnete der Goldpreis minus 0,3 %, während der Rohölpreis für West Texas Intermediate mit 16,7 % starke Kursgewinne erzielte. Bei den Fremdwährungen stieg der US-Dollar mit plus 6,2 % gegenüber dem Euro. Der Japanische Yen verlor gegenüber dem Euro minus 6,7 % und das Britische Pfund minus 5 %. Die Schwellenländerwährungen gaben gegenüber dem US-Dollar um minus 5,1 % nach. Quelle: Bloomberg.

Neben dem Einbruch des Verbraucher:innen­vertrauens aufgrund der vielfältigen Krisen wurden die Unternehmen auch mit einer erheblichen Verteuerung ihrer Finanzierungsbedingungen konfrontiert. Trotz sehr guter Unternehmensergebnisse verloren die wichtigsten Aktienindizes 2022 deutlich an Wert. Der US-amerikanische Aktienindex S&P 500 verzeichnete ein Minus von 19,4% und der Euroraum-Aktienindex EURO STOXX 50 verlor 7,8%. Etwas besser konnte sich der japanischen ­Nikkei225 halten, der 9,4% an Wert einbüßte, was insbesondere daran lag, dass die Bank of Japan als einzige große Notenbank unverändert an ihrer ultra-lockeren Geldpolitik festgehalten hat. Unter besonders starken Druck gerieten hingegen die Aktienmärkte der Schwellenländer, die unter einer generellen Risikoaversion der Investoren litten, was sich in einer negativen Wertentwicklung im Ausmaß von –22,4% (in USD) niederschlug.

Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten griffen auch auf die Fremdwährungsmärkte über, die sich stark heterogen entwickelten. Während der US-Dollar von seiner Rolle als Weltreservewährung und von den starken Zinserhöhungen der US-Notenbank profitieren konnte, kam insbesondere der japanische Yen stark unter Druck. Gegenüber dem Euro konnte der US-Dollar um 6,2% zulegen, während der Yen um 6,7% an Wert verlor. Auch das britische Pfund schwächte sich gegenüber dem Euro um 5,0% ab. Der J.P. Morgan Emerging Market Currency Index verlor gegenüber dem US-Dollar um 5,1% an Wert.

Die geopolitische Eskalation ließ die Energiepreise in die Höhe schnellen. So verteuerte sich beispielsweise der Rohölpreis im Jahresverlauf 2022 um 16,7%. Der Goldpreis (–0,3% in USD) konnte hingegen nicht in vollem Umfang von der gestiegenen Risikoaversion der Anleger und der dynamischen Inflationsentwicklung profitieren. Dies lag insbesondere daran, dass das globale Renditeniveau als Reaktion auf die geldpolitischen Straffungsmaßnahmen vieler Notenbanken deutlich anzog und somit die ­Opportunitätskosten der Goldhaltung – da Goldanlagen im Gegensatz zu Staatsanleihen unverzinst sind – stark angestiegen sind.

Gold als stabiler Anker im ­Reserve­management

Die historisch ungewöhnlich starken Kursrückgänge sowohl auf den Anleihe- als auch den ­Aktienmärkten schlugen sich auch auf die OeNB-Veranlagungen nieder, die (exklusive Gold) im Jahr 2022 einen Wertverlust von 8,9% verzeichneten. Die Goldreserven der OeNB (Grafik 13), die knapp 40% der OeNB-Reserven ausmachen, übertrafen aufgrund der positiven Wertentwicklung des Goldpreises gegenüber dem Euro (+6,0%) den Rekordwert des Vorjahrs abermals und stiegen wertmäßig auf über 15 Mrd EUR. Gold ist 2022 somit einmal mehr seiner Rolle als wichtiges Element der Notenbankstrategie zur Krisenvorsorge und -bewältigung gerecht geworden.

Grafik 13 mit dem Titel „Goldreserven mit erneutem Rekordwert 2022“ zeigt den Goldbestand in Tonnen und den jeweiligen Goldwert in Euro für die Jahre 2000 bis 2022. Der Goldbestand ist von 377 Tonnen im Jahr 2000 auf 280 Tonnen im Jahr 2007 gesunken und ist seither konstant. Der Goldwert sank von etwa 3,6 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf circa 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2004, bevor er bis 2012 kontinuierlich anstieg und auf knapp 11,4 Milliarden Euro geklettert war. 2013 war der Wert auf 7,8 Milliarden Euro gesunken, nahm danach jedoch wieder zu und erreichte 2022 knapp 15,4 Milliarden Euro. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Nachhaltiges Investieren gewinnt an ­Bedeutung

Wir berücksichtigen im Rahmen unseres Reservemanagements bereits seit vielen Jahren spezifische Nachhaltigkeitskriterien. Seit 2011 müssen externe Vermögensverwalter, die für die OeNB Veranlagungen tätigen, Unterzeichner der von den Vereinten Nationen unterstützten Prinzipien für nachhaltiges Investieren (Principles for Responsible Investment) sein. Diese Prinzipien umfassen neben den ­Aspekten Umwelt (Environmental), Soziales ­(Social) und Unternehmensführung (Governance) – Stichwort ESG − einen verantwortungsvollen Umgang mit Offenlegungspflichten und die Forcierung einer aktiven Eigentümerpolitik. Diese umfasst unter anderem die Ausübung von Stimmrechten.

ESG (Environmental, Social and Governance)

ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Der englische Begriff ist international in Unternehmen und bei Finanzdienstleistern etabliert. ESG-Kriterien bezeichnen ökologische und soziale Kriterien sowie Aspekte der guten Unternehmensführung, die bei unternehmerischen Entscheidungen sowie bei Firmenanalysen beachtet bzw. bewertet werden. Neben Ratingagenturen für Nachhaltigkeit integrieren auch zahlreiche Investoren ESG-Kriterien in ihre Analysen von Wertpapieren, z. B. zur Einhaltung der von den Vereinten Nationen unterstützten Prinzipien für verantwortliches Investieren.

Darüber hinaus haben wir in ausgewählten Anlageklassen im Bereich der externen Mandate Vorgaben hinsichtlich Treibhausgasemissionen und ESG-Faktoren implementiert. Dadurch werden die externen Vermögensverwalter angehalten, umfassend Nachhaltigkeitskriterien im Sinne eines Sustainable and Responsible Investment (SRI) systematisch in ihren Investmentprozess zu integrieren. Zusätzlich wurden im Eigenmanagement verstärkt Wertpapiere mit entsprechenden Qualitätsmerkmalen angekauft. Basierend auf den Erfahrungen wird – im Einklang mit den bewährten Verfahren – die Anwendung von SRI-Kriterien für eigenverwaltete und fremdverwaltete Vermögensbestände ausgebaut. Für die kommenden Jahre ist eine Weiterentwicklung in den folgenden drei wesentlichen Teilbereichen vorgesehen:

  • Erweiterte Integration von Nachhaltigkeitskriterien in den Investmentprozess;
  • Berücksichtigung von SRI/ESG-Kriterien in der Erweiterung der Systemlandschaft;
  • Verstärktes Investment in grüne bzw. nachhaltige Anleihen.

Auch im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) soll es im Jahr 2023 im Bereich der nicht geldpolitischen Portfolios zu einer vermehrten und harmonisierten Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien kommen.

Ebenfalls 2023 ist im Rahmen des ESZB die Offenlegung klimarelevanter Aspekte in den nicht geldpolitischen Portfolios geplant. Die OeNB hat die entsprechenden Daten separat vom Geschäftsbericht veröffentlicht (siehe den Bericht „Climate-related financial disclosures by the Oesterreichische Nationalbank 2022“).

Die OeNB spielt eine aktive Rolle bei der Gewährleistung der Finanzmarktstabilität

Österreichisches Bankensystem ­widerstandsfähig in herausforderndem Umfeld

Erhaltung und weitere Stärkung der ­Resilienz erforderlich

Ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben die Risiken für die ­Finanzmarktstabilität im Laufe des Jahres 2022 deutlich zugenommen. Österreich ist auch aufgrund des Engagements der Banken in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE 22 ) besonders exponiert. Jedoch haben die Bemühungen der österreichischen Banken sowie die vorausschauenden mikro- und makroprudenziellen Maßnahmen in der Vergangenheit Früchte ­getragen: So konnten die Eigenmittelausstattung und die Refinanzierungsstrukturen der Banken im längerfristigen Vergleich deutlich verbessert werden, was die Finanzmarktstabilität in Österreich gestärkt hat (siehe auch Abschnitte „Makroprudenzielle Aufsicht zielt auf Verbesserung der Kapitalisierung im internationalen Vergleich ab“ und „Nationale Aufsichtsinstitutionen und europäische Bankenaufsicht arbeiten seit Jahren erfolgreich zusammen“). Dies drückt sich auch im S&P Banking Industry Country Risk Assessment (BICRA) aus, wonach das österreichische Bankensystem weltweit zu den zehn stabilsten zählt. Im Jahr 2022 wurden zur Gewährleistung der Resilienz des österreichischen Bankensektors zwei wesentliche makro­prudenzielle Maßnahmen gesetzt: (1) das Inkrafttreten nachhaltiger Kreditvergabestandards bei Wohnimmobilienfinanzierungen sowie (2) die Neufestsetzung makroprudenzieller Kapitalpuffer (beides siehe Abschnitt „Makroprudenzielle Aufsicht zielt auf Verbesserung der Kapitalisierung im internationalen Vergleich ab“).

Die Gewinne des österreichischen Bankensektors fielen auf konsolidierter Ebene in den ersten drei Quartalen 2022 im Vorjahresvergleich von 5,9 Mrd EUR auf 5,5 Mrd EUR, insbesondere aufgrund höherer Risikokosten und Wertminderungen bei Beteiligungen. Ertragserhöhend wirkten demgegenüber mehrere Einmaleffekte wie die Zunahme an außerordentlichen Erträgen, sowie Gewinne aus aufgegebenen Geschäftsbereichen. Die Aufwand-­Ertrag-Relation belief sich auf 68%. Die geldpolitische Zinswende wirkte sich bei kurzfristiger Betrachtung positiv über die Zinsergebnisse bzw. -margen aus, was unter anderem auf den im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Anteil variabel verzinster Kredite in Österreich zurückzuführen ist. Dank des Zinsanstiegs konnten die österreichischen Banken sowie die österreichischen bedeutenden Institute (significant institutions – SIs 23 ) ihre Nettozinsmargen im Vergleich zum Vorjahr auf rund 1,5% bzw. 1,6% im dritten Quartal 2022 verbessern (Grafik 14), was auch auf die früheren und stärkeren Zinserhöhungen in CESEE zurückgeführt werden kann. Im SSM (Single Supervisory ­Mechanism)-Schnitt ist bisher keine Verbesserung der Nettozinsmarge zu verzeichnen. Mittelfristig könnten die geldpolitisch induzierten Zinserhöhungen allerdings auch negative Effekte auf das Kreditwachstum und die Kreditqualität haben.

Grafik 14 mit dem Titel „Höhere Nettozinsmarge bei österreichischen Banken im SSM-Vergleich“ ist ein Liniendiagramm und stellt die Entwicklung der Nettozinsmarge der österreichischen bedeutenden Institute sowie für den österreichischen Bankensektor konsolidiert vom vierten Quartal 2014 bis zum dritten Quartal 2022 dar. Bei den österreichischen bedeutenden Instituten wird die UniCredit Bank Austria AG ebenfalls berücksichtigt. Die österreichischen Werte werden dem Gesamtwert aller Banken gegenübergestellt, die der europäischen Bankenaufsicht unterliegen. In den vergangenen Jahren waren die Zinserträge und -margen der Banken durch das Niedrigzinsumfeld belastet. Seit dem vierten Quartal 2014 ist die durchschnittliche Zinsmarge der Banken, die der europäischen Bankenaufsicht unterliegen, im Euroraum kontinuierlich von 1,2 % auf 1 % im dritten Quartal 2022 gefallen, was den niedrigsten Level des gesamten Beobachtungszeitraums ausmacht. Die Marge der österreichischen bedeutenden Institute sowie für die österreichischen Banken konsolidiert lag durchgehend über dem europäischen Vergleichswert. Zum vierten Quartal 2014 lag die Zinsmarge der österreichischen Großbanken bei 2,1 % und reduzierte sich bis zum vierten Quartal 2021 auf 1,4 %. In den letzten drei Quartalen des Beobachtungszeitraums, also zwischen dem ersten und dritten Quartal 2022, nahm die durchschnittliche Zinsspanne der österreichischen Großbanken um etwa 20 Basispunkte zu. Quelle: Oesterreichische Nationalbank und Europäische Zentralbank.

Nettozinsmarge

Die Nettozinsmarge ergibt sich aus der Relation des Nettozinsertrags zur Bilanzsumme, alternativ auch zu den zinstragenden Vermögenswerten, und gilt als wichtiger Indikator für die Ertragskraft von Banken.

In Österreich waren sowohl im Wohnimmobilien- und zuletzt insbesondere im Unternehmensbereich hohe Kreditwachstumsraten zu beobachten. Seit dem vierten Quartal 2021 ist der kurzfristige Finanzierungsbedarf zur Deckung der Lagerhaltungs- und Betriebsmittelkosten der wesentliche Treiber. Lieferkettenprobleme veranlassten Unternehmen, vorsorglich ihre Lagerbestände aufzubauen. Im Ergebnis stiegen die Unternehmenskredite im Dezember 2022 im Vorjahresvergleich um 9,2% an. Das Wachstum bei Immobilienkrediten war in den letzten Jahren anhaltend hoch (+5,0% im ­Dezember 2022 im Vorjahresvergleich), wenngleich zuletzt rückläufig.

Die im Zuge der Pandemie ergriffenen Unterstützungsmaßnahmen in Österreich (einschließlich Kreditmoratorien) trugen zur Hintanhaltung größerer Kreditausfälle bei. Dadurch sowie aufgrund des erhöhten Kreditwachstums blieb die konsolidierte Quote notleidender Kredite (NPL-Quote) weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau von 1,6%. Die NPL-Quote lag für die österreichischen SIs bei 1,7% und im SSM-Durchschnitt bei 1,8%. Zudem ging der Anteil jener Kredite, bei denen die Banken mit einem möglichen Ausfall rechnen, in den ersten drei Quartalen 2022 weiter zurück. Der Ausblick für das Kreditrisiko ist allerdings angesichts des wirtschaftlichen Umfelds eingetrübt.

Ertragsmäßig spielt für die österreichischen Banken das CESEE-Geschäft weiterhin eine wichtige Rolle. So betrug das aggregierte Periodenergebnis (nach Steuern) in den ersten drei Quartalen 2022 3,6 Mrd EUR (Vergleichswert: 2,3 Mrd EUR). 24 Auch die Kreditqualität verblieb auf hohem Niveau. Der Großteil der Forderungen österreichischer Banken besteht gegenüber EU-Ländern in CESEE: So haben die Tochterbanken in Tschechien, der Slowakei, Rumänien, Ungarn und Kroatien einen Anteil von knapp 80% an der aggregierten Bilanzsumme in der Region. Die Risiken für die Tochterbanken in dieser Region sind angesichts des Kriegs in der Ukraine allerdings deutlich gestiegen.

Die harte Kernkapitalquote lag im September 2022 bei 15,8% und war damit leicht rückläufig. Diese Reduktion erklärt sich vorrangig durch das Kreditwachstum und die wieder zunehmenden Gewinnausschüttungen. Die OeNB hat in ihrem Financial Stability Report vom November 2022 angesichts des eingetrübten makroökonomischen Umfelds die Empfehlung zu einer nachhaltigen und vorausschauenden Stärkung der Kapitalbasis, insbesondere durch Zurückhaltung bei der Gewinnausschüttung, abgegeben. Dies ist auch wichtig, da die Kapitalisierung der österreichischen Großbanken im Vergleich mit anderen Ländern des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) unterdurchschnittlich ist. Eine hohe Resilienz, aufbauend auf einer nachhaltigen Kreditvergabe und Geschäftspolitik sowie einer gestärkten Kapitalbasis, ist ein zentraler Faktor zur Sicherstellung der Intermediationsfunktion (insbesondere durch die Versorgung der Realwirtschaft mit Krediten und anderen Finanzdienstleistungen) des österreichischen Bankensektors.

Makroprudenzielle Aufsicht zielt auf ­Verbesserung der Kapitalisierung im ­internationalen Vergleich ab

Die Analysen der OeNB zeigten, dass die systemischen Risiken aus den Wohnimmobilienfinanzierungen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Der Anstieg hat sich seit 2020 noch deutlich beschleunigt. Die OeNB intensivierte bereits 2016 ihre Kommunikation zu den damit verbundenen Risiken. 2018 konkretisierte das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) seine Empfehlung zur nachhaltigen Wohnimmobilienfinanzierung, der allerdings nicht hinreichend Folge geleistet wurde. Zwar sind die systemischen Risiken in diesem Segment in vielen Ländern im Euroraum gestiegen, die Entwicklungen in Österreich sind allerdings besonders auffällig. Wohnbaukredite mit variabler Verzinsung spielen in Österreich im Neugeschäft trotz eines Rückgangs seit 2015 noch immer eine bedeutende Rolle (49% im Dezember 2022; Grafik 15, linke Teilgrafik; Informationen zur Kreditentwicklung siehe Abschnitt „Erhaltung und weitere Stärkung der Resilienz erforderlich“). Auf die damit verbundenen Risiken ist in einem Umfeld steigender Zinsen besonders Rücksicht zu nehmen.

Grafik 15 mit dem Titel „Überdurchschnittliche Bedeutung von variabel verzinsten Krediten in Österreich (monatliche Neukreditvergabe)“ besteht aus zwei Liniendiagrammen und stellt die Entwicklung des Anteils der variabel verzinsten Kredite für Unternehmen, für Haushalte und zur Wohnimmobilienfinanzierung im Neugeschäft zwischen 2004 und 2022 auf Monatsbasis dar. Im linken Liniendiagramm ist die Entwicklung für Österreich, im rechten für den Euroraum dargestellt. Der Anteil der variabel verzinsten Kredite war in Österreich bei allen drei Kreditsegmenten über den gesamten Beobachtungszeitraum höher als im Euroraum. Im Dezember 2022 beliefen sich die Anteile für Haushaltskredite in Österreich auf 61 %, im Euroraum auf 29 %. Die Anteile für Wohnimmobilienkredite kamen in Österreich auf 49 %, im Euroraum auf 25 %. 2014 lagen die Anteile für Haushalte sogar bei über 90 %. Bei den Unternehmensfinanzierungen ist der Anteil mit 86 % in Österreich gegenüber 82 % im Euroraum im Dezember 2022 nur geringfügig höher, aber im Vergleich zu den Haushaltskrediten strukturell deutlich höher. Quelle: Europäische Zentralbank.

Auch zahlreiche internationale Institutionen (ESRB, IWF, OECD) haben empfohlen, kreditnehmer:innenbezogene Maßnahmen in Österreich zu aktivieren, um den Aufbau der systemischen Risiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung hintanzuhalten. Das FMSG empfahl daher den Einsatz von makroprudenziellen Instrumenten (nach § 23 BWG): eine maximale Beleihungsquote in Höhe von 90%, eine Schuldendienstquote in Höhe von 40% und eine Laufzeitbeschränkung von 35 Jahren. 25 Die entsprechende Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) der Finanzmarktaufsicht (FMA) trat am 1. August 2022 in Kraft. In der zweiten Jahreshälfte 2022 haben die deutlichen Anstiege der Zinsen und Inflationsraten die Nachfrage nach Immobilien und daher nach Immobilienkrediten deutlich reduziert. Dies war nicht nur in Österreich, sondern im gesamten Euroraum und auch in strukturell vergleichbaren Ländern wie Deutschland zu beobachten. Das FMSG sah in seiner Sitzung vom 13. Februar 2023 26 die Notwendigkeit der KIM-V als bestätigt an, da gerade im geänderten Umfeld mit höheren Zinsen und gestiegener Inflation einer nachhaltigen Kreditvergabe eine besondere Bedeutung zukommt. Auf Basis der bisherigen Erfahrungen mit der KIM-V empfahl es jedoch der FMA, die KIM-V insofern anzupassen, als dass gängige Zwischenfinanzierungen, die aus vorhandenen Immobilien zurückgezahlt werden, und gewisse nicht rückzahlbare Zuschüsse durch Gebietskörperschaften vom Anwendungsbereich der KIM-V ausgenommen werden. Außerdem wurden zielgerichtet Anpassungen bei den Ausnahmekontingenten für kleine Banken mit geringer Neukreditvergabe sowie bei der Geringfügigkeitsgrenze für Paare vorgenommen. Diese ­Anpassungen erlauben nun in mehreren Dimensionen zusätzliche Flexibilität in der Anwendung und gewährleisten weiterhin eine nachhaltige Wohnimmobilienkreditvergabe.

Mit dieser Maßnahme soll vor allem der weitere Aufbau systemischer Risiken verhindert werden. Zudem schützen diese Maßnahmen Kreditnehmer:innen vor den Konsequenzen einer Überschuldung. Sie reduzieren die exzessiven Aspekte der Immobilienkreditvergabe wie zu hohe Kreditwachstumsraten, zu geringe Besicherungen, zu hohe Schuldendienste und zu lange Laufzeiten. Internationale Erfahrungen zeigen, dass Finanzkrisen im Zusammenhang mit Immobilienkrisen hohe Wohlstandsverluste mit sich bringen. Österreich ist in den letzten Jahrzehnten von einer Immobilienkrise verschont geblieben. Die 2022 gesetzten Maßnahmen waren vonnöten, damit die Systemrisiken für die Finanzmarktstabilität mitigiert werden. So bestätigen empirische Studien die Effektivität von kreditnehmer:innenbezogenen Maßnahmen bei der Verminderung von systemischen Risiken. Auch haben 24 von 30 Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums bereits derartige Maßnahmen eingesetzt.

Die OeNB hat im Jahr 2022 auch die Analyse der Systemrisiken aus Gewerbeimmobilien-­finanzierungen weiter vertieft. Mit Gewerbe- oder Wohnimmobilien besicherte Unternehmenskredite machen 16% der Forderungen der österreichischen Banken aus. Dieses Segment ist nach anhaltend dynamischem Wachstum in den letzten Jahren 2022 noch größer ­geworden. Mehr als ein Drittel dieser Kredite dient wiederum der Finanzierung von Wohnimmobilien und verschärft somit die Systemrisiken aus der privaten Wohnimmobilienfinanzierung. Zudem weist ein hoher Anteil der Gewerbeimmobilienkredite hohe Beleihungsquoten auf. Die OeNB empfiehlt daher, dass Banken die Bewertungen der Sicherheiten, die Risikogewichte sowie die Risikovorsorgen kritisch re-evaluieren und an ein Umfeld höherer, länger anhaltender Inflation, steigender Zinsen, vermehrter Lieferkettenengpässe, steigender Rohstoffpreise und daher eingetrübter Wachstumsaussichten anpassen.

Bereits kurz nach der Einführung der makro­prudenziellen Aufsicht im Jahr 2014 wurden in Österreich auf Basis einer Systemrisikoanalyse der OeNB die strukturellen makroprudenziellen Kapitalpuffer – Systemrisikopuffer (SyRP) und Puffer für systemrelevante Institute (O-SII-Puffer – Other Systemically Important Institutions) – festgesetzt. Die Kapitalisierung des ­österreichischen Bankensektors stieg in der Folge im internationalen Vergleich an und auch die Kreditvergabe beschleunigte sich. Die verbesserte Kapitalisierung und externe Wahrnehmung des Bankensektors trägt zu einem entsprechenden Refinanzierungskostenvorteil bei, wovon nicht nur der Bankensektor, sondern auch die Realwirtschaft profitiert. Ziel dieser Maßnahmen ist es, dass das österreichische Bankensystem auch weiterhin zu den stabilsten der Welt gehört. Sie tragen dazu bei, dass Öster­reich zu vergleichbaren Peer-Systemen in Bezug auf die dort gültigen strengeren makroprudenziellen Maßnahmen und daher höhere Kapitalisierung der Banken aufschließt.

Im Jahr 2022 führte die OeNB eine Re-Evaluierung der makroprudenziellen Kapitalpuffer durch. Demnach sind die erhöhten strukturellen Systemrisiken nach wie vor gegeben, während die Kapitalausstattung der österreichischen Banken im europäischen Vergleich wieder etwas zurückgefallen ist. Zusätzlich wurde erstmals die sogenannte Additivität der beiden strukturellen makroprudenziellen Kapitalpuffer schlagend.

Additivität der Kapitalpuffer

Banken haben zusätzlich zu den mikroprudenziellen Mindesteigenmittelerfordernissen bestimmte makroprudenzielle Kapitalpuffer zu halten. Grundsätzlich ergänzen sich diese makroprudenziellen Kapitalpuffer, decken spezifische Risiken ab und sind daher additiv. Dies betrifft den Kapitalerhaltungspuffer, gegebenenfalls erhöht um die Kapitalpuffer-Anforderung für den antizyklischen Kapitalpuffer, den Systemrisikopuffer und den Puffer für systemrelevante Institute (bzw. den Puffer für global systemrelevante Institute) (sogenannte kombinierte Kapitalpuffer-Anforderung).

Banken, die eine systemrelevante Rolle am österreichischen Bankenmarkt einnehmen oder im Krisenfall Systemrisiken besonders ausgesetzt sind, müssen daher ab 1. Jänner 2023 schrittweise höhere Eigenkapitalpuffer vorhalten.

Während der Systemrisikopuffer die erhöhte Verwundbarkeit des österreichischen Bankensystems gegenüber Störungen im Finanzsystem oder Teilen davon aufgrund der Verflechtungen innerhalb des Finanzsystems abdeckt, sichert der O-SII-Puffer Risiken ab, die von einem Ausfall eines systemrelevanten Instituts auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft ausgehen. Damit muss nicht automatisch die volle Additivität der beiden Risikopuffer zur Anwendung kommen, um das Ziel der Verbesserung der ­Finanzmarktstabilität zu erreichen. Dementsprechend wurde die Überlappung zwischen diesen beiden komplementären Puffern quantifiziert. Zusätzlich wurde berücksichtigt, dass vor allem aufgrund des Kriegs in der Ukraine, gestiegener Energiepreise und der hohen Inflation neue Unsicherheiten hinzugekommen sind. Daher wurden in einer schrittweisen Herangehensweise die additiven Erfordernisse aus den beiden Puffern vorerst mit maximal zusätzlich 0,5 Prozentpunkten festgelegt. Bei den Banken mit Puffererhöhungen wurde vom FMSG eine Einschleifregelung mit 0,25 Prozentpunkten pro Jahr bis zur Erreichung des vollen Pufferausmaßes empfohlen und von der FMA in einer Verordnung ( Novellierung der Kapitalpuffer-Verordnung 2021 ) festgelegt. Dementsprechend werden die Auswirkungen der angepassten Puffervorgaben auch unter konservativen Annahmen in Grenzen halten.

Systemisches Risiko: ­strukturell/zyklisch

Unter dem systemischen Risiko wird das Risiko einer Störung im Finanzsystem oder Teilen davon verstanden, die schwerwiegende negative Auswirkungen im Finanzsystem und in der Realwirtschaft nach sich ziehen kann. Während zyklische systemische Risiken deutliche Schwankungen im Zeitverlauf aufweisen, sind strukturelle systemische Risiken typischerweise dem Finanzsystem und seinen Teilnehmern zuzuordnen.

Der Antizyklische Kapitalpuffer (AZKP) wurde im Jahr 2022 bei 0 Prozentpunkten ­belassen. Der maßgebliche Indikator zur Messung der Kredit-BIP-Lücke lag bis zum zweiten Quartal 2022 aufgrund des nach wie vor hohen nominellen BIP-Wachstums unter der kritischen Schwelle von 2 Prozentpunkten. Zusätzliche Indikatoren zur Fehlbepreisung von Risiken, Solidität der Bankbilanzen und Unternehmenskreditentwicklung zeigten allerdings erhöhte zyklische Risiken an. Während die hohe Inflation, die steigenden Zinsen und die hohen Baukosten, sowie die sehr hohen Immobilienpreise die Nachfrage nach Hypothekarkrediten reduzierten, nahm die Dynamik bei Unternehmenskrediten im Laufe des Jahres 2022 sogar zu. Aufgrund der hohen Volatilität des BIP-Wachstums im Jahr 2022 sowie substanzieller Datenrevisionen ist die Aussagekraft des traditionellen AZKP-Indikators geringer als in den Jahren davor. Zudem stellte sich Ende 2022 der wirtschaftliche Ausblick für das Jahr 2023 mit erhöhten Risiken dar. Vor diesem Hintergrund empfahl das FMSG, dass bei Gewinnausschüttungen im Jahr 2023 umsichtig im Sinne einer vorausschauenden Stärkung der Kapitalbasis agiert werden sollte.

Fünf Fragen zu zwei makroprudenziellen Aufsichtsmaßnahmen im Jahr 2022: ­Kreditvergabestandards und makroprudenzielle Kapitalpuffer

Welche Entwicklungen führten zu steigenden Systemrisiken in der Wohnimmobilienfinanzierung?

Steigen die Immobilienpreise deutlich stärker als die Einkommen, müssen sich Haushalte immer höher verschulden, um Immobilien erwerben zu können. Der Druck auf die Kreditvergabestandards steigt, zudem zeigte die bisherige Empfehlung des FMSG nicht ihre intendierte Wirkung. So haben sich in den letzten zehn Jahren die Immobilienpreise sowie die durchschnittliche Immobilienkreditsumme verdoppelt, während die Einkommen lediglich um ein Drittel gestiegen sind. Diese Entwicklungen erhöhen die systemischen Risiken. In zahlreichen Ländern führte dies in der Vergangenheit zu Immobilienkrisen, die mit sehr hohen sozialen und finanziellen Kosten einhergingen.

Wie entwickelten sich die Kreditvergabestandards in der privaten Immobilienfinanzierung in den letzten Jahren?

Die Immobilienkreditvergabestandards wurden immer lockerer. Zum Beispiel machte im Jahr 2011 bei rund 80% des Immobilienkreditvolumens das Kreditvolumen weniger als das Sechsfache des Netto-Haushaltseinkommens aus. Bis zum Jahr 2022 ist dieser Anteil auf 50% gefallen. D. h. die Hälfte des Kreditvolumens entfällt nun auf Haushalte, die sich mit mehr als dem Sechsfachen ihres jährlichen Netto-Haushaltseinkommens verschulden müssen, um eine Immobilie zu erwerben. Bei einem Gutteil davon beträgt die Verschuldung bereits mehr als das Zehnfache des Netto-Haushaltseinkommens. Eine steigende Haushaltsverschuldung ist kein Ersatz für leistbares Wohnen.

Warum waren die kreditnehmer:innenbezogenen Maßnahmen notwendig?

Sie sind notwendig, um in Aufbau befindliche systemische Risiken präventiv zu adressieren und damit Verluste aus dem Kreditgeschäft zu mitigieren. Zudem schützen diese Maßnahmen Kreditnehmer:innen vor den Konsequenzen einer Überschuldung. Die Maßnahmen reduzieren die exzessiven Aspekte der Immobilienkreditvergabe wie zu geringe Besicherung, zu hoher Schuldendienst und zu lange Laufzeiten.

Weshalb sind die Kapitalpuffer (SyRP und O-SII-Puffer) von wesentlicher Relevanz für die ­Finanzmarktstabilität?

Der Systemrisikopuffer (SyRP) ist eine makroprudenzielle Maßnahme, um den bestehenden langfristigen, nichtzyklischen, systemischen Risiken im österreichischen Bankensystem zu begegnen und Marktaustritte von Banken ohne öffentliche Mittel verkraften zu können. Zudem soll er verhindern, dass Systemrisiken aus dem Auslandsengagement in das österreichische Bankensystem „importiert“ werden. Der Puffer für national systemrelevante Institute (O-SII-Puffer) adressiert jenes Systemrisiko, das mit dem Scheitern einer größeren Bank auf das System einhergeht; er verhindert, dass eine Bank mit öffentlichen Mitteln gerettet werden muss, um entsprechende Dominoeffekte zu verhindern.

Weshalb werden die strukturellen Puffer auch auf unkonsolidierter Ebene vergeben?

Da sich die strukturellen Systemrisiken sowohl auf konsolidierter als auch auf unkonsolidierter Ebene manifestieren können, sind beide Puffer auf konsolidierter und auf unkonsolidierter Ebene vorgesehen. Daher soll der Systemrisikopuffer bei den vier Landes- und Hypothekenbanken nun auch auf unkonsolidierter Ebene Anwendung finden.

Ende Kasten 4.

Nationale Aufsichtsinstitutionen und ­europäische Bankenaufsicht arbeiten seit Jahren erfolgreich zusammen

Der 2014 eingerichtete Einheitliche Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) schuf die Grundlage für eine einheitliche europäische Bankenaufsicht und trägt seither wesentlich zur Stabilität und Resilienzsteigerung des europäischen Banken­systems bei. Per November 2022 wurden im Euro­raum sowie in Kroatien und Bulgarien 113 als ­bedeutend eingestufte Banken (significant ­institutions – SIs) direkt von der EZB beaufsichtigt; davon sieben in Öster­reich 27 , wobei die Sberbank Europe AG mit 15. Dezember 2022 ihre Banklizenz zurücklegte.

Enge aufsichtliche Zusammenarbeit im SSM

EU-Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, können dem SSM beitreten, indem sie die Aufnahme einer engen aufsichtlichen Zusammenarbeit zwischen der EZB und ihrer nationalen zuständigen Behörde beantragen. Sobald die enge aufsichtliche Zusammenarbeit eingegangen ist, sind die zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten vollumfängliche Mitglieder im SSM und können auch dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus beitreten.

Mit der kroatischen und der bulgarischen Notenbank besteht bereits seit Oktober 2020 eine enge aufsichtliche Zusammenarbeit im SSM. In ihren Anfang Juni 2022 veröffentlichten Konvergenzberichten kamen die EZB und die Europäische Kommission zum Ergebnis, dass Kroatien die wirtschaftlichen und rechtlichen Konvergenzkriterien für den Beitritt zum Euroraum erfüllt. Somit wurde im Juli 2022 die Aufnahme Kroatiens in den Euroraum per 1. Jänner 2023 beschlossen. Mit Bulgarien bleibt die enge aufsichtliche Zusammenarbeit im SSM unverändert bestehen.

Fünf Fragen zum Beitrag der OeNB zu einer effektiven Aufsicht im Bankenbereich

Wie funktioniert der SSM?

Mit 2014 nahm im Euroraum der Einheitliche Aufsichtsmechanismus SSM gemäß der SSM-Verordnung seine Tätigkeit auf. Seither liegt die direkte Aufsicht über die bedeutenden Kreditinstitute (SIs) bei der EZB. Die Beaufsichtigung der weniger bedeutenden Kreditinstitute (less significant institutions – LSIs) erfolgt grundsätzlich durch die nationalen Aufsichtsbehörden. Zur Sicherstellung einer einheitlichen und qualitativ hochwertigen Aufsichtspraxis übt die EZB bei LSIs allerdings eine Aufsicht über das ­Gesamtsystem aus (indirekte Aufsicht).

Wie beteiligt sich die OeNB an der Aufsicht von bedeutenden Kreditinstituten?

Die Aufsicht von SIs erfolgt durch die gemeinsamen Aufsichtsteams, die sich aus Mitarbeiter:innen der EZB und der nationalen Aufsichtsinstitutionen (in Österreich: OeNB und FMA) zusammensetzen.

Welche Aufgaben nimmt die OeNB im Bereich der Bankenaufsicht wahr?

Im Bereich der Bankenaufsicht ist die OeNB für das Fact-Finding zuständig. Sie führt Vor-Ort-Prüfungen von SIs im Auftrag der EZB bzw. von LSIs im Auftrag der FMA durch und erstellt Analysen und Gutachten.

Welche Instrumente stehen der OeNB bei der Beaufsichtigung von Kreditinstituten zur Verfügung?

Die laufende Bankenanalyse (Off-Site-Analyse) umfasst im Wesentlichen die Überwachung der Risikosituation der beaufsichtigten Kreditinstitute. Die wichtigsten Informationsquellen sind u. a. das regulatorische Meldewesen, Berichte und regelmäßige Treffen mit den Banken, Vor-Ort-Prüfberichte, ­regulatorische Stresstest-Berechnungen und Sanierungspläne. Darüber hinaus erfolgt einmal im Jahr im Zuge des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (supervisory review and evaluation process – SREP) eine Einschätzung hinsichtlich der Angemessenheit des Geschäftsmodells, des Risikomanagements und der Kapital- und Liquiditätssituation des jeweiligen Instituts.

Welche Maßnahmen gibt es zur Stärkung der Resilienz des Bankensektors?

Entsprechend dem risikoorientierten Aufsichtsansatz werden jedes Jahr gemeinsam von der EZB, der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) und den nationalen Aufsichtsbehörden die Risiken im Bankensektor analysiert und basierend auf den Ergebnissen die strategischen Schwerpunkte für das kommende Jahr festgelegt. Die von OeNB und FMA definierten Schwerpunkte liegen 2023 auf folgenden Themen: (1) Resilienz des Bankensektors und Sicherung der Finanzmarktstabilität, (2) Kreditvergabestandards, (3) deutlich stärkere Abbildung von Klima- und Umweltrisiken in Risikomanagement, Strategie und Governance der Banken, (4) Regulierung, zwecks kontinuierlicher Anpassung der aufsichtlichen Methoden, Prozesse und Tools an neue Regelungen und Erkenntnisse, (5) Digitalisierung und ICT 28 -Risiken sowie (6) Stärkung der Governance-Struktur in ­beaufsichtigten Unternehmen. Inhaltlich stehen diese Ziele in Verbindung mit den Aufsichtsschwerpunkten des SSM und sind in Einklang mit den Zielen und dem Arbeitsprogramm der EBA.

Ende Kasten 5.

Vor-Ort-Prüfungen mit Fokus auf Gewerbe­immobilien und Unternehmens-­finanzierung

Während in den Vorjahren im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen bei SIs die Berücksichtigung von COVID-19-Aspekten stark im Vordergrund stand, verschob sich im Jahr 2022 der Fokus auf die Auswirkungen der geopolitischen Veränderungen, der wirtschaftlichen Eintrübung und des geänderten Zinsumfelds auf die Risikosituation der Kreditengagements. In ­Österreich wurde darüber hinaus ein Schwerpunkt auf die Bereiche Gewerbeimmobilien ­sowie Unternehmens- und KMU-Finanzierungen gelegt. Dabei wurde mehrfach festgestellt, dass sich die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aktuell nicht in signifikant erhöhten Kreditausfällen bei den geprüften Banken niederschlagen; für die Folgejahre wird jedoch ein erhöhter Risikovorsorgebedarf ­erwartet. Besondere Bedeutung kommt hierbei aus Aufsichtsperspektive der frühzeitigen Erkennung problematischer Kreditengagements zu.

Bankenabwicklung und Krisenmanagement am Beispiel der Abwicklung der Sberbank Europe AG

Unmittelbar nach dem Beginn der russischen Kriegshandlungen in der Ukraine am 24. Februar 2022 verschlechterte sich die Liquiditätssituation der von Wien aus agierenden Sberbank Europe AG (SBEU) dramatisch. Folglich wurde die SBEU am 27. Februar 2022 vom Aufsichtsgremium der EZB als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend erachtet („failing or likely to fail“ – FOLTF). Auf Basis dieser FOLTF-Entscheidung wurden von der zuständigen Abwicklungsbehörde, dem SRB, die notwendigen Beschlüsse zur weiteren Vorgehensweise getroffen. Für die Anwendung gesetzlicher Abwicklungsmaßnahmen lag kein öffentliches Interesse vor, weil die gesetzlich normierten Abwicklungsziele (insbesondere Vermeidung von negativen Auswirkungen auf die Finanzstabilität in Österreich) auch ohne eine Anwendung dieser Abwicklungsmaßnahmen sichergestellt waren. Daher wurde die Zuständigkeit von der Abwicklungsbehörde wieder zurück an die Bankenaufsicht übertragen und ein Abbau („Wind-Down“) außerhalb des Abwicklungsregimes eingeleitet. Am 1. März 2022 untersagte die FMA auf Instruktion der EZB der SBEU wegen drohender Zahlungsunfähigkeit die Fortführung des Geschäftsbetriebs, was den Einlagensicherungsfall auslöste.

In weiterer Folge konnte eine Insolvenz der SBEU vermieden und von der österreichischen Bankenaufsicht in Abstimmung mit der EZB der geordnete Abbau der Bankgeschäfte der SBEU auf den Weg gebracht werden. Im Zuge dieses geordneten Abbaus wurden alle zwischenzeitlich von der österreichischen Einlagensicherung bereitgestellten finanziellen Mittel (941 Mio EUR) wieder vollständig von der SBEU an die Einlagensicherungseinrichtungen zurückgeführt, sodass eine finanzielle Belastung der Einlagensicherung und somit negative finanzielle Auswirkungen auf österreichische Banken vermieden wurden. Auch alle anderen Gläubiger der SBEU konnten fristgerecht innerhalb des geltenden Sanktionsregimes und des Abwicklungsplans bedient werden.

Die Beendigung der Bankgeschäfte wurde plangemäß abgeschlossen, und mit 15. Dezember 2022 legte die SBEU ihre Banklizenz zurück. Die Tochterbanken der SBEU wurden bereits im Rahmen separater Abwicklungsverfahren veräußert oder befinden sich derzeit in Liquidation.

Trotz der hohen Komplexität des Falls und der Beteiligung vieler unterschiedlicher Akteure ist es dem SSM, dem SRB und den nationalen Aufsichts- und Abwicklungsbehörden (in Österreich: OeNB und FMA – in punktueller Kooperation mit dem BMF) gelungen, an nur einem Wochenende rasch und effektiv auf die SBEU-Krise zu reagieren. Dadurch konnten die Finanzmarktstabilität auch in dieser herausfordernden Situation sichergestellt und ein möglicher Schaden für SBEU-Einleger:innen und die österreichischen Steuerzahler:innen abgewendet werden.

Aufgrund der strukturellen Komplexität der Bankengruppe mit mehreren Tochterbanken in EU- und Nicht-EU-Staaten sowie einer bedeutenden Filiale in Deutschland und den Sanktionen gegen Russland war die geordnete Abwicklung der SBEU herausfordernd für alle Akteure. Das Zusammenspiel der Aufsichts- und Abwicklungsbehörden in den betroffenen Ländern erwies sich als effektiv und die gewonnenen Erfahrungen können für weitere Verbesserungen genutzt werden.

Aktuelle Weiterentwicklungen in der Bankenregulierung

Nach Vorschlägen der Europäischen Kommission zum „Bankenpaket 2021“ und damit den Änderungen der Eigenkapitalverordnung ­(Capital Requirements Regulation – CRR III) und der Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive – CRD VI) erzielte der Europäische Rat im November 2022 nach intensiven Verhandlungen eine politische Einigung, auch allgemeine Ausrichtung genannt. Eine der Kernmaßnahmen dieser Umsetzung der weltweit vereinbarten Basel-III-Reformen in der EU ist die Einführung eines Output-Floor, der die anhand interner Modelle ermittelten Risikogewichte im Vergleich zum Kredit­risiko-Standardansatz auf 72,5% beschränken soll.

Output-Floor

Untergrenze für die Eigenkapital­anforderung, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht mit 72,5% festgelegt wurde. Der mittels interner Modelle berechnete Eigenkapitalbedarf soll also nicht übermäßig von jenem Niveau abweichen, das sich bei Anwendung des Kreditrisiko-Standardansatzes ergeben würde bzw. darf er – ­anders ausgedrückt – maximal 27,5% unter den Anforderungen des reinen Standardansatzes liegen.

Die allgemeine Ausrichtung umfasst auch die stärkere Berücksichtigung von Risiken in Bezug auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance – ESG) im Meldewesen, in der Offenlegung, im Stresstest, im SREP sowie in Transitionsplänen von Banken, in denen die Banken ihren Umgang mit Nachhaltigkeitsaspekten wie etwa ESG-Risiken darlegen. Dieses Regulierungsvorhaben ist im Zusammenhang mit anderen Vorschriften zu sehen, die aus dem Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzsystem (Sustainable Finance Action Plan) der Europäischen Kommission resultieren. Die Ziele dieses Plans (Neuorientierung der Kapitalflüsse in Richtung nachhaltiger Investitionen, Adressierung finanzieller Nachhaltigkeitsrisiken, Erhöhung der Transparenz) sollen unter anderem durch die europäische Verordnung zur Festlegung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen („Taxonomie“), nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im ­Finanzdienstleistungssektor sowie die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen erreicht werden. Diese Regelungen werden dazu führen, dass sukzessive eine wesentlich umfangreichere und standardisierte Datenbasis zur Einschätzung der Kompatibilität von Unternehmen und Banken mit Nachhaltigkeitszielen und verbundener Risiken zur Verfügung stehen wird.

Die Verhandlungen zur Finalisierung des „Bankenpakets 2021“ zwischen Europäischem Rat, Europäischer Kommission und Europäischem Parlament („Trilog“) beginnen voraussichtlich im Lauf des ersten Halbjahrs 2023.

Die EBA führte 2022 die erste verpflichtende quantitative Auswirkungsstudie zu den Basel-III-Reformen (Quantitative Impact Study – QIS) per Datenstichtag 31. Dezember 2021 durch. Die österreichische Stichprobe umfasste zehn Institute und deckte damit ca. 70% der risikogewichteten Aktiva des österreichischen Bankensektors ab. Während sich die Kapitalanforderungen für die EU-Banken auf Basis des ­Legislativvorschlags der Europäischen Kommission zur EU-Umsetzung der Basel-III-Finalisierung um rund 11,5% ­erhöhen, bleibt die Erhöhung für die österreichischen Banken mit weniger als 1% deutlich geringer.

Darüber hinaus wird das Rahmenwerk für Krisenmanagement und Einlagensicherung (Crisis Management and Deposit Insurance – CMDI) der EU überarbeitet. Basierend auf den Erfahrungen der letzten acht Jahre wurden einzelne Verbesserungsmöglichkeiten des bestehenden Rahmenwerks identifiziert. Wesentliche Fragestellungen betreffen etwa die Verwendung von Mitteln der Einlagensicherung im Krisenfall, Staatshilfen an Banken und den Marktaustritt von mittelgroßen Banken mit hohen Einlagen. Ein Vorschlag der Europäischen Kommission wird 2023 erwartet.

Die geplante Verordnung über Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation – MiCA) wird seit September 2021 intensiv diskutiert. Die MiCA wird voraussichtlich im Jahr 2023 in Kraft treten und frühestens ab 2024 anwendbar sein. Regelungen zu verschiedenen Krypto-Token und zur Lizenzierung von Krypto-Dienstleistern sollen gestaffelt bis 2026 eingeführt werden.

Der Rechtsakt über digitale Betriebsstabilität (Digital Operational Resilience Act – DORA) wird einen wichtigen Beitrag zur Betriebsstabilität und Resilienz digitaler Systeme im Finanzsektor leisten. Darin enthalten sind unter anderem Regelungen zum Management von IT-Risiken, zur Durchführung von Tests zur Abwehr von Cyberbedrohungen, zur Reaktion auf Cyber-Vorfälle und zur Beaufsichtigung kritischer IT-Dienstleister. Die Regelungen treten mit Beginn des Jahres 2023 in Kraft und sind ab Anfang 2025 anwendbar. OeNB und FMA sind intensiv in die europäischen Vorarbeiten zur Umsetzung der DORA-Verordnung eingebunden.

Risikotragfähigkeit österreichischer Banken laut OeNB-Stresstest auch im aktuellen Umfeld solide

Stresstests erlauben eine zukunftsorientierte „Was-wäre-wenn-Betrachtung“ unter Zugrundelegung verschiedener Szenarien, um möglichst frühzeitig potenzielle Fehlentwicklungen aufzuspüren. Als eines von mehreren Analyseinstrumenten leisten Stresstests einen Beitrag zur gesamthaften Risikobeurteilung einer Bank und auch des gesamten Bankensektors. Die OeNB führte auch 2022 einen nationalen Banken-Stresstest durch. Dabei wurde das gesamte österreichische Bankensystem aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und Kapital-, Liquiditäts- und Ansteckungsrisiken wurden analysiert. Der OeNB-Stresstest unterstellt für diese Analysen ein makroökonomisches Szenario mit weiterer Eskalation des Kriegs in der Ukraine, Unterbrechungen der Energieversorgung und starker globaler Rezession bei steigenden Inflations- und Zinsraten.

Unter dem harten Szenario attestieren die Ergebnisse den heimischen Banken eine solide Risikotragfähigkeit. So weist etwa der österreichische Bankensektor im Aggregat nach einem Stresstest-Impact von 5,8 Prozentpunkten noch eine harte Kernkapitalquote von 10,2% auf (Grafik 16). Trotz der harten Annahmen liegt damit die Kapitalisierung über dem vor der Finanzkrise 2008/09 beobachteten Ausgangsniveau. Angesichts der steigenden Unsicherheiten und eines zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Umfelds sollten die österreichischen Banken in Bezug auf ihre Gewinnausschüttung besonders umsichtig handeln.

Grafik 16 mit dem Titel „CET1-Quote des österreichischen Bankensystems im adversen Szenario 5,8 Prozentpunkte unter dem Startwert“ zeigt in einem Liniendiagramm die Entwicklung der aggregierten harten Kernkapitalquote des österreichischen Bankensystems in Prozent für den Zeitraum zwischen dem vierten Quartal 2018 und vierten Quartal 2024. Von 2018 bis 2021 hat sich die Kapitalquote von 15,5 % auf 16,0 % erhöht; der letztgenannte Wert dient als Ausgangswert für den heurigen OeNB-Stresstest. In den anschließenden drei Jahren, also bis 2024, würde sich die harte Kernkapitalquote im Basisszenario des Stresstests weiter auf 16,8 % erhöhen, während sie im adversen Szenario im selben Zeitraum um 5,8 Prozentpunkte auf 10,2 % sinken würde. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

EZB sieht nach Klimarisiko-Stresstest Verbesserungspotenzial bei der Bewertung von Klimarisiken in den Banken

2022 führte die EZB einen Klimarisiko-Stresstest unter Mitwirkung der nationalen Aufsichtsbehörden durch. Die teilnehmenden Banken führten die Berechnungen selbst („bottom-up“) auf der Grundlage der von der EZB zentral vorgegebenen Methodik durch. Der Klima-Stresstest besteht aus drei separaten Modulen: (1) einem qualitativen Fragebogen zu den bankinternen Stresstestverfahren, (2) der Berechnung vordefinierter Klimarisikokennzahlen und (3) der Berechnung mehrerer kurz- und langfristiger Szenarien für eine Untergruppe der direkt beaufsichtigten Großbanken. Der als „Lernübung“ bezeichnete Stresstest fließt qualitativ in die jährliche aufsichtliche Beurteilung der teilnehmenden Banken ein. Die Ergebnisse der teilnehmenden Banken sind heterogen, ­wobei die Stresstestkapazitäten und die Datenverfügbarkeit für Klimarisiken noch nicht den Erwartungen der EZB entsprechen. Die EZB empfiehlt den Banken daher, ihre Daten und Methoden für interne Stresstests zu verbessern. Die EZB wird die Fortschritte im Aufsichtsprozess tourlich überwachen. Die OeNB hat im Jahr 2021 ebenfalls erstmals einen Klima­risiko-Stresstest durchgeführt, der die Einführung einer Steuer auf Treibhausgase in unterschiedlichen Szenarien untersuchte. Dieser Stresstest wurde zentral durch die OeNB („top-down“) auf sektoraler Ebene berechnet.

22 In diesem Abschnitt wird die CESEE-Region weiter definiert und schließt Länder wie Russland, die Ukraine und Weißrussland ein.

23 Österreichische SIs inkl. UniCredit Bank Austria AG.

24 Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wurden Sanktionen gegenüber Russland verhängt. Russland hat Gegensanktionen gesetzt und die Einführung von Kapitalverkehrsbeschränkungen vorgenommen. Diese führten im Ergebnis zu Restriktionen in der Transferierbarkeit von Liquidität und Kapital (inkl. Dividenden). Die Geschäftszahlen für in Russland tätige Banken wurden insbesondere aufgrund der Wechselkursentwicklungen und der Maßnahmen der russischen Zentralbank beeinflusst.

25 Ein Ausnahmekontingent in Höhe von insgesamt 20% gewährleistet den Kreditinstituten ausreichend Flexibilität. Um dem höheren ­Risikopotenzial variabel verzinster Wohnimmobilienkrediten Rechnung zu tragen, empfahl das FMSG eine Begrenzung der Schuldendienstquote in Höhe von 30% für Kredite mit einer Laufzeit von über fünf Jahren, wenn die Zinsbindung kürzer als die Hälfte der Laufzeit des Kredits ist.

27 Zum Stichtag 1. November 2022: Addiko Bank AG, BAWAG Group AG, Erste Group Bank AG, Raiffeisen Bank International AG, Raiffeisenbankengruppe OÖ Verbund eGen, Sberbank Europe AG in Abwicklung und Volksbank Wien AG. Die aktuelle Liste der SSM-beaufsichtigten Banken findet sich unter List of all supervised entities .

28 Information, Communication and Technology.

Nachfrage nach statistischer Expertise hoch, ­die OeNB erweitert und modernisiert Angebot

Ausbau unserer statistischen Produkte und Dienstleistungen

Verlässliche statistische Daten bilden die Grundlage für die Entwicklung innovativer Anwendungen in nahezu allen Lebensbereichen und ermöglichen es, informierte Entscheidungen zu treffen. Als führende Anbieterin von Finanz- und Wirtschaftsstatistiken in Österreich sind der OeNB daher Aktualität, moderne Gestaltung und zielgruppengerechte Kommunikation der statistischen Produkte und Dienstleistungen besondere Anliegen. Im Jahr 2022 bildete die Visualisierung von Daten mittels interaktiver Dashboards einen Schwerpunkt (z. B. Darstellung österreichischer Direktinvestitionen ). Darüber hinaus wurde der Zugriff auf das rasch wachsende Datenangebot von derzeit mehr als 400 Tabellen – u. a. durch die modernisierte Benutzerdefinierte Abfrage  – verbessert. Komplexe Systeme unterstützen die Erhebung, Verarbeitung, Veröffentlichung und Kommunikation von Statistiken, und die OeNB arbeitet eng mit einem Netzwerk aus zahlreichen in- und ausländischen Meldern sowie Ziel- und Interessengruppen zusammen. Dies ist mit hohen organisatorischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Anforderungen verbunden, denen die OeNB mit der Entwicklung eines systematischen Data-Governance-Rahmens und einer Datenstrategie Rechnung trägt, um den gesellschaftlichen Nutzen des statistischen Angebots weiter zu erhöhen.

Neue Datenstrategie bringt stärkere Datenöffnung und Kund:innen­orientierung

Im Sommer 2022 wurde eine OeNB-weite Datenstrategie für die Jahre 2022–2025 beschlossen: Die OeNB soll sich von einer datenaffinen zu einer datengesteuerten Institution weiterentwickeln. Dies soll die OeNB darin unterstützen, ihre Aufgaben in einer sich rasch ändernden Umwelt (z. B. starker Anstieg der Datenmengen und -komplexität, gesetzliche Aufgaben, technologische Entwicklungen) auch weiterhin bestmöglich wahrzunehmen. Die Datenstrategie fokussiert auf die folgenden vier Handlungsfelder: (1) Datenöffnung und Effizienz, (2) Kund:innen­orientierung und Compliance, (3) Datenkompetenz und -kultur sowie (4) Innovation und Infrastruktur. Für eine strukturierte Herangehensweise bedarf es eines OeNB-weiten Gestaltungs- und Ordnungsrahmens, der durch die Umsetzung von Data-Governance-Maßnahmen sichergestellt wird.

Data Governance

Ein Konzept zur Verwaltung der Verfügbarkeit, Nutzbarkeit, Integrität und Sicherheit der Daten in Unternehmenssystemen. Es umfasst Prozesse, Rollen, Institutionen, Richtlinien und Standards und zielt auf eine verstärkte Daten­nutzung ab.

Die Datenöffnung hat zum Ziel, Daten niederschwellig nutzbar zu machen und in einem Selbst­bedienungsportal zur Verfügung zu stellen. Daten­nutzer:innen sollen also selbstständig – ohne Unterstützung der Datenproduzent:innen – dezentral mit den Daten arbeiten können. Data-Governance-Prozesse sollen potenziellen Redundanzen sowie konkurrierenden bzw. ähnlichen Datenprodukten entgegenwirken.

Ein an den Kund:innenbedürfnissen ausgerichtetes Datenmanagement setzt eine gute ­Beschreibung und leichte Auffindbarkeit der vorhandenen Daten und entsprechenden Produkte voraus. Dafür sollen ein Datenkatalog und weitere begleitende Maßnahmen zur Bereitstellung relevanter Informationen sorgen.

Weiterentwicklungen im Meldewesen schreiten kontinuierlich voran

Die ESZB-weite Initiative zur Harmonisierung statistischer Meldungen anhand des Integrated Reporting Framework (IReF) soll den Meldeaufwand der Geschäftsbanken verringern und gleichzeitig die Datenqualität und Analyseflexibilität erhöhen. Diese Initiative ist somit ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung des vom Europäischen Parlament und vom EU-Rat definierten Ziels eines gesamtintegrierten Meldewesens für Banken, das die Zwecke der Aufsicht, Abwicklung sowie Geldpolitik erfüllt. Im Jahr 2022 setzte die EZB das IReF-Programm auf und startete die nichttechnische Konzeptionsphase, die von den nationalen Notenbanken des ESZB mit Personalentsendungen stark unterstützt wird. Dieser bis April 2023 anberaumten Phase soll eine nichttechnische Sondierungsphase folgen, für die sich die EZB im April 2023 die Zustimmung des EZB-Rats einholen möchte. 2027 soll das harmonisierte statistische Meldewesen IReF in Kraft treten.

Parallel dazu wurde Anfang 2022 eine neue ESZB-Arbeitsgruppe gegründet, die sich mit dem Thema integriertes Meldewesen und Datenkatalog befasst und deren Vorsitz die OeNB übernahm. Die Working Group on Integrated Reporting and Data Dictionary arbeitet eng mit den IReF-Programmverantwortlichen zusammen und hat zwei Hauptaufgaben: (1) das Statistik-Komitee des ESZB in allen Belangen betreffend IReF zu unterstützen, u. a. in der Entwicklung des Integrated Reporting Framework und der dazugehörigen Verordnung; (2) in Zusammenarbeit mit entsprechenden gemeinsamen Arbeitsgruppen der EZB und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) einen gemeinsamen Datenkatalog für das gesamtintegrierte Meldewesen für Statistik, Aufsicht und Abwicklung zu erstellen.

In Österreich wurde solch ein integriertes Meldewesen bereits vor Jahren umgesetzt. Mit Beginn 2021 wurde ein zweijähriges Projekt zur technischen Weiterentwicklung des gemeinsamen Meldewesen-Datenmodells gestartet, um den Meldern, technischen Partnern und Nutzer:innen in der OeNB einen besseren Zugang zur Datenmodell-Dokumentation zu ermöglichen und zugleich deren Weiterentwicklung und Wartung zu erleichtern. Alle Projektziele waren zum Jahresende 2022 erreicht, darunter die Übertragung der Dokumentationsinhalte in eine eigens dafür entwickelte Anwendung, die den Nutzer:innen dynamische Datenauswertungen (z. B. der inhaltlichen Zusammenhänge zwischen gemeldeten Datenpunkten) erlaubt.

Entlastung der Melder in der Aufsichts­statistik

Weiters wurde auf europäischer Ebene im ­Berichtsjahr mit der Umsetzung erster Empfehlungen zur Verringerung des Meldeaufwands begonnen – und zwar auf Basis einer im Jahr 2021 erstellten Kosten-Nutzen-Analyse zur Reduktion bestehender EBA-Meldevorschriften, insbesondere für kleine, nichtkomplexe Banken. Ab Mitte 2023 kommt es daher zu einer deutlichen Melderentlastung, insbesondere im Bereich der Liquiditätsmeldevorschriften.

Die ESZB-Arbeitsgruppe für AnaCredit-Agenden widmete sich im Jahr 2022 insbesondere der Datenqualitätssicherung im Zusammenhang mit der euroraumweit harmonisierten granularen Kredit- und Kreditrisikodatenbank AnaCredit. Die bestmögliche Unterstützung der Datennutzer:innen aus den Zentralbank- und Aufsichtsbereichen, insbesondere des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM), bildete einen weiteren Schwerpunkt.

Technologieunterstützte Erkennung atypischer Entwicklungen im ­Bankensektor

Auch 2022 beschäftigte sich die OeNB im Zuge eines mehrjährigen Projekts mit der Frage, wie künftig Muster noch besser erkannt werden können, die auf grobe Unstimmigkeiten bei einer Bank hindeuten. Die Entwicklung geeigneter Verfahren, Modelle und Algorithmen zur Auswertung sämtlicher, mitunter erst rezent verfügbarer Daten steht dabei im Vordergrund. Darüber hinaus hat sich die OeNB im Rahmen eines EU-Programms (Instrument für technische Unterstützung – TSI 22 ) gemeinsam mit der FMA erfolgreich um finanzielle Mittel für die Erschließung zusätzlicher Datenquellen beworben. Den Ausgangspunkt bildete folgende Frage: Welche neuen, öffentlich verfügbaren Daten könnten herangezogen werden, um unter Verwendung innovativer statistischer Verfahren (u. a. maschinelles Lernen), unplausible und atypische Entwicklungen bei Banken sichtbar zu machen?

Instrument für technische Unterstützung (TSI)

EU-Programm, das den EU-­Mitgliedstaaten maßgeschneidertes technisches Fachwissen für die Konzeption und Durchführung von Reformen zur Verfügung stellt.

In Bezug auf die mehrjährige Untersuchung zur technologieunterstützten Erkennung atypischer Entwicklungen bei Banken konnten 2022 Fortschritte in gleich mehreren Teildisziplinen des maschinellen Lernens erzielt werden – v. a. in Bezug auf unüberwachte und überwachte Lernverfahren. Der Vorteil der im Entstehen begriffenen Unsupervised-Learning-Implementierung liegt klar in der Bewältigung enormer Datenmengen und der daraus resultierenden Möglichkeit, den umfangreichen Aufsichtsdatenschatz der OeNB maschinenunterstützt zu heben. Demgegenüber erlauben Supervised-Learning-Implementierungen, aufsichtliches Expert:innenwissen als Vorgabe („Label“) einzusetzen, um automatisiert innovative Modelle zu trainieren und zielgerichtete Fragestellungen („Wie wahrscheinlich ist ein künftiger Problemstatus einer bestimmten Bank?“) potenziell präziser beantworten zu können. Ergänzend wurde auch ein Prototyp zum Natural Language Processing vorangetrieben, wodurch künftig Texte in maschinenlesbare Signale codiert und das Spektrum der Inputdaten dadurch wesentlich erweitert werden könnte.

Abschluss von Umsetzungsvorhaben in den Bereichen Außenwirtschafts- und Zahlungsverkehrsstatistik

Mit der Integration neuer IT-Systeme in den Bereichen der Außenwirtschaftsstatistiken und der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung in die bereits bestehende OeNB-IT-Systemlandschaft wurde 2022 ein mehrjähriges Projekt erfolgreich abgeschlossen. Gleichzeitig schuf die OeNB eine neue außenwirtschaftsstatistische Erhebungsstruktur und setzte neue gesetzliche Anforderungen der EZB um. Darüber hinaus wurde eine neue Anwendung zur Meldungserfassung („MeldeWeb“) in Betrieb genommen. Alle in der Verantwortung der OeNB liegenden statistischen Informationen werden nun in einer modernen, integrierten Systemlandschaft verarbeitet und ausgewertet. Die harmonisierte Erstellung der Zahlungsbilanz und der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung (GFR) ist ein Vorzeigemodell in Europa.

Gesamtwirtschaftliche ­Finanzierungsrechnung (GFR)

Die GFR-Daten stellen die Finanzkonten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dar und beinhalten die Finanztransaktionen und Vermögensbestände bzw. Verpflichtungen aller volkswirtschaftlichen Sektoren in Österreich.

Im Jahr 2022 übermittelten die österreichischen Zahlungsverkehrsdienstleister erstmals erweiterte Meldungen (hinsichtlich Datenmenge und Detaillierung) zu sämtlichen unbaren Zahlungstransaktionen an die OeNB. Einen wesentlichen Anteil dieser Meldungen machen nun auch Informationen zu Betrugsfällen aus. Die rechtliche Basis dafür sind die novellierte EZB-Verordnung zur Meldung von Zahlungsverkehrsstatistiken bzw. die EBA-Leitlinien zur Meldung von Betrugsdaten. Um die Belastung der meldenden Institute zu begrenzen, wurde im ESZB ein harmonisierter Datenfluss für Lieferungen an die EZB und die EBA geschaffen. Auf nationaler Ebene wurde dafür das Zahlungsdienstegesetz novelliert und auf internationaler Ebene ein Memorandum of Understanding zwischen EBA und EZB abgeschlossen. Zusätzlich nutzt die OeNB diese Daten auch für die Berechnung der Reiseverkehrseinnahmen und -ausgaben, für Zwecke der Zahlungssystemaufsicht sowie für die Einhaltung der Sanktionen-Verordnungen.

Fortschritte bei Bonitätsanalyse
und -modellen

Die gemeinsam von der Deutschen Bundesbank und der OeNB entwickelte Ratingplattform Common Credit Assessment System (CoCAS) dient der Beurteilung der Bonität von Unternehmen im Rahmen eines internen Bonitätsanalyseverfahrens (In-house Credit Assessment System – ICAS). Im Berichtsjahr wurde die Anbindung der griechischen Notenbank an die CoCAS-Plattform und an das IFRS-Modell ­erfolgreich abgeschlossen. In der ICAS Expert Group konnte die OeNB, die auch die Leitung innehatte, die Mindeststandards für die ­Berücksichtigung von Klimarisiken in den internen Bonitätsanalyseverfahren des Eurosystems mitgestalten und die Entscheidung durch den EZB-Rat vorbereiten. Für die Bankenaufsicht wurde die Modelllandschaft um die Abdeckung von Credit-Spread-Risiken und Kreditkonzentrationsrisiken basierend auf Granulardaten ­erweitert. Der Vorsitz der OeNB im European Committee of Central Balance Sheet Data Offices (ECCBSO), einem auf Initiative der Europäischen Kommission 1987 gegründeten Beratungsgremium für Bilanzdaten von Unternehmen, wurde nach drei Jahren tourlich an die Deutsche Bundesbank übergeben. Letztere wird die Schwerpunkte Datenintegration sowie Nachhaltigkeit und Klimarisiken fortführen.

Common Credit Assessment System (CoCAS)

Von der Deutschen Bundesbank und der OeNB entwickeltes System zur Bonitätseinstufung von Kreditforderungen an nichtfinanzielle Unternehmen. Die OeNB nutzt CoCAS als internes Bonitätsanalyseverfahren (ICAS) gemäß den Standards des Eurosystems.

22 Technical Support Instrument.

Sicherer und effizienter Zahlungsverkehr als ­Eckpfeiler der Wirtschaft

Entwicklungen im Bargeldbereich

Der Euro-Banknotenumlauf bekam 2022 aufgrund des Kriegs in der Ukraine neuerlich Auftrieb. In Zeiten großer Unsicherheit schlägt sich die Bargeldnutzung zum Zweck der Wertaufbewahrung in hohen jährlichen Wachstumsraten nieder – wie etwa beim Ausbruch der COVID-19-Pandemie (2020), der letzten Währungskrise in Russland (Rubel-Abwertung 2015) und der letzten Finanzkrise (2008/09). Dementsprechend stieg der Umlaufwert Ende April 2022 gegenüber dem Vorjahr um 9,1%.

Typisch sind auch auffällige saisonale Spitzen, wie beispielsweise zur Weihnachtszeit. Im Jahr 2022 war der Euro-Banknotenumlauf untypischerweise in der zweiten Jahreshälfte aufgrund der mehrstufigen Anhebung der EZB-Zinssätze für die Einlagefazilität monatelang rückläufig. Die österreichischen Banken reduzierten infolgedessen ihre Euro-Bargeldhaltung von rund 12 Mrd EUR Ende 2021 auf 3,8 Mrd EUR Ende 2022. Bei den Banken im Euroraum betrug die Reduzierung insgesamt etwa 39 Mrd EUR, wodurch sich der Euro-Banknotenumlauf maßgeblich verringert hat.

Ende 2022 waren insgesamt 29,45 Mrd Stück Euro-Banknoten im Wert von 1.571,99 Mrd EUR im Umlauf (Grafik 17). Das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 4,5% gemessen an der Stückzahl bzw. 1,8% gemessen am Wert. Bei den 200-Euro-Banknoten schrumpfte die jährliche Zuwachsrate gegenüber rund 34% Ende 2021 auf 2,3% Ende 2022.

Grafik 17 mit dem Titel „Euro-Banknotenumlauf stieg Ende 2022 um 1,8 %“ zeigt in einem Linien- und Säulendiagramm die wertmäßige Entwicklung des Euro-Banknotenumlaufs für die Jahre 2008 bis 2022 in Prozent und in Milliarden Euro. Der Wert des Euro-Banknotenumlaufs stieg von rund 650 Milliarden Euro im Jänner 2008 auf rund 1.572 Milliarden Euro im Dezember 2022. Die prozentuale jährliche Wachstumsrate war besonders in unsicheren Zeiten auffällig hoch, wie zum Beispiel während der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009, wo sie Höchstwerte von über 13 % zwischen Oktober 2008 und Mai 2009 erreichte. Weitere Beispiele sind: die Währungskrise infolge der Abwertung des russischen Rubels 2015 mit 9 % im Juli 2015, die COVID-19-Pandemie mit etwas über 12 % im Jänner und Februar 2021 und der Ukraine-Krieg mit etwas über 9 % im April 2022. Ab Juli 2022 sanken die jährlichen Wachstumsraten des Euro-Banknotenumlaufs aufgrund der sukzessiven Erhöhung der Leitzinsen der Europäischen Zentralbank und gelangten mit 1,8 % im Dezember 2022 wieder auf einen Tiefstand. Quelle: Europäische Zentralbank.

Da Münzen hauptsächlich als Transaktionsmittel verwendet werden, ist der Münzumlauf vom Rückgang der Bargeldhaltung zum Zweck der Wertaufbewahrung nicht betroffen und wächst weiterhin kontinuierlich. Der österreichische Euro-Münzumlauf belief sich per
31. Dezember 2022 auf 8,5 Mrd Stück im Wert von 1,9 Mrd EUR. Das ergibt eine Steigerung um 197 Mio Stück bzw. 73,9 Mio EUR gegenüber dem Vorjahr. Der Anstieg ist in allen Denominationen zu beobachten.

Erreichbarkeit von Geldautomaten in Österreich in interaktiver Web-Anwendung abrufbar

Die OeNB analysiert seit drei Jahren die Erreichbarkeit von Geldautomaten. Den Ergebnissen zufolge ist die österreichische Bevölkerung im Durchschnitt gut mit Geldautomaten versorgt. Für den Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung war der nächstgelegene Geldautomat Ende 2021 mit einer Wegstrecke von 1,1 km (2020: 1,1 km; 2019: 1,2 km) erreichbar. Dies entspricht durchschnittlich rund drei Minuten reiner Fahrzeit. Zwei Drittel der Österreicher:innen haben weniger als 1 km Wegstrecke und 97% der Bevölkerung weniger als 5 km bis zum nächstgelegenen Geldautomaten (auch hier gibt es keine Änderungen gegenüber 2019 und 2020).

Die Einwohner:innenzahl einer Gemeinde in Österreich korreliert stark mit der Wegstrecke, die im Durchschnitt für die Bargeldbehebung zurückzulegen ist. In kleinen Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohner:innen liegt die durchschnittliche Entfernung bei 2 km; in Wien bei 380 m. Bei einer relativ geringen Anzahl an Gemeinden liegt die durchschnittliche Wegstrecke bei über 5 km. Die betroffenen Gemeinden haben im Durchschnitt 800 Einwohner:innen und finden sich in allen Bundesländern außer Wien.

Etwa 15% der österreichischen Gemeinden verfügten Ende 2021 über keinen Geldautomaten. In Gemeinden ohne Geldautomaten beträgt die durchschnittliche Wegstrecke zum nächstgelegenen Geldautomaten 3,8 km, gegenüber 1,7 km in Gemeinden mit einem Geldautomaten.

Eine neue, interaktive Web-Anwendung der OeNB „ Wie weit zum nächsten Geldautomaten “ stellt die ­Ergebnisse im Detail und auf regionaler Ebene dar. Eine Landkarte (Abbildung 2) zeigt die durchschnittliche Wegstrecke für jede der 2.096 österreichischen Gemeinden (in Wien auch pro Bezirk). Tabellen mit den durchschnittlichen Wegstrecken und Wegzeiten sowie mit dem Bevölkerungsanteil mit einer Wegstrecke über 5 km ergänzen das Datenangebot. So ist es möglich, Ergebnisse zwischen Gemeinden, Bezirken und Bundesländern zu vergleichen.

Abbildung 2 mit dem Titel „Wegstrecke zum nächsten Geldautomaten in vielen Gemeinden Österreichs gering“ zeigt eine Landkarte Österreichs, in der alle Gemeinden je nach durchschnittlicher Distanz zum nächstgelegenen Geldautomaten farblich gekennzeichnet sind. Die Farbcodes lauten wie folgt: unter einem Kilometer blau, ein bis 3 Kilometer grün, 3 bis 5 Kilometer gelb, 5 bis 7 Kilometer orange und über 7 Kilometer dunkelorange. Die durchschnittlichen Distanzen pro Gemeinde wurden auf Basis der Ergebnisse von 100 mal 100 Meter Rasterzellen berechnet, wobei diese mittels der jeweiligen Einwohnerzahl auf Gemeindeebene aggregiert wurden. Die Österreichkarte ist vorwiegend grün. Das heißt, dass für die meisten der 2.096 österreichischen Gemeinden die durchschnittliche Distanz zwischen einem und drei Kilometern beträgt. Viele Gemeinden sind auch blau eingefärbt und befinden sich vermehrt im östlichsten und westlichsten Teil Österreichs, beispielsweise die Wiener Bezirke sowie Gemeinden im Wiener Becken, im nördlichen Burgenland, in Vorarlberg und in Tirol. Punktuell sind auch orange und dunkelorange Gemeinden abgebildet. Das heißt, dass die durchschnittliche Distanz dieser Gemeinden über 5 Kilometer beträgt. Sie finden sich in allen Bundesländern mit Ausnahme von Wien und etwas häufiger im Wald- und Weinviertel sowie in den bergigen Regionen der Steiermark und Niederösterreichs. Quelle: Oesterreichische Nationalbank und Statistik Austria.

Im Rahmen ihres Versorgungsauftrags führte die OeNB im Jahr 2022 umfangreiche Analysen und Evaluierungen zur Bargeldversorgung im Fall eines Blackouts durch (siehe Abschnitt „Mit einem Notfallplan für Blackout gewappnet“). Bargeld ist das einzige Medium, das in solch einer Situation als Zahlungsmittel ­genutzt werden kann. Aus diesem Grund empfiehlt die OeNB, Bargeld in Höhe von ca. 100 EUR pro Haushaltsmitglied oder in Höhe eines doppelten Wocheneinkaufs in kleiner Stückelung zu Hause sicher zu verwahren. Im Jahr 2023 wird die OeNB der österreichischen Bevölkerung die ­Bedeutung der Bargeldbevorratung im Rahmen weiterer öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten vor Augen führen.

Mit Blick auf eine Neugestaltung der Euro-Banknoten wurde im Jahr 2022 im Eurosystem mit Vorbereitungsarbeiten für eine mögliche neue Euro-Banknoten-Serie begonnen. Eine ­interdisziplinäre Themenberatungsgruppe mit jeweils einem Mitglied aus jedem Land des Euro­raums erarbeitete eine Liste an Themen; die Auswahl eines Themas soll 2023 erfolgen. Es ist geplant, das neue Banknoten-Design nach einem Wettbewerb im Jahr 2024 öffentlich vorzustellen. Die neue Euro-Banknoten-Serie soll garantieren, dass Euro-Bargeld ein sicheres Zahlungsmittel und ein Symbol für den Zusammenhalt Europas bleibt.

Erstausstattung Kroatiens mit ­Euro-­Bargeld

Die OeNB hat sich im Eurosystem als Kompetenz- und Logistikzentrum bzw. als Drehscheibe für die Bargeldversorgung bewährt. Aufgrund der geografischen Lage Österreichs, der Expertise der OeNB in der Bargeldlogistik und der außerordentlich guten Zusammenarbeit mit der kroatischen Zentralbank war die OeNB an der Weichenstellung für die Euro-Einführung in Kroatien mit 1. Jänner 2023 maßgeblich beteiligt. Im Auftrag des Eurosystems belieferte die OeNB Kroatien mit der Erstausstattung an Euro-Banknoten. Insgesamt wurde die kroatische Notenbank von der OeNB mit 346,4 Mio Stück Banknoten in allen Nennwerten im Gegenwert von etwa 9 Mrd EUR versorgt.

Weiterhin stark rückläufiges Falschgeldaufkommen in Österreich

Gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag versorgen die OeNB und ihre Tochterunternehmen die österreichische Bevölkerung und Wirtschaft mit sicheren Banknoten und Münzen und beobachten deren Umlauf sowie die Umlaufqualität. Im Jahr 2022 wurden insgesamt rund 1,4 Mrd Stück Banknoten von der OeNB ausgeliefert und rund 1,6 Mrd Stück Banknoten entgegengenommen. Rückgelieferte Banknoten werden bearbeitet, auf Echtheit und Qualität geprüft und sodann wieder dem Bargeldkreislauf zugeführt. Für die Bargeldbearbeitung ist die OeNB nicht allein zuständig; diese Aufgabe liegt teilweise auch in den Händen von Kreditinstituten, Wechselstuben und Geldtransportunternehmen.

Grafik 18 mit dem Titel „Sichergestellte Fälschungen von Euro-Banknoten in Österreich weiter rückläufig“ zeigt die Stückanzahl an Euro-Fälschungen in Österreich, welche aus dem Umlauf sichergestellt wurden. Diese sind in einem Säulendiagramm für 2002 bis 2020 dargestellt. Folgende Stückzahlen an Euro-Banknotenfälschungen wurden aus dem Umlauf in Österreich sichergestellt: 2002: 3.409; 2003: 7.467; 2004: 13.386; 2005: 7.127; 2006: 5.919; 2007: 7.768; 2008: 8.082; 2009: 9.780; 2010: 8.812; 2011: 5.583; 2012: 6.327; 2013: 8.193; 2014: 8.461; 2015: 14.502; 2016: 12.234; 2017: 9.893; 2018: 11.698; 2019: 7.977; 2020: 6.321; 2021: 4.456; 2022: 3.971. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Das Falschgeldaufkommen blieb 2022 stark rückläufig; insgesamt wurden in Österreich 3.971 Stück an Fälschungen aus dem Umlauf sichergestellt (2021: 4.456 Stück; Grafik 18). Die Fälschungsstatistik wird von der 50-Euro-Banknote mit 1.780 Stück angeführt, gefolgt von der 20-Euro-Banknote mit 781 Stück und der 100-Euro-Banknote mit 759 Stück. In Summe entspricht dies 83,6% des gesamten Fälschungsaufkommens in Österreich. Ein ähnliches Bild zeigt sich europaweit, wobei die 50-, 20- und 10-Euro-Banknoten rund 79% aller Fälschungen ausmachen.

Das stärkste Falschgeldaufkommen war wie in den Jahren davor in Wien zu verzeichnen (46,1%), gefolgt von Niederösterreich (12,6%) und Oberösterreich (11,7%). Der festgestellte Schadenswert beträgt 244.405 EUR (2021: 272.515 EUR). Damit bleibt der österreichische Anteil mit rund 1,06% am gesamten Fälschungsaufkommen im Euroraum vergleichsweise niedrig. Für Privatpersonen besteht daher in Österreich eine nur sehr geringe Wahrscheinlichkeit, mit Fälschungen in Berührung zu kommen.

Uneingeschränktes Bezahlen mit Bargeld bleibt wichtig

Ergebnisse der aktuellen OeNB-Umfrage zum Zahlungsverhalten in Österreich

Die OeNB ließ im Rahmen des OeNB-Barometers auch 2022 wieder eine Umfrage in ganz Österreich zum Zahlungsverhalten privater Haushalte (Frauen und Männer ab dem 15. Lebensjahr) durch das Institut für empirische Sozialforschung (IFES) durchführen. Die Daten wurden von Ende Mai bis Mitte August 2022 erhoben und sind in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bundesland der Befragten repräsentativ für ­Österreich. Besonders aufschlussreich sind die Ergebnisse, die das aktuelle Zahlungsverhalten im Vergleich zum ersten Jahr der COVID-19-Pandemie (zweites Halbjahr 2020) aufzeigen. Knapp mehr als zwei Drittel (67%) der Befragten zahlten im ersten Halbjahr 2022 häufiger (8%) oder gleich oft (59%) mit Bargeld, lediglich bei 31% ist ein pandemiebedingter Rückgang merkbar. Zusätzlich ist im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2020 der Anteil jener Personen deutlich gestiegen, die Bargeld mittlerweile ­sogar häufiger verwenden als im ersten Jahr der Pandemie, nämlich um 5 Prozentpunkte auf 8% (Grafik 19).

Grafik 19 mit dem Titel „Bargeld behauptet sich als beliebtes Zahlungsmittel in Österreich“ ist ein Säulendiagramm und zeigt das Zahlungsverhalten im ersten Halbjahr 2022 in Österreich im Vergleich zu dem im zweiten Halbjahr 2020 während des ersten Jahres der COVID-19-Pandemie. Nähere Informationen können dem Fließtext entnommen werden. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

POS (Point of Sale)

Ort, an dem Waren oder Dienstleistungen verkauft und bezahlt werden. Vor allem handelt es sich um Ladenkassen, aber POS-Terminals finden sich auch in Restaurants, Hotels, Tankstellen und anderen Einrichtungen.

Die demografische Analyse der Befragungsergebnisse von 2022 zeigt, dass der Wunsch nach vermehrter Bargeldzahlung mit dem Alter zunimmt. So liegt der entsprechende Anteil bei den 45- bis 59-Jährigen bei 7%, hingegen bei den über 60-Jährigen bei knapp einem Fünftel (18%). Bei den unter 30-Jährigen wollen 6% wieder mehr mit Bargeld bezahlen, wobei der Anteil der Unschlüssigen mit 13% bemerkenswert hoch ist. Der aktuelle Trend zum bargeldlosen Zahlen bei der jüngsten Altersgruppe weist demnach noch Veränderungspotenzial auf. Bargeld bleibt insgesamt jenes Zahlungsmittel, das von nahezu allen Befragten (99%) am Zahlungsort (Point of Sale – POS), wie etwa im stationären Handel, verwendet wird.

Kartenzahlungen mit PIN-Code-Eingabe oder Unterschrift werden von 60% der Befragten im Vergleich zu den ersten Monaten der Pandemie unverändert häufig verwendet. Der Anteil der Personen, die mittlerweile häufiger mit Karte zahlen, stieg im ersten Halbjahr 2022 auf 22% der Befragten an. Den größten relativen Zuwachs von 9 Prozentpunkten im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2020 verzeichnen kontaktlose Zahlungen mit NFC-fähigen Karten, die von 38% und somit von mehr als einem Drittel der Befragten zunehmend häufig verwendet werden. NFC-fähige Mobiltelefone mit entsprechender Bezahl-App werden erst von etwa einem Viertel (26%) verwendet und bleiben somit das am wenigsten genutzte Zahlungsmittel (Grafik 19).

NFC (Near Field ­Communication)

Ein Funkstandard zur drahtlosen Datenübertragung, der auch im Zahlungsverkehr angewendet wird. Bankkarten und Mobiltelefone sind mit NFC-Chips ausgestattet und können somit an Kassenterminals für „kontaktloses Bezahlen“ genutzt werden. Zur Datenübertragung müssen die Geräte wenige Zenti­meter voneinander entfernt sein.

Der Trend zur häufigeren Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel lässt sich auf die COVID-19-Pandemie zurückführen, insbesondere auf das zu Beginn öffentlich kommunizierte vermeintlich erhöhte Ansteckungsrisiko durch Bargeldzahlungen, das aber laut einer EZB-Studie 23 nicht nachgewiesen werden konnte. Aufgrund der Widerlegung dieses vermeintlichen Risikos wollen 9% jener Befragten, die aktuell weniger Bargeld nutzen, dieses Zahlungsmittel wieder häufiger verwenden; 13% sind noch unschlüssig.

Die etwaige betragliche Beschränkung von Barzahlungen wird von den Befragten mehrheitlich klar abgelehnt. 62% sprechen sich dafür aus, dass es möglich bleiben müsste, Beträge über 10.000 EUR weiterhin bar zu bezahlen. Bei niedrigeren Beträgen kommt diese Tendenz sogar noch deutlicher zum Ausdruck. Beträge in Höhe von 500 EUR wollen beispielsweise 94% der Befragten weiterhin bar bezahlen können. Diese Ergebnisse zeigen deutlich, wie wichtig der österreichischen Bevölkerung die prinzipielle Möglichkeit zur Bargeldzahlung ist. Ebenfalls bestätigt wird die flächendeckende Verbreitung und Akzeptanz von Bargeldzahlungen in Österreich: 9 von 10 Befragten konnten innerhalb der letzten zwölf Monate überall bar zahlen, wo sie dies wollten.

Bargeld bleibt auch im internationalen ­Vergleich wichtig

Im Rahmen einer EZB-Studie 24 wurden ebenfalls Daten zum Zahlungsverhalten privater Haushalte auf Euroraum-Ebene im Zeitraum von Oktober 2021 bis Juni 2022 erhoben. Die Ergebnisse wurden Ende 2022 veröffentlicht und zeigen auf aggregierter Ebene eine hohe Übereinstimmung mit den Daten des OeNB-Barometers.

Auch bei der EZB-Studie zeigt sich für ­Österreich ein deutlich positiver Trend in der Wahrnehmung von Bargeld: 60% der Befragten finden es wichtig, mit Bargeld zahlen zu können. Dies stellt ein Plus von 5 Prozentpunkten im Vergleich zu 2019 dar. Die meistgenannten Vorteile von Barzahlungen sind die Wahrung der Privatsphäre und der bessere Überblick über die eigenen Ausgaben. Bargeld bleibt auch im gesamten Euroraum mit einem Anteil von 59% das an POS-Terminals am häufigsten verwendete Zahlungsmittel (Grafik 20, linke Teilgrafik). Nach einem pandemiebedingten Rückgang 2021 ist der Anteil der Bargeldtransaktionen an POS-Terminals in Österreich von 66% auf 70% im Jahr 2022 ­gestiegen (Grafik 20, rechte Teilgrafik).

Grafik 20 mit dem Titel „Bargeld weiterhin beliebtes Zahlungsmittel im Euroraum und in Österreich“ besteht aus zwei Grafiken. Die linke Teilgrafik mit dem Titel „Trotz Rückgang dominieren Barzahlungen nach wie vor am POS im Euroraum“ ist ein Säulendiagramm und zeigt die Anteile der Zahlungsmittel an POS-Transaktionen im Euroraum für die Jahre 2016, 2019 und 2022. POS steht für Point of Sale. 2022 wurde am POS im Euroraum am häufigsten mit Bargeld gezahlt; es wurde bei 59 % der Transaktionen verwendet (2019: 72 %; 2016: 79 %). Mit Karte wurde bei 34 % der POS-Transaktionen gezahlt (2019: 25 %; 2016: 19 %). Der Anteil der Zahlungen über mobile Apps stieg von weniger als 1 % im Jahr 2019 auf 3 % im Jahr 2022.Bei 3 % der POS-Transaktionen wurden andere Zahlungsmittel verwendet. Die rechte Teilgrafik mit dem Titel „Bargeldanteil am POS in Österreich und anderen Euroländern“ stellt eine Europakarte dar und zeigt die Anzahl der Bargeldtransaktionen am POS der einzelnen Euroländer im Jahr 2022 in Prozent. Die höchsten Anteile verzeichnen Malta mit 77 %, Slowenien mit 73 % und Österreich mit 70 %. Die niedrigsten Anteile weisen Finnland mit 19 % und die Niederlande mit 21 % auf. Quelle: Oesterreichische Nationalbank und Europäische Zentralbank (SPACE, 2022).

Im Euroraum überstieg der Wert aller Kartenzahlungen an POS-Terminals 2022 erstmals den Wert aller Barzahlungen (46% vs. 42%). Dennoch wird nach wie vor häufiger bar gezahlt als mit Karte (59% vs. 34%, Grafik 20, linke Teilgrafik).

Der Anteil der Online-Zahlungen verdreifachte sich von 6% (2019) auf 17% (2022). Die meisten Online-Transaktionen wurden in Belgien (24%), Österreich und Irland (jeweils 21%) gemeldet. Online-Zahlungen wurden vor allem für den Kauf von Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs in Supermärkten und Restaurants genutzt.

In Österreich ist im Vergleich zu 2019 die Präferenz für Bargeld um 3 Prozentpunkte gestiegen – entgegen dem globalen Trend hin zur Kartenzahlung oder zu anderen bargeldlosen Zahlungsformen. Österreich behält somit innerhalb des Euroraums seine deutliche Spitzenreiter­position als bargeldaffines Land. 45% der öster­reichischen Konsument:innen zahlen gerne bar, 36% bevorzugen Kartenzahlungen oder andere bargeldlose Zahlungsmittel und 19% haben keine klare Präferenz (Grafik 21).

Österreichische Konsument:innen erachten es als wichtig, dass überhaupt die Möglichkeit zur Barzahlung besteht. Auch hier belegt Österreich den ersten Platz: 43% der Befragten ist dies sehr wichtig und 23% eher wichtig. Damit ­befindet sich Österreich um 6 Prozentpunkte über dem Euroraumdurchschnitt.

Insgesamt etabliert sich Österreich auf Basis der EZB-Studie als ein Land, in dem der Bargeld­zahlung im internationalen Vergleich eine außerordentlich hohe Bedeutung beigemessen wird.

Grafik 21 mit dem Titel „Euroraum-Vergleich 2022: Bargeld bleibt in Österreich bevorzugtes Zahlungsmittel“ ist ein Säulendiagramm und zeigt die Präferenz für Bargeld oder bargeldlose Zahlungsmittel der 19 Euroländer für das Jahr 2022 in Prozent. Auf der horizontalen Achse sind die Länder von links nach rechts mit absteigender Bargeldaffinität abgebildet; sie lauten wie folgt: Österreich, Deutschland, Irland, Slowenien, Malta, Litauen, Griechenland, Spanien, Zypern, die 19 Euroländer insgesamt, die Slowakei, Estland, Belgien, Lettland, Italien, Portugal, Frankreich, die Niederlande, Luxemburg und Finnland. 45 % der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten zahlen gerne bar, 36 % bevorzugen Kartenzahlungen oder andere bargeldlose Zahlungsmittel und 19 % haben keine klare Präferenz zwischen Bargeld und bargeldlosen Zahlungsmitteln. In allen 19 Euroländern präferieren durchschnittlich 22 % Bargeld, 55 % Karte oder bargeldlose Zahlungsmittel und 23 % haben keine klare Präferenz. Quelle: Oesterreichische Nationalbank und Europäische Zentralbank (SPACE, 2022).

Bargeld bleibt zukunftsgerichtet

Die OeNB legt Wert darauf, dass Bargeld weiterhin als smarte Bezahlmöglichkeit zur Verfügung steht. Damit soll einerseits für die österreichische Bevölkerung die Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr gewährleistet und andererseits die Vorteilhaftigkeit des daraus resultierenden Wettbewerbs zwischen Barzahlungen und unbaren Zahlungen sichergestellt werden. Aktuell verfügt Österreich über ausgezeichnete Rahmenbedingungen: Die größtenteils gebührenfreie Möglichkeit der Bargeldbehebung an Bankomaten stellt die Bargeldversorgung der österreichischen Bevölkerung sicher. Diese Rahmenbedingungen gilt es zu erhalten.

Eine flächendeckende, effiziente Bargeldversorgung kann aufgrund von Skaleneffekten („Economies of Scale“) allerdings nur dann ­gewährleistet bleiben, wenn Bargeld auch weiterhin ein gängiges, weithin akzeptiertes Zahlungsmittel ist. Durch die aktuellen globalen Krisen sind die Themen Resilienz und Versorgung immer stärker in den Fokus gerückt. Daher pflegt die OeNB einen aktiven Kontakt zu allen Stakeholdern des Bargeldkreislaufs, um zukünftige Herausforderungen im Zusammenhang mit Bargeld rechtzeitig zu erkennen und entsprechend agieren zu können.

Etablierung der Plattform Bargeld

Als Notenbank steht die OeNB für den Erhalt von Euro-Bargeld als Zahlungsmittel von ausgezeichneter Qualität. Somit kommt sie ihrem gesetzlichen Auftrag zur Bargeldversorgung nach. Mit der Etablierung der Plattform Bargeld im September 2022 wird dieser Weg konsequent weiterverfolgt. Gemeinsam mit Vertreter:­innen der österreichischen Bevölkerung und Wirtschaft sollen die bevorstehenden Veränderungen im Zahlungsmittelbereich in Österreich im ­Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft aktiv mitgestaltet werden. Zudem soll die nachhaltige Positionierung des Euro-Bargelds in der Bevölkerung als öffentliches und damit einziges nicht gewinnorientiertes Zahlungsmittel in einer zunehmend digitalisierten Zahlungsgesellschaft gefestigt werden.

Die OeNB unterstützt die Informationsinitiative Bares ist Wahres der Münze Österreich AG über die vielfältigen Vorteile und Alleinstellungsmerkmale des Euro-Bargelds und seine Unverzichtbarkeit. Euro-Banknoten und -Münzen gewährleisten den Schutz von Daten und der Privatsphäre, stellen die Unabhängigkeit von Dritten sowie gebührenfreies Zahlen sicher und sind auch in Krisenfällen verfügbar. All diese Vorteile machen Bargeld bei Konsument:innen beliebt. Dies bestätigen auch die weiter oben präsentierten Ergebnisse des OeNB-Barometers und das Ergebnis des Volksbegehrens „Für uneingeschränkte Bargeldzahlung“ im September 2022, das von rund einer halben Million Österreicher:innen unterzeichnet wurde.

Fortschritte im Eurosystem auf dem Weg zum digitalen Euro

Digitaler Euro

Wer bar bezahlt, bezahlt immer mit Zentralbankgeld. Mit einem digitalen Euro würde das Eurosystem den privaten Haushalten neben dem Bargeld eine zusätzliche Form von Zentralbankgeld zur Verfügung stellen, welches schnell, einfach und sicher verwendet werden kann.

Das Eurosystem erwägt aufgrund der steigenden Nachfrage nach sicheren und zuverlässigen elektronischen Zahlungsmitteln die Ausgabe von Zentralbankgeld auch in digitaler Form. Ein digitaler Euro würde genau wie das Euro-Bargeld von der EZB ausgegeben, geschützt und reguliert und wäre somit gleichermaßen vertrauenswürdig. Es wäre eine weitere, zukunftsgerechte Zahlungsart für Zahlungen zwischen Privatpersonen, an der Ladenkasse und im ­Onlinehandel sowie für Zahlungen an staatliche Institutionen. Ein digitaler Euro würde außerdem die geldpolitische Souveränität des Euroraums stärken und den Wettbewerb sowie die Effizienz im europäischen Zahlungsverkehr fördern.

Die derzeit laufende zweijährige Analysephase für die Einführung eines digitalen Euro, die voraussichtlich im Oktober 2023 endet, dient dazu, alle Elemente für eine mögliche ­anschließende Umsetzungsphase festzulegen. Dazu zählen z. B. das Design, die aus den Kund:innenanforderungen resultierenden Funktionen sowie die Rollenverteilung zwischen dem Eurosystem und beaufsichtigten ­Finanzintermediären. Gemeinsam mit der EZB und anderen Zentralbanken im Eurosystem trägt die OeNB aktiv zur Entwicklung des Zahlungsschemas, des Distributionsmodells und der Prototypen sowie zur Erhebung der Kund:innenanforderungen bei.

Für den digitalen Euro sollen Lösungen für Online- und Offline-Zahlungen entwickelt werden. Offline erfolgt die Zahlungsabwicklung direkt über die Endgeräte der Zahler:innen und Zahlungsempfänger:innen, also ohne Zwischenschaltung Dritter, die die Zahlung verifizieren und im Hintergrund abwickeln. Da Offline-Zahlungen auch ohne Netzempfang möglich sind, machen sie den Zahlungsverkehr insgesamt resilienter gegenüber äußeren Einflussfaktoren wie Blackouts oder Naturkatastrophen.

Für beide Zahlungsformen, online und offline, wird ein möglichst hoher Schutz der Privatsphäre beim Bezahlen angestrebt. Die Zentralbanken sollen nur die für ihre Aufgabenerfüllung notwendigen Informationen erhalten und Zahlungsmuster der Endnutzer:innen nicht nachverfolgen können. Eine stufenweise Verzinsung kombiniert mit mengenmäßigen Beschränkungen würde sicherstellen, dass der digitale Euro primär als Zahlungsmittel und nicht als Anlageform genutzt wird.

Private Zahlungsdienstleister würden im Rahmen des Zahlungsdienstegesetzes die Aufgaben an der Kund:innenschnittstelle wahrnehmen, wie z. B. die Kontoeröffnung und -schließung, das Auf- und Entladen digitaler Euro-Beträge gegen Bankguthaben oder Bargeld sowie die Zahlungsdurchführung und -rückabwicklung. Das Eurosystem würde die Zahlungen verifizieren und aufzeichnen. Da auch digitale Euro-Werte Eurosystem-Verbindlichkeiten darstellen, müsste das Eurosystem die Ausgabe, den Bestand und die Rücknahme kontrollieren können.

Für den digitalen Euro wären einige Rechtsvorschriften durch die Europäische Kommission anzupassen, u. a. um eine breite Verfügbarkeit und Akzeptanz bereits zum möglichen Start des digitalen Euro sicherstellen zu können. So ist insbesondere die Einstufung des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel von zentraler Bedeutung.

EU-weit gültiger elektronischer ­Identitätsnachweis

In unserem zunehmend digitalen Alltag gewinnt ein elektronischer Identitätsnachweis (eID) laufend an Bedeutung. Dies bedingt wiederum eine entsprechende Plattformtechnologie, damit eIDs für ein breites Spektrum an Leistungen – vom digitalen Behördenweg über die digitale Patient:innenakte bis zum digitalen Wallet mit Zahlungsfunktion – einsetzbar sind. Der elektronische Identitätsnachweis ist daher auch ein wesentlicher Bestandteil der EU-Strategie bzw. der Eurosystem-Strategie für den Massenzahlungsverkehr in Europa.

Die EU-weite Anerkennung nationaler eIDs wurde bisher nur von einigen Mitgliedstaaten umgesetzt und deckt bislang lediglich 14% der öffentlichen Services ab. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission eine Neufassung der einschlägigen Verordnung (eIDAS 2.0) in Angriff genommen, um bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Die neue Verordnung wird im Laufe des Jahres 2023 erwartet. Die darauf basierende EU-weit gültige Wallet-App (European Digital Identity Wallet) zur Sicherung ­digitaler Identitäten soll ab 2024 verfügbar sein. Bis dahin schreibt die Kommission Pilotprojekte zur Erprobung der europäischen eID-Wallet durch öffentliche oder private Unternehmen aus.

In einem der im Dezember 2022 bewilligten Pilotprojekte – einem Konsortium mit Teilnehmern aus 19 EU-Mitgliedstaaten und der Ukraine – sind auch die OeNB und die OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH zusammen mit dem Finanzministerium vertreten. Neben dem Anwendungsfall der Kontoeröffnung wird sich das Konsortium u. a. mit dem elektronischen Führerschein, dem Abruf von Sozialversicherungsdaten und der digitalen Unterschrift ­beschäftigen. Das Projekt ist auf bis zu zwei Jahre anberaumt; die inhaltliche Arbeit soll im Laufe des zweiten Quartals 2023 beginnen.

Kleingeldspenden ins digitale Zeitalter bringen

Im Zeitalter digitaler Zahlungen soll es auch möglich sein, Spenden einfach, schnell und sicher digital zu erhalten. In diesem Sinne veranstalteten OeNB und OeNPAY am 16. und 17. November 2022 in Kooperation mit Caritas Österreich, Blue Code International AG und World-Direct eBusiness solutions GmbH im Rahmen der OeNB Social Digital Challenge einen „Hackathon“.
16 Schüler:innen und Student:innen aus unterschiedlichen Studienrichtungen wurden zu ­interdisziplinären Teams zusammengestellt, die innerhalb von nur zwei Tagen einen Prototyp zum Empfangen digitaler Spenden entwickelten.

Das Siegerteam – das je Teammitglied 1.000 EUR und einen OeNB-Praktikumsplatz erhielt – überzeugte mit der Idee eines persönlichen Spendenausweises im Chipkartenformat, den Hilfsbedürftige bei karitativen Organisationen erhalten und der im Nahbereich per Funk oder mit QR-Code funktioniert. Spender:innen scannen den QR-Code (alternativ den NFC-Chip) und gelangen so auf die Spenden-App. Dort wählen sie den Betrag und das Bankinstitut und werden automatisch in ihre Internetbanking-App weitergeleitet. Alternativ können auch andere Zahlungsmethoden wie Karten oder Bluecode hinterlegt werden. Mit der ­Registrierung der Spendenempfänger:innen sind der NFC-Chip und der QR-Code eindeutig einer Person zurechenbar. Somit bleibt das gespendete Geld für die Person verfügbar, wenn NFC-Chip oder QR-Code verloren gehen. Als Auszahlungsstellen wurden mögliche Partner wie die Post, Apotheken, Social-Cafés, Trafiken, aber auch Würstelstände oder Tankstellen angedacht.

OeNB-Tochterunternehmen bleiben am Puls der Zeit

Die Münze Österreich AG, die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH (OeBS) und GELDSERVICE AUSTRIA (GSA) agieren betriebswirtschaftlich eigenständig und unterstützen mit ihren Mitarbeiter:innen die OeNB bei der Erfüllung ihrer Kernaufgaben im baren Zahlungsverkehr. Hauptkriterien sind dabei Qualität, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.

Umweltorientierung und die Sicherung einer nachhaltigen und wirtschaftlichen Entwicklung stellen für die OeNB und ihre Tochtergesellschaften unverzichtbare Voraussetzungen für eine zukunftsweisende und erfolgreiche Unternehmensführung dar. Zu diesem Zweck werden die entsprechenden Maßnahmen im Umweltmanagementsystem gemäß ISO 14001:2015 gebündelt und Zertifizierungen in den Bereichen Qualität nach ISO 9001:2015 durch­geführt. Darüber hinaus werden die Prozesse und Verfahren in den einzelnen Tochterunternehmen sowie konzernübergreifend zur kontinuierlichen Erhöhung der Umwelteffizienz laufend optimiert.

Die Münze Österreich AG ist im Rahmen der europäischen Währungsunion die offizielle Münzprägestätte der Republik Österreich und durch die Bestimmungen des Scheidemünzengesetzes allein berechtigt, in Österreich Scheidemünzen zu prägen und auszugeben. Im Jahr 2022 wurden über die Münze Österreich insgesamt 146,9 Mio Euro-Münzen im Gegenwert von 39,3 Mio EUR an die OeNB ausgegeben. Darüber hinaus entwickelt die Münze Österreich laufend neue, innovative Produktlinien wie beispielsweise diverse Münzserien und Goldanlageprodukte, um der verstärkten Nachfrage nach Edelmetallen Rechnung zu tragen. Weltweit hat sich die Münze Österreich als verlässliche Produzentin auch in Krisenzeiten positioniert.

Die OeBS forscht, entwickelt und produziert im Bereich der Banknotenherstellung für das Eurosystem und auf internationaler Ebene. Im Auftrag der OeNB druckt die OeBS jenen Anteil am jährlichen Produktionsvolumen der Euro-Banknoten, den die EZB Österreich ­aufgrund des Kapitalschlüssels zuteilt. Im Jahr 2022 waren dies rund 98 Mio 10-Euro-Banknoten. Im Sinne von Effizienzsteigerungen im Eurosystem produziert die OeBS als Kooperationspartner weiterhin Euro-Banknoten für die belgische Notenbank. Logistische Maßnahmen, die sich aufgrund der strategischen Position Österreichs als Bargelddrehscheibe Mitteleuropas ergeben, werden durch die Banknotenproduktion erheblich begünstigt. Die OeBS arbeitet kontinuierlich am Auf- und Ausbau ihres Kompetenzzentrums für Wertpapierdruck und Detektoren, das sich durch Innovation, Nachhaltigkeit und technische Eigenentwicklung auszeichnet.

Die GSA erbringt Dienstleistungen in den Bereichen Bargeldlogistik und -bearbeitung für die OeNB, Banken, Zahlungsdienstleister und Handelsunternehmen. Mit ihren regionalen Cash Centern in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt und Bregenz unterstützt sie die OeNB bei ihrem Auftrag, die österreichweite Bargeldversorgung und eine hohe Qualität des Bargeldumlaufs sicherzustellen.

Ein weiteres Tochterunternehmen der OeNB, die OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH, ist seit 2021 aktiv. Sie betreibt ein Kompetenznetzwerk, das die flächendeckende Digitalisierung des Zahlungsverkehrs in Österreich unterstützt und gemeinsam mit der Zahlungsverkehrsbranche Innovationen im Finanzbereich fördert. Ziel ist es, den Zahlungsverkehr für alle Teilnehmenden möglichst einfach, stabil und sicher zu gestalten. Mittels Trendscouting möchte die OeNPAY relevante, neue Entwicklungen unter Beachtung von Mega- und Technologietrends identifizieren, aufbereiten und für alle Beteiligten nutzbar machen. Als hundertprozentige Tochter der OeNB nimmt die OeNPAY bewusst eine neutrale Position am Markt ein.

Die IG-Immobilien-Gruppe kommt der Aufgabe nach, das für die OeNB in Immobilien veranlagte Vermögen bestmöglich zu verwalten, den Wert der Immobilien zu erhalten, nachhaltige Wertsteigerungen anzustreben und den laufenden Ertrag aus den Objekten zu optimieren. Der BLM (Betriebs-Liegenschafts-Management GmbH) obliegt insbesondere die Bereitstellung von Liegenschaften, die von der OeNB bzw. ihren Tochterunternehmen zur Betriebsausübung benötigt werden.

Auf ihren jeweiligen Websites veröffentlichen die OeNB-Tochterunternehmen Jahresberichte gemäß dem von der Bundesregierung am 30. Oktober 2012 beschlossenen Bundes Public Corporate Governance Kodex. Eine ­Gesamtdarstellung der direkten und indirekten Unternehmensbeteiligungen der OeNB findet sich im Beteiligungsspiegel (Tabelle 12).

23 Tamele, B., A. Zamora-Pérez, C. Litardi, J. Howes, E. Steinmann und D. Todt. 2021. Catch me (if you can): assessing the risk of SARS-CoV-2 transmission via euro cash . ECB Occasional Paper Series. No. 259.

Die OeNB – ein nachhaltiges Unternehmen

Nachhaltigkeit rückt in den Fokus der ­Unternehmensstrategie

Was bedeutet Nachhaltigkeit für die OeNB?

Die OeNB berücksichtigt in allen Aspekten ihrer Geschäftstätigkeit so weit wie möglich die Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt mit dem Ziel, eine nachhaltige bzw. zukunftsfähige Entwicklung innerhalb und jenseits der Landesgrenzen zu begünstigen. „Nachhaltigkeit“ wird im Sinne des Brundtland-Berichts der Vereinten Nationen von 1987 wie folgt ­definiert: „Dauerhafte Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“

Im Finanzsektor – sowie allgemein in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – hat sich die Untergliederung in die Bereiche Umwelt, ­Soziales und Unternehmensführung (Environment, Social, Governance – ESG) durchgesetzt.

  • Der Umweltaspekt beinhaltet Klimaschutz, schonenden Umgang mit Ressourcen und Einsatz erneuerbarer Energien. Die OeNB beabsichtigt, Luft- und Abwasseremissionen sowie den ökologischen Fußabdruck der OeNB zu reduzieren (siehe Abschnitt „Umwelt­erklärung 2022“).
  • Zu den Sozialaspekten zählt es, gerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Menschenrechte zu achten sowie in Weiterbildung, Arbeitsplatzsicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter:innen zu investieren (siehe Abschnitt „Personalmanagement in der neuen Normalität“).
  • Unternehmensführungsaspekte sollen Korruption oder Marktverzerrung – etwa durch ­unabhängige Aufsichtsgremien – ausschließen und Anreize für nachhaltiges Verhalten schaffen (siehe Abschnitte „Sicherstellung verantwortungsvoller Unternehmensführung“ und „Unternehmensweites Risikomanagement passt sich an dynamisches Umfeld an“).

Das Nachhaltigkeitskapitel des diesjährigen ­Geschäftsberichts bildet die vom „Guide on Climate-Related Disclosure for Central Banks“ des NGFS – in Anlehnung an die Task Force on Climate-related Disclosures (TCFD) des Finanzstabilitätsrats – empfohlenen Bereiche Strategie, Risikomanagement, Governance sowie Kennzahlen und Ziele bereits großteils ab. Die Offenlegung klimarelevanter Aspekte der Veranlagung nicht geldpolitischer Portfolios erfolgt im Rahmen einer eurosystem­weiten Initiative in einem gesonderten Bericht („Climate-related financial disclosures by the Oesterreichische Nationalbank 2022“).

Network for Greening the ­Financial System (NGFS)

Ein weltweites Netzwerk von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden, das sich für ein nachhaltigeres Finanzsystem stark macht. Es hat zum Ziel, die Folgen des Klimawandels für das Finanzsystem zu analysieren und globale Finanzströme dahingehend umzulenken, dass ein kohlenstoffarmes Wirtschaftswachstum ermöglicht wird. Die OeNB ist seit 2018 Mitglied des NGFS.

Unsere Nachhaltigkeitsstrategie

Die Ziele der aktuellen OeNB-Strategie 2020–2025 beinhalten zu einem großen Teil bereits Elemente der von den Vereinten Nationen definierten Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs). Die Arbeit an einer detaillierten Zuordnung der OeNB-Ziele zu ausgewählten SDGs sowie eine Verbesserung der Messbarkeit und der Berichterstattung werden 2023 fortgesetzt. Die OeNB hat sich bereits 2021 dazu bekannt, bis 2040 CO2-neutral zu sein. Zurzeit entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit internationalen Gremien konkrete Maßnahmen zur Messung und Zielerreichung.

Unser Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken

Die OeNB hat ein umfassendes Risikomanagement eingerichtet, dessen Ziel es ist, alle signifikanten Risiken zu identifizieren, zu bewerten und zu steuern. Daher werden in unseren Risikoprozessen auch ESG-Risiken berücksichtigt, also Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsthemen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. ESG-Risiken könnten das Risikoprofil der OeNB beeinflussen und längerfristig zu finanziellen Risiken werden. Im Vordergrund steht daher eine sorgfältige Integration dieser Risiken in unsere Risikoprozesse, womit wir gleichzeitig die Erreichung unserer strategischen Ziele bestmöglich unterstützen (siehe Abschnitt „Unternehmensweites Risikomanagement passt sich an dynamisches Umfeld an“).

Sicherstellung verantwortungsvoller ­Unternehmensführung

Die Governance-Strukturen der OeNB sind wesentlich vom Nationalbankgesetz (NBG), dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und der Satzung des ESZB und der EZB geprägt. Zum Schutz der gesetzlich verankerten Unabhängigkeit der ­Notenbank wurde ein Corporate Governance Kodex der Oesterreichischen Nationalbank ­erstellt, der auf dem gleichnamigen Kodex des Bundes basiert und zuletzt 2018 weiterentwickelt wurde. Auf unserer Website veröffentlichen wir jährlich einen Corporate-Governance-Bericht.

Zur Sicherung und Stärkung der guten Unternehmensführung verfügt die OeNB über ein Compliance-Management-System (CMS) und ein Risikomanagementsystem. Das CMS setzt in weiten Teilen die Leitlinien der EZB zum Ethikrahmen für das Eurosystem bzw. für den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus um und wird derzeit an die von der EZB vorgegebenen Änderungen angepasst. Das CMS umfasst u. a. ein Präventivsystem mit Anti-Korruptionsmaßnahmen und ein (elektronisches) Hinweisgebersystem.

Die OeNB verfügt darüber hinaus über ein unternehmensweites Enterprise-Risk-Management-System, in dem Compliance- und Rechtsrisiken sowie finanzielle und operationelle ­Risiken erfasst und beurteilt werden. Großer Wert wird auf die Begrenzung der Risiken ­gelegt. ESG-Risiken, die als Querschnittsmaterie behandelt werden, wurden im Jahr 2022 explizit in den Risikokatalog aufgenommen (siehe Abschnitt „Unternehmensweites Risikomanagement passt sich an dynamisches Umfeld an“).

In diesem Sinne tragen verschiedene Bereiche der OeNB Verantwortung für ESG-Agenden und nehmen diese Verantwortung in OeNB- und internationalen Gremien wahr. Innerhalb der OeNB ist das Nachhaltigkeitsmanagement in drei Verantwortungsbereichen organisiert. Erstens wurde die Kompetenzeinheit „Klimazielkoordination“ eingerichtet, um die Nachhaltigkeitsthemen zielorientiert voranzutreiben und die unternehmensweiten Tätigkeiten in den einzelnen Fachbereichen abzustimmen. Zweitens ist der Umweltbeauftragte in Zusammenarbeit mit dem Umweltkoordinator und den Umweltcontroller:innen der Fachabteilungen für die Umsetzung der Vorgaben aus der EMAS-­Verordnung, insbesondere für die operative Umsetzung der Maßnahmen aus dem Umweltprogramm und für die Erhebung von Umweltdaten, zuständig (siehe „Umwelterklärung 2022“). Drittens findet im Rahmen der Green-Finance-Plattform ein intensiver, wissenschaftsorientierter Austausch quer über alle Ressorts der OeNB sowie mit externen Stakeholdern statt. Im aufsichtlichen Bereich der OeNB wurde eine Expert:innengruppe für nachhaltiges Finanzwesen (Expert Group Sustainable Finance) eingerichtet, deren Aufgabe darin besteht, die Arbeit in internationalen Gremien mit praktischen bankaufsichtlichen Tätigkeiten zu verschränken.

Auf nationaler und internationaler Ebene engagiert sich die OeNB in mehreren Gremien:

  • Die OeNB ist in der Focal Group Green Finance aktiv, die vom Klimaministerium und vom Finanzministerium seit 2019 gemeinsam organisiert wird. In diesem Gremium werden Fortschritte und Maßnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Finanzmarktes mit zahlreichen Vertreter:innen des österreichischen Finanzsektors erörtert.
  • Die OeNB ist auch im Beirat der Green Finance Alliance engagiert, deren Mitglieder (Banken und andere Unternehmen aus dem Finanzsektor) sich freiwillig dazu verpflichten, ihre Portfolios schrittweise und transparent klima­neutral zu gestalten.
  • Neben der bereits bestehenden Zusammenarbeit im Rahmen fachlicher ESZB-Arbeitsgruppen ist die OeNB Mitglied des 2022 gegründeten Climate Change Forum des Eurosystems. Ziel des Gremiums ist der Wissensaustausch und die Entwicklung gemeinsamer Projekte zur Erreichung der Klimaziele. Die OeNB bringt insbesondere Know-how aus dem langjährigen Umweltmanagement, der Green-­Finance-Plattform und der 2021 gegründeten Klimazielkoordination ein.
  • Die OeNB ist seit 2018 Mitglied des 2017 ­gegründeten Network of Central Banks and Supervisors for Greening the Financial System . Das Netzwerk zählt mittlerweile 121 Zentralbanken und Aufsichtsbehörden zu seinen Mitgliedern. Mitarbeiter:innen aus allen Ressorts der OeNB beteiligen sich an der Aufarbeitung von Klima- und Umweltrisiken in den einzelnen Arbeitsgruppen zu „Aufsicht“, „Szenario-Design und Analyse“, „Geldpolitik“ und „Net Zero for Central Banks“. Eine Untergruppe der letztgenannten Arbeitsgruppe zu „Greening Central Banks’ Corporate Operations“ arbeitet unter dem Co-Vorsitz einer OeNB-Vertreterin. Aus den Arbeiten aller Arbeitsgruppen gehen zahlreiche richtungsweisende Publikationen hervor.
  • OeNB-Vertreter:innen wirken darüber hinaus im Aufsichtsbereich in der EBA-Arbeitsgruppe Sustainable Finance und der SSM-Kontaktgruppe für Klima- und Umweltrisiken. Im Rahmen des SSM wurden bereits konkrete aufsichtliche Maßnahmen im Zuge der Überprüfung der Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten in Kreditinstituten gesetzt.
  • Die OeNB beteiligt sich auch an der Vienna Initiative Working Group on Climate Change, die 2022 mehrere Workshops zu Themen wie Datenbereitstellung oder Bankenaufsicht und Regulierung für Zentral-, Entwicklungs- und Geschäftsbanken organisierte, die im CESEE-Raum aktiv sind.

Flexible Organisation in einem sich ­stetig wandelnden Umfeld

Die erste Jahreshälfte 2022 war nach wie vor stark von der COVID-19-Pandemie geprägt. Bis Ende April 2022 befand sich der Großteil der OeNB-Mitarbeiter:innen im Homeoffice; ­externe Veranstaltungen und Dienstreisen wurden je nach Priorisierung und unter erhöhten ­Sicherheitsmaßnahmen schrittweise wieder aufgenommen. Mit der Rückkehr ins Büro wurde hybrides Arbeiten zum normalen Berufsalltag, wie Tabelle 1 zur Entwicklung der Webex-, Skype- und MS-Teams-Meetings zu entnehmen ist. Laut einer internen Umfrage ist es gemeinsam gelungen, die technischen, kommunikativen und organisatorischen Herausforderungen zu meistern, die zu Beginn der pandemiebedingten Homeoffice-Phase teilweise aufgetreten sind.

Tabelle 1: Entwicklung der Webex-, Skype- und MS-Teams-Meetings  
Einheit Q4 21 Q1 22 Q2 22 Q3 22 Q4 22
Webex-Meetings Anzahl 1.228 122 128 87 151
Webex-Teilnehmer:innen Anzahl 5.645 4.996 4.294 1.795 3.900
Webex-Gesamtdauer Minuten 63.264 10.068 8.468 6.543 12.400
Skype-Meetings Anzahl 21.292 23.135 15.552 11.614 12.447
Skype-Teilnehmer:innen Anzahl 83.005 87.557 56.820 39.864 43.597
Skype-Gesamtdauer Minuten 728.265 827.708 501.644 349.519 323.151
MS-Teams-Meetings Anzahl 2.790 6.761 5.621 6.817 8.090
MS-Teams-Teilnehmer:innen Anzahl 3.580 8.340 22.992 18.968 23.844
Quelle: OeNB.

Die Umorganisation des volkswirtschaftlichen Bereichs der OeNB wurde im Berichtsjahr abgeschlossen: Eine hierarchisch flachere und dadurch flexiblere Aufbauorganisation löste das langjährige Abteilungskonzept ab, mit dem Ziel, den Expert:innen ein vernetzteres Arbeiten zu ermöglichen. Das Büro des Fiskalrats wurde im Berichtsjahr durch das Büro des neu eingerichteten Produktivitätsrats erweitert (siehe Kasten 8).

Der Produktivitätsrat hat seine Arbeit aufgenommen

Die OeNB nimmt neben der Umsetzung der Geldpolitik und der Sicherung der Finanzmarktstabilität auch andere wirtschaftspolitische Aufgaben wahr. So sind etwa mit dem Fiskalrat und dem Produktivitätsrat in der OeNB zwei Einrichtungen angesiedelt, die im Rahmen der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion Aufgaben der wirtschaftspolitischen Steuerung und Koordination erfüllen. Die gesetzgebenden Instanzen machen sich dabei die wirtschaftspolitische Unabhängigkeit der OeNB zunutze, um sicherzustellen, dass diese Gremien ihren Aufgaben weisungsfrei und ohne direkte politische Einflussnahme nachgehen können.

Der Produktivitätsrat hat in der zweiten Jahreshälfte 2022 seine Tätigkeit aufgenommen. Das Gremium besteht aus fünf ehrenamtlichen Fachleuten, die wissenschaftlich und operativ durch das Büro des Produktivitätsrats unterstützt werden. Dieses ist mit vier Mitarbeiter:innen als Teil des Referats Fiskal- und Produktivitätsrat in der Hauptabteilung Volkswirtschaft angesiedelt. Den Vorsitz des Produktivitätsrats führt das Präsidium des Fiskalrats.

Zu den Aufgaben des Produktivitätsrats gehören die unabhängige Diagnose und Analyse der Produktivitätsentwicklung und der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden in einem jährlichen Bericht vorgestellt. Den Zielen des Europäischen Grünen Deals folgend stehen dabei Gesichtspunkte der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Leistungsfähigkeit sowie der makroökonomischen Stabilität im Vordergrund. In diesen Bereichen soll der Produktivitätsrat auch Empfehlungen an die Bundesregierung aussprechen und zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen. Zu seinen Aufgaben zählen weiters der wissenschaftliche Austausch und die inhaltliche Koordination mit anderen europäischen Produktivitätsräten und der Europäischen Kommission. Der Jahresbericht 2022/23 wird am Ende des zweiten Quartals 2023 dem österreichischen Parlament durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft übergeben.

Die OeNB überwacht die Einhaltung von ­Finanzsanktionen

Aufgrund des russischen Angriffkriegs gegen die Ukraine sind die internationalen Sanktionen gegen Russland stark in den Fokus gerückt. Die OeNB ist in diesem Bereich gemäß § 8 Abs 1 Sanktionengesetz 2010 zuständig für die Überwachung in Österreich konzessionierter Kredit-, Finanz- und Zahlungsinstitute. Im Zuge dessen wurden von den beaufsichtigten Instituten – gemäß der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 idgF – der OeNB per 31. Dezember 2022 249 Konten/Depots von sanktionierten Personen mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 1,997 Mrd EUR als eingefroren gemeldet. Im Berichtsjahr baute die OeNB zudem das diesbezügliche ­ Informationsangebot auf der Website aus. Wie bereits in der Vergangenheit wird auch in den kommenden Jahren die Einhaltung der geltenden Sanktionsbestimmungen durch Kredit-, ­Finanz- und Zahlungsinstitute überprüft werden. Mit Blick auf Synergieeffekte strebt die OeNB weiterhin an, die Aufsicht über Kredit-, Finanz- und Zahlungsinstitute im Bereich der Geldwäscheprävention mit jener im Bereich der ­Finanzsanktionen zu bündeln. Folglich würde die Zuständigkeit für Finanzsanktionen von der OeNB auf die FMA übergehen. Zur Bewältigung der gestiegenen Anforderungen im Bereich der Finanzsanktionen wurden befristete Neuaufnahmen getätigt.

Mit einem Notfallplan für einen Blackout gewappnet

Im aktuellen Umfeld zählt die Gefahr eines länger andauernden, großflächigen Stromausfalls (Blackout) zu den realen Bedrohungsszenarien. Da sie zur kritischen Infrastruktur zählt, ist die OeNB bemüht, derartige Risiken zu identifizieren und adäquate Vorkehrungen zu treffen. Anfang 2022 wurde daher begonnen, die Auswirkungen eines Blackouts auf die OeNB zu evaluieren und geeignete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs zu ergreifen. Neben der Aufrechterhaltung der notwendigen Infrastruktur betrifft dies speziell die drei Kernbereiche Bargeld, Zahlungsverkehr und Treasury. Anfang 2023 wurden ein Blackout-­Notfallplan vorgelegt und Schlüsselkräfte darüber informiert, wie sie im Krisenfall vorgehen sollen. Der Notfallplan und die getroffenen Vorkehrungen sollen künftig regelmäßig getestet werden.

Innovationen treiben Digitalisierung voran

Im OeNB Innovation Lab bearbeiteten auch im Jahr 2022 IT-Spezialist:innen gemeinsam mit Vertreter:innen anderer Fachbereiche neue Themen – etwa digitale Währung und Lösungen für die Digitalisierung des Regulierungs- und Aufsichtsbereichs, in Fachkreisen bekannt unter den Schlagwörtern RegTech und SupTech. Derartige Vorhaben dienen dem Aufbau von Know-how und zielen darauf ab, Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten (Tabelle 2).

Im Bereich digitales Zentralbankgeld arbeitet die OeNB gemeinsam mit den anderen Notenbanken des Eurosystems aktiv an den technischen Konzepten und dem Aufbau eines Prototyps für einen digitalen Euro mit (siehe Abschnitt „Fortschritte im Eurosystem auf dem Weg zum digitalen Euro“). Zusätzlich beschäftigt sich die OeNB zusammen mit externen Partnern mit den verschiedenen Aspekten eines digitalen Zentralbankgelds für Großbetragsgeschäfte.

Mehrere Innovationsvorhaben sind der automatischen Analyse von Texten gewidmet, was insbesondere für Fachbereiche mit einem hohen Aufkommen an Dokumenten aus externen Quellen relevant ist. Durch Anwendung neuester Methoden des maschinellen Lernens sollen bestehende Prozesse teilautomatisiert und die Fachbereiche dadurch insgesamt entlastet werden. Beispiele sind eine automatische Klassifikation oder Beschlagwortung von Dokumenten sowie die Zusammenführung ähnlicher Texte aus mehreren Dokumenten.

Tabelle 2: Indikatoren zu den wissensbasierten Prozessen  
Indikator Einheit 2019 2020 2021 2022
Effiziente Prozessabläufe
Zertifizierte Geschäftsbereiche Anzahl 10 10 10 10
Einträge in der OeNB-Terminologiedatenbank Anzahl 23.308 23.748 24.178 24.329
Reklamationsfreie Zahlungsverkehrstransaktionen % 99,88 99,91 99,87 99,87
Verbesserungsvorschläge Anzahl 41 19 581 842
Technische Infrastruktur
IT-Services für das ESZB/Eurosystem Anzahl 3 3 3 3
IT-Großprojekte Anzahl 5 5 7 9
Quelle: OeNB.
1 22 Verbesserungsvorschläge + 36 Ideen aus dem internen Wettbewerb „Die OeNB-Klimachallenge“.
2 55 Verbesserungsvorschläge + 29 Ideen aus dem internen Wettbewerb „Die OeNB-Klimachallenge“.

Personalmanagement in der neuen ­Normalität

Als Zentralbank der Republik Österreich sind wir uns der verantwortungsvollen Rolle für Österreich und Europa bewusst und wissen, wie wichtig unsere Mitarbeiter:innen für die Erfüllung der Aufgaben der OeNB sind. Aus diesem Grund sind wir bestrebt, unseren Mitarbeiter:innen optimale Rahmenbedingungen für ihre wertvolle Arbeit zu ermöglichen.

Nach einer Entspannung der pandemiebedingten Lage sind wir im Jahr 2022 in eine neue und modernisierte Normalität zurückgekehrt. Die OeNB hat aus den veränderten Arbeitsbedingungen vor allem in den Bereichen IT-Infrastruktur und virtuelle Zusammenarbeit ihre Lehren gezogen (Tabelle 1).

Mit einer neuen Homeoffice-Regelung konnten wir den Entwicklungen der letzten Jahre zur Flexibilisierung des Arbeitsplatzes Rechnung tragen und unseren Mitarbeiter:­innen eine gute Mischung aus Vor-Ort-Tätigkeit und Homeoffice ermöglichen. Damit liefen mit Ende 2022 die längerfristig geltenden Teleworking-Vereinbarungen aus, die vor der Pandemie (2019) knapp 13% der Mitarbeiter:­innen nutzten.

Insbesondere die Möglichkeit, Kurse und Teambuildings wieder vor Ort zu absolvieren und vor allem auch nachzuholen, zeigt sich für 2022 sehr deutlich in den Ausbildungskennzahlen. Die durchschnittlichen Ausbildungstage pro Mitarbeiter:in sind mit 4,7 Tagen im Vergleich zu den Vorjahren signifikant gestiegen und übertrafen auch das Vorpandemieniveau von 3,9 Tagen (2019). Aus Sicht der Personalentwicklung gab es noch eine weitere erfreuliche Entwicklung: 2022 wurde erstmalig eine Aus- und Weiterbildungsquote von 100% erreicht, wenn die für alle Mitarbeiter:innen verpflichtenden eLearning-Module berücksichtigt werden (Tabelle 5; mindestens eine Ausbildung pro Jahr). Das eLearning-Angebot wird von der Personalabteilung seit der Pandemie sukzessive ausgebaut und verstärkt genutzt.

Nach einer Reihe pandemiebedingter Verschiebungen konnte im Herbst 2022 vom Audit-­Team „berufundfamilie“ erstmals ein Familienfest in der OeNB veranstaltet werden. An diesem Tag konnten die Familien bzw. Kinder unserer Mitarbeiter:innen spielerisch den Arbeitsplatz von Familienangehörigen bzw. ihrer Eltern kennenlernen. Das Familienfest ist ein markantes Beispiel für unsere Tätigkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Familie und ­Beruf und zeigt den hohen Stellenwert dieses Themas für die OeNB.

discovering hands

Eine Initiative zur Brustkrebsfrüherkennung, die sich auf den erhöhten Tastsinn blinder und sehbehinderter Frauen stützt.

Ein weiterer Schwerpunkt wurde im Jahr 2022 auf das Thema Gesundheitsvorsorge gelegt. Insbesondere sind hier unsere Bemühungen in der Krebsprävention hervorzuheben; so ist die OeNB seit dem Berichtsjahr offizielle Partnerin von Pink Ribbon. Auch konnten wir unseren Mitarbeiter:innen im Rahmen einer Kooperation mit der Initiative „discovering hands“ zum ersten Mal eine taktile Untersuchung als ­Ergänzung in der Brustkrebsfrüherkennung anbieten. Zusätzlich wurde das Angebot um einen Melanom-Check, eine Prostata-Untersuchung und eine Informationskampagne zur ­verstärkten Nutzung des Gesundenvorsorge-Untersuchungsangebots ergänzt. Darüber hinaus wurde eine Erhebung der psychosozialen Belastungsfaktoren durchgeführt, um frühzeitig etwaige Faktoren identifizieren und entsprechend Gegenmaßnahmen setzen zu können. 2022 wurde auch weiterhin über das Gesundheitszentrum die Impfung gegen COVID-19 angeboten.

All diese Maßnahmen und Bemühungen sollen die Attraktivität der OeNB als Arbeitgeberin stärken und unseren Mitarbeiter:innen ein optimales Arbeitsumfeld bieten.

Die weiterhin geringe Fluktuationsrate (3,1%) und die gute Nutzung der Flexibilisierungsmaßnahmen (Teilzeitanteil 21,8%; durchschnittlich 100,6 Homeoffice-Tage pro Mitarbeiter:in) sowie der Mobilitätsmöglichkeiten (29 interne und 60 externe Jobrotations) zeigen den Erfolg dieser Bestrebungen (Tabelle 5).

Dennoch lässt sich in Hinblick auf die Gender-­Management-Kennzahlen weiterhin ein Verbesserungspotenzial im Bereich des Frauenanteils in der Fach- und Führungskarriere erkennen (Tabelle 3, Gender-Management in Tabelle 5 sowie Kasten 9).

Tabelle 3: Frauenanteil in der Fach- und Führungskarriere nach Ebenen  
2017 2018 2019 2020 2021 2022
Frauenanteil in %
Führungskarriere 29 28 28 26 28 29
Gruppenleiter:in 32 28 26 23 27 28
Stv. Abteilungsleiter:in 30 33 33 32 29 29
Abteilungsleiter:in 24 25 29 26 28 29
Direktor:in der Hauptabteilung 22 22 22 22 30 30
Fachkarriere 33 38 36 35 37 35
1. Stufe 34 39 37 31 37 35
2. Stufe 31 36 39 40 42 38
3. Stufe 22 27 21 31 30 28
4. Stufe 75 78 60 70 43 43
Quelle: OeNB.
Anmerkung: Stichtag 31. Dezember.

Unser Ziel ist es, den Frauenanteil in der Fach- und Führungskarriere zu erhöhen. Im März 2022 wurde daher der zweite OeNB-Frauenförderungsplan durch das Direktorium in Kraft gesetzt. Er gilt gemäß Bundes-Gleichbehandlungsgesetz für die kommenden sechs Jahre und enthält 20 verschiedene Maßnahmen zur Förderung von Diversität und Frauen.

Neben laufenden Informationskampagnen wurden auch neue Maßnahmen gesetzt. Dazu gehören Empfehlungen zur Verwendung inklusiver Sprache, die Einführung eines eLearning-Angebots zum Thema Bias Awareness (d. h. zum Umgang mit (unbewussten) Stereotypen und Vorurteilen) und die Gründung des OeNB Women’s Forum, das neben Vernetzungsmöglichkeiten auch Wissens- und Informationsveranstaltungen vorsieht.

Weitere neue Maßnahmen im Berichtsjahr waren u. a. ein Workshop zum Thema „Inclusive Leadership und Frauenförderung“ für die Führungskräfte und ein internes Führungskräfte-­Shadowing-Programm, das speziell für Frauen angeboten wurde. Unter dem Motto „Women in Leadership“ konnten zehn Kolleginnen eine gewisse Zeit lang eine Führungskraft begleiten und Einblicke in den Führungsalltag gewinnen. Im Jahr 2022 wurden darüber hinaus zusätzliche Fachkarrierepositionen gezielt für Mitarbeit­er:­innen bewilligt, die bereits in Elternkarenz ­waren. Durch diese Maßnahme soll ein etwaiger Karrierenachteil, der sich durch längere Abwesenheit oder Teilzeitarbeit ergeben hat, ausgeglichen werden. Die OeNB wird alle bisherigen Maßnahmen in den kommenden Jahren weiterführen, evaluieren und laufend ergänzen.

Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit bei strukturell bedingten Einkommensunterschieden

Für mehr Einkommenstransparenz zu sorgen ist eine von vielen Initiativen im Rahmen des aktuellen Frauenförderungsplans der OeNB . Bei einer tiefgehenden Analyse des bankinternen Lohngefälles zwischen Männern und Frauen zeigen sich vor allem deutliche strukturelle Unterschiede (Tabelle 5: Indikatoren zu den Investitionen in das wissensbasierte Kapital). Um dem Ziel eines ausgewogenen Frauen- und Männeranteils und einer ausgewogenen Einkommensstruktur näher zu kommen, bedarf es somit konsequenter Maßnahmen zur Angleichung des Beschäftigungsausmaßes zwischen Frauen und Männern und zur Erhöhung des Frauenanteils in der Belegschaft und in allen Führungs- und Fachkräftefunktionen.

Tabelle 4: Gender-Pay-Gap in der OeNB strukturell bedingt  
Prozentsatz, um den Frauen
weniger verdienen als Männer
Ausgezahlte Gehaltssumme –17,4
Ausbezahlter Schemabezug –12,5
Jahresbezug in Vollzeitäquivalenten =
unbereinigter Gender-Pay-Gap
–8,2
Quelle: OeNB.
Anmerkung: Grundsätzlich erklärt sich der Gender-Pay-Gap vollständig durch
­Ausbildungsniveau, Funktion, Dienstalter/Dienstrecht, Alter und Anzahl
unterhaltspflichtiger Kinder. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2021.

Bisher hat die OeNB das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen (Gender-Pay-Gap) für den Einkommensbericht des Bundes (gemäß §6a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz) auf stark aggregierter Basis jährlich gemeldet, jedoch nicht veröffentlicht. In einem internen Projekt wurde nun auf Basis disaggregierter Daten für das Jahr 2021 analysiert, welche Formen der Einkommensungleichheit in der OeNB bestehen und welche Erklärungsfaktoren dahinterstehen. Unbereinigt ist das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern als Unterschied der jeweiligen durchschnittlichen Jahresbezüge in Vollzeitäquivalenten definiert. 1 , 2 Vereinfacht gesagt geht es um den Prozentsatz, um den Frauen weniger verdienen als Männer. Gemessen am 2021 tatsächlich ausbezahlten Jahresbezug betrug der durchschnittliche Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern in der OeNB 17,4% (Tabelle 4). Betrachtet man lediglich den Schemabezug (ohne Zulagen, Bonus usw.), so verringert sich der Unterschied auf 12,5% – wobei in beiden Fällen Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Beschäftigungsausmaß unberücksichtigt bleiben. Berücksichtigt man Teilzeitbeschäftigungen und berechnet das Lohngefälle in Vollzeitäquivalenten, belief sich die Einkommensdifferenz 2021 auf 8,2%. 3

Strukturelle Ungleichgewichte erklären also einen wesentlichen Teil der Einkommensunterschiede von Frauen und Männern in der OeNB. Insbesondere spielt das unterschiedliche Beschäftigungsausmaß eine große Rolle. Für die Berechnungen wurden Schemabezug und Zulagen linear in Vollzeitäquivalente umgerechnet. Damit wird eine mögliche finanzielle Benachteiligung von Teilzeitkräften, die über das Ausmaß der Beschäftigungsreduktion hinausgeht, außer Acht gelassen. Die Analyse deutet jedoch darauf hin, dass auch in der OeNB ein solcher „Teilzeit-Nachteil“ besteht, und zwar sowohl für Männer als auch für Frauen. Interessanterweise besteht kein großer Unterschied in Bezug auf das durchschnittliche Beschäftigungsausmaß bei Teilzeitverträgen (Männer: 73%; Frauen: 69%). Jedoch werden die bestehenden Teilzeitmodelle von Frauen und Männern stark unterschiedlich genutzt. Während nur 11% der männlichen OeNB-Beschäftigten in Teilzeit arbeiten, liegt dieser Prozentsatz bei Frauen bei 38%. Dadurch schlägt sich Teilzeit in den Einkommensunterschieden entsprechend stark nieder.

Das unbereinigte Lohngefälle zwischen Frauen und Männern lässt sich anhand mehrerer Faktoren weiter zerlegen und im Fall der OeNB zur Gänze erklären. Mithilfe von Regressionsanalysen wurden folgende wesentliche Erklärungsfaktoren identifiziert: 4 Ausbildungsniveau, Funktion in der Bank (Führungs- oder Fachkarriereposition), Dienstalter bzw. Dienstrecht, persönliches Alter und Zahl der unterhaltspflichtigen Kinder. Vor allem die Berücksichtigung des akademischen Abschlusses spielt eine wesentliche Rolle bei der vollständigen Erklärung der Einkommensunterschiede. Alle Faktoren weisen die erwarteten Vorzeichen auf und sind statistisch signifikant. Das Einkommen steigt mit dem Alter und dem Dienstalter und fällt im Fall höherer akademischer Abschlüsse, höherer Fach- oder Führungskarrierepositionen und bei Ausbezahlung einer Kinderzulage vergleichsweise höher aus. Der geringere Anteil von Frauen in Fachkarrierepositionen (26% der Frauen gegenüber 34% der Männer) ist somit ein weiterer struktureller Erklärungsfaktor für die bestehenden Einkommensunterschiede.

Förderung einer inklusiven ­Unternehmenskultur

Neben der Chancengleichheit von Frauen und Männern ist die aktive Förderung von Diversität und Inklusion ein wichtiger Teil der OeNB-Unternehmenskultur. Auch im Berichtsjahr nahm die OeNB wieder am myAbility Talent Programm teil, das der Vernetzung von Unternehmen und hochqualifizierten Student:innen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen dient. Das Programm ermöglicht Student:innen Einblicke in die Berufswelt; Unternehmen wiederum erhalten die Möglichkeit, Talente mit vielfältigen Potenzialen kennenzulernen. Mittlerweile hat die OeNB im Rahmen dieser Kooperation fünf Hochschulpraktika ­angeboten (im Jahr 2022: 1). Die OeNB setzt laufend weitere Maßnahmen, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu fördern. So wird in Jobinseraten die Zielgruppe direkt angesprochen, und die Umsetzung von Barrierefreiheit hinsichtlich der Zugänglichkeit der OeNB-Gebäude, der Arbeitsplatzausstattung und der digitalen Informationsangebote wird vorangetrieben.

Bewusstsein für soziale Verantwortung

Der Verein „Entwicklungshilfegruppe in der OeNB“ wird bereits seit 1982 von engagierten aktiven und pensionierten OeNB-Mitarbeit­er:innen betreut. Statutengemäß können ausschließlich Hilfsprojekte zur Unterstützung eingereicht werden, die den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen entsprechen. Projekte werden durch Mitgliedsbeiträge und Spenden der Belegschaft sowie des Direktoriums finanziert. Im Jahr 2022 wurden zehn Projekte für Afrika und Asien eingereicht.

Im Berichtsjahr wurden wieder großzügige Spendeneinnahmen verzeichnet: einerseits durch die Organisation von Benefizveranstaltungen wie etwa der Wohltätigkeitsveranstaltung „Swimming together“ (gemeinsam mit dem Sport- und Kulturverein der OeNB) und des Adventbasars mit Unterstützung der Messe sowie andererseits durch eine morgendliche Werbeaktion am Weltalphabetisierungstag und neue Mitgliedschaften.

Im Zuge der Ukrainehilfe-Sammelaktion des Betriebsrats stellten die OeNB-Mitarbeiter:­innen ihre große Spendenbereitschaft unter ­Beweis. Das gesammelte Geld wurde den Organisationen Caritas Österreich, Volkshilfe Öster­reich (Volkshilfe Solidarität) und Ärzte ohne Grenzen zur Verfügung gestellt, die in der ­Ukraine direkt vor Ort tätig sind.

Tabelle 5: Indikatoren zu den Investitionen in das wissensbasierte Kapital  
Indikator Einheit 2018 2019 2020 2021 2022
Struktur der Mitarbeiter:innen
Personalstand (in Ressourcen, Jahresende)1 Anzahl 1.079,3 1.069,6 1.097,5 1.133,2 1.129,3
bis 30 Jahre % 9,2 7,1 7,3 8,7 8,9
31 bis 40 Jahre % 28,6 29,4 28,9 28,1 26,6
ab 41 Jahre % 62,2 63,5 63,8 63,2 64,6
Fluktuationsrate % 2,8 2,6 2,1 1,7 3,1
Personal mit akademischer Ausbildung % 64,9 65,8 67,4 69,9 71,6
Leitungsspanne Anzahl 7,0 7,1 7,6 7,7 8,0
Flexible Arbeitszeitformen
Teilzeitarbeit % 16,0 18,3 18,6 20,8 21,8
Homeoffice (pro Mitarbeiter:in pro Jahr)2 Tage x x 131,9 157,4 100,6
Sabbaticals Anzahl 6 5 3 7 7
Gender-Management
Frauenanteil am Personalstand % 38,8 39,3 39,6 39,7 40,3
Frauenanteil in Führungskarriere % 27,9 28,8 26,3 27,9 28,7
Frauenanteil in Fachkarriere % 37,9 36,2 35,2 36,9 34,7
Frauenanteil bei Teilzeitarbeit % x 72,9 72,7 70,9 71,2
Frauenanteil bei der Aus- und Weiterbildungsquote % x x 41,0 39,2 39,5
Mobilität
Interne Jobrotations Anzahl 40 30 23 43 29
Arbeitsaufenthalte bei nationalen und internationalen
Organisationen (externe Jobrotations)
Anzahl 56 57 43 45 60
Arbeitsaufenthalte in der OeNB (incoming) Anzahl 32 31 5 2 12
Praktika Anzahl 75 77 70 79 87
Wissenserwerb
Aus- und Weiterbildungstage (pro Mitarbeiter:in pro Jahr) Tage 4,1 3,9 1,7 3,2 4,7
Aus- und Weiterbildungsquote (mindestens eine
Ausbildung pro Jahr)
% 82,2 82,2 61,9 63,4 86,3
Quelle: OeNB.
1 Teilzeitkräfte sind anteilsmäßig berücksichtigt.
2 Inkl. Teleworking-Tage (Teleworking-Vereinbarungen liefen mit Ende 2022 aus).
3 Mit verpflichtenden eLearning-Modulen beträgt die Quote 100%.

1 Eurostat definiert das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen auf Basis der durchschnittlichen Bruttostundenlöhne. Laut Eurostat betrug der unbereinigte Einkommensunterschied im Jahr 2020, auf das sich die letzten verfügbaren Daten beziehen, in der EU 13% und in Österreich 18,9%, wobei er im Bereich der Finanzdienstleistungen in Österreich mit 27,2% am höchsten war.

2 Die Auswertung beruht auf den Daten aller Beschäftigten (ohne Karenzierungen und Entsendungen in auswärtige Institutionen und Konzerntöchter) für das Jahr 2021, wobei erst im Folgejahr ausbezahlte Bonuszahlungen hinzugerechnet wurden.

3 Dieser Wert ist aufgrund der Hochrechnung auf Vollzeitäquivalente mit der Eurostat-Definition und dem für Österreich mit 18,9% ausgewiesenen Lohngefälle vergleichbar.

4 Die Schätzergebnisse auf Basis der OLS-Regressionen wurden durch Oaxaca-Blinder-Zerlegungen bestätigt.

Dialog mit der Öffentlichkeit zur Wissensvermittlung

Veranstaltungsportfolio der OeNB im Zeichen der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine auf Inflation, Wirtschaftsentwicklung und Wertschöpfungsketten haben die Themenauswahl der jüngsten volkswirtschaftlichen Veranstaltungen der OeNB geprägt. So befasste sich im Mai 2022 die ­
49th OeNB Economics Conference unter dem Titel „ The return of inflation “ mit den Inflationseffekten der Pandemie und geopolitischen Spannungen sowie den daraus resultierenden Herausforderungen für die Geldpolitik. Diese Konferenz fand in Kooperation mit ­ SUERF – The European Money and Finance Forum – statt. Ebenfalls mit den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine – diesmal mit einem ­Fokus auf die CESEE-Region – beschäftigte sich im November 2022 die jährliche Conference on European Economic Integration (CEEI); sie trug den Titel „ Economic and monetary policy under wartime conditions – implications for CESEE “. Die 27. Global Economy Lecture, eine alljährlich in Zusammenarbeit mit dem wiiw organisierte Vorlesung mit dem Schwerpunkt aktueller globaler Wirtschafts- und Handelstrends, wurde Anfang Jänner 2023 von Sergei Guriev, Professor an der Universität Sciences Po Paris, zum Thema „ The political economy of Putin’s war in Ukraine “ gehalten. Weitere aktuelle Themen wie der Klimawandel, digitale Zahlungsmittel oder (e-)Motion-Trends wurden im Rahmen des monatlichen „Freitagsseminars“ sowie des East Jour Fixe aufgegriffen. Unsere Veranstaltungen finden generell in hybrider Form statt, sowohl seitens der Vortragenden als auch des Publikums. Dies sichert nicht nur einen von der aktuellen pandemischen Lage ­unabhängigen Ablauf, sondern macht die Veranstaltung auch für räumlich weiter entfernte Zielgruppen zugänglich und verringert den CO2-Fußabdruck unserer Veranstaltungen.

Neben den Konferenzen sind unsere regelmäßigen Publikationen ein wichtiger Kommunikationskanal und ein Aushängeschild unserer Analysetätigkeit. Die Themen „Pandemie“ und „Krieg in der Ukraine“ fanden sich in vielen ­Artikeln des halbjährlichen „ Financial Stability Report “ sowie der Quartalsschrift „ Focus on European Economic Integration “, die einen CESEE-Schwerpunkt hat, wieder. Darüber ­hinaus widmeten sich Sonderausgaben der ebenfalls vierteljährlich erscheinenden Reihe „ Monetary Policy & the Economy “ den Themen „20 Jahre Euro-Bargeld“ und „Inflation“.

Unser digitaler Auftritt: starkes ­Wachstum auf Social-Media-Kanälen

Das 20-Jahr-Jubiläum der Euro-Bargeldeinführung stellte 2022 einen Schwerpunkt in der Kommunikation der OeNB mit der Öffentlichkeit dar, und es wurde darüber auf allen Kommunikationskanälen unter dem Motto „#EUROat20“ berichtet. Um ein breites Verständnis zu erzielen, wurden Informationen kurz und leicht verständlich aufbereitet. Auf den Social-Media-Kanälen wurde zusätzlich der Fokus auf die Vermittlung der Aufgaben und Leistungen einer Notenbank gelegt. Zeitgleich mit dem Kampagnenstart von #EUROat20 setzten wir im Mai 2022 einen weiteren digitalen Schritt: seither ist die OeNB auch auf Facebook präsent. Auf den von uns genutzten sozialen Netzwerken wurde ein teilweise kräftiges Wachstum verzeichnet. Auf Instagram konnte die Anzahl der Follower:innen auf fast 9.000 verdoppelt werden, während der OeNB auf LinkedIn mit einem Wachstum von rund 40% mittlerweile über 10.300 Personen folgen. Dieser Kanal wurde v. a. zur Information über Finanzmarkt-, Bargeld- und Finanzbildungsthemen genutzt. Über Twitter wurden mehrheitlich Veranstaltungshinweise und Studien verbreitet. Der vor mehr als zwei Jahren gestartete OeNB-Podcast hat sich sehr gut etabliert – die Verdopplung der Hörer:innen unterstreicht dies.

Die OeNB feiert 20 Jahre Euro-Bargeld mit zahlreichen „#EUROat20“-Aktivitäten

Anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums der Euro-Bargeldeinführung haben die EZB und die Notenbanken des Eurosystems zahlreiche Initiativen gesetzt. Die OeNB war dabei eine der aktivsten Notenbanken:

Logo Euro at 20
  • Auftaktveranstaltung am 19. Jänner 2022: Das OeNB-Direktorium und Finanzminister Magnus Brunner eröffneten den Veranstaltungsreigen mit einem Presse-Event. Flankierende Maßnahmen umfassten Presseaussendungen und ein Presse-Dossier sowie einen Flickr-Account und die Bereitstellung von historischem Bildmaterial.
  • Euro-Illumination: Von Jänner bis April wurde die OeNB wirkungsvoll mit einer speziellen LED-Lichtinstallation in Form von Euro-Banknoten und -Münzen beleuchtet.
  • Webportal www.euroat20.at : Bis Ende Dezember wurden knapp 10.000 Zugriffe auf die eigens eingerichtete zentrale Anlaufstelle für alle Jubiläumsaktivitäten verzeichnet. Interessierte konnten dort nicht nur Zahlen, Daten und Fakten zum Euro abrufen, sondern im #EUROat20-Quiz auch ihr Wissen zum Euro unter Beweis stellen. Als Gewinn winkte ein Besuch in der OeNB inkl. Führung durch den Goldtresor.
  • Nationalbank-Forum: Im Rahmen des #EUROat20-Diskussionsformats „Red ma übern Euro“ traten ­Mitglieder des Direktoriums in den Bundesländern mit der österreichischen Bevölkerung in Dialog und diskutierten Themen rund um den Euro. Unterstützt wurde die OeNB dabei von den größeren österreichischen Tageszeitungen.
  • Medienkampagne: Zur Steigerung des öffentlichen Bewusstseins zum Euro und Euro-Bargeld schalteten wir entsprechende Sujets in Hörfunk-, Print- und Onlinemedien.
  • Social Media: Neben Fakten zum Euro, Personenpostings und als „Throwbacks“ bezeichneten Rückblenden kommunizierten wir auch die verschiedenen #EUROat20-Aktivitäten unter den Hashtags #EUROat20, ­#EUROmeinBargeld, #EUROmeineWährung und #EUROmeineZukunft.
  • Publikationen, Videos und Podcasts: Zusätzliche Schwerpunkte zum Euro-Bargeld setzten wir mit der Kurz-Doku „ Die Geschichte des Euro-Bargelds “, speziellen Podcast-Folgen und „Thema im Fokus“-Beiträgen, einer Jubiläumsausgabe des Folders „ Fakten zum Euro “ sowie dem Sonderheft „20 years of euro cash in Austria“ der Publikation Monetary Policy & the Economy .
  • Sonderausstellung „€URO CASH – 20 Jahre Euro-Banknoten und Euro-Münzen“: Diese Ausstellung im Geldmuseum der OeNB läuft noch bis 30. Juni 2023.
  • EUgen & ROsi: Zwei lebensgroße Euro-Maskottchen waren in fast allen Bundesländern bei Verteilaktionen im Einsatz. Ihre Namen wurden bei einem öffentlichen Namenswettbewerb aus mehr als 200 Einsendungen ausgewählt.
  • Intern wurde neben dem Euro-Corner im OeNB-Hauptgebäude auch im Intranet ein Schwerpunktbereich mit Interviews, Thementexten u. v. a. m. eingerichtet. Neben Gewinnspielen und Sonderaktionen wurden für die OeNB-Belegschaft Erstprägungen der Euro-Münzen 2022 organisiert und in Form eines „Starterpakts 2.0“ verteilt.

#EUROat20-Highlights aus dem Jubiläumsjahr stehen auch im Mittelpunkt der Bildseiten dieses Geschäftsberichts.

Vertrauen in die OeNB ist ebenfalls ­gewachsen

Das allgemein herausfordernde ökonomische und politische Umfeld spiegelt sich auch im Vertrauen in österreichische Institutionen und die Aufgabenerfüllung der OeNB wider. Nach einem vorläufigen Rückgang der generellen Vertrauenswerte, die insbesondere auch mit Methodeneffekten durch pandemiebedingte Kontaktbeschränkungen erklärt werden können, erreicht der Anteil der Bevölkerung mit Vertrauen in die OeNB im zweiten Halbjahr 2022 mit 74% nahezu wieder das Niveau vor der Pandemie (Tabelle 6). Im Vorjahrsvergleich mit dem zweiten Halbjahr 2021 ist das Vertrauen in die OeNB damit um 9 Prozentpunkte gestiegen und auch das Vertrauen in inländische Banken (73%, +12 Prozentpunkte) und die EZB hat sich verbessert (45%, +3 Prozentpunkte). Das Vertrauen in die Erfüllung der Kernaufgaben der OeNB ist ebenfalls gewachsen: bezüglich der Sicherstellung der Bargeldversorgung liegt es derzeit bei 77% (+13 Prozentpunkte), hinsichtlich der Überwachung des Zahlungsverkehrs bei 62% (+10 Prozentpunkte) sowie bzgl. der Kontrolle und Überwachung von Banken bei 53% (+13 Prozentpunkte). Mithilfe des Diskussionsforums „Red ma übern Euro“ (Kasten 10), mit dem die OeNB von Mai bis November 2022 durch die Landeshauptstädte tourte, wurde v. a. auf den direkten Kontakt mit der Bevölkerung gesetzt, um dadurch den Vertrauensaufbau zu unterstützen.

Die OeNB kann somit auf ein erfolgreiches #EUROat20-Jahr zurückblicken. Mit einem Mix aus Informationsbereitstellung, interaktiven Elementen, Wissensvermittlung und auch Emotionen konnten wir verschiedene Zielgruppen auf unterschiedliche Weise – persönlich, digital usw. – erreichen. In den diversen Arbeitsgruppen des Eurosystems galt die OeNB mit ihren umfangreichen Aktivitäten als Vorbild. Insbesondere der direkte Kontakt mit der Bevölkerung und die stärkere Vor-Ort-Präsenz förderten den Vertrauensaufbau in die Institution OeNB. Durch die Einrichtung der Plattform Bargeld (siehe Abschnitt „Sicherer und ­effizienter Zahlungsverkehr als Eckpfeiler der Wirtschaft“) soll der Vertrauensaufbau nachhaltig gestärkt und mittels kontinuierlicher Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung für das Euro-Bargeld weitergeführt werden.

Finanzbildungsportfolio profitiert von Kooperationen

Seit vielen Jahren ist es der OeNB ein besonderes Anliegen, die Finanzkompetenz der österreichischen Bevölkerung zu stärken, finanzielle Bildung zu vermitteln und das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge zu fördern. Kooperation ist hierbei das Um und Auf. Im Berichtsjahr wurden bestehende Kooperationen ausgebaut sowie neue eingegangen und auch in weiteren Bereichen wichtige Fortschritte erzielt. Im Rahmen der Umsetzung der nationalen ­Finanzbildungsstrategie für Österreich übernimmt die OeNB Funktionen im Finanzbildungsrat und im Steuerungsausschuss sowie den Co-Vorsitz der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe. Darüber hinaus unterstützt die OeNB die Erarbeitung eines nationalen Portals und setzt sich insbesondere für Frauen als Zielgruppe ein.

Kooperationen mit Universitäten und ­Finanzbildung in Kindergärten und Schulen

Im Jahr 2022 schloss die OeNB Kooperationen mit der Universität Wien und der Pädagogischen Hochschule Burgenland ab. Diese ermöglichen es Student:innen bzw. angehenden Lehrkräften Unterrichtspraxis zu sammeln, wobei die ­erbrachte Vortragstätigkeit von den Hochschulen im Masterstudium voll angerechnet wird. Weiters konnte im Berichtsjahr die Anzahl der österreichweiten Seminare in der Lehrkräfteaus- und -weiterbildung gesteigert werden, u. a. durch die Fortbildungseinheiten der Stiftung „Wirtschaftsbildung für Lehrkräfte“.

Eine weitere Kooperation – mit dem Land Niederösterreich und dem Sozialministerium – soll die Finanz- und Verbraucher:innenbildung bereits in Kindergärten fördern. Dazu werden wir ab September 2023 ein Pilotprojekt mit niederösterreichischen Kindergärten umsetzen, für das wir gemeinsam mit dem Sozialministerium ein Bildungsangebot zu den Themen „Sparen – Kaufen – Verkaufen“ entwickeln. Zudem wird die OeNB die Pilotphase wissenschaftlich begleiten und das neu geschaffene Bildungsangebot an den beteiligten Pilotkindergärten evaluieren.

Die Evaluierung des Schulpilotprojekts zur Erprobung der stärkeren Verankerung von Wirtschaftsbildung in der Sekundarstufe 1, an dem 30 Schulen teilnehmen, bildete im Jahr 2022 einen Schwerpunkt. In wissenschaftlicher Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien finalisierten wir das Erhebungsdesign und führten qualitative und quantitative Erhebungen durch. Weiters boten wir regelmäßig Fortbildungen für die am Schulpiloten teilnehmenden Lehrkräfte an.

OECD/INFE-Konferenz im Oktober 2022 in der OeNB

Im Berichtsjahr veranstaltete die OeNB als Gastgeberin gemeinsam mit der OECD das halbjährliche Arbeitsgruppentreffen des Internationalen Netzwerks der OECD für Finanzbildung (Network on Financial Education – INFE) ­sowie ein hybrides Symposium zum Thema ­„Financial literacy and financial resilience in challenging times“. Insgesamt tauschten sich mehr als 200 internationale Expert:innen aus knapp 50 Ländern zu aktuellen Entwicklungen aus – u. a. zu den Themen Inflation, Green Finance und Digitalisierung im Finanzbildungsbereich.

Aktuelles aus dem Geldmuseum und dem Bankhistorischem Archiv

Nach zwei von COVID-19-Einschränkungen beeinträchtigten Jahren stieg die Besucher:innenzahl im Geldmuseum der OeNB ab März deutlich an. Ein Höhepunkt wurde in der Langen Nacht der Museen des ORF mit 1.582 Besucher:innen erreicht. Im Juli wurde die Sonderausstellung „€URO CASH – 20 Jahre Euro-Banknoten und Euro-Münzen“ eröffnet, in der sich Besucher:innen u. a. in einer Fotostation als Porträt auf einer 2-Euro-Münze abbilden lassen konnten. Im Rahmen des neu geschaffenen digitalen Geldmuseums werden aktuell ca. 240 Sammlungsstücke vorgestellt sowie 16 Online-Führungen durch Teilbereiche der Dauerausstellung angeboten. Mitte Oktober 2022 lancierte die OeNB einen Online-Zugang zu den Archivbeständen der OeNB. Das Online-Archiv bietet Interessierten die Möglichkeit, selbstständig nach verfügbaren Quellen zu Themen wie Währungspolitik, Geldgeschichte, Architektur, frühere Arbeitswelten und Ahnenforschung zu recherchieren.

Technische Zentralbankkooperation nach der Pandemie

Joint Vienna Institute nimmt Präsenzunterricht wieder auf

Während im ersten Halbjahr 2022 der Kursplan des Joint Vienna Institute (JVI) pandemiebedingt weiterhin virtuell umgesetzt werden musste, fanden ab Juni wieder Kurse im Präsenzunterricht statt, die vom Zielpublikum sehr gut angenommen wurden. Die Teilnehmer:innen schätzen insbesondere den direkten Austausch sowie die Möglichkeit voneinander zu lernen und Netzwerke aufzubauen. Der Krieg in der Ukraine stellte das JVI vor große Herausforderungen: Teilnehmer:innen aus Russland und Belarus sind temporär von der Teilnahme an JVI-Kursen ausgeschlossen; Teilnehmer:innen aus der Ukraine war wiederum kriegsbedingt die Anreise kaum möglich. Zusätzlich hat sich die Erteilung von Visa für Kursteilnehmer:innen aus Zentralasien deutlich erschwert.

Joint Vienna Institute (JVI)

Das JVI bietet Expert:innen aus Zentralbanken und der öffentlichen Verwaltung ein breit gefächertes Kursangebot mit den Schwerpunkten Wirtschafts-, Fiskal-, Geld- und Finanzmarktpolitik. Die Teilnehmer:innen stammen größtenteils aus der CESEE-Region sowie aus dem Kaukasus und Zentralasien. Finanzierung und Organisation des JVI erfolgen durch das Bundesministerium für Finanzen, den IWF und die OeNB. Seit der Gründung im Jahr 1992 nahmen 50.294 Personen an Kursen am JVI teil.

Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 103 Kurswochen durchgeführt, an denen 1.552 ­Expert:innen teilnahmen, wobei das Verhältnis zwischen Männern und Frauen ausgewogen war. Aufgrund kleinerer Gruppengrößen und kriegs- und pandemiebedingter Hürden liegen die Zahlen noch unter dem Vorpandemieniveau (Tabelle 6). Die OeNB bot sieben Kurswochen in folgenden Themenbereichen an: Aufsicht und Finanzmarktstabilität, Statistik, europäische Integration, Personalwesen, Finanzbildung, Klimawandel und Green Finance, Übersetzungs- und Terminologiekompetenz.

Während der Pandemie hat das JVI auch eine erfolgreiche Webinar-Reihe entwickelt: 2022 fanden 16 Webinare statt, mit denen das JVI insgesamt 1.451 Zuhörer:innen erreichte. Auch die OeNB brachte dabei ihre Expertise ein.

Neues regionales Programm für EU-­Kandidatenländer am Westbalkan läuft an

Die OeNB ist Mitglied der ESZB-Arbeitsgruppe für Zentralbankkooperation, die u. a. große EU-finanzierte Programme zur Unterstützung von Nicht-EU-Zentralbanken bei der Heranführung an die Europäische Union koordiniert. Im Berichtsjahr lief ein neues regionales Programm für die EU-Kandidatenländer und potenzielle EU-Kandidaten des Westbalkans an. 20 nationale Zentralbanken des ESZB (darunter die OeNB) sowie die EZB beteiligen sich an diesem Programm. Das Projekt läuft für 36 Monate und wird von der Deutschen Bundesbank koordiniert. Die Europäische Kommission hat für die Umsetzung 3 Mio EUR aus dem Instrument für Heranführungshilfe (Instrument for Pre-Accession Assistance – IPA III) zur Verfügung gestellt.

Tabelle 6: Indikatoren zum wissensbasierten Output  
Einheit 2019 2020 2 2022
Kooperation und Vernetzung
Nationale Gremien mit OeNB-Beteiligung Anzahl 85 79 75 78
Internationale und europäische Gremien mit
OeNB-Beteiligung (u. a. ESZB)
Anzahl 323 331 345 332
Technische Zentralbankkooperation mit CESEE,
Kaukasus und Zentralasien
Tage 4941 345 376 467
Teilnehmer:innen an Kursen des JVI Anzahl 2.410 756 1.578 1.552
Nationale und internationale Veranstaltungen
der OeNB
Tage 200 43 120 177
Externe Vorträge Anzahl 879 474 659 803
davon zu ESG (Nachhaltigkeit) Anzahl x x x 57
Kommunikation und Information
Auskünfte der OeNB-Hotlines Anzahl 11.432 9.756 7.337 9.171
Externe Forschungskooperationen Anzahl 150 126 106 97
davon zu ESG (Nachhaltigkeit) Anzahl x x x 24
Besuche im Geldmuseum, Personen Anzahl 11.019 2.790 2.995 9.372
Bargeldschulungen (inkl. Euro-Shop-Tour), Personen Anzahl 16.939 3.354 1.562 5.355
Bei Schulaktivitäten erreichte Kinder und Lehrkräfte Anzahl 27.914 12.172 9.850 20.239
Seminare für Lehrkräfte Anzahl 25 27 51 58
Pressekonferenzen Anzahl 20 9 8 12
Presseaussendungen Anzahl 114 114 101 111
Publikationen
Fachartikel von OeNB-Mitarbeiter:innen Anzahl 79 72 98 69
davon zu ESG (Nachhaltigkeit) Anzahl x x x 5
davon referierte Artikel Anzahl 36 27 32 31
davon zu ESG (Nachhaltigkeit) Anzahl x x x 1
Vertrauen und Image
Vertrauensquote im 2. Halbjahr % 76 76 652 74
Image-Index im 2. Halbjahr
(positiv, wenn Wert zwischen 5,5 und 10,0)
Indexpunkte 7,2 6,9 6,52 6,7
Quelle: OeNB.
1 Wurde korrigiert.
2 Zeitreihenbruch aufgrund pandemiebedingter Umstellung der Erhebungsmethode auf CATI-/CAWI-Methodenmix.

Die OeNB fördert Wissenschaft und Wirtschaft sowie Kunst und Kultur

Gezielt ökonomisch orientierte ­Forschungsförderung

Deklariertes Ziel des Jubiläumsfonds der OeNB ist es, für thematisch abgegrenzte Grundlagenforschung mit Notenbankbezug faire Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen. Mit unserer Förderung möchten wir die Konkurrenzfähigkeit und Attraktivität der ökonomisch orientierten Forschung in Österreich gezielt stärken.

Im Einklang mit diesen strategischen Vorgaben genehmigte das Direktorium der OeNB im Jahr 2022 die Finanzierung von 32 Forschungsprojekten, die sich auf rund 6,5 Mio EUR beläuft. Primärer institutioneller Fördermittelempfänger war im Berichtsjahr die Karl-Franzens-Universität Graz mit fünf bewilligten Projekten (998.000 EUR), gefolgt von der Johannes Kepler Universität Linz mit vier bewilligten Projekten (901.000 EUR).

Unabhängige Wirtschaftsforschung in Österreich

Unabhängige, hochqualitative empirische Wirtschaftsforschung schafft wichtige Entscheidungsgrundlagen für staatliche Akteure und ­informiert die Öffentlichkeit durch die Analyse wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Die vielfältigen ökonomischen Herausforderungen der Gegenwart unterstreichen die ­besondere Bedeutung der Wirtschaftsforschung als relevantes ­öffentliches Gut. Die OeNB anerkennt und unterstützt diese Einschätzung auch in finanzieller Hinsicht, um damit einen essenziellen Beitrag für die Unabhängigkeit der Wirtschaftsforschungstätigkeit gegenüber Politik und Wirtschaft sicherzustellen.

Dementsprechend hat die OeNB im Herbst 2021 das bis dahin geltende System an Basisfinanzierungen für österreichische Wirtschaftsforschungsinstitute grundlegend reformiert. Förderanträge nach dem neuen OeNB-Förderprogramm konnten erstmals ab Jänner 2022 für die Periode 2022–2024 eingebracht werden.

Die konkreten Zuteilungen des Förderbudgets erfolgten in einem mehrstufigen Auswahlverfahren unter wesentlicher Beteiligung von zwei externen internationalen Experten. Die Beurteilung beruhte auf einem klar definierten Kriterienkatalog.

Für die erste Förderperiode (2022–2024) erkannte die OeNB vier Instituten folgende Subventionsbeträge zu, deren Auszahlung jeweils in drei Tranchen erfolgt: (1) dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (in Summe 5.925.000 EUR), (2) dem Institut für Höhere Studien (4.100.000 EUR), (3) dem Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (1.995.000 EUR) und (4) dem Complexity Science Hub Vienna (795.000 EUR).

Förderung der österreichischen Wirtschaft

Mit den Mitteln des ERP-Fonds (European ­Recovery Program, allgemein als Marshall-Plan bekannt) werden heute niedrig verzinste Kredite zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich finanziert. Die OeNB hatte von Beginn an eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung des Marshall-Plans und verwaltet die Mittel des ERP-Nationalbankblocks. Die OeNB betreute zuletzt 564 Kredite der Sektoren Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen mit einem aushaftenden Kreditvolumen von insgesamt 764 Mio EUR.

Förderung von Kunst und Kultur

Die OeNB bekennt sich zu ihrem Engagement für Kunst und Kultur. Durch Ankäufe bedeutender Kunstwerke – 2022 u. a. von zwei Gemälden aus den 1920er-Jahren von Werner Berg und Herbert Ploberger – trägt sie dazu bei, ­österreichisches Kulturgut im eigenen Land zu erhalten. Ein besonderes Anliegen ist es uns, junge österreichische Kunstschaffende durch Ankäufe zu fördern. Wichtige Werke unserer Sammlung waren 2022 als Leihgaben in österreichischen Museen zu sehen (Albertina, Landesgalerie Niederösterreich, Leopold Museum, mumok, Neue Galerie Graz, Nordico Linz, Schloss Schönbrunn und Schloss Bruck Lienz). Auch Ausstellungen in Paris und Berlin wurden mit OeNB-Leihgaben unterstützt.

Mit unserer Sammlung historischer Streichinstrumente haben wir uns die Aufgabe gesetzt, den Ruf Österreichs als Musiknation zu unterstützen. Die 45 Instrumente, gebaut von den berühmtesten Vertretern des klassischen italienischen und französischen Geigenbaus, werden Musiker:innen unentgeltlich zur Verfügung ­gestellt. Diese Partnerschaft ermöglicht es, dieses einzigartige Kulturerbe auch als Klangkörper für zukünftige Generationen zu erhalten. Im Zuge unserer langjährigen Kooperation mit dem Radiosender Ö1 fanden auch wieder Konzerte mit Instrumenten der OeNB-Sammlung in Linz, Innsbruck, Graz und Wien statt. Im Rahmen des Wiener Konzerts wurde auch das Werk „Die Geburt des Chrysomeles“ von Tanja Elisa Glinsner, Gewinnerin des OeNB-­Ö1-Kompositionswettbewerbs, uraufgeführt.

Interessierte, die mehr über die Sammlung erfahren möchten, finden viele vertiefende Informationen in einem wissenschaftlich aufgearbeiteten Bereich auf der OeNB-Website .

Unternehmensweites Risikomanagement passt sich an dynamisches Umfeld an

Im Rahmen der OeNB-Strategie 2020–2025 wurde die Einrichtung eines unternehmensweiten Risikomanagements (Enterprise Risk Management – ERM) als strategisches OeNB-Ziel festgelegt. Die bestehenden Systeme zur Risikobegrenzung – etwa im Veranlagungs- und Beteiligungsbereich, im IT- oder Compliance-Bereich sowie auf Projektebene sollen so schrittweise harmonisiert werden. Nach dem Start des Vorhabens 2020 sowie der Inkraftsetzung der ERM-Bereichsvorschrift im Jahr 2021, die Mindestanforderungen an das Risikomanagement enthält, wurden 2022 weitere Harmonisierungsfortschritte erzielt. Die neu eingeführte gemeinsame ERM-Jahresberichterstattung mit der Bündelung der bisherigen Einzelberichte zu den jeweiligen Risikomanagementsystemen ermöglicht 2022 erstmals eine zentrale Risikobetrachtung. Seit 2022 legt die OeNB den Fokus auch verstärkt auf ESG-Risiken, also auf Risiken in den Bereichen ­Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (siehe Abschnitt „Integration von ESG-Risiken in unser Risikomanagement“). Dabei betrachten wir ESG-Risiken nicht als eigenständige Risiko­art, sondern als Treiber der schon bisher analysierten Risikoarten im Sinne einer OeNB-­spezifischen Definition der ESG-Risiken. Etwaige ESG-relevante Folgeaktivitäten sind Aufgabe der zuständigen Abteilungen.

Finanzielle Risiken

An finanziellen Risiken sind für die OeNB das Markt-, Kredit- und Marktliquiditätsrisiko ­relevant. ESG-Risiken können – insbesondere in Form von Klimarisiken – über einen längerfristigen Zeitraum zu erhöhten finanziellen ­Risiken führen und finden daher verstärkt Beachtung (siehe Abschnitt „Integration von ESG-­Risiken in unser Risikomanagement“). Das ­Management der finanziellen Risiken folgt einem Top-Down-Ansatz. Das Direktorium gibt Prinzipien für das Risikomanagement vor und beschließt jährlich ein Risk Appetite Statement für das Veranlagungsportfolio der OeNB. Die Steuerung und Überwachung der finanziellen Risiken innerhalb dieses Rahmens erfolgt auf Basis der Direktoriumsvorgaben durch das Asset-­Liability-Abstimmungs-Meeting und das Risiko­komitee. Dem OeNB-Treasury werden auf Vorschlag des Komitees und mit Beschluss des Direktoriums Regeln und Vorgaben auferlegt, die die Risiken so begrenzen, dass sie der Risiko­toleranz des Direktoriums entsprechen. Die ständige Einhaltung dieser Regeln und Vorgaben wird anhand spezifischer Risikomesssysteme und -methoden überprüft und durch das Risiko­komitee überwacht. Letzteres legt auch die zur Risikomessung verwendeten Methoden fest. Zusätzliche Währungen und Finanzinstrumente können erst nach eingehender Analyse und nach Bewilligung durch das Direktorium gehandelt werden.

Risk Appetite Statement

Eine schriftliche Aussage darüber, welche Arten und welches Niveau von Risiken die OeNB bereit ist zu akzeptieren, um ihre Geschäftsziele zu erreichen.

Marktrisiko

Das Marktrisiko entsteht durch Veränderungen von Marktpreisen auf den Finanzmärkten, insbesondere durch Veränderungen von Wechselkursen, Aktienkursen und Zinssätzen. Regeln zur Begrenzung des Marktrisikos werden vom Direktorium vorgegeben; diese sind bei der Steuerung des Marktrisikos zu beachten. Das Marktrisiko wird primär mit dem so genannten Expected Shortfall (ES) bemessen. Die Berechnungen werden einheitlich mit einem Ein-Jahres-Horizont und einem Konfidenzniveau von 99% durchgeführt. Die Risikoposition richtet sich nach dem aktuell veranlagten Eigenbestand (inklusive Gold) und dem Bestand an nicht ­abgesicherten Sonderziehungsrechten (SZR) sowie der Eigenmittelveranlagung und zweckgewidmeten Veranlagungen. Das Risiko aus der Immobilienbeteiligung wird von der OeNB anhand eines Immobilienindex auf Basis des ­Value-at-Risk mit einem Ein-Jahres-Horizont und einem Konfidenzniveau von 99% berechnet.

Kreditrisiko

Das Kreditrisiko stellt die Gefahr dar, die von einem teilweisen oder vollständigen Ausfall vertraglich vereinbarter Zahlungen ausgeht. Für die OeNB entsteht Kreditrisiko einerseits aus der Umsetzung der gemeinsamen Geldpolitik im Euroraum und andererseits aus der Veranlagung von Eigenmitteln und Eigenbeständen der OeNB. Das Kreditrisiko aus der gemeinsamen Geldpolitik im Euroraum wird von der EZB berechnet und im Risikoberichtswesen der OeNB anteilig berücksichtigt. Dagegen wird das Kreditrisiko aus dem OeNB-Eigenbestand und der Eigenmittelveranlagung von der OeNB berechnet und in der Ausnutzung des Risikorahmens mitberücksichtigt. Die Kreditrisikoberechnung erfolgt dabei einheitlich mit einem Ein-Jahres-Horizont und einem Konfidenzniveau von 99%. In der Eigenverwaltung wird das Kreditrisiko grundsätzlich über ein Veranlagungs-Limitsystem gemanagt, in dem die Daten zu sämtlichen Limiten und deren Ausnützung jederzeit aktuell zur Verfügung stehen.

Marktliquiditätsrisiko

Das Marktliquiditätsrisiko besteht darin, dass aufgrund eines engen und nicht in vollem ­Umfang aufnahmefähigen Marktes Finanzpositionen nicht zur Gänze, nicht genügend schnell und eventuell nur mit Preisabschlägen geschlossen werden können. Aus diesem Grund werden Finanzprodukte auf deren Marktliquidität hin analysiert, Positionsgrößen vom Emissionsvolumen abhängig gemacht und die maximalen Restlaufzeiten der Geschäfte limitiert. Dabei wird vorrangig auf Sicherheit und Liquidität Bedacht genommen und die Rentabilität nachgereiht.

Operationelles Risiko

Operationelle Risiken sind alle jene Risiken, die aufgrund von Unangemessenheit oder Versagen von internen Verfahren, Systemen, Menschen oder durch externe Ereignisse negative Auswirkungen auf die Reputation oder Erreichung der Ziele haben bzw. einen finanziellen Schaden für die OeNB hervorrufen können. Das Ziel des operationellen Risikomanagements ist es, gemeinsam mit den zuständigen Fachbereichen, die vorhandene Risikosituation zu beurteilen, zu steuern und laufend zu überwachen sowie mit geeigneten risikomindernden Maßnahmen zu reduzieren. Das Management dieser Risiken ist zum einen in der Bereichsvorschrift zum Enterprise Risk Management und zusätzlich noch differenzierter in der Dienstvorschrift „Operationelles Risikomanagement“ geregelt. Da sich die OeNB ihrer Rolle als Betreiberin kritischer Infrastruktur bewusst ist, werden die potenziellen Auswirkungen von operationellen Risiken zudem im Rahmen des Business-Continuity- sowie Krisenmanagements detaillierter behandelt. Spezifische Ausfalllösungen tragen zu einer gesicherten Aufrechterhaltung des OeNB-Geschäftsbetriebs bei. Aktuelle ­Ereignisse – wie etwa die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine aber auch die unsichere Situation in Bezug auf die Energiesituation in Europa – bedingen laufend Analysen und Vorbereitungen auf Krisensituationen. Speziell im Jahr 2022 wurden daher umfassende Aktivitäten zu den Themen Blackout (siehe ­Abschnitt „Flexible Organisation in einem sich stetig wandelnden Umfeld“) und Energiemangellage in der OeNB gesetzt.

Informationssicherheitsrisiko

Der IT-Bereich betreibt ein nach ISO 27001 zertifiziertes Informationssicherheitsmanagementsystem. Dabei werden die Risiken für Informationen systematisch untersucht und ­behandelt. Anhand des von der OeNB definierten Schutzbedarfs werden technische und organisatorische Schwachstellen ermittelt, die im Hinblick auf Vertraulichkeits-, Integritäts- und Verfügbarkeitsrisiken analysiert werden. Der Schutz und die Sicherheit der Informationen müssen dabei gegenüber den Kosten und der Praktikabilität abgewogen werden.

Zur Umsetzung der vom EZB-Rat beschlossenen Anforderungen für Finanzmarktinfrastrukturen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Internet- bzw. Cyber-Attacken (Cyber Resilience Oversight Expectations – CROE) wurde vom Direktorium das Thema Cybersicherheit in die Unternehmensstrategie aufgenommen. Bis 2025 werden die aus der Voruntersuchung identifizierten Lücken mittels eines mehrjährigen Informationssicherheitsprogramms geschlossen.

Integration von ESG-Risiken in unser Risikomanagement

ESG-Risiken

Potenzielle negative Auswirkungen von Faktoren in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung (Environment, Social, Governance – ESG) auf die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage sowie die Reputation der OeNB und die Erreichung der OeNB-Ziele.

Im Berichtsjahr wurde die Integration von ESG-Risiken in die Risikomanagementprozesse der OeNB weiter vorangetrieben, u. a. durch die Erarbeitung einer einheitlichen OeNB-internen Definition von ESG-Risiken. Dies ermöglicht die systematische Darstellung der ESG-Risiken als Treiber der traditionell erfassten Risikoarten (z. B. Markt-, Kredit- und operationelles Risiko). Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf Klimarisiken, die sich in chronische und akute physische Risiken sowie Transitionsrisiken unterteilen lassen. Erstere entstehen angesichts klimabedingter Veränderungen und Naturkatastrophen; letztere hängen mit dem Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft zusammen.

In der Behandlung von ESG-Risiken und somit der Nachhaltigkeitsberichterstattung spielt das Konzept der „doppelten Wesentlichkeit“ eine wichtige Rolle. Gemäß diesem Prinzip müssen sich Unternehmen nicht nur damit ­befassen, wie Nachhaltigkeitsaspekte ihr Unternehmen beeinflussen (Outside-In-Perspektive), sondern auch wie sich die Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens auf Mensch und Umwelt auswirkt (Inside-Out-Perspektive). Die Outside-In-Perspektive hat Priorität, wenn es um die Vermeidung bzw. Begrenzung allfälliger Verluste für die OeNB geht. ESG-Faktoren könnten sich negativ auf die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage und die Erreichung der Unternehmensziele auswirken. Reputations- sowie Rechts- und Haftungsrisiken stehen im Vordergrund, wenn es um die Wahrnehmung der OeNB in der Öffentlichkeit und die Einhaltung von Gesetzen geht.

Während die Steuerung der geldpolitischen Operationen und Portfolios den gemeinsamen Eurosystem-Richtlinien unterliegt, sind die nicht geldpolitischen Portfolios von der OeNB selbst zu steuern. Ausgangspunkt ist eine Selbsteinschätzung der diesbezüglichen ESG-Risiken, sowohl im Hinblick auf die Darstellung der finanziellen Risiken als auch im Hinblick auf mögliche Auslöser von Reputations-, Rechts- und/oder Haftungsrisiken. Unsere Selbsteinschätzung basiert auf der Analyse diverser Szenarien, die das Risiko­profil der OeNB negativ beeinflussen könnten, sowie auf der Analyse der jeweiligen Transmissionskanäle. Gegenstand dieser Szenarioanalysen waren u. a. technologische Neuerungen und strengere gesetzliche Vorgaben in puncto Energieeffizienz und CO2-Ausstoß sowie vermehrte Naturkatastrophen und Biodiversitätsverluste. Zu den klassischen Transmissionskanälen zählen z. B. die Ertragslage, die Wertentwicklung der veranlagten Vermögenswerte und die Kosten für die Umsetzung und Einhaltung ­gesetzlicher und regulatorischer Vorgaben.

Besonderes Augenmerk legten wir auf den Anteil der nicht geldpolitischen Portfolios gegenüber staatlichen Schuldnern, da auch diese in Zukunft mit ESG-Risiken konfrontiert sein könnten. Wiederholte Naturkatastrophen, aber auch die Sicherstellung eines sozial gerechten Übergangs zu einer CO2-neutralen Wirtschaft sowie strukturelle Maßnahmen und Anreizsysteme im Hinblick auf die Dekarbonisierung eines Wirtschaftsstandorts können zu höheren Ausgaben führen und somit den Staatshaushalt belasten.

Für diese qualitative Bewertung setzten wir einen längerfristigen, zukunftsorientierten Zeithorizont an, der jenen der klassischen Risikomodelle übersteigt. Wie oft und in welchem Ausmaß insbesondere Klimarisiken schlagend werden, wird sich erst nach und nach zeigen. Historische Datenreihen sind für die Quantifizierung von Klimarisiken derzeit wenig oder nicht repräsentativ.

Für die kommenden Jahre ist von einer ­erheblichen Verbesserung der Datenlage auszugehen, was eine genauere quantitative Bewertung von Klimarisiken ermöglichen wird. Eine zentrale Rolle kommt hier Szenarioanalysen und längerfristigen Simulationen zur Evaluation von ESG-Risiken als Treiber der traditionell erfassten Risikoarten zu.

Ergänzend zur qualitativen Analyse errechnete die OeNB per 31. Dezember 2022 die Sensitivität der nicht geldpolitischen Portfolios gegenüber Klimarisiken anhand diverser Kennzahlen, z. B. anhand des CO2-Fußabdrucks der in Euro veranlagten Vermögenswerte (siehe den Bericht „Climate-related financial disclosures by the Oesterreichische Nationalbank 2022“).

Das ESZB hat sich im Jahr 2022 auf die Verwendung einer einheitlichen Datenbasis für die ESG-Berichterstattung verständigt. OeNB-­seitig ziehen wir seit 2022 die Daten von zwei ESG-Datenanbietern als Basis für diverse Analysen und die Berechnung von Kennzahlen und Metriken sowie für die Berichterstattung heran. Beide Anbieter stellen die Datenzuverlässigkeit mithilfe hoher methodischer Ansprüche sowie entsprechenden Kontroll- und Validierungsmechanismen sicher. Fehlende Daten werden anhand von Modellen geschätzt.

Die OeNB bindet ESG-Daten aktiv in ihre Risikomanagementprozesse für die nicht geldpolitischen Portfolios ein und engagiert sich für bestmögliche Transparenz und Konsistenz in der Darstellung. Daher stehen wir in regelmäßigem Austausch mit den ESG-Datenanbietern, um die Verbesserung der Datenverfügbarkeit und -qualität voranzutreiben.

Im Interesse einer unabhängigen Beurteilung der ESG-Risiken ist die Zuständigkeit der risikoüberwachenden Einheit organisatorisch – hinauf bis zur Direktoriumsebene – von den ­risikonehmenden Einheiten getrennt. Die Berücksichtigung von ESG-Risiken als Treiber der klassischen Risikoarten wie z. B. Kredit- und Marktrisiken ermöglicht eine integrierte Risikobetrachtung, die komplexe Wirkungszusammenhänge bestmöglich abbildet.

Umwelterklärung 2022 – ökologisches Unternehmen OeNB

Aktualisierte Umwelterklärung gemäß EMAS-VO (EG) Nr. 1221/2009

EMAS

Mit dem Umweltmanagement nach EMAS (Eco Management and Audit Scheme) hat sich die OeNB freiwillig zur kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes unter Einbeziehung der Beschäftigten verpflichtet. EMAS-geprüfte Organisationen leisten einen wirksamen Beitrag zum Umweltschutz, sparen Kosten ein und zeigen gesellschaftliche Verantwortung.

Der heiße und trockene Sommer 2022 in Europa mit all seinen Folgeerscheinungen ist im Zusammenhang mit den generell zunehmenden Durchschnittstemperaturen ein weiteres Indiz für die drohende Klimakatastrophe. Infolge des rasanten Preisanstiegs bei fossilen Brennstoffen, insbesondere nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine, hat auch abseits des unmittelbaren Kriegsgeschehens erhebliche Unsicherheit um sich gegriffen. Es besteht das Risiko, dass Investitionen in einen raschen Technologieumstieg und kohlenstoffarme ­Lösungen für Mobilität, Produktion und Heizen hinausgezögert werden. Wird der „grüne ­Wandel“ jedoch nicht mit allen Mitteln vorangetrieben, können weitreichende Folgekosten und wirtschaftliche Instabilität entstehen. Klima­extreme wie Dürren oder Überschwemmungen verursachen enormes Leid, schädigen die Infrastruktur, vernichten Ernten und unterbrechen Lieferketten. Mit dem Durchschlagen auf die Produktpreise steigt zudem die Inflationsvolatilität. All diese Auswirkungen werden aber noch stärker spürbar sein, wenn wir die Ziele des Pariser Klimaabkommens, nämlich die Erderwärmung auf 2 °C zu begrenzen und möglichst unter 1,5 °C zu halten, nicht erreichen. Es ist an der Zeit, das gemeinsame Engagement zu erhöhen und die Dekarbonisierung zu beschleunigen.

Mit ihrer Klimaagenda 2022 unterstützt die EZB im Rahmen ihres Mandats den grünen Wandel, nicht zuletzt um die Risiken für die Bilanz des Eurosystems und die Preis- und ­Finanzmarktstabilität zu mindern. Praktisch unternimmt die EZB weitere Schritte, um ­Klimaaspekte stärker in den geldpolitischen Geschäften einzubeziehen, nämlich bei Käufen von Firmenanleihen und im Sicherheitenrahmen für EZB-Kreditgeschäfte sowie durch die Einführung klimabezogener Offenlegungspflichten und den Ausbau der Risikosteuerung.

Klimaneutralität

Naturkatastrophen sowie Extremwetterereignisse erinnerten auch im Jahr 2022 daran, dass der Klimawandel voranschreitet. Gegensteuerungsmaßnahmen
sollen helfen, den Ausstoß an klimarelevanten Gasen so weit zurückzudrängen, dass diese im Idealfall neutralisiert, also von Kohlenstoffsenken wie Böden, Wäldern und Ozeanen vollständig absorbiert werden können. Die 2022 in Ägypten veranstaltete Klimakonferenz (COP 27) stand vor allem im Zeichen der Klimafinanzierung und der Bestrebungen, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen. Bis zum Jahr 2050 soll Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt werden. Die OeNB peilt mit ihrer Umweltpolitik das Jahr 2040 als Zieldatum für die Erzielung effektiver Klimaneutralität aller OeNB-Aktivitäten an.

All diese Bemühungen und Umweltmaßnahmen sind auch vor dem Hintergrund des Europäischen Grünen Deals zu betrachten, ­wonach Europa bis 2050 klimaneutral werden soll. Mit dem Europäischen Klimagesetz, das vom Europäischen Parlament und vom Europäischen Rat 2021 beschlossen wurde, ist dieses Klimaziel auch rechtsverbindlich. In dem Gesetz ist auch das neue Ziel verankert, die Netto-Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 % zu verringern (Verordnung (EU) 2021/1119).

Zahlreiche bewusstseinsbildende Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit

Die OeNB bemüht sich, ihren Beitrag zur Diskussion, Planung und Umsetzung der Klimawende mit relevanten Stakeholdern in Österreich und in Europa zu leisten. Dies betrifft insbesondere auch die Rolle von Green Finance. ­Gemäß einer volkswirtschaftlichen Studie erhöhen sowohl die europäische als auch die nationale CO2-Bepreisung die Inflation in Österreich nur geringfügig. 29 Die steigenden Preise von EU-Emissionszertifikaten hatten in Österreich kaum Einfluss, weil hierzulande bereits mehr als 80% der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Die österreichische CO2-Bepreisung (in anderen Sektoren) könnte die Gesamtinflation zwischen 2022 und 2025 jährlich um lediglich 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte steigen lassen. Hinzu kommen schwer einzuschätzende indirekte Inflationseffekte durch eine Umwälzung der Produktionskosten auf die Verbraucherpreise sowie Zweitrundeneffekte infolge höherer Lohnabschlüsse.

Zu Nachhaltigkeits-, Umwelt- und Klimaschutzthemen gab es im Jahr 2022 wieder eine Vielzahl von Veranstaltungen unter OeNB-­Beteiligung. Hervorgehoben sei der Workshop „Finanzierung der grünen Transformation“, den die OeNB am 24. März gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank veranstaltete. Zudem gab es im Haus mehrere Vorträge, teilweise im Rahmen von Forschungskooperationen zu Themen wie CO2-Preise, „grüne“ quantitative Lockerung, Auswirkung von CO2-Preisen auf Aktienkurse, internationaler Effizienzvergleich von E-Fuel-Produktion, technologische Bedingungen der Energiewende, Klimapolitik und „stranded assets“ (Vermögenswerte, deren Ertragskraft oder Marktwert stark abnehmen) sowie Ursachen der EU-Strompreiskrise. Im Mai lieferte bei einer Veranstaltung des Club of Rome (Austrian Chapter) in der OeNB anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Berichts „Die Grenzen des Wachstums“ OeNB-Direktor Thomas Steiner einen Beitrag, ebenso wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Die Repräsentanz der OeNB in Brüssel veranstaltete im September in Kooperation mit der Arbeiterkammer eine Podiumsdiskussion zur Finanzierung des grünen Wandels. Im Oktober hielt Direktor Thomas Steiner bei der ungarischen Notenbank eine Eröffnungsrede zur ­Zukunft von Green Finance. Im Herbst lud die OeNB im Rahmen eines OeNB-Presidential Innovation Fellowship zu einem „ESG-Transparenz-Dialog“ in drei Runden, jeweils mit Vertreter:innen aus der Realwirtschaft, dem ­Finanzsektor und der Anlegerseite, bei dem u. a. Strategien gegen Greenwashing erörtert wurden. Das Spektrum der zahlreichen Aktivitäten wird durch die von der OeNB organisierte Conference on European Economic Integration (CEEI) ­abgerundet: Eine Session war der grünen Transformation in CESEE-Ländern gewidmet.

Die OeNB betreibt seit gut zwei Jahrzehnten ein zertifiziertes ­Umwelt­management

OeNB-intern wurde mit der Einleitung des grünen Wandels bereits vor über 20 Jahren ­begonnen, u. a. mit der Nutzung von Fernwärme und -kälte, der Inbetriebnahme einer fassadenintegrierten Fotovoltaikanlage und Zertifizierungen nach EMAS. Zudem erweiterte die OeNB ihre CO2-Erfassung und leitete Gegenmaßnahmen ein: Schon 2014 wurde das Energiemanagement gemäß der Norm ISO 50001 zertifiziert. 2022 wurden im Projekt „Urban Heating – klimafitte OeNB“ in Zusammenarbeit mit Klima-, Architektur- und Grünraum-­Expert:innen das Wiener Stadtgebiet rund um die OeNB und die Gebäude selbst analysiert (Tabelle 11). Ziel war es, Lösungen zu finden, um der klimabedingt wohl noch zunehmenden Erhitzung im Stadtgebiet besser entgegenzuwirken. Der Klimawandel und seine Folgeerscheinungen verändern auch unsere Ansprüche an Bürogebäude. Um einerseits diesen Bedürfnissen gerecht zu werden und andererseits Ressourcen zu schonen, indem bereits existierende Gebäude möglichst lange genutzt werden (unser Hauptgebäude ist mittlerweile über hundert Jahre alt), arbeiten wir im Rahmen des Gebäudemanagements laufend an einer Modernisierung und Revitalisierung. Grund und Boden sind ­begrenzte Ressourcen, weshalb aus Umweltsicht die Nutzung und Weiterentwicklung von Altbestand zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ziel des Projekts „Klimafitte OeNB“ ist es, angesichts der immer häufigeren sogenannten Tropentage (Tagestemperaturen über 30 °C) künftig nicht nur auf die vorhandene Klimatisierung zu setzen, sondern auch auf Begrünungs- und Beschattungsmaßnahmen. Parallel arbeiten wir im Rahmen der „Klimazielkoordination“ – ebenfalls mit externer Beratung – am Ausbau der Darstellung der Umweltperformance nach dem „Greenhouse Gas Protocol“-Standard und forcieren die Mitwirkung aller involvierten ­Bereiche der OeNB.

EMAS-Umweltmanagement – ein laufender Verbesserungsprozess

Ziel des Umweltmanagements nach EMAS (Eco Management and Audit Scheme) ist es, über die Integration ökologischer Kriterien in den betrieblichen Ablauf den Umweltschutz im Unternehmen kontinuierlich auszubauen. Den Rahmen für das notwendige Monitoring bildet eine Öko-Datenbank, in der alle wesentlichen Messergebnisse, die zu erfüllenden Vorgaben sowie die internen und externen Audits dokumentiert werden. Terminlich liegen wir bei der Erfüllung der aus Umweltsicht relevanten Rechtsvorschriften im Plan, wie auch aus dem laut EMAS regelmäßig zu erstellenden „Management-Review“ hervorgeht.

Zertifiziertes Energiemanagement nach ISO 50001 achtet auf Energieeinsparung

In Reaktion auf stark steigende Energiepreise hat die österreichische Bundesregierung private Haushalte und öffentliche Institutionen dazu aufgerufen, möglichst energie- und ressourcensparend zu agieren. Die OeNB unterstützt diese Bestrebungen und hat kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zu konkreten Einsparungen in den Gebäuden der OeNB ausgearbeitet:

  • Reduktion der Raumtemperatur im Winter auf mindestens 19 °C und maximal 21 °C.
  • Reduktion der Laufzeiten bei Lüftungsanlagen außerhalb der Bürobetriebszeiten.
  • Reduktion der Beleuchtungsdauer: Die LED-Gangbeleuchtung wurde weiter eingeschränkt. Aufheller und Wegweiser der Notfallbeleuchtung leuchten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben weiterhin durchgehend.
  • Abschaltung der Fassadenbeleuchtung am Hauptgebäude: Damit wurde ein nach außen sichtbares Zeichen gesetzt.
  • Energieeinsparung durch verminderte Kühlung im Sommer: Höhere Temperaturen in den Büros werden in Kauf genommen, um auch hier Energie zu sparen.

Der jährliche Stromverbrauch je Personalressource wurde im Energiemanagement nun mit 5,2 MWh ermittelt. In den Details sind teilweise Mehrverbräuche aufgrund des erhöhten Kühlbedarfs im Sommer sowie von strengeren Vorgaben in der Lagerung und Produktion von Banknoten zu verzeichnen, was insbesondere Messwerte im Geldzentrum steigen ließ. Der Fernwärmebedarf konnte nach Optimierungen in der Gebäudetechnik und den jüngst abermals zu verzeichnenden milden Außentemperaturen im Winter auf einem sehr niedrigen Niveau gehalten werden.

Die OeNB bezieht schon seit vielen Jahren zertifizierten Strom aus ausschließlich erneuerbaren Quellen. Zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und zur Energieeinsparung setzen wir ferner auf Wärmerückgewinnung, fassadenintegrierte Fotovoltaik, nachhaltige Gebäudenutzung, optimierte Beleuchtungskonzepte mit Bewegungsmeldern und LED-Lampen ­sowie Verbesserungen in der Haustechnik. Dies reicht von der exakten Steuerung von Pumpen, Ventilatoren, Liftanlagen und Jalousien bis hin zum Einbau einer Free-Cooling-Anlage (Kühlung des Hauptgebäudes ohne nennenswerten Aufwand an Betriebsenergie, da in der Nacht die abgekühlten Außentemperaturen in Innenbereiche geleitet werden). Erwähnenswert sind ferner Maßnahmen zur Bewusstseinsförderung für umweltrelevante Themen bei der Belegschaft (z. B. Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel für den Weg von und zur Arbeitsstätte sowie für Dienstreisen), Ideenwettbewerbe (wie „Die OeNB-Klima-Challenge“, „Energie-Spar-Box“) und die mehrjährige Unterstützung von Renaturierungs- und Forschungsprogrammen aus Mitteln des Jubiläumsfonds der OeNB. In einer bereits seit rund 15 Jahren bestehenden Kooperation mit dem WWF unterstützen wir schließlich auch Projekte, die den Hochwasserschutz-Rückbau fördern und somit in renaturierten Gebieten der Tier- und Pflanzenwelt zur Rückkehr in verlorene Areale und zu neuem Lebensraum verhelfen.

Des Weiteren sind Plug-In-Hybridfahrzeuge und Dienstfahrräder mit Elektroantrieb – die sogenannten OeNBikes – in Verwendung. Für jeweils 250 km zurückgelegte Radfahrstrecken wird ein Baum gepflanzt, der dazu animieren soll, möglichst oft Fahrräder statt Taxis zu benützen. Im Herbst 2022 wurde bereits der erste Baum gepflanzt. Weiters werden der Belegschaft Ladestationen für private Elektrofahrräder und -scooter zur Verfügung gestellt, was ebenfalls dazu ermutigen soll, neben öffentlichen Verkehrsmitteln auch diese klimaschonenden Alternativen zu nutzen. Alle Ladestationen der OeNB werden mit zertifiziertem Ökostrom versorgt. Das erstmals im Jahr 2014 erworbene Energiezertifikat ISO 50001 unterstreicht unsere Bestrebungen für einen effizienten Energieeinsatz.

Nachwirkungen der Pandemie zeigen sich in verbesserten Umweltkennzahlen

Generell ist zu den Umweltkennzahlen des Jahres 2022 anzumerken, dass im Gebäude- und Reisemanagement die pandemiebedingt reduzierten Werte gut erkennbar sind. Trotz der erhöhten Fensterlüftung bleibt der Heizbedarf unter dem Schnitt der Jahre vor der Pandemie. Gleichzeitig machen sich jedoch im Bürobetrieb auch grundlegende Neuerungen bemerkbar, die einen aus Umweltsicht stetigen Erfolg darstellen: Homeoffice wird von der Belegschaft sehr gut angenommen und viele von der OeNB beziehungsweise der EZB organisierten Arbeitssitzungen werden dauerhaft rein virtuell oder in hybrider Form abgehalten. Die Bevorzugung von Bahnreisen gegenüber Flügen zeigt sich auch in den Transportleistungen (Tabelle 9). Die damit minimierte Treibhausgasverursachung (Tabelle 8) ist somit ebenfalls ein Beitrag zum Klimaschutz.

Die Gruppe „Multimedia-, Internet und Printservice“ der OeNB-Abteilung IMS trägt neben der EMAS- auch ISO 9001- und ISO 14001-Auszeichnungen. Umweltfreundliche Abläufe in der Produktion, Ressourcenschonung und Abfallvermeidung, gepaart mit hohem Qualitätsanspruch haben somit Priorität. Die in der Papierstatistik höheren Werte für 2022 (Tabelle 7) sind auf eine Erhöhung der Lagerstände zurückzuführen, die vorausschauend auf die Marktentwicklungen angelegt wurden.

Tabelle 7: Ökologische Kennzahlen der OeNB 2020 bis 2022  
Einheit1 2020 2021 2022
Energie
Stromverbrauch2 MWh/PR 5,6 5,1 5,2
Wärmeverbrauch kWh/m2 38 46 45
Fernkälte kWh/m2 39 53 60
Energieverbrauch Gebäude gesamt3 MWh 13.143 12.813 12.518
davon erneuerbar4 MWh 9.427 8.959 8.842
Gesamtenergieverbrauch inkl. Dienstreisen MWh 13.842 13.171 13.275
Wasser
Stadtwasser Liter/PR/Tag x 16 23
Nutzwasser Liter/PR/Tag x 15 30
Wasserverbrauch gesamt5 Liter/PR/Tag 59 31 53
Material- und Produktverbrauch
Papierverbrauch gesamt6 kg/PR 24 15 24
Schreib-/Kopierpapierverbrauch Blatt/PR 4.072 2.307 4.266
Recyclinganteil bei Kopierpapier % 53 46 49
Reinigungsmittelverbrauch7 g/m2 7 5 8
CO2-Emissionen gesamt8 t/PR 1,9 1,8 1,7
Quelle: OeNB.
1 PR = Personalressource. 2020 = 1.087,5; 2021 = 1.133; 2022 = 1.129,3. Dem EMAS-Umweltmanagement unterliegen
der Standort Wien (Hauptgebäude, Otto-Wagner-Platz 3; Bürogebäude Nord, Rotenhausgasse 4; die der OeNB
zugerechneten Bereiche im Geldzentrum, Garnisongasse 15; alle 1090 Wien) und der Standort OeNB West
(Adamgasse 2, 6020 Innsbruck).
2 Alle Energiedaten betreffend Gebäude inkl. Geldzentrum (exkl. OeNB West und Repräsentanz Büssel, rund 20 PR).
3 Teilweise auch pandemiebedingte Reduktion bei Energie.
4 Seit 2010 OeNB-Bezug von zertifiziertem Ökostrom.
5 Exklusive OeNB West und Repräsentanz Büssel, pandemiebedingt reduzierter Wasserverbrauch 2021. Ab 2021
genauere Darstellung getrennt nach Nutzwasser und Stadtwasser (= „Trinkwasser“).
6 Der Papierverbrauch enthält Einkaufszahlen und somit auch Lagerware. Gesamtverbrauch 27.160 kg.
7 Gesamtverbrauch 2022: 557 Liter.
8 Betrieb und Dienstreisen; gesamt 2022: 1.940 Tonnen, Umrechnungsfaktoren durchgängig laut Österreichischem
Umweltbundesamt inkl. indirekter Treibhausgas-Emissionen (Neuberechnung der Vorjahreswerte). Einbezogen werden
Daten zu Energie für Gebäude, Dienstreisen, Transporte und Notstromaggregate.
Anmerkung: Flächenverbrauch 20.758 m2, versiegelte Fläche 17.860 m2, Grünfläche 4.520 m2 (inkl. begrünter Dachflächen).
Laut EMAS vorgesehen, aber mangels Relevanz hier nicht angeführt: Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen
wie z. B. CH4, N2O, HFC, PFC, SF6 bzw. SO2, NOX und Feinstaub.
Tabelle 8: Treibhausgasverursachung der OeNB 2020 bis 2022  
2020 2021 2022
CO2 in Tonnen1
Scope 1
Fuhrpark 60,6 60,7 71,8
Kältemittel 0,0 5,0 6,7
Test Notstromaggregat 11,7 12,0 13,1
Scope 1 gesamt 72,3 77,7 91,6
Scope 2
Fernwärme2 868,7 699,3 638,3
Fernkälte2 687,4 666,4 664,4
Scope 2 gesamt 1.556,1 1.365,7 1.302,7
Scope 3
Strom3 107,9 79,3 79,8
Dienstreisen Flug4 282,7 61,0 441,3
Dienstreisen Pkw 29,2 9,1 20,9
Dienstreisen Bahn5 0,7 0,3 3,9
Scope 3 gesamt 312,6 70,4 545,9
Summe 1.941,0 1.513,8 1.940,2
Quelle: OeNB.
1 Treibhausgasverursachung inkl. indirekter Auswirkungen mit aktualisierten
Umrechnungsfaktoren des Österreichischen Umweltbundesamtes.
2 Umrechnungsfaktor „Fernwärme“ angegeben vom Österreichischen Umweltbundesamt.
In vorangegangenen Umweltberichten wurde der vom Energielieferant
angegebene Umrechnungsfaktor verwendet.
3 Zum Unterschied zu früheren Umweltberichten nun Zuordnung in Scope 3
gemäß Greenhouse-Gas-Protokoll. Die OeNB bezieht zertifizierten Ökostrom.
4 Schwankungen bei Dienstreisen sind u. a. pandemiebedingt. Ende 2022 lagen
die Zahlen wieder annähernd auf dem Niveau von vor der Pandemie.
5 Die Forcierung von Bahnreisen als umweltfreundlichere Alternative zeigt sich
in ­vermehrten Bahnfahrten mit Faktor 10 gegenüber dem Vorjahr.
Tabelle 9: Transportleistungen 2020 bis 2022  
Einheit 2020 2021 2022
Flug-Dienstreisen km1 676.192 154.907 642.631
Pkw-Dienstreisen km 117.300 39.933 96.145
Bahn-Dienstreisen km2 83.400 20.400 201.000
Treibstoffe für
Transporte
Liter 20.123 19.768 23.604
Quelle: OeNB.
1 Schwankungen bei Dienstreisen sind u. a. pandemiebedingt.
2 Die Forcierung von Bahnreisen als umweltfreundlichere Alternative zeigt sich in
­vermehrten Bahnfahrten mit Faktor 10 gegenüber dem Vorjahr.
Tabelle 10: Abfallaufkommen der OeNB 2020 bis 2022  
2020 2021 2022
in kg
Nicht gefährliche Abfälle 44.390 39.190 35.979
Nicht gefährliche Abfälle pro
Personalressource1
40 35 32
Gefährliche Abfälle 9.322 10.639 10.855
Gefährliche Abfälle pro
Personalressource2
8 9 10
Altstoffe 90.990 87.965 105.590
Altstoffe pro Personalressource3 83 78 94
Abfälle und Altstoffe insgesamt 144.702 137.794 152.424
Quelle: OeNB.
1 Konsequente Abfalltrennung und Verwertung von Wertstoffen reduzierten
grundsätzlich diese Abfälle, ab 2020 jedoch auch pandemiebedingte Reduktion.
2 Leichte Steigerung aufgrund vermehrter und vielfältiger Nutzung mobiler
Endgeräte (digitale Arbeitswelt).
3 Schwankungen bei Papier aufgrund Übersiedlungen, fallweise Archivräumungen.
Tabelle 11: Umweltleistungen bis zum Jahr 2022 und Umweltprogramm 2023  
Termin Status Verantwortlich
Weitere Ökologisierung der Beschaffung
Beauftragung einer Reinigungsfirma mit EMAS-Zertifikat 2023 Fortsetzung Fachabteilung
Büroartikelbestellung mit ökologischen Kriterien im eProcurement 2023 Fortsetzung Fachabteilung
Sorgsamer Umgang mit Ressourcen, weitere Verringerung der
Treibhausgasemissionen und des Stromverbrauchs
Klimazielkoordination (Einbeziehung aller Fachbereiche zur
Treibhausgasreduktion)
2023 Fortsetzung Fachabteilung
Projekt „Urban Heating – klimafitte OeNB“ (Studie 2022) 2022 Realisiert Fachabteilung
Austausch der Beleuchtung im Bürogebäude Nord (BGN),
Bereich Poststelle
2022 Realisiert Energiespezialist:innen
Umrüstung auf LED-Beleuchtung in Technikgeschoßen im
Hauptgebäude und BGN
2023 Fortsetzung Energiespezialist:innen
Erneuerung von Sanitär-, Kälte- und Heizungsleitungen 2023 Fortsetzung Energiespezialist:innen
Planungsprojekt zur energetischen Verbesserung von
Fassade/Fenster/
Sonnenschutz im BGN
2023 Geplant Energiespezialist:innen
Projekt zur Erneuerung der Lüftungszentrale im Dachgeschoß Ost,
Hauptgebäude
2023 Geplant Energiespezialist:innen
Weiterführung des Projekts „Austausch Deckenplatten und neue
LED-Beleuchtung“
2023 Geplant Energiespezialist:innen
Erneuerung der Gebläse-Konvektoren im Kassen-Bereich 2023 Geplant Energiespezialist:innen
Einbau einer effizienteren Wärmerückgewinnung in den
Lüftungsanlagen BGN
2023 Geplant Energiespezialist:innen
Stärkung des Umweltbewusstseins, Schulungen
Förderung umweltfreundlicher Mobilität (Schulungen zum
OeNBike-Leihsystem)
2023 Fortsetzung Fachabteilung
Schulung neu eingetretener Mitarbeiter:innen 2022 Realisiert Umweltteam
Urban Gardening (Pflanzen im Stadtgebiet) 2022 Realisiert Umweltteam
Vernetzung und Kommunikation
Green-Finance-Mitgliedschaft beim NGFS 2023 Fortsetzung Umweltteam
Diverse Vorträge zu Green Finance 2023 Geplant Umweltteam
Kooperationen mit Umweltpartnern wie Club of Rome,
WWF, ÖGUT
2023 Fortsetzung Umweltteam
Audit bei Entsorger 2022 Realisiert Abfallbeauftragter
Audit Standort OeNB West vor Ort 2023 Geplant Umweltbeauftragter
Weitere Ökologisierung des Lebensmittelangebots,
Reduktion von Plastik
2022 Realisiert Umweltteam
Quelle: OeNB.

Gültigkeitserklärung

Die vorliegende aktualisierte Umwelterklärung der Oesterreichischen Nationalbank, Otto-Wagner-Platz 3, A-1090 Wien, wurde im Rahmen einer Begutachtung nach EMAS-VO vom TÜV SÜD, Franz-Grill-Straße 1, ­Arsenal Objekt 207, A-1030 Wien, Österreich, AT-V-0003 geprüft.

Der leitende Gutachter vom TÜV SÜD bestätigt hiermit, dass die Umweltpolitik, das Umweltprogramm, das Umweltmanagementsystem, die Umweltprüfung und das Umweltbetriebsprüfungsverfahren der Organisation mit der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (EMAS-VO) und der Verordnung (EU) 2018/2026 der Kommission vom 19. Dezember 2018 übereinstimmen und erklärt die relevanten Inhalte der Umwelterklärung nach Anhang IV Abschnitt B, Buchstaben a – h, für ­gültig.

Wien, im Jänner 2023

Dipl.-Ing. Dr. Kurt Kefer, Leitender Umweltgutachter

Ende Kasten Gültigkeitserklärung Umwelt.

Die nächste aktualisierte OeNB-Umwelterklärung wird im Frühjahr 2024 publiziert.

29 Breitenfellner, A., F. Fritzer, D. Prammer, F. Rumler und M. Salish. 2022. What is the impact of carbon pricing on inflation in Austria? In: Monetary Policy & the Economy Q3/22. OeNB. 23–41.

Beteiligungsspiegel

Tabelle 12 zeigt gemäß § 68 Abs. 4 NBG die ­direkten und indirekten Beteiligungen der OeNB.

Tabelle 12: Beteiligungen der OeNB zum 31. Dezember 2022  
Anteil in % Gesellschaft Nennkapital
100 Münze Österreich Aktiengesellschaft, Wien 6.000.000,00 EUR
100 Schoeller Münzhandel GmbH, Wien 1.017.420,00 EUR
(100) 100 Schoeller Münzhandel Deutschland GmbH, Hamburg (Deutschland) 6.000.000,00 EUR
50 PRINT and MINT SERVICES GmbH, Wien 35.000,00 EUR
22,25 proionic GmbH, Raaba-Grambach 52.877,00 EUR
16,67 World Money Fair Holding GmbH, Berlin (Deutschland) 30.000,00 EUR
(16,67) 100 World Money Fair Berlin GmbH, Berlin (Deutschland) 25.000,00 EUR
(16,67) 100 World Money Fair AG, Basel (Schweiz) 300.000,00 CHF
12,28 Stirtec GmbH, Premstätten 95.050,00 EUR
100 Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH, Wien 10.000.000,00 EUR
50 PRINT and MINT SERVICES GmbH, Wien 35.000,00 EUR
0,25 Europafi S. A. S., Vic-le-Comte (Frankreich) 133.000.000,00 EUR
100 GELDSERVICE AUSTRIA Logistik für Wertgestionierung und Transportkoordination G.m.b.H., Wien 3.336.336,14 EUR
100 OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH, Wien 35.000,00 EUR
100 IG Immobilien Invest GmbH, Wien 40.000,00 EUR
100 Austrian House S.A., Brüssel (Belgien) 5.841.610,91 EUR
100 City Center Amstetten GmbH, Wien 72.000,00 EUR
100 EKZ Tulln Errichtungs GmbH, Wien 36.000,00 EUR
100 HW Hohe Warte Projektentwicklungs- und ErrichtungsgmbH, Wien 35.000,00 EUR
100 IG Belgium S.A., Brüssel (Belgien) 19.360.309,87 EUR
100 IG Hungary Irodaközpont Kft., Budapest (Ungarn) 11.852,00 EUR
100 IG Immobilien Beteiligungs GmbH, Wien 40.000,00 EUR
100 IG Immobilien M97 GmbH, Wien 120.000,00 EUR
100 IG Immobilien Management GmbH, Wien 40.000,00 EUR
100 IG Immobilien Mariahilfer Straße 99 GmbH, Wien 72.000,00 EUR
100 IG Immobilien O20-H22 GmbH, Wien 110.000,00 EUR
100 IG Netherlands N1 and N2 B.V., Hoofddorp (Niederlande) 91.000,00 EUR
100 BLM Betriebs-Liegenschafts-Management GmbH, Wien 40.000,00 EUR
100 BLM-IG Bauträger GmbH, Wien 35.000,00 EUR
(100) 100 OWP5 Betriebs-Liegenschafts-Management GmbH, Wien 35.000,00 EUR
100 BLM New York 43 West 61st Street LLC, New York (USA) 10,00 USD
Quelle: OeNB, Beteiligungsgesellschaften.
Anmerkung: Die Anteile der OeNB zum 31. Dezember 2022 an der Europäischen Zentralbank (EZB), Frankfurt (Deutschland),
betragen 2,3804 % vom gezeichneten Kapital in Höhe von 10.825.007.069,61 EUR. Weiters hält die OeNB an
der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Basel (Schweiz), 8.000 Stück Aktien zu je 5.000 SZR und
564 Stück Aktien ohne Stimmrecht sowie an der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift),
La Hulpe (Belgien), 56 Anteile zu je 125,00 EUR.

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