Aktuelles

Geschäftsbericht 2022

Vorwort des Präsidenten

Liebe Leserinnen und Leser,

die Folgen der Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf die Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung sowie Maßnahmen zum Umbau der Energiesysteme und zum Klimaschutz bringen eine Reihe von Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft mit sich. Diesen zentralen Herausforderungen haben sich die Wirtschaftspolitik im Allgemeinen und die Geldpolitik im Speziellen zu stellen. Das Eurosystem – und darin eingebettet die OeNB – haben in diesem schwierigen Umfeld umsichtig agiert und im Verlauf des Jahres 2022 aufgrund der hohen Inflationsdynamik schrittweise den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik eingeläutet, was das Jahresergebnis der OeNB unter Druck brachte.

Die starke Konjunkturdynamik im ersten Halbjahr 2022 hat dazu beigetragen, dass die österreichische Wirtschaft trotz der außergewöhnlichen Rahmenbedingungen im Gesamtjahr ein Wachstum von 4,9 % verzeichnen konnte. Die österreichische Bundesregierung hat in mehreren Schritten umfangreiche fiskalische Maßnahmen beschlossen, um die anhaltenden Preissteigerungen abzufedern. Insgesamt gelte es, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen zu sichern, auch im Hinblick auf den anhaltenden Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel und den Umstieg auf klimafreundlichere Produktionsprozesse. Zudem haben im Lauf des Jahres 2022 die Risiken für die Finanzmarktstabilität deutlich zugenommen. Stresstests der OeNB zeigen jedoch, dass der österreichische Bankensektor eine solide Risikotragfähigkeit aufweist.

Die OeNB und ihre bargeldnahen Tochtergesellschaften haben im Vorjahr mit zahlreichen Aktivitäten dem 20-jährigen Jubiläum des Euro-Bargelds Rechnung getragen. Den österreichischen Bürger:innen ist Bargeld nach wie vor sehr wichtig; geschätzt wird insbesondere der von Barzahlungen gewährleistete Schutz der Privatsphäre. Mit der Etablierung der „Plattform Bargeld“ im September 2022 wird unabhängig von weiteren Innovationen im digitalen Zahlungsverkehr der Erhalt von Bargeld in Österreich konsequent weiter­verfolgt. Als Ergänzung zum Bargeld erwägt das Eurosystem die Ausgabe eines digitalen Euro. Die derzeit laufende zweijährige Analysephase für dessen mögliche Einführung endet voraussichtlich im Oktober 2023. Danach wird der EZB-Rat entscheiden, ob zur Umsetzungsphase übergegangen werden wird.

In der Unternehmensstrategie nimmt Nachhaltigkeit einen immer größeren Stellenwert ein. Umweltorientierung und die Sicherung einer nachhaltigen und wirtschaftlich positiven Entwicklung sind für die OeNB und ihre Tochtergesellschaften unverzichtbare Voraussetzungen für eine zukunftsweisende und erfolgreiche Unternehmensführung.

Ich danke allen Mitarbeiter:innen der OeNB und ihrer Tochtergesellschaften für ihren fachlichen und persönlichen Einsatz im Jahr 2022. Mein Dank gilt auch den Mitgliedern des Direktoriums und des Generalrats für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

Wien, im März 2023

Harald Mahrer, Präsident

Vorwort des Gouverneurs

Liebe Leserinnen und Leser,

politisch und ökonomisch zieht der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 weltweit gravierende Auswirkungen nach sich – und auf menschlicher Ebene zudem unermessliches Leid.

Nachdem die Wirtschaftsentwicklung in Österreich im ersten Halbjahr 2022 von Aufholprozessen nach den Lockdowns aufgrund der COVID-19-Pandemie geprägt war, führten die auf den Angriffskrieg folgende globale Konjunkturabkühlung und die hohe Unsicherheit über die weitere weltpolitische und weltwirtschaftliche Entwicklung ab Jahresmitte 2022 zu einem deutlichen Einbruch der wirtschaftlichen Dynamik. Insgesamt verzeichnete die österreichische Wirtschaft im Gesamtjahr 2022 trotzdem ein sehr starkes Wirtschaftswachstum von knapp 5 % und das Vorpandemieniveau des BIP wurde sogar übertroffen. Für das Jahr 2023 erwartet die OeNB nur ein sehr moderates Wachstum.

Nachdem die Rohstoffpreise bereits angesichts der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie gestiegen waren, führte der Krieg in der Ukraine zu einem weiteren massiven Preisschub auf den internationalen Energie­märkten. Sowohl bei den Rohöl- als auch bei den Gaspreisen ist der Höhepunkt des Preisanstiegs jedoch mittlerweile überschritten. In Summe erwartet die OeNB, dass die HVPI-Inflation von 8,6 % im Jahr 2022 auf rund 6,5 % im Jahr 2023 zurückgehen wird. Die Inflationsrate stieg im Euroraumdurchschnitt im Jahr 2022 deutlich von 5,1 % im Jänner auf 9,2 % im Dezember an und lag damit wesentlich über dem Preisstabilitätsziel von 2 %. Aufgrund der großen Unsicherheit war das Eurosystem in seinen geldpolitischen Reaktionen im ersten Halbjahr 2022 vorsichtig, leitete jedoch ab Jahresmitte eine stärkere Normalisierung ein. In einem ersten Schritt wurden die Nettoankäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) reduziert und im März 2022 beendet. Mit 1. Juli 2022 wurden auch die Nettoankäufe im Rahmen des Programms zum ­Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) eingestellt. In einem zweiten Schritt hob der EZB-Rat seither die drei Leitzinssätze um jeweils insgesamt 300 Basispunkte an und reagierte damit so stark und schnell wie noch nie zuvor seit dem Start der Währungsunion im Jahr 1999. Weitere Zinsanhebungen sind im Verlauf des Jahres 2023 zu erwarten. Im Berichtsjahr erfolgte eine schrittweise Reduktion der Notenbankbilanzsumme im Euroraum, die 2023 fortgeführt und intensiviert wird.

Im Jahr 2022 geriet das geschäftliche Ergebnis der OeNB – wie jenes vieler anderer Notenbanken auch – unter Druck. Dies erklärt sich aus der Kombination der geldpolitischen Krisenmaßnahmen der letzten Jahre, den vom EZB-Rat beschlossenen Leitzinsanhebungen sowie den deutlichen Kursrückgängen und Volatilitäten auf den globalen Finanzmärkten im Jahr 2022. So verursachten insbesondere einige geldpolitische Krisenmaßnahmen hohe Zinsaufwendungen, die Zinserträgen aus fix und niedrig verzinsten Vermögenswerten gegenüberstehen. Die OeNB wird 2022 aufgrund der teilweisen Verwendung ihrer Risikorückstellung und einer sparsamen Geschäftsgebarung dennoch ausgeglichen bilanzieren. Festzuhalten ist jedenfalls, dass geldpolitische Entscheidungen mit dem mittelfristigen Ziel der Gewährleistung von Preisstabilität getroffen werden. Gewinne oder Verluste des Eurosystems, der OeNB und der EZB sind somit ein nachrangiges Ergebnis dieses Mandats und der entsprechenden Geldpolitik.

An dieser Stelle möchte ich allen Mitarbeiter:innen, dem Präsidium, dem Generalrat und den Direktoriumskollegen meinen herzlichen und aufrichtigen Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und den außerordentlichen Einsatz in dem herausfordernden Jahr 2022 aussprechen. Durch den hohen Einsatz und die exzellente Zusammenarbeit wird die OeNB auch künftig ihre Kernaufgaben zuverlässig erfüllen können.

Wien, im März 2023

Robert Holzmann, Gouverneur

Mitglieder des Generalrats der OeNB

Stand 31. Dezember 2022

Dr. Harald Mahrer

Präsident

Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Dr. Barbara Kolm

Vizepräsidentin

Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Mag. Bettina
Glatz-Kremsner

Funktionsperiode:
1.3.2018 – 28.2.2023

Mag. Erwin Hameseder

Präsident der Raiffeisen-­Holding Niederösterreich-­Wien reg. Gen.m.b.H.

Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Dr. Stephan Koren

Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Wohnungswirtschaft reg. Gen.m.b.H.

Funktionsperiode:

8.9.2018 – 7.9.2023

Franz Maurer

Partner bei LIVIA Group

Funktionsperiode:

23.5.2018 – 22.5.2023

Dr. Susanne Riess

Generaldirektorin
Bausparkasse Wüstenrot AG

Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Mag. Peter Sidlo

Funktionsperiode:

1.3.2018 – 28.2.2023

Mag. Christoph Traunig, MBA

Geschäftsführender Gesell­­schafter bei St. Stephan Capital Partners

Funktionsperiode:

1.9.2018 – 31.8.2023

Univ.-Prof. Dr. Brigitte Unger

Funktionsperiode:

6.3.2020 – 5.3.2025

Staatskommissär
Sektionschef

Mag. Harald Waiglein

Leiter der Sektion für Wirtschafts­politik und Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen


Ersternennung: 2012
Funktionsperiode:
1.7.2022 - 30.06.2027

Staatskommissär-Stellvertreter

Mag. Alfred Lejsek

Gruppenleiter

Gruppe III/B Finanzmärkte im
Bundesministerium für Finanzen


Ersternennung: 2006
Funktionsperiode:
1.4.2022 - 31.03.2027

Gemäß § 22 Abs. 5 NBG wurden vom Zentralbetriebsrat zu den Sitzungen des Generalrats als ­Vertreterin Mag. Birgit Sauerzopf und als Stellvertreter Mag. Christian Schrödinger entsendet:

Mag. Birgit Sauerzopf

Vorsitzende des Zentralbetriebsrats

Mag. Christian Schrödinger

Stellvertretender Vorsitzender des
Zentralbetriebsrats

Eigentümer und Organe

Eigentümer der OeNB

Die OeNB ist eine Aktiengesellschaft. Sie unterliegt im Vergleich zu anderen Aktiengesellschaften aber einer Reihe von speziellen, im Nationalbankgesetz 1984 (NBG) begründeten Regelungen, die sich aus ihrer besonderen Stellung als Zentralbank ergeben. Das Grundkapital von 12 Mio EUR steht seit Juli 2010 zur Gänze im Eigentum des Bundes.

Generalrat

Aufgaben

Der Generalrat ist das Aufsichtsorgan der OeNB und überwacht jene Geschäfte, die nicht in den Aufgabenbereich des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) fallen. Der Generalrat hat das Direktorium in Angelegenheiten der Geschäftsführung und der Währungspolitik zu beraten und wird in der Regel einmal im Monat vom Präsidenten einberufen. Gemeinsame Sitzungen des Generalrats und des Direktoriums haben mindestens einmal im Vierteljahr stattzufinden (§ 20 Abs. 2 NBG).

Für eine Reihe von Agenden der Geschäftsführung ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Dazu zählen die Neuaufnahme oder Auflassung von Geschäftszweigen, die Errichtung oder Auflassung von Zweiganstalten sowie der Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen und Liegenschaften (§ 21 Abs. 1 NBG).

Des Weiteren ist die Zustimmung des Generalrats bei der Besetzung von Aufsichtsräten und des Managements von Unternehmen, an denen die OeNB beteiligt ist, einzuholen. Auch bei der Ernennung der Funktionäre der zweiten Führungsebene der OeNB ist die Zustimmung des Generalrats erforderlich. Ebenfalls der ­Beschlussfassung durch den Generalrat vorbehalten sind u. a. die Erstattung von unverbindlichen Dreiervorschlägen an die Bundesregierung für die Ernennung der Mitglieder des Direktoriums durch den Bundespräsidenten, die Festlegung allgemeiner Grundsätze der ­Geschäftspolitik in Nicht-ESZB-Angelegenheiten und die Genehmigung des Jahresabschlusses zwecks Vorlage an die Generalversammlung sowie die Genehmigung der Plankostenrechnung und des Investitionsplans für das nächste Geschäftsjahr (§ 21 Abs. 2 NBG).

Zusammensetzung

Der Generalrat besteht aus dem Präsidenten, der Vizepräsidentin und acht weiteren Mitgliedern. Die Mitglieder müssen österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sein. Sie sind von der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren ernannt; eine Wiederernennung ist zulässig. Weitere Bestimmungen zum Generalrat finden sich in den §§ 20 bis 30 NBG.

Direktorium

Das Direktorium leitet den gesamten Dienstbetrieb und führt die Geschäfte der OeNB. Bei der Verfolgung der Ziele und Aufgaben des ESZB handelt das Direktorium entsprechend den Leitlinien und Weisungen der EZB. Das Direktorium führt die Geschäfte in der Weise, dass die OeNB die nach dem AEUV, nach dem ESZB/EZB-Statut, nach den auf Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften sowie sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Aufgaben erfüllt.

Das Direktorium besteht aus dem Gouverneur, dem Vize-Gouverneur und zwei weiteren Mitgliedern. Alle Mitglieder des Direktoriums werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Die Ernennung erfolgt jeweils für die Dauer von sechs Jahren; eine Wiederernennung ist zulässig. Der Gouverneur ist Mitglied des EZB-Rats und des ­Erweiterten Rats der EZB. Er und sein Vertreter sind bei Wahrnehmung dieser Funktionen weder an Beschlüsse des Direktoriums noch an solche des Generalrats gebunden und unterliegen auch sonst keinerlei Weisungen.

Weitere Bestimmungen zum Direktorium finden sich in den §§ 32 bis 36 NBG. Für weitere Informationen zum Direktorium der OeNB siehe auch www.oenb.at.

Mitglieder des Direktoriums der OeNB

Stand 31. Dezember 2022